Interview

06. Okt. 2025 | 13:00 Uhr | von Annika Ostermeier

Zukunftsfähige Produktion

Machining Transformation: DMG MORI denkt Fertigung ganzheitlich

Mit dem Konzept „Machining Transformation“ will DMG MORI mehr als Maschinen liefern: Prozessintegration, Automation und digitale sowie grüne Effizienz werden zu tragenden Säulen einer zukunftsfähigen Fertigung. Wie das gelingt, erläutert Dr. Harald Neun, Executive Officer - Chief Sales & Service Officer EMEA North im Gespräch mit der Fertigung-Redaktion.

Was hinter dem EMO-Konzept „Machining Transformation“ von DMG MORI steckt, erläutert Dr. Harald Neun, Executive Officer DMG MORI; Managing Director & Chief Sales & Service Officer EMEA North (D-A-CH, Nordics) im Gespräch mit Fertigung-Redakteurin Annika Ostermeier.

Was hinter dem EMO-Konzept „Machining Transformation“ von DMG MORI steckt, erläutert Dr. Harald Neun, Executive Officer DMG MORI; Managing Director & Chief Sales & Service Officer EMEA North (D-A-CH, Nordics) im Gespräch mit Fertigung-Redakteurin Annika Ostermeier. (Bild: DMG MORI)

Redaktion Fertigung: Das Motto von DMG MORI lautete auf der EMO dieses Jahr „Manufacturing the Future“. Was verstehen Sie konkret darunter und wie spiegelt sich das in Ihren Technologien wider?

Dr. Neun: Wir verstehen darunter insbesondere, unsere Kunden in ihren jeweiligen Industrien so zu begleiten, dass wir sie dabei unterstützen, ihre eigenen Produkte zukunftsfähig und wettbewerbsfähiger zu machen. Aus diesem Grund fokussieren wir uns stark auf unterschiedliche Branchen, wie Sie es auch auf dem Stand sehen. Ein konkretes Beispiel aus dem Halbleiterbereich sind etwa bestimmte Anforderungen an die Reinheit von Teilen, die aus der Maschine kommen. Das bedeutet, dass bestimmte Inhaltsstoffe in der Maschine nicht vorhanden sein dürfen, da sie die Teile verschmutzen könnten. Das sind Beispiele, die nicht direkt mit der Maschine an sich zu tun haben, aber bei denen wir dem Kunden helfen, effizienter zu produzieren und schneller zum fertigen Teil zu kommen. Konkret setzen wir dies mit unserem MX-Ansatz (Machining Transformation) um. Wir bieten Kunden Maschinen an, die ein Maß an Flexibilität bieten, das es unserer Meinung nach so am Markt nicht gibt. Das erreichen wir, indem wir verschiedene Prozesse integrieren und das Thema Automatisierbarkeit für Kunden massiv vereinfachen und dabei ein breites Spektrum an Anforderungen abbilden können.

Redaktion Fertigung: Wenn DMG MORI das höchste Maß an Flexibilität am Markt bietet, interessiert mich: Was können Sie bei Ihren Produkten und Lösungen kombinieren, was andere nicht können?

Dr. Neun: Ich glaube, es ist der ganzheitliche Ansatz. Die Werkzeugmaschinenindustrie ist im Vergleich zu anderen Branchen verhältnismäßig fragmentiert. Es gibt sicherlich Anbieter, die beispielsweise das Schleifen auf einer Werkzeugmaschine beherrschen, jedoch in der Regel nur für eine spezifische Technologie und nicht für ein breites Spektrum an Maschinen oder Teilen. Wir hingegen können aus einer Hand ganze Lösungen für ein sehr breites Anwendungsspektrum liefern, da wir auch ein sehr breites Portfolio an Peripherie anbieten. Ein Beispiel dafür ist eine Multitasking-Maschine wie die ausgestellte DMC 125 FDS duoBLOCK FDS, die Fräsen, Drehen und Schleifen in einer Maschine kombiniert, anstatt drei verschiedene Maschinen zu benötigen. Im konventionellen Ansatz müssten die Teile nacheinander gedreht, gefräst und dann geschliffen werden. Bei uns haben Sie die Möglichkeit, alles auf einer Maschine zubearbeiten. Im besten Fall kommen Sie zum fertigen Teil, ohne es einmal aus der Maschine nehmen und anfassen zu müssen.

