Im Werk in Nenzing, Vorarlberg, produziert Liebherr Raupenkrane, Spezialtiefbaumaschinen sowie maritime Krane. Obwohl der Anteil der spanenden Bearbeitung nur bei etwa 3 Prozent liegt, sind die 60 Mitarbeiter und 8 Auszubildenden in der mechanischen Fertigung unter der Leitung von Michael Torghele sehr gut ausgelastet: „Hier werden nahezu alle Krankleinteile für die Liebherr-Werke in Nenzing, Rostock und Sunderland in England gefertigt.“
Um den Workflow in der Produktion weiter zu optimieren, wurden vor drei Jahren die CNC-Programmierer, die bis dahin in der Arbeitsvorbereitung angesiedelt waren, direkt in die mechanische Fertigung eingegliedert. Für Torghele eine notwendige Konsequenz aus dem Fachkräftemangel in der Region: „Früher haben wir vieles direkt an der Maschine programmiert. Diese Kompetenzen mussten zunehmend weg von der Maschine und näher an die Fertigungsleitung kommen. So kann an der Maschine jetzt auch mit weniger qualifiziertem Personal gearbeitet werden.“ Daher ist es notwendig, dass die CNC-Programme für jedes einzelne der insgesamt 25 000 verschiedenen Werkstücke mit hoher Qualität an die Maschine kommen.
Im Werk Nenzing konstruieren Ingenieure und Techniker auf über 200 CAD-Arbeitsplätzen mit dem 3D-CAD-System Pro/E. Mit dem bisherigen CAM-System war es extrem zeitaufwändig, die
Fräsbearbeitung einigermaßen gezielt zu steuern. Zudem werden aktuell viele Stahlbaukomponenten aus dem Vollen gefräst. „Trotz vieler Versuche kam das Vorgängersystem damit überhaupt nicht klar“, erläutert NC-Programmierer Christian Huber.
Torghele erinnert sich an die Testphase: „Als ich das allererste Mal iMachining gesehen habe, dachte ich, das sei eine Fälschung. Für mich sah es aus wie die Zerspanung von Holz.“ Danach folgte die Teststellung im Betrieb mit barho-ecs, dem österreichischen SolidCAM-Vertriebspartner.
„In der Praxis sind erste Tests mit iMachining dann ein absolutes Schlüsselerlebnis gewesen, freut sich Christian Huber, denn die Standzeiten der Werkzeuge seien förmlich explodiert. Dabei dürften die Vorarlberger weltweit die ersten SolidCAM-Anwender gewesen sein, die iMachining in der Schwerzerspanung mit Igelfräsern statt VHM-Fräsern eingesetzt haben, so Huber. Alles was dazu nötig war, war eine Ergänzung der frei editierbaren Technologiedatenbank von iMachining, in der sämtliche Materialien und Werkzeugparameter hinterlegt sind.
Erhöhung der Werkzeugstandzeiten
„Die massive Erhöhung der Werkzeugstandzeiten mit iMachining war viel wichtiger als die immer noch beachtliche Reduktion der Stückzeiten“, betont Torghele. Durch die stets konstante Spandicke arbeiteten die Maschinen jetzt sehr viel ruhiger, ohne Probleme mit defekten Spindeln und Lagern bei der Schwerzerspanung. Die Lebensdauer der Maschinen ist durch die optimalen Werkzeugwege signifikant gestiegen, so seine Überzeugung.
„Bei unseren Werkstücken mit hohem Zerspanvolumen in Losgrößen von 1 bis maximal 100 Stück ist die hohe Prozesssicherheit, die wir durch iMachining erreicht haben, ein großer Gewinn für uns. Alle Teile, bei denen wir Vorteile und Einsparungen sehen, programmieren wir neu mit SolidCAM“, ergänzt NC-Programmierer Alexander Pastella.
Wo früher Spantiefe und Vorschub wichtig waren, gelten jetzt definierte Spandicken und hohe Geschwindigkeiten. Die 18 CNC-Bearbeitungszentren in diversen Größen verfügen über
Spindelleistungen bis zu 80 kW. Bei der konventionellen Fräsbearbeitung gehörten undefinierte Werkzeugbrüche und ungewolltes Verschieben der Aufspannung deshalb zur Tagesordnung. „Überall wo heute SolidCAM im Einsatz ist, ist das kein Thema mehr“, sagt Torghele. So konnte bei Liebherr in Nenzing eine mannlose Fertigung über Nacht möglich gemacht. SolidCAM integriert sich nahtlos in die CAD-Systeme Solidworks und Autodesk Inventor. Für die Übernahme der 3D-Konstruktionsdaten aus Pro/E in das Gespann Solidworks und SolidCAM nutzen die CNC-Programmierer sowohl die Direktschnittstelle zu Pro/E als auch das STEP-Format. Die Vorteile von SolidCAM und iMachining, so Huber, machten die zusätzliche Arbeit mit der Datenkonvertierung aber mehr als wett.
