Hätte noch vor wenigen Jahren eine einzige Krisenmeldung ausgereicht, die Stimmung der Unternehmen in den Keller zu schicken, läuft es im Moment trotz der Meldungen aus der Ukraine und aus Nahost, der immer noch latenten Terrorgefahr, der noch nicht besiegten Ebola-Epedemie und der Euro-Turbulenzen im Umfeld des Wegfalls der Bindung an den Schweizer Franken und die Neuwahlen in Griechenland bei den Unternehmen in Deutschland erstaunlich rund. Die Wirtschaft entwickelt sich solide, das Vertrauen in die Zukunft ist in vielen Betrieben hoch, und die Auftragslage gibt Anlass zu Optimismus.
Die aktuellen ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland im Januar stehen nach einem Zugewinn von 13,5 Punkten bei 48,4 Punkten – der langfristige Mittelwert liegt übrigens bei gerade einmal 24,5 Punkten. Der Index steigt damit zum dritten Mal in Folge auf den höchsten Stand seit Februar 2014. Die Bewertung der konjunkturellen Lage in Deutschland verbessert sich ebenfalls deutlich. Der Index gewinnt 12,4 Punkte und steht nun bei 22,4 Punkten. Übrigens verbesserten sich auch die Erwartungen der Finanzmarktexperten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone: Der Erwartungsindikator legt um 13,4 Punkte auf 45,2 Punkte zu. Und sogar der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum hat sich erstmalig seit Mai letzten Jahres verbessert – um 5,7 auf minus 57,1 Punkte.
Einer der wichtigsten Konjunkturfrühindikatoren, der Ifo-Geschäftsklimaindex, kletterte im Januar von 105,5 auf 106,7 Punkte. Die deutsche Wirtschaft dokumentiert damit einen guten Jahresauftakt. Der Anstieg war der dritte in Folge, für Wirtschaftsexperten ein klares Signal für eine Wende zum Besseren. Die Unternehmen waren laut Ifo-Institut „merklich zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage.“ Zudem blicken sie wieder mehrheitlich optimistisch auf die kommende Entwicklung – auch für die nächsten Monate ist die Einschätzung zuversichtlicher als noch im Dezember. Ökonomen gehen davon aus, dass die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahr ähnlich wie 2014 um rund 1,5 Prozent wachsen wird.
Meine Meinung
Jetzt für die Zukunft vorsorgen
Die nächste Krise kommt vielleicht noch nicht so schnell, aber irgendwann ganz bestimmt. Deshalb ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt, sein Unternehmen fit zu machen für die Zukunft. Auch wenn man derzeit bei 120 Prozent Auslastung fährt, die Kapazitäten dafür mühsam freischaufeln muss und möglicherweise dann den einen oder anderen zusätzlichen Auftrag nicht mehr annehmen kann. Denn jetzt sind in den meisten Unternehmen die Mittel vorhanden, zu gestalten – wenn irgendwann einmal die Konjunktur an Fahrt verliert und es wieder abwärts geht, sind in der Regel weder die Zeit noch die notwendigen Mittel verfügbar. Deshalb: Sorgen Sie jetzt vor für die Zukunft. Jetzt, wo Sie es sich leisten können. Bevor Sie vom Gestalter zum Getriebenen werden – packen Sie‘s an!
Richard Pergler, Redaktion fertigung
Nach wie vor ist „Made in Germany“ weltweit gefragt – deutsche Investitionsgüter haben einen sehr guten Ruf. Andererseits: Andere Länder holen auf. Auch im Bereich des Maschinenbaus und im Werkzeug- und Formenbau. China unternimmt nach wie vor große Anstrengungen, um technologisch aufzuschließen. Es ist kein Zufall, dass einige Kronjuwelen deutscher Werkzeugmaschinenbaukunst inzwischen in chinesischer Hand sind. Aber auch andere Länder unternehmen große Anstrengungen. Trotzdem: Auf den weltweiten Märkten überwiegen die Chancen die Risiken bei weitem.
Bei den Unternehmen des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus sieht die Studie „Maschinenbau-Barometer“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC eine optimistische Grundhaltung: Besonders im Hinblick auf die globale Wirtschaftslage verändert sich die Stimmung – erstmals sind die Maschinenbauer bei der vierteljährlichen Befragung von PwC bezüglich der weltweiten Weltwirtschaftslage optimistischer gestimmt als gegenüber der Entwicklung in Deutschland. 61 Prozent blicken der globalen Wirtschaftsentwicklung 2015 positiv entgegen. Im Vorquartal waren lediglich 36 Prozent dieser Ansicht. Die durchschnittliche Wachstumserwartung für das eigene Unternehmen im Jahr 2015 wird auf 3,7 Prozent geschätzt. Das sind 1,1 Prozentpunkte mehr als im Vorquartal.
Nach einem sehr positiven Jahr 2014 ist auch die Präzisionswerkzeugbranche optimistisch: „Anfang 2014 hatten wir mit einem Wachstum um 4 Prozent gerechnet, letztlich sind es sogar 5 Prozent geworden“, freut sich Lothar Horn, Vorsitzender des Fachverbands Präzisionswerkzeuge im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). „Für 2015 erwarten wir ein weiteres Wachstum um 3 Prozent.“ Diese Prognose stützt sich auf gute Aussichten für die Automobilindustrie und den Maschinenbau: „In beiden Branchen rechnen wir mit einem weltweiten Wachstum im mittleren einstelligen Bereich.“
Abermals werden die Wachstumsimpulse vorwiegend aus den USA und China kommen. Doch auch die europäischen Nachbarn sieht Horn „nach und nach“ wieder in einem besseren Fahrwasser. Die Mitarbeiterzahl in der Teilbranche ist im vergangenen Jahr um 2000 angestiegen. „Und auch in diesem Jahr plant jedes fünfte unserer Unternehmen Neueinstellungen“, verrät Horn.
Der Stand der Arbeitslosigkeit in Deutschland ist so niedrig wie schon lange nicht mehr. Und das soll auch in diesem Jahr weitergehen: Die Bundesagentur für Arbeit geht für Deutschland im Jahressschnitt 2015 von 2,881 Mio. Arbeitslosen aus – das sind rund 20 000 weniger als im Jahr 2014. Einige Volkswirte rechnen im Jahresschnitt sogar mit nur rund 2,82 Millionen Arbeitslosen, knapp 80 000 weniger als im Jahr 2014. Was für die Arbeitnehmer eine positive Nachricht ist, treibt vielen Unternehmern indes die Sorgenfalten auf die Stirn: Schließlich ist der Markt für hochqualifizierte Arbeitskräfte, gerade für Facharbeiter, schon seit Jahren wie leergefegt.
Zitat
„Anfang 2014 hatten wir mit einem Wachstum um 4 Prozent gerechnet, letztlich sind es sogar 5 Prozent geworden. Für 2015 erwarten wir ein weiteres Wachstum um 3 Prozent.“
Lothar Horn, Vorsitzender des Fachverbands Präzisionswerkzeuge im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer
Der Fachkräftemangel wird sich auch im Jahr 2015 weiter verschärfen und damit zu einem der größten Risikofaktoren für die Unternehmen hierzulande. Die Ausbildung und Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter und ihre nachhaltige Bindung ans eigene Unternehmen bleibt daher eine der wichtigsten Herausforderungen für die deutschen Unternehmenslenker.
Eine weitere Herausforderung ist der Zwang zu stetiger Verbesserung der eigenen Prozesse, um in einem Markt, in dem Kosten eine große Rolle spielen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Speziell in der Automobilindustrie ist der Zwang zu einer immer effizienteren Fertigung in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Dazu kommen immer kürzere Konjunkturzyklen und der weltweite Wettbewerb. Und dieser Trend wird sich über alle Branchen in den kommenden Jahren noch verstärken. Deshalb ist es, auch wenn die Auftragslage gerade alle verfügbaren Ressourcen bindet, jetzt umso wichtiger, die Weichen für künftige Entwicklungen zu stellen.
Nicht nur angesichts des Facharbeitermangels ist also das Thema Automatisierung auch und gerade im Zeichen immer kleinerer Losgrößen ein wichtiger Faktor. Sogar in der Einzelfertigung wird inzwischen ein hoher Auslastungsgrad der Maschinen angestrebt. Und das geht, da in vielen Fällen qualifizierte Leute für Schichtbetrieb nur schwer zu bekommen sind, nur über einen hohen Automatisierungsgrad.
Themen wie Rohstoffe und die bewusste und effiziente Verwendung von Energie treten zunehmend in den Vordergrund – speziell in Großunternehmen gibt es inzwischen häufig Bemühungen, das Rationalisierungspotenzial in diesem Bereich auszuschöpfen. Aber auch in klein- und mittelständischen Unternehmen wächst das Bewusstsein für eine nachhaltige Fertigung. Nicht nur aus Kostengründen, sondern auch aus der Wahrnehmung einer Verantwortung für künftige Generationen.
Interview mit Reiner Fries
„Auch 2015 wird Wachstumsjahr“
Reiner Fries, Geschäftsführer Vertrieb bei Schwäbische Werkzeugmaschinen, sieht bei der konjunkturellen Entwicklung noch deutlich Potenzial nach oben.
Welche Entwicklung erwarten Sie für 2015?
Wir sehen 2015 insgesamt und somit auch für SW nochmal als ein Wachstumsjahr an. Auf SW bezogen in erster Linie, weil der Auftragsbestand relativ hoch ist. Was den Auftragseingang für neue Maschinen und Projekte angeht, so sehen wir auch darin nochmals Potenzial nach oben. In Summe sind wir optimistisch.
Worin sehen Sie die größten Risiken?
Probleme können sich vor allem in Europa ergeben. Es ist denkbar, dass sich nach den Forderungen der neuen griechischen Regierung nach einem Schuldenschnitt auch wieder Szenarien ergeben, dass weitere EU-Staaten mit hohem Schuldenstand danach rufen. Solche Forderungen erzeugen sehr schnell Unsicherheit in den Finanzmärkten. In Südamerika wird sich die Lage wohl eher noch mehr verschlechtern, bevor sie mal wieder besser wird.
Können sich die Anwender derzeit leisten zu investieren?
Wir denken, dass es sich die Anwender leisten können und auch müssen, wenn sie weiterhin ihre Position halten oder verbessern wollen. Finanzierungen sind derzeit immer noch günstig zu haben, was der Nachfrage hilft.
Was bewegt aus Ihrer Sicht die Unternehmen derzeit am meisten?
Für alle exportorientierten Firmen sind die Wechselkursentwicklungen wichtig. Dabei müssen die Entwicklungen von Yen oder Dollar zum Euro beobachtet werden, aber auch der Rubel darf nicht außer Acht gelassen werden. Wer in den letzten zehn oder 20 Jahren in Russland viele Geschäfte gemacht hat, kann nicht wollen, dass die aktuell schlechte Lage dort so bleibt. Auf lange Sicht kann und darf Deutschland nicht an einem Konflikt mit Russland gelegen sein. Allerdings müssen sich die Verhältnisse durch Berechenbarkeit und Reformen auch wieder so klären, dass die Bevölkerung besser versorgt wird und Unternehmen wieder investieren können. Im Automobil-Sektor ist neben China auch Nordamerika besonders spannend, weil sich dort eine positive Entwicklung stabilisiert.