Dietmar Hechtle, Emuge-Franken

"Spiral- und Gewindebohrer in einem." Dietmar Hechtle - (Bild: fertigung/Sonderleittner)

Herr Hechtle, Emuge-Franken hat auf der EMO gemeinsam mit Audi ein brandneues Werkzeug vorgestellt. Um was geht es dabei?
Audi suchte nach einer Lösung für die Beschleunigung der Prozesse bei den rund 200 Bohrungen und Gewindeschnitten pro Motorblock sowie der Verfahrwege um das Bauteil herum. Ziel war es also, bei der Herstellung von Innengewinden in Sack- und Durchgangslöchern eine hohe Zeiteinsparung zu erreichen. Zusammen haben wir dann ein Werkzeug entwickelt, das diese Aufgabenstellung lösen kann.


Sie haben das Werkzeug mit Namen "Taptor" entwickelt. Können Sie das näher erläutern?

Der Name Taptor leitet sich ab vom englischen Wort tap für Gewindeschneiden und dem Raptor, also einem sehr schnellen Tier, was die Schnelligkeit im Produktionsprozess versinnbildlichen soll. Das Besondere ist, dass das Vorbohren und das Erzeugen des Gewindes zusammengeführt wurden in nur noch einen Prozess. Das Verfahren gliedert sich dabei in zwei Schritte. Im ersten Schritt entspricht die Bewegung des Werkzeugs dem synchronen Gewindebohren. Der Bohrvorschub pro Umdrehung entspricht der Gewindesteigung. Im zweiten Schritt schneidet sich das Werkzeug auf Bohrungstiefe frei. Hierbei erzeugen die Gewindezähne einen umlaufenden Freistich. Danach wird der Taptor durch das erzeugte Gewinde wieder ausgefahren. Pro erzeugtes Gewinde können so je nach Anwendungsfall ein bis zwei Sekunden Bearbeitungs- und Nebenzeit gespart werden.

Wie war die Zusammenarbeit mit Audi?
Die Kooperation war sehr eng, wir haben uns sehr regelmäßig getroffen. Das war auch sehr wichtig, denn es galt, die Kriterien, die Audi an seine Prozesse anlegt, genau zu kennen und zu erfüllen. Wir haben umfangreiche Investitionen getätigt und in Werkzeugschleifmaschinen investiert, sowohl für die Entwicklungsphase als auch jetzt in der Produktion des Werkzeugs. Außerdem haben wir im Entwicklungsbereich erhebliche Investitionen getätigt, beispielsweise für eine Versuchsmaschine.

"Gewindeschneiden und Bohren in einem Schritt – das spart pro Gewinde ein bis zwei Sekunden Zeit." Dietmar Hechtle, Emuge-Franken

Für welche Werkstoffe ist Taptor geeignet?
Nach dem aktuellen Stand der Entwicklung ist der Taptor für Aluminium geeignet. Allerdings ist das Werkzeug noch in der Entwicklung. Es funktioniert natürlich und die Serienfertigung startet auch schon, aber wir kennen noch keine Standzeit unter Serienbedingungen. Zur nächsten AMB wollen wir die Technologie allerdings soweit haben, dass wir wissen, für welche Werkstoffe und unter welchen Bedingungen genau das Werkzeug einsetzbar ist.

Eignet sich das Werkzeug auch für die Trockenbearbeitung oder MMS?
Zum aktuellen Stand ist das Werkzeug nur für die Nassbarbeitung mit gängigen Kühlschmierstoffen geeignet. Wir streben da eine Erweiterung an, diese Entwicklungsarbeit haben wir aber noch zurückgestellt, bis die Serienfertigung sicher läuft.

Ist das Werkzeug jetzt überhaupt schon erhältlich?
Das Werkzeug ist aktuell für unseren Entwicklungspartner Audi exklusiv erhältlich. Geplant ist, dass es für andere Kunden ab Mitte des Jahres erhältlich sein soll. Da Audi das Verfahrenspatent dazu angemeldet und veröffentlicht hat, werden wir das Produkt in Lizenz vermarkten.

Was war in der Entwicklung des Werkzeugs die besondere Herausforderung?
Eine Herausforderung war die Späneabfuhr, die wir nur mit umfangreichen Versuchen und Tests lösen konnten. vg

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