Redaktion Fertigung: Und das ist immer günstiger für den Anwender?

Dr. Neun: Das ist nicht in jedem Fall günstiger; bei sehr großen Serien kann es effizienter sein, Prozesse zu trennen. Aber unsere Industrie entwickelt sich stark in eine Richtung, in der Losgrößen eher kleiner werden und die Flexibilität stärker in den Vordergrund rückt.

Auf mehr als 9.000 qm Fläche präsentierte DMG MORI in diesem Jahr auf der EMO die DMG MORI World voller wegweisender Fertigungslösungen, die das Leben und die Produktion nachhaltig verbessern – in kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen gleichermaßen. Drei Schwerpunkte prägen den Messeauftritt und bilden den Kern der DMG MORI World: Technologie, Machining Transformation (MX) und 5+X Industries.
Auf mehr als 10.000 qm Fläche präsentierte DMG MORI in diesem Jahr auf der EMO die DMG MORI World voller wegweisender Fertigungslösungen, die das Leben und die Produktion nachhaltig verbessern – in kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen gleichermaßen. Drei Schwerpunkte prägen den Messeauftritt und bilden den Kern der DMG MORI World: Technologie, Machining Transformation (MX) und 5+X Industries. (Bild: DMG MORI)

Redaktion Fertigung: Betrachten wir einmal konkret die kleinen und mittelständischen Unternehmen: Inwieweit profitieren die von dem beschriebenen MX-Ansatz?

Dr. Neun: Unter dem Deckmantel MX verstehen wir vier Elemente: Prozessintegration, Automation, digitale Transformation und grüne Transformation (Effizienz). Diese vier Säulen bilden unser Fundament, und je nach Kundenbedarf können wir unterschiedliche Säulen ausspielen. Uns ist es ein besonderes Anliegen, in diesen Innovationssäulen auch Lösungen anzubieten, die insbesondere für KMU anwendbar sind, damit diese hochgradig innovativ und produktiv sein können, ohne einen riesigen Aufwand betreiben zu müssen. Ein Beispiel ist unser „Robo2Go“, eine einfache, kompakte Automationslösung, die direkt über die Maschine mit einer intuitiven Programmierung bedient werden kann. Man benötigt dafür kein hochspezifisches Automations-Know-how und kann so als Unternehmen sehr schnell den Einstieg in die Automation finden. Gleichzeitig bieten wir aber auch hochkomplexe Automationslösungen für maximale Anforderungen an.

Vita Dr. Harald Neun

  • 01/2024 – heute: Executive Officer, DMG MORI Group
  • 07/2023 – heute: Chief Sales & Service Officer DACH & Nordics; Managing Director DMG MORI Vertriebs- und Service
  • 06/2022 – 07/2023: CSSO EMEA North (BeNeLux, Italy, Nordics, UK)
  • 08/2021 – 06/2022: Geschäftsführer DMG MORI Stuttgart
  • 09/2015 – 08/202: COO DMG MORI Asia; Tokyo, Japan
  • 06/2014 – 08/ 2015: COO DMG MORI Europe
  • 05/2013 – 02/2015 Geschäftsführer DMG MORI Berlin

Redaktion Fertigung: Stichwort Effizienz und grüne Transformation: Sie zeigen auf der diesjährigen EMO das Steuerungs- und Bediensystem CELOS X, das über verschiedene Funktionen zum Überwachen und Senken des Energiebedarfs ausgestattet ist. Was verbirgt sich dahinter?

Dr. Neun: Wir stellen auf der Messe unter anderem das Advanced Energy Monitoring als Teil unseres innovativen Steuerungs- und Bediensystems CELOS X vor, mit dem unsere Kunden jederzeit den Energiebedarf ihrer Maschine im Blick behalten. Über Analysefunktionen lässt sich der Verbrauch bis auf einzelne Programmabschnitte nachvollziehen. Mit den neuen Einsparmodi des Advanced Auto Shutdowns können unsere Kunden die Maschine nach dem Fertigen des letzten Bauteils gezielt in einen energiesparenden Betriebszustand überführen und zeitbasiert wieder hochfahren. Eine Neuheit in CELOS X ist das Pneumatics Monitoring, mit dem der Druckluftbedarf der Maschine überwacht und Leckagen erkannt werden können. Das ist wichtig, weil die Bereitstellung von Druckluft viel Energie und Geld kostet. Eine unentdeckte Leckage von 100 Litern pro Minute kann pro Jahr Kosten von mehreren tausend Euro verursachen. Hier greifen die Säulen der Machining Transformation ineinander: Wir nutzen digitale Möglichkeiten wie Sensorik, die gleichzeitig auf das Thema der grünen Transformation einzahlen, indem sie die Energieeffizienz unterstützen.

Wie profitieren KMUs von dem "Machining-Transformation"-Ansatz von DMG MORI? Das wollte Fertigung-Redakteurin Annika Ostermeier von Dr. Harald Neun auf der EMO 2025 wissen.
Wie profitieren KMUs von dem "Machining-Transformation"-Ansatz von DMG MORI? Das wollte Fertigung-Redakteurin Annika Ostermeier von Dr. Harald Neun auf der EMO 2025 wissen. (Bild: DMG MORI)

Redaktion Fertigung: Gibt es neben der Leckagekontrolle bei Druckluft noch weitere Anwendungsfelder?

Dr. Neun: Ja, weitere Beispiele sind das Kühlschmierstoffmanagement, bei dem wir mit Sensorik unterstützen, um den Zustand optimal zu halten und Ausschuss zu vermeiden, sowie der Einsatz von frequenzgeregelten Kühlmittelpumpen sowie der Adaptiven Kühlschmierstoffzufuhr. In Kombination mit anderen Maßnahmen, die wir unter dem Begriff GREENMODE zusammenfassen, lassen sich Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent im Vergleich zu Maschinen ohne entsprechende Maßnahmen erzielen.

Redaktion Fertigung: Sie präsentieren auf der EMO acht Weltpremieren. Welche dieser Neuentwicklungen sind für die Metallbearbeitung besonders relevant oder sorgen für einen Durchbruch?

Dr. Neun: Wir zeigen hier unsere NZ DUE TC. Das ist sicherlich eine Maschine, die in ihrer Art einzigartig ist. Mir wäre kein Wettbewerber bekannt, der in einer Maschine zwei Frässpindeln mit jeweils einer B-Achse für die 5-Achs Simultanbearbeitung gleichzeitig zum Einsatz bringen kann. Inklusive eines 38-fach Werkzeugmagazins für jeder der beiden Frässpindeln. Das ist ein neuartiger Ansatz, der ein sehr hohes Maß an Flexibilität und gleichzeitig Produktivität vereint. Es ist eine hochkomplexe Maschine für spezielle Anforderungen und aus meiner Sicht hochgradig innovativ, gedacht für mindestens mittelhohe Stückzahlen im vier- oder fünfstelligen Bereich.

Eine weitere Maschine ist die DMC 55 H Twin, eine Fräsmaschine, die das Marktsegment der Doppelspindler neu definiert. Dieses Segment haben wir als DMG MORI bislang nicht bespielt. Wir machen es jetzt aber anders als die Wettbewerber: Unsere Maschine ist im Vergleich zu einem konventionellen Doppelspindler wesentlich flexibler, da die beiden Spindeln in gewissen Grenzen unabhängig voneinander arbeiten können und nicht starr parallel laufen. Das vereinfacht das Einrichten und Ändern von Prozessen enorm und macht sie zu einer Universalmaschine mit höherer Produktivität.

Redaktion Fertigung: Die EMO ist ein globaler Branchentreff. Wie lautet Ihr Fazit bezüglich des Messeerfolges von DMG MORI in diesem Jahr?

Dr. Neun: Die Besucherzahlen an unserem Stand liegen ungefähr auf dem gleichen Level wie bei der letzten EMO, was wir als gutes Zeichen sehen. Was uns besonders freut: die Qualität der Gespräche und das Kundenfeedback. Wir können auf jeden Fall von einer erfolgreichen Messe sprechen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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