Aktuell setzt Liebherr in Nenzing die SolidCAM Module
iMachining 2D und 3D, 2.5D-Fräsen, HSS-Flächenbearbeitung, 3D-Fräsen, Drehen, Drehfräsen, 5-Achsen-Simultanbearbeitung und Solid Probe auf sechs Arbeitsplätzen mit Netzwerklizenzen ein. Aufgrund der einfachen Bedienung des CAM-Systems sind lauffähige CNC-Programme schnell und prozessicher an der Maschine.
Bearbeitungszeiten um 70 Prozent reduziert
Frank Barho, Inhaber von barho ecs, dem autorisierten SolidCAM-Vertriebspartner, beschreibt: „Durch die dynamisch trochoidalen Werkzeugwege, die iMachining erzeuge, verkürzen sich die Bearbeitungszeiten beim Fräsen um etwa 70 Prozent. Dabei berücksichtigt der iMachining Technology Wizard an jeder Werkzeugposition sowohl die Geometrie des Werkstücks, die Werkzeugdaten, das Material als auch die Leistungsdaten der Maschine und berechnet damit stets optimale Schnittwerte.“ Als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet Barho die hohe Produktivität und Prozesssicherheit bei der CNC-Programmierung. Mit nur wenigen Benutzereingaben kommt der Anwender mit dem Technology-Wizard zu einem optimalen CNC-Programm.
„Die Zerspanungsparameter wurden sukkzesive ermittelt“, ergänzt Pastella. Dazu dient der Schieberegler im iMachining-Benutzerdialog, der so genannte Level Slider mit den Stufen 1 bis 8 und einem Turbo-Modus. Mit dem iMachining Level lässt sich die Bearbeitungsgeschwindigkeit individuell an die Aufspannsituation und den Allgemeinzustand der Maschine anpassen. Aktuell fräsen die Vorarlberger überwiegend mit Level 4, denn die Prozesssicherheit ist für den Fertigungsleiter deutlich wichtiger als die maximale Reduzierung der Stückzeiten.
Realistische Maschinensimulation
Für das reibungslose Rüsten und die ungestörte Produktion der Teile kann SolidCAM in verschiedenen Bereichen speziell an den vorhandenen Maschinenpark angepasst werden. Die realistische Maschinensimulation ermöglicht die Kontrolle der Bearbeitung vor der Ausgabe des CNC-Programms. Die einzelnen CNC-Bearbeitungszentren des Maschinenparks in Nenzing hat SolidCAM-Initiator Huber schon fast vollständig in das System eingepflegt. So können zum Beispiel die Endschalterpositionen an jeder Bearbeitungsachse exakt definiert werden, wodurch sich alle Werkstücke zuverlässig simulieren lassen. Für Huber ein unschätzbarer Vorteil bei großen Werkstückdimensionen und mehrachsigen Bearbeitungen.
Huber kümmert sich auch um die Anpassung der derzeit 12 verschiedenen Postprozessoren für die Generierung der CNC-Programme: „Die Programme für unsere Heidenhain und Siemens-Steuerungen entsprechen exakt unseren Anforderungen und sind für unsere Maschinenbediener nachvollziehbar. Zudem können wir mit dem Modul SolidProbe Antast- und Messzyklen für das Messen von Konturen und die automatische Werkzeugkorrektur direkt in SolidCAM mit einbauen.“ Stetige Optimierung und Weiterentwicklung sind für das Team von Torghele kritische Erfolgsfaktoren. „Wir testen ständig neue Funktionen in der CAM-Software.“ Sein Resümee: „Nach anfänglicher Kritik konnten wir ein Jahr nach Einführung Fertigungskapazitäten freimachen, unsere Produktivität um mindestens 30 Prozent steigern und die Werkzeugkosten weit mehr als nur halbieren. Die Investition hat sich längstens amortisiert. Für uns ist SolidCAM mit iMachining definitiv ein Quantensprung.“