Die schwierige Wirtschaftslage in Spanien hält an. Nachdem das Land nach Angaben des German Trade and Invest (GTAI), der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing GmbH, zwischen 1994 und 2007 ein jährliches Wirtschaftswachstum von real +3,5 Prozent erzielte (zwischen 1996 und 2007 sogar +3,7 Prozent), durchläuft Spanien infolge aufgestauter Ungleichgewichte und Verwerfungen seither eine tiefgreifende Anpassungsperiode. Das BIP sank zwischen 2008 und 2012 um jährlich real rund 0,8 Prozent. Für 2013 sind weitere -1,5 Prozent prognostiziert. Nicht vor 2014 werden wieder positive Zuwachsraten erwartet. Von den ausländischen Direktinvestitionen sollen wichtige Impulse für die spanische Wirtschaftsentwicklung kommen. Die deutsche Präsenz ist seit Jahrzehnten im Großunternehmensbereich und auch zunehmend bei den KMUs sichtbar.
Branchensprecher gehen für 2012 von einer abgeschwächten Nachfrageentwicklung in Spanien aus, da sich sowohl die Exportdynamik verringert hat, als auch der Binnenmarkt unverändert niedrig ist. Die Kfz-Produktion soll 2012 gegenüber 2011 um 10 Prozent auf etwa 2,1 Mio. Einheiten sinken. Allerdings wird derzeit in neue Modellreihen investiert. Auch wenn diese Projekte zum Teil erst in einigen Jahren beginnen, stärken sie die Stellung des Landes als Investitionsstandort und als Automobilhersteller.
Meine Meinung
Unumstritten liegt das Herz der spanischen Werkzeugmaschinenindustrie im nordspanischen Baskenland. Ähnlichkeiten hat sie landschaftlich und vom Arbeitseinsatz der Menschen her zum Schwäbischen. Werkzeugmaschinen, die zu den besten der Welt gehören, kommen von dort. Das liegt vor allem an der langen Tradition und der hohen Bereitschaft, mit innovativen Konzepten immer noch besser zu werden. Insbesondere Unternehmen mit Maschinen für die Großteilebearbeitung sind gut auch auf dem deutschen Markt platziert. Die Krise ist in Spanien noch nicht zur Gänze überwunden, die Unternehmen sind jedoch zuversichtlich in ihrer Geschäftsentwicklung der nächsten Jahre. Bleibt zu hoffen, dass diesem Aufwärtstrend keine Rating-Agentur einen Riegel vorschiebt.
Martin Droysen, Redaktion fertigung
Diese Trends werden auch durch die Umfrage der Deutschen Handelskammer (AHK) für Spanien unter ihren Mitgliedsfirmen gestützt. So gehen 74,3 Prozent der befragten Unternehmen in Spanien davon aus, dass sich ihre Geschäftslage 2014/15 wieder besser entwickeln wird.
Für deutsche Industrieunternehmen dürfte sich zudem eine anlaufende Initiative positiv auswirken. Ein Industrieplan beabsichtigt, bis 2020 den Anteil der Industrieerzeugung an der Bruttowertschöpfung auf etwa 18 Prozent anzuheben. Damit sollen die Industriebasis gestärkt und die Wertschöpfungsketten verbessert werden. Nicht zuletzt dürften erhöhte Industrieexporte zu einer Verbesserung der Handelsbilanz beitragen. Weitere Impulse könnten von Aufträgen im Flugzeugbau ausgehen. Wegen Liquiditätsengpässen und schwacher Kapazitätsauslastung bieten sich so Chancen für deutsche Unternehmen bei Firmenkooperationen.
Die spanische Produktion zeigte in den letzten Jahren erhebliche Schwankungen. So war bis zum Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Zuge der expansiven Entwicklung alljährlich ein zum Teil deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Der vom Branchenverband Sercobe ermittelte Produktionsindex (2000=100) erreichte 2008 mit 422,8 Punkten seinen Höchststand. Er verringerte sich 2009 auf 338,1 Punkte, ging 2010 erneut auf 328,0 Punkte zurück und stieg infolge der starken Exportnachfrage 2011 auf 330,6 Punkte an. Die Zahlen verdeutlichen die Lage Spaniens; im Binnenmarkt eher verhalten, im Export verstärkt aktiv.
Die Deutsche Handelskammer für Spanien (AHK) führte 2012 eine Umfrage zu “Deutsche Unternehmen in Spanien: Geschäftsklima und Erfolgsfaktoren” durch. Befragt wurden die 865 der AHK Spanien bekannten spanischen Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung. So zeigen Unternehmen der Industrie zur Geschäftslage nach Sektoren eine positive Tendenz. Bereits 2013 soll sich nach den befragten Unternehmen die Geschäftslage wieder verbessern, wie die Tabelle zeigt.
