Sebastian Will, 2. Vorsitzender des bvse-Fachverbandes Schrott, E-Schrott, Kfz-Recycling.

Sebastian Will, 2. Vorsitzender des bvse-Fachverbandes Schrott, E-Schrott, Kfz-Recycling.

Durch den hohen Stellenwert der die Metallbe- und -verarbeitung in Deutschland hat die anfallende Menge einen entsprechenden Umfang Beim Erzeugungsprozess fallen verschiedenste Sorten von Metallspänen an, die von der Recyclingwirtschaft sortenrein erfasst, gegebenenfalls behandelt und der abnehmenden Industrie als einsatzfähiger Rohstoff zur Verfügung gestellt werden

 

Welche gesetzlichen Grundlagen sind für die Späne zu beachten?
Bei der Erstellung des europäischen Abfallverzeichnisses im Jahre 2000 hat der Verordnungsgeber die Späne bewusst als nicht gefährlichen Abfall ohne Spiegeleintrag unter den Nummern AVV 120101 und 120103 eingestuft, obwohl ihm die Problematik der Kühlschmierstoffe bekannt war. Die Anhaftungen spielten und spielen keine Rolle für die Abfalleinstufung. Dies ist gängige Praxis in allen EU-Ländern.

Gibt es abweichende Tendenzen?
Es gibt in Deutschland – seit 2013 – vereinzelt Tendenzen, Späne mit Anhaftungen generell als gefährlich einzustufen, und zwar ohne Rücksicht auf den Entstehungsprozess oder die Späneart. Die Einstufung des Abfalls ist jedoch Sache des Abfallerzeugers, erfolgt nach den Regeln der AVV und obliegt nicht dem Ermessen einer Behörde. Die Beweislast einer Umstufung liegt daher grundsätzlich bei der Behörde. Sie hat dem Abfallerzeuger die Gefährlichkeit seines Abfalls nachzuweisen. Eine Umstufung der Metallspäne, wie es einige Behörden derzeit versuchen, widerspricht jedoch der Systematik der Abfallverzeichnisverordnung und verstößt gegen geltendes, europäisches Recht. In solchen Fällen müssen sich Abfallerzeuger und Entsorger wehren.

Warum wollen die Behörden überhaupt umstufen?
Wir können und dürfen nicht verhehlen, dass beim Umgang mit den Spänen sowohl auf Seiten der Abfallerzeuger als auch der Entsorger eine besondere Sorgfalt zu walten hat. Späne bedürfen wegen ihrer Konsistenz und teilweise wegen ihrer Anhaftungen einer speziellen Behandlung, die ab dem Entfall bis zum Spänelager des Entsorgers umweltgerecht zu erfolgen hat. Dies müssen die Partner garantieren, und die Verfasser des Leitfadens wollen bei ihren Empfehlungen sowohl der Vielfalt der Späne, aber auch insbesondere der Vielzahl und der Unterschiedlichkeit der Entfallstellen Rechnung tragen. Denn die anfallenden unterschiedlichen Späne und die Gegebenheiten an der Entfallstelle bilden die Grundlage für ein vom Abfallerzeuger und seinem Entsorger gemeinsam zu erarbeitendes individuelles Logistikkonzept. Genau dafür bietet der Leitfaden eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten an. Dagegen argumentieren die Behörden mit den Gefährlichkeitsmerkmalen der anhaftenden Kühlschmierstoffe, über die sie eine Umstufung der Späne zu einem gefährlichen Abfall erreichen wollen. Auch hier verweise ich auf den Leitfaden, der zu diesem Punkt Stellung bezieht. Die verwendeten Konzentrate werden vorher verdünnt, und in der daraus resultierenden Emulsion/Lösung ist die Konzentration möglicher gefährlicher Bestandteile zwangsläufig weit geringer als im Konzentrat. Die Kriterien des § 3 Abs. 2 AVV werden nicht erreicht, so dass sowohl die Emulsion beziehungsweise Lösung als auch die damit benetzten Späne als nicht gefährlich anzusehen sind. Leider werden in vielen Gefahrstoffverzeichnissen Mineralölerzeugnisse wie KSS immer noch als gefährlich geführt, aber aus den aktuellen Sicherheitsdatenblättern ist leicht zu ersehen, dass sie dies schon lange nicht mehr sind. Gerade die Kühlschmierstoffe haben sich in den vergangenen Jahren vor allem aus Arbeitsschutzgründen zu gefahrstoffrechtlich nicht gefährlichen Produkten entwickelt. Wir können in der Regel keinen Grund für eine Umstufung mit weitreichenden Folgen erkennen.

Welches wären die weitreichenden Folgen ?
Genehmigungsrechtliche Probleme ergeben sich für alle Prozessbeteiligten. Die Entfallstelle würde etwa einen gefährlichen Abfall erzeugen, müsste dies in ihrer Betriebsgenehmigung berücksichtigen und entsprechende Vorkehrungen treffen. Das ist sicherlich alles machbar und nur eine Frage der Kosten und erfahrungsgemäß der Zeit. Ein Ertrag aus dem Abfall ist nicht mehr zu erwarten. Entscheidend ist jedoch, dass kein deutscher oder mir bekannter ausländischer Verwerter in Form eines Stahlwerks oder einer Gießerei gefährliche Abfälle bei der Herstellung hochwertiger Produkte einsetzen darf. Ich nenne als Beispiel Italien. Dessen Stahlwerke kaufen unter anderem große Mengen Stahlspäne in Deutschland als Abfälle zur Verwertung, weil deren Betriebsgenehmigungen nur den Einsatz dieser Abfälle erlauben. Ein gefährlicher Abfall bedarf der Notifizierung. Er würde in Italien allerdings keinen Abnehmer finden. Das gleiche gilt für die deutschen Abnehmer. Der vorhandene ressourcenschonende Kreislauf würde also völlig unnötig und wegen fadenscheiniger umweltpolitischer Argumente zerstört. Nicht zu reden von der Frage, ob eine Verbringung innerhalb der EU überhaupt noch möglich wäre. Der deutsche Sonderweg erfordert – aus Sicht der hiesigen Behörden – beim grenzüberschreitenden Güterverkehr eine Notifizierung. Die kann aber im Empfangsland mangels der Gefährlichkeit von Spänen – bei korrekter Anwendung der AVV – nicht durchgeführt werden. Es wird der freie Warenverkehr innerhalb der EU somit für dieses Handelsgut unterbunden. Wir sind daher der Auffassung, dass es darauf ankommt, dass die Prozesskettenbeteiligten ihre Pflichten beim umweltgerechten Umgang mit Metallspänen erfüllen. Hier gibt der Leitfaden Hilfestellung. Ist dies der Fall, hat niemand einen Grund, den Sekundärrohstoff Späne umzustufen.

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