Deutsche Werkzeugmaschinenindustrie setzt 2016 auf moderaten Zuwachs

Grundlage für diese Einschätzung sind die Investitionen der wichtigen Abnehmerbranchen, der Weltwerkzeugmaschinenverbrauch und schließlich der Auftragseingang der deutschen Werkzeugmaschinenhersteller.

Für die Investitionen erwartete Oxford Economics, Prognosepartner des VDW, im Herbst des vergangenen Jahres einen weltweiten Anstieg von 4 Prozent. Zugpferde sind traditionell die Automobilindustrie gefolgt von Elektro-/Elektronikindustrie, der Herstellung von Metallerzeugnissen und vom Maschinenbau. Der Werkzeugmaschinenverbrauch soll um 4,2 Prozent anziehen. An der Spitze steht Europa (plus 4,6 Prozent) dicht gefolgt von Asien (plus 4,5 Prozent) und Amerika (plus 2,5 Prozent).

Der Auftragseingang der deutschen Werkzeugmaschinenhersteller, Indikator für die mittelfristige Geschäftstätigkeit, ist 2015 moderat um 1 Prozent auf 14,9 Mrd. Euro gestiegen. Damit pendeln sich Produktion und Auftragseingang auf etwa gleichem Niveau ein.

Während der ersten drei Quartale 2015 bestellten Asien und Europa 4 bzw. 3 Prozent mehr deutsche Werkzeugmaschinen als im Vorjahr. Die Orders aus China, mit einem Anteil von rund einem Viertel an den Gesamtbestellungen, verloren abermals 8 Prozent. Das zeigt, der Umstrukturierungsprozess im Land der Mitte wird noch lange ein Thema bleiben. Dennoch bleibt China allein wegen der Größe des Marktes wichtig. Das Land steht für ein Drittel des internationalen Werkzeugmaschinenverbrauchs.

2015 produzierte die Branche Maschinen im Wert von 15,1 Mrd. Euro

Die VDW-Prognose baut auf dem Rekordjahr 2015 auf. Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie produzierte im abgelaufenen Jahr Maschinen im Wert von 15,1 Mrd. Euro, was einer Steigerungsrate von 4 Prozent entspricht. „Das ist nach zuletzt 2013 abermals ein Rekordergebnis“, erklärt Prokop.

Mit einer Exportquote von rund 70 Prozent und einem Exportzuwachs von 4 Prozent auf rd. 9,4 Mrd. Euro hat das Ausland etwas stärker zum Gesamtergebnis beigetragen als der Inlandsverbrauch. Besonders gut lief entgegen aller Erwartungen Europa mit plus 8 Prozent.

Asien hingegen, vor wenigen Jahren fast gleichauf mit Europa, enttäuschte mit einem Rückgang der Exporte von 5 Prozent. Der größte Markt China mit einem Anteil von immer noch über einem Fünftel ließ kräftig Federn.

2015 stieg die Beschäftigung im Jahresdurchschnitt um 1,5 Prozent auf rund 68 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Kapazitätsauslastung lag im Jahresschnitt mit knapp über 88 Prozent etwa 2 Prozentpunkte unter Vorjahr. Der aktuelle Wert im Januar zeigt jedoch wieder nach oben. Der Auftragsbestand lag mit 6,8 Monaten im Schnitt einen halben Monat unter Vorjahr.

„Insgesamt hat sich die Branche mit diesen Ergebnissen wieder sehr gut behauptet. Etliche Mitgliedsfirmen berichten vom besten Jahr ihrer Firmengeschichte“, kommentiert Prokop die Jahresbilanz 2015.

 

Weltweites Geschäft wird immer härter

„Dennoch ist das Umfeld für unsere Geschäfte schwieriger geworden und kann nur bedingt direkt von uns selbst beeinflusst werden“, sagt Prokop. Vor allem die Schwellenländer stehen aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise unter Druck, Russland leidet unter dem schwachen Rubel und dem niedrigen Ölpreis, Brasilien steckt tief in der Rezession, China schwächt mit seinem lahmenden Wachstum die wichtigsten Handelspartner. Hinzu kommen die zahlreichen geopolitischen Unsicherheiten. „Umso wichtiger ist es für unsere Unternehmen, in Zeiten des globalen Wandels längerfristig nach neuen Marktpotenzialen Ausschau zu halten“, sagt Prokop. Dies gelte sowohl für neue Absatzmärkte als auch für neue Angebote der Hersteller.

 

Marktpotenziale für deutsche Werkzeugmaschinenhersteller

Der Iran, derzeit in aller Munde, bietet auch für deutsche Hersteller Potenzial. Zu Hochzeiten Anfang der 90er Jahre haben sie Maschinen im Wert von nahezu 190 Mio. Euro exportiert. Zuletzt waren es im vergangenen Jahr nur noch 20 Mio. Euro. Es wird erwartet, dass der Werkzeugmaschinenverbrauch des Landes von zuletzt 82 Mio. Euro schnell ansteigen wird. Insbesondere versprechen sich deutsche Anbieter gute Absatzchancen aufgrund des hohen Modernisierungsbedarfs bei den Ausrüstern für die Öl- und Gasindustrie sowie in der Fahrzeugindustrie. Um an die traditionell guten Beziehungen zu iranischen Kunden anzuknüpfen, veranstaltet der VDW zusammen mit der Messe Stuttgart vom 30. Mai bis 01. Juni 2016 die AMB Iran, eine Fachmesse mit begleitendem Symposium, in Teheran.

Mexiko gilt ebenfalls als spannender Wachstumsmarkt, maßgeblich getrieben durch die Automobil- und Luftfahrtindustrie. Mexikos Werkzeugmaschinenverbrauch stieg zwischen 2010 und 2014 um satte 85 Prozent. Mit rd. 1,5 Mrd. Euro gehört das Land heute zu den großen Werkzeugmaschinenmärkten weltweit. Deutschland ist mit einem Anteil von 14 Prozent drittgrößter Lieferant. Die deutschen Ausfuhren sind seit 2011 um mehr als 250 Prozent nach oben geklettert. Mitte April 2016 wird es auf Initiative des VDW und mit politischer Unterstützung eine deutsche Leistungsschau „German Hightech in Metal Working“ im Rahmen der Fachmesse Expomaq in León geben.

Vielversprechend ist auch die Asean-Region. Sie repräsentiert ein Marktvolumen von 3,9 Mrd. Euro. Die Japaner dominieren bisher das Marktgeschehen, nicht zuletzt da die japanische Automobilindustrie vor Ort stