fertigung-Redakteur Jürgen Gutmayr reiste im Rahmen einer exklusiven Branding-Tour durch die grüne Insel und durfte die Werkshallen sieben ausgewählter Werke betreten. In diesem Beitrag hat er die neuesten Entwicklungen zu "Green Machine" recherchiert und zusammengefasst.
Taiwan hat hohen Qualitätsstandard erreicht
Die taiwanesische Werkzeugmaschinenindustrie mit seinen rund 300 Maschinenherstellern zählt seit vielen Jahren zu den Top-Five der Welt. Mit ihren Entwicklungen stoßen die Asiaten dabei immer mehr in den High-End-Bereich vor. Ausgestattet, etwa mit Steuerungstechnik aus Europa oder Japan, haben die Werkzeugmaschinen aus Taiwan heute zweifellos einen hohen Qualitätsstandard erreicht.
Auf einer exklusiven Reise, organisiert vom Taiwan Trade Development Council, kurz Taitra, öffneten Anfang Dezember 2014 sieben ausgewählte und zum Teil mit dem Taiwan Excellence Award ausgezeichnete Unternehmen ihre Werkstore. Sie gewährten einen kurzen, aber intensiven Einblick über ihre neuesten Entwicklungen und Fertigungstechnologien. Die Tour führte von Taipei ins industrielle Zentrum Taiwans, nach Taichung.
Exact Machinery: Hersteller verschiedenster Kompontenen für Werkzeugmaschinen
Den Auftakt macht die Exact Machinery Co. Ltd. in Taichung im District Fengyuan. Das 1990 gegründete Unternehmen in Händen der Familie Lo, ist Hersteller verschiedenster Kompontenen für Werkzeugmaschinen. Gefertigt werden unter anderem CNC-Schwenk- und Drehtische, Rundschalttische, automatische Palettenwechsler und Trennsysteme, die auch im Automotive-Bereich eingesetzt werden. Neben hoher Qualität und Stabilität wird bei Exact großer Wert auf energieeffiziente Antriebe gelegt.
Seit 2002 sind die Produkte vom TÜV Rheinland abgenommen und entsprechen den strengen europäischen Richtlinien. Auf einer Produktionsfläche von 4.800 m2 werden von 80 Mitarbeitern im Jahr rund 3.000 Komponenten gefertigt. Und die Qualität der Exact-Drehtische hat sich mittlerweile bis nach Deutschland herumgesprochen.
Auf die Frage nach dem Erfolgsfaktor der Exact-Drehtische antwortet Rocky Lo, einer der Söhne des Firmengründers: "Unser wichtigstes Produkt sind Hirth-verzahnte Indexier-Tische. Wir waren die ersten in Taiwan, die solche Tische gebaut haben!"
Portalfräsmaschinen von Starvision
Die Reise führt weiter zu Starvision in den District Wuri. Die im Jahr 2006 gegründete Starvision Machinery glänzt mit einem gewaltigen "Start up Procedure" – in nur neun Jahren startete das Unternehmen durch. Kein Wunder, wurde bereits zwei Jahre nach Gründung der deutsche Maschinenhersteller Monforts auf Starvision aufmerksam. Die Portalfräsmaschinen von der grünen Insel sorgen durch ihren hohen technischen Standard für Furore am Markt. Nach dem Verkauf von Montforts im Jahr 2012 an einen russischen Konzern trennten sich die Wege wieder.
2013 fand nach dem Umzug in neue Produktionsgebäude in Taichung quasi eine neue Corporate Identity statt. Mit einem Umsatz von rund zwölf Millionen US-Dollar im Jahr 2014 hat Starvision gut 80 Maschinen im vorigen Jahr produziert. 2015 sind laut Wu über 100 geplant.
Komponenten aus Europa
In den Maschinen von der großen SBM- bis hin zur FS-Serie werden auch hochpräzise Komponenten aus Europa verbaut. So kommen beispielsweise Linearführungen von Schneeberger und Getriebe von Alpha Getriebebau zum Einsatz. Sie sorgen nicht nur für höchste Präzision, sondern auch für einen energieeffizienten Betrieb der Maschinen, wie Wu betont. Namhafte Automotive-Hersteller wie etwa Honda mit seinem Werk in Thailand haben die Maschinen von Starvision zu schätzen gelernt.
Campro Precision Machinery
Im weiteren Verlauf führt uns die Reise zu der im Jahr 2003 gegründeten Campro Precision Machinery. Der Firmensitz liegt inmitten des Hightech-Zentrums Taichung, nur einen Steinwurf entfernt vom bekannten Erodiermaschinen-Spezialisten Chmer sowie Hiwin. Campro zählt heute zu den Vorzeige-Unternehmen des Landes, an dem der Präsident von Taiwan mit 40 Prozent beteiligt ist. Zum Produktspektrum zählen drei- und fünfachsige Horizontal-BAZ wie vertikale Bearbeitungszentren. Wie auch bei allen anderen Maschinenherstellern setzt man auf ein "globales Steuerungskonzept": Fanuc, Mitsubishi, Siemens und Heidenhain – ganz nach dem Gusto des Kunden. Kevin Mao, Sales Manager bei Campro, weiß um die Wünsche seiner Klientel: "Das Thema Green Machine hat einen hohen Stellenwert bei uns. So setzten wir nicht nur auf die Steuerungen von Siemens, sondern auch die energieeffizienten Antriebslösungen."
Hohe Innovationskraft
Mit einem Umsatz von 40 Millionen US-Dollar im vergangenen Jahr liegt Campro im oberen Mittelfeld der taiwanesischen Maschinenhersteller. 110 Mitarbeiter, 50 verschiedene Maschinentypen und ein Output von maximal 80 Maschinen pro Monat sprechen für sich. Mit einem weiteren Werk in Shanghai lässt sich die Messlatte entsprechend hoch legen. Und mit einem verschmitzen Lächeln im Gesicht verrät Mao, dass 2015 eine Steigerung von 10 bis 15 Prozent geplant ist.
Neben einer modernen Fertigungslinie verfügt Campro über eine eigene Spindelfertigung. Alle Komponenten werden auf höchste Präzision getrimmt – gemessen wird auf einer Zeiss Contura. Was sonst?
Poju Precision Machinery
Beim nächsten Besuch bei Poju Precision Machinery zeigt sich die Geschäftsführung in punkto Fotografieren äußerst restriktiv. Zwar stehen die Werkstore beim Hersteller von Werkzeugmagazinen offen, dennoch hält man sich etwas bedeckter als die bisherigen Unternehmen. Dabei hat Poju nichts zu verbergen, oder besser – nichts Außergewöhnliches zu zeigen. Neben konventionellen Werkzeugwechslern und Disk-Magazinen werden am Standort Taichung Werkzeugmagazine für horizontale und vertikale BAZ gefertigt. Das 1992 gegründete Unternehmen ist Zulieferer für alle Werkzeugmaschinenhersteller in Taiwan. Gefertigt wird übrigens auch in China in einem eigenen Werk.
Werkzeugmaschinenhersteller Kao Ming Machinery
Weniger zugeknöpft präsentiert sich am vierten Tag der Reise der Werkzeugmaschinenhersteller Kao Ming Machinery im District Fongyuan. Freundlich wird die Taitra-Delegation von Johnny Huang, Special Assistant, und Irene Mao, Sales Dept. Section Manager, an den Stufen des Eingangs empfangen. Kao Ming gehört zu den ältesten Werkzeugmaschinenherstellern in Taiwan. Das 1968 gegründete Unternehmen ist seit über 20 Jahren auch auf dem deutschen Markt mit einem eigenen Vertriebsbüro vertreten und hat inzwischen über 1000 Maschinen bei uns installiert. Die Portalfräsmaschinen zählen in Taiwan zu den teuersten ihrer Art. In Deutschland erfreuen sie sich zunehmender Beliebtheit und sind im Vergleich zu europäischen Herstellern 25 bis 30 Prozent günstiger. Zu den Zielgruppen gehören in erster Linie Automotive-, Aerospace- und die Papiermaschinenindustrie. In Hochzeiten werden zwischen 30 und 50 Maschinen im Monat nach Deutschland verschifft. Nach Aussage von Huang zählen mittlerweile Russland und Indien zu den neuen Märkten, die sich Kao Ming erschließen will.