Zusätzliche Investitionen
Auch bei den Investitionsplänen herrscht aufgrund der derzeitigen Unsicherheit über die allgemeine Wirtschaftsentwicklung eine Zurückhaltung vor. Die bei einigen Unternehmen festgestellte aktuelle Tendenz zu Desinvestitionen kehrt sich der Tabelle zufolge bereits 2013 ins Positive um. Für die mittelfristige Perspektive 2014 bis 2015 plant dann fast die Hälfte der Unternehmen zusätzliche Investitionen.
Einige der weltweit tätigen Unternehmen, die Werkzeugmaschinen für die Großteilebearbeitung herstellen, kommen aus Spanien. Zu den erfolgreichen Unternehmen zählt etwa Iberimex, das Maschinen von Zayer, Juaristi, Boos und Geminis vertreibt. Andreas Stratmann, Gesellschafter der Iberimex, blickt optimistisch in die Zukunft: „Trotz schwächelndem Binnenmarkt sehen wir speziell die auf Export ausgelegte Werkzeugmaschinenindustrie Spaniens in einem sehr positivem Licht. Im Zuge einer spürbar anziehenden Nachfrage, insbesondere im Bereich qualitativ hochwertiger Dreh- und Fräsmaschinen, im europäischen Wirtschaftsraum erwarten wir für die nahe Zukunft aus Sicht Spaniens steigende Exportzahlen, ohne derzeit genaue Zahlen nennen zu können.“
Ein anderer Repräsentant für spanische Werkzeugmaschinen ist die Danobatgroup mit den Herstellern Danobat und Soraluce. Zu den Spitzenprodukten von Danobat zählen die Vertikal-Drehmaschinen der Baureihe VTC für die Großteilebearbeitung, deren Bearbeitungsmöglichkeiten Drehen, Schleifen, Fräsen, Bohren und Gewindeschneiden sind und die sich gerade im Export gut verkaufen. Die Danobatgroup gehört zur Mondragon-Gruppe (MCC), das nach eigenen Angaben als größtes als Kooperative organisierte Unternehmen der Welt eines der größten spanischen Unternehmen ist.
Laut Aussage von Javier Marcos, Marketing Mondragon Group, haben Unternehmen, die mit einer globalen internationalen Strategie agieren und insbesondere spezielle kundenorientierte Bearbeitungslösungen anbieten, Vorteile gegenüber anderen Unternehmen, die sich nur auf die Maschinenfertigung konzentrieren: „Der Werkzeugmaschinensektor der Mondragon-Gruppe ist stets auf der Suche nach innovativen Lösungen.“
Mit spanischen Maschinen-Steuerungen will Klaus Richter, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Fagor Automation, auch zu Mondragon gehörend, künftig vermehrt Fuß auf dem deutschen Markt fassen: „Wir sehen das Retrofitting älterer Maschinen mit den Fagor-Steuerungen durchaus als ein taugliches Mittel, um die spanische Marke besser auf dem deutschen und europäischen Markt zu platzieren.“
Zu seinem 50. Unternehmensjubiläum hat kürzlich der spanische Spezialist für Fräs- und Bohrwerke Soraluce S. Coop im baskischen Bergera technische Highlights wie den automatischen Pinolenwechsel präsentiert. Soraluce verkaufte 2011 in Deutschland rund 40 Prozent seiner Produktion (900 Maschinen) und konnte so seinen Anteil an der Fräsmaschinenproduktion in Spanien von 4 Prozent im Jahr 1990 auf 42 Prozent im Jahr 2011 steigern.
Martin Kapp, Vorsitzender des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) beziffert die aktuelle Import und Exportlage: „Aus deutscher Sicht ist der größte Export-Einzelmarkt nach wie vor China mit einem Volumen von rund 2,4 Mrd. Euro nach den USA. Doch selbst in das krisengeschüttelte Spanien wurde mehr verkauft als im Vorjahr, wenn auch ausgehend von niedrigem Niveau.“ Nach Quellen des Statistischen Bundesamtes und des VDW und VDMA importierte Spanien von Januar bis November 2012 Werkzeugmaschinen aus Deutschland im Wert von 98,7 Mio. Euro. Das ist eine Steigerung von 31 Prozent zum Vorjahr.
Der Werkzeugmaschinenimport nach Deutschland stieg den Aussagen Kapps zufolge insgesamt um 18 Prozent. Traditionell kauft die deutsche Industrie ihre Produktionsausrüstung in Europa. Beim Export nach Deutschland liegt Spanien mit 77,4 Mio. Euro im Zeitraum Januar bis November 2012 auf einem respektablen Platz 12 der Importländer Deutschlands und steigerte das Exportvolumen an Werkzeugmaschinen zum Vorjahr um 52 Prozent.
Martin Droysen