FMi Herbstversammlung

Gemeinsam über neue Technologien diskutieren, sich bei Problemen gegenseitig stärken und miteinander Zeit verbringen: Auch darum geht es bei den Jahrestagungen des Verbands der Deutschen Drehteile-Industrie. (Bild: FMI)

Ein großes Fragezeichen schwebt über den Köpfen der Mitglieder des Verbands der Deutschen Drehteile-Industrie. Noch bezeichnen die meisten von ihnen die wirtschaftliche Lage als stabil. Aber wie es im nächsten Jahr weitergeht, können die mehr als 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Verbandstagung im Moment nicht einschätzen. Trotzdem bleiben die Unternehmen zuversichtlich und suchen nach Erdung. Ein schwieriges Unterfangen – gleichen doch die Entwicklung bei den Materialpreisen, die Ungewissheit in Sachen Energieproblematik und die sich ständig ändernden politischen Entscheidungen einer Achterbahnfahrt.

Netzwerke und Digitalisierung nutzen

Beim Auftragseingang sind die Drehteilehersteller, Maschinenbauer, Komponentenentwickler und Werkzeugspezialisten zufrieden und ein wenig überrascht. „Wir wundern uns schon fast über die Bestellungen und fragen uns, wo die Kunden die ganzen Teile einbauen“, kommentiert Stefan W. Schauerte die vielen Aufträge. Nach wie vor angespannt ist die Materialsituation. „Wir wissen nicht, wie wir die steigenden Preise an die Kunden weitergeben sollen“, bestätigt Thilo Karrenberg. Und beim Personal haben alle Unternehmen ähnliche Probleme: Es mangelt an Auszubildenden und Fachkräften, und der Krankenstand ist so hoch wie nie. Dementsprechend hoch war das Interesse am Vortrag zum Thema Recruiting. Fazit: Die Verantwortlichen nutzen die Sozialen Netzwerke viel zu wenig, um sich als potenzieller Arbeitgeber zu präsentieren – hier ist noch Luft nach oben.

Mehr Mut zur Digitalisierung

Etwas mutiger dürften die Verbandsmitglieder auch sein, wenn es um die Digitalisierung geht. „Mit einer konsequenten Einführung von Industrie 4.0 könnten die Unternehmen deutlich effizienter arbeiten“, fasst Referent Ulrich Remmel zusammen. Er beschäftigt sich bei der Remmel Consulting GmbH damit, seinen Kunden die automatisierte Zerspanung der Zukunft näher zu bringen. Noch mehr Tipps, um ökonomischer zu wirtschaften, gab es von Alexander J. Henze. Als Mitarbeiter des Energieberatungsunternehmens ECG GmbH zeigte er Möglichkeiten auf, um trotz der aktuellen Entwicklung auf den Energiemärkten die Kosten für Strom und Gas zu reduzieren.

Dass der 3D-Druck das Zerspanen sinnvoll ergänzen kann, ist ein interessanter Ansatz, der in einem Fachvortrag diskutiert wurde. Bestätigen kann das Vorstandsmitglied Patrick Weber, der mit der additiven Fertigung gute Erfahrungen bei Präzisionsdrehteilen gemacht hat: „Diese Technologie kann die klassische Zerspanungstechnik nicht ersetzen, aber wir nutzen das als ergänzendes Verfahren und testen erst mal alles aus.“

Was Sie schon immer über additive Fertigung wissen wollten

Additiv gefertigte Bauteile aus Metall
Die additive Fertigung ermöglicht ganz neue Konstruktionsmöglichkeiten. - (Bild: mari1408 - stock.adobe.com)

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Vorsichtig planen und zuversichtlich bleiben

„Die Umsätze sind noch positiv, aber wir wissen nicht, wo die Reise hingeht“, so das Fazit von Verbandsgeschäftsführer Werner Liebmann, der zum Abschluss die Ergebnisse verschiedener Auswertungen kommentiert. Auch der Exportanteil ist mit fast 38 Prozent in der Branche sehr hoch, dagegen sind die Investitionen im Verhältnis zum Umsatz extrem nach unten gegangen. „Diesen Abwärtstrend beim Investitionsvolumen beobachten wir bereits seit drei Jahren“, ergänzt Liebmann. Nachdem sich die Preise bei vielen Materialien in der Vergangenheit fast verdoppelt haben, ist jetzt zwar ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Aber auch da sieht der Geschäftsführer noch lange keine Erholung: „Wir gehen zwar insgesamt von einer leichten Verbesserung im zweiten Halbjahr 2023 aus, sollten aber trotzdem vorsichtig planen.“

Zur Vorsicht rät auch Markus Horn von der Paul Horn GmbH, der die aktuelle Situation stellvertretend für alle Beteiligten auf den Punkt bringt: „Es läuft im Moment eigentlich noch erstaunlich gut, aber ein großes Problem sind die politischen Entscheidungen, die immer wieder geändert werden. Für uns bedeutet das, dass wir uns jeden Tag auf eine neue Situation einstellen müssen. Und das ist schwer auszuhalten – auch wenn wir versuchen, optimistisch und zuversichtlich zu bleiben.“

FMI
Hermann Rumpel (Bild: FMI)

Im Rahmen der Herbsttagung stand auch noch eine Veränderung im Vorstand an: Hermann Rumpel schied nach mehr als 16 Jahren Vorstandstätigkeit aus. „Der Drehteile-Verband verliert mit Hermann Rumpel eine prägende Persönlichkeit“, betonte Vorstandsmitglied Stefan W. Schauerte. Er verabschiedete den zukünftigen Ruheständler, der den Verband „seit 1981 engagiert, ideenreich und lösungsorientiert begleitet hat“, unter lang anhaltendem Applaus der anwesenden Mitglieder.

Verband der Deutschen Drehteile-Industrie

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