Welche Innovationskraft in diesem Unternehmen steckt, das mit 100 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 40 Millionen US-Dollar erwirtschaftet, macht ein Blick in die Entwicklungsabteilung deutlich. Stolz zeigt der Entwicklungsleiter dort eine technische Zeichnung einer Portalmaschine von 1971 an der Wand des Büros. Seine Vision wurde Realität: Im Jahr 2010 wurde aus der Idee eine ausgereifte 5-Achs-Portalmaschine, die heute das Portfolio von Kao Ming bereichert.
Chevalier Falcon Machinery
Weiter geht es zu Chevalier Falcon Machinery in Shang Kang. Mit großen Lettern prangen unter dem Logo die Schriftzüge Grinding, Turning, Milling. 1978 aus der Taufe gehoben, hat sich das Unternehmen mit 285 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 45 Millionen US-Dollar speziell mit seinen Schleifmaschinen einen Namen am Markt gemacht. Zudem gilt Falcon als einer der innovativesten Werkzeugmaschinenhersteller am Markt. Michael Chang, Vice President Marketing, bringt es auf den Punkt: "Wir sind der erste taiwanesische Werkzeugmaschinenhersteller, der komplette Linien zur Aluminiumfelgenbearbeitung entwickelt hat. Die Drehmaschinen werden vollautomatisch von Robotern beladen und finden vor allem in China großen Anklang."
Eigenentwickelte Schleif-Software
Beim Thema Energieeffizienz verweist Chang auf die eigenentwickelte Schleif-Software Smart III mit ihrer Funktion "Energy Saving". Sie ermöglicht eine bedarfsoptimierte Steuerung der Schleifspindel. Zudem baut Falcon eigene Linearmotoren. Diese werden in enger Kooperation mit Hochschulen entwickelt und zur Sereinreife gebracht. Es werden aber auch Linearmotoren von Siemens in den Schleifmaschinen eingesetzt.
Beim Rundgang durch die Hallen zeigt sich, dass Green Machine bei Falcon keine leere Worthülse ist, sondern gelebte Firmenphilosophie. Neben einer Schleifmaschine steht ein Grundfos-Aggregat mit frequenzgeregelter Kühlschmierstoffpumpe zum Einbau parat.
Werkzeugmaschinenbauer Femco
Zum Abschluss der Reise führt der Weg in den Süden Taiwans in einen Randbezirk von Taichung zum Werkzeugmaschinenbauer Femco, respektive der Far East Machinery Co. Ltd.
Das 1949 aus einem Fahrradfelgenhersteller hervorgegangene Unternehmen ist über die Jahre hinweg zu einem der größten Maschinenhersteller Taiwans avanciert. Das Portfolio umfasst 5-Achs-BAZ aller Couleur sowie Bohrständermaschinen, die sich vor allem in Kanada großer Beliebtheit erfreuen, und Linien zur Alufelgenfertigung.
Marketingmanager Matt Yen skizziert die hohe Fertigungstiefe seines Unternehmens: "Wir setzen auf eine eigene Spindelfertigung und bauen unsere Linien zur Felgenfertigung komplett aus einer Hand." Wie hochwertig die Maschinen sind, zeigen die zahlreichen Auszeichnungen wie etwa die Timtos-Awards in der Eingangshalle. em