Green Energy

(Bild: Fotolia, lassedesignen)

Hinter dem Schlagwort „Energieeffizienz“ verbergen sich Aspekte wie die Auslegung von Werkzeugmaschinen und optimale Bearbeitungsstrategien. Bei der Betrachtung einer Prozesslösung werden in Folge nicht nur Werkzeugmaschinen, sondern auch Tools & Co. mit ins Kalkül gezogen. Die Energiebilanz eines Bearbeitungsvorgangs definiert sich aber auch über Parameter wie den bedarfsgerechten Einsatz von Kühlschmierstoff und Druckluft in der Werkzeugmaschine.

Ziel der VDMA-Initiative „Blue Competence“ ist seit einigen Jahren, den Energiebedarf von Werkzeugmaschinen einzudämmen. Dabei geht es nicht allein um die Auslegung einer Maschine. Steuerungstechnisch lassen sich mit Stand-by und Wake-up intelligent Kosten sparen.

Sequenzielle Abschaltung

So setzt Werkzeugmaschinenhersteller Stama beispielsweise auf ein ausgeklügeltes Eco-Menü. Heißt im Klartext: in unproduktiven Phasen der Maschine werden Peripheriebereich und Vorschubachsen sequenziell abgeschaltet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Im Abschaltbetrieb werden bis zu 80 Prozent an Einsparpotenzial ausgeschöpft.

Meine Meinung

Das Thema Energieeffizienz ist zu einem wichtigen Thema in der Zerspanung geworden. Inzwischen steht die gesamte Prozesskette unter diesem Aspekt – und nahezu jeder Hersteller hat heute energieeffiziente Lösungen im Portfolio. Somit kann die Branche getrost den neuen EU-Verordnungen ins Auge blicken. Die Entwicklungen laufen fast parallel zur Automobilindustrie, die seit vielen Jahren das Ziel verfolgt, die CO2-Emissionen immer weiter zu reduzieren. Chapeau – viele Innovationen kommen dabei aus Deutschland!
Jürgen Gutmayr, Redaktion fertigung

 

Bei anderen Herstellern werden die gleichen Potenziale quasi unter einem anderen Namen erreicht. DMG Mori bietet unter dem Label „Energy Saving“ Softwaretools und Serviceprodukte zur nachhaltigen Steuerung der Energieeffizienz in der Entwicklung, Herstellung und beim Einsatz von Werkzeugmaschinen. Hinter dieser Initiative steht eine signifikante Erhöhung der ganzheitlichen Energieeffizienz für Maschinen und innerhalb ganzer Prozessketten. Entsprechend weit gefasst ist das definierte Aktionsspektrum: Es beginnt bereits bei den energieoptimierten Konstruktionen und reicht über die bauteilspezifische Auswahl der passenden Maschine und die energieeffiziente Fertigung beispielsweise durch Komplettbearbeitung in einer Aufspannung bis hin zur energieorientierten Anpassung von Maschinen, Steuerungen, Verfahren und Abläufen mit intelligenten Softwaretools.

Säge Mebae-cut von Meba

Mebae-cut: Erste
Hightech-Säge von Meba – komplett
ohne Hydraulik. Sie
arbeitet konsequent über elektrische
Antriebe.
Bild: Meba

Zentrale Steuereinheit

Nicht zu vergessen die CNC-Steuerung. So hat sich etwa Heidenhain diesem Thema seit vielen Jahren verschrieben und ihre Steuerungen entsprechend ausgelegt. Die CNC kann dabei als zentrale Steuereinheit für das Energiemanagement einer Werkzeugmaschine und der zugehörigen Peripherie genutzt werden. Für die iTNC 530 sind hierzu spezielle PLC-Funktionen zur Verknüpfung von Ereignissen im Fertigungsablauf mit Ausgängen zur Ansteuerung von Ne­ben­aggregaten verfügbar. Den Ereignissen können Verzögerungszeiten zugewiesen werden, so dass etwa Antriebe nach einer Stillstandszeit geklemmt und stromlos geschaltet werden.

Auch der Sondermaschinenbauer SSB aus Bielefeld hat sich diese Herausforderung ins Pflichtenheft geschrieben und vereint maximale Maschinenperformance mit niedrigstmöglichem Energieeinsatz. Thomas Beyer, Geschäftsführer von SSB erklärt: „Stets stehen auch die jeweiligen Verbräuche der einzelnen Komponenten im Fokus unserer Überlegungen. So beispielsweise die Kühlung, Hydraulik und Pneumatik sowie Antriebe, Pumpen, Absaugung, Lüftung und Steuerung.“

Ein Beispiel ist der Einsatz energieeffizenter Motoren: Laut EU-Verordnung 640/2009, die 2011 in Kraft trat, dürfen in Europa nur noch asynchrone Drehstrommotoren des Leistungsbereichs von 0,75 kW bis 375 kW in Verkehr gebracht werden, falls sie den künftigen Effizienzstandard IE2 (International Efficiency) erfüllen. Ein weiterer Schritt, den Wirkungsgrad der Elektromotoren zu erhöhen, folgt ab Januar 2015: Dann dürfen in der Effizienzklasse IE2 im Leistungsbereich 7,5 bis 375 kW nur noch Elektromotoren mit Drehzahlregelung in Verkehr gebracht werden. Andernfalls müssen sie die höhere Effizienzklasse IE3 erfüllen. Ab Januar 2017 gilt dies auch für Elektromotoren des Leistungsbereichs 0,75 bis 7,5 kW.

Hydraulik versus Elektrik

Energierückeinspeisung bei SSB

SSB setzt in vielen Fällen auf eine intelligente Energierückeinspeisung ins Stromnetz per selbstgeführter Ein- und Rückspeiseeinheiten. Bild: SSB-
Maschinenbau GmbH

Mit einer Innovation der besonderen Art haben die Grob Werke vor ein paar Jahren für Furore gesorgt: Sie präsentierten die vollelektrische Werkzeugmaschine. Die Entwickler in Mindelheim haben auch die Spannelemente für Werkstücke auf ihren fünfachsigen Bearbeitungszentren sowie die Löseeinheit für Werkzeuge in der Hauptspindel mit elektrischen Direktantrieben ausgeführt. Damit wurde erstmals eine vollelektrische Werkzeugmaschine zum Bearbeiten von unter anderem Zylinderköpfen realisiert. Den Vorteilen – keine Leckagen, keine Wartung und Instandhaltung von Leitungen, Schläuchen, Behältern und Hydraulikölen, keine unnötig Energie verbrauchenden Pumpen und Lüfter, keine zusätzlichen Wärmequellen – steht allerdings zunächst ein besonderer konstruktiver Aufwand für die Zuführung der elektrischen Leitungen gegenüber.

Wichtiger Wettbewerbsfaktor

Um das Thema „vollelektrisch“ ist es seither etwas ruhiger geworden. Und wie sich diese Maschinen in der Praxis bewähren ist nicht ganz klar. Dass hydraulikfreie Maschinen weiter entwickelt werden, zeigt der Sägenspezialist Meba auf der AMB. Die Serie e-cut ist nach Angaben von Meba die erste auf dem Markt, die komplett ohne Hydraulik, sondern konsequent über elektrische Antriebe arbeitet. Ein möglichst geringer Energiebedarf in der Produktion wird heute also zum wichtigen Wettbewerbsfaktor.

Das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen, kurz PTW, der Universität Darmstadt ist auf der AMB mit einem eigenen Stand vertreten. Die wichtigsten Themen zukünftiger Fertigung werden in vier Clustern behandelt – davon ist ein Cluster der Energieeffizienz gewidmet. Es präsentiert energetisch optimierte Maschinenkomponenten und Produktionsmaschinen sowie die „eta-Fabrik“, ein Forschungs- und Demonstrationsprojekt. Neben der energetischen Verbesserung einzelner Produktionsanlagen wird dabei auch deren energetische Vernetzung, die Maschinenperipherie, die Haustechnik und das Fabrikgebäude in die energetische Betrachtung einbezogen.

Vier Fragen an Prof. Eberhard Abele, geschäftsführender Institutsleiter des PTW

„Vielfältige Massnahmen“

Das Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen, kurz PTW, der Universität Darmstadt, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Energieeffizienz. Prof. Abele skizziert die Entwicklungen im

PTW Abele

­Prof. Eberhard Abele: „Wir erforschen Lösungen, die es ermöglichen, den
Energiebedarf einzelner Maschinenkomponenten zu quantifizieren.“

Interview.

Prof. Abele, welche energetischen Maßnahmen haben Ihrer Erfahrung nach den höchsten Kosten-Nutzen-Effekt für Hersteller und Kunden?
In den letzten Jahren sind zahlreiche gute Lösungen für energieeffiziente Werkzeugmaschinen entwickelt und umgesetzt worden. Die Maßnahmen sind sehr vielfältig und reichen von konstruktiven Lösungen wie die gezielte Optimierung einzelner Maschinenkomponenten bis hin zu neuartigen Antriebskonzepten, rückspeisefähigen Motoren oder der Optimierung des Bearbeitungsprozesses. Wir müssen immer auch sehen, dass eine Reduzierung der Taktzeit einer der wirkungsvollsten Hebel ist, da hierdurch der Energieverbrauch oftmals linear abgesenkt werden kann.

Wo ist hier das Hindernis? Eigentlich sollte man meinen, dass solche Einsparmaßnahmen von den Verantwortlichen in den Unternehmen sofort umgesetzt werden.
Häufig sind die genannten Maßnahmen mit Mehrkosten für den Kunden verbunden. Die entscheidende Frage ist somit: Sind eventuelle Mehrkosten für energieeffiziente Lösungen denn auch wirtschaftlich vertretbar? Das ist die große Herausforderung für potenzielle Käufer bei der Auswahl energieeffizienter Maschinen. Aus diesem Grund wurden am PTW Lösungen erforscht, die es ermöglichen, den zu erwartenden Energiebedarf von einzelnen Maschinenkomponenten zu quantifizieren. Diese unterstützen beispielsweise den Maschinenhersteller bei der Entwicklung von kosten- und energieoptimierten Werkzeugmaschinen. Dadurch können Kunden den Nutzen möglicher Investitionen in Energieeffizienzlösungen wirtschaftlich klar nachvollziehen.

Effizienz ist ja mehr als eine sparsame Werkzeugmaschine. Wie erreicht die fertigende Industrie über den Gesamtprozess hinweg hohe Effizienz?
Die deutsche Industrie steht im direkten internationalen Wettbewerb mit zahlreichen produktionsstarken Ländern wie China oder Südkorea. Der internationale Konkurrenzdruck hat seit Jahren drastisch zugenommen. Für mich liegt die Herausforderung der fertigenden Industrie darin, sich möglichst flexibel und effizient neuen Marktbedingungen anzupassen. Wir müssen lernen, schneller als die Konkurrenz zu sein, um unsere Technologieführerschaft beizubehalten. Dies bedingt auch, dass das vorhandene Wissen zu bekannten Methoden, wie beispielsweise der Lean-Systematik, möglichst früh in einem technischen Studium vermittelt wird. Aus diesem Grund forschen wir am PTW sehr intensiv am Konzept von Lernfabriken – für Studierende und Mitarbeiter von Industrieunternehmen. Aufgrund des Erfolgs, den wir mit diesem Konzept haben, entstehen derzeit weitere Lernfabriken im Bereich Logistik und Energieeffizienz.

Derzeit wird auf EU-Ebene immer noch diskutiert, ob der Energieverbrauch von Werkzeugmaschinen gesetzlich reglementiert oder per Selbstverpflichtung geregelt werden soll. Was halten Sie für sinnvoll?
Werkzeugmaschinen sind hochkomplexe Maschinen, die zudem oftmals spezifisch auf einen bestimmten Bearbeitungsprozess angepasst werden. Aufgrund dieser Vielfalt ist es enorm schwierig, zu einem fairen Vergleich hinsichtlich des Energiebedarfs zu gelangen. Eine Werkzeugmaschine nach denselben Maßstäben wie einen Kühlschrank zu beurteilen, halte ich für den falschen Weg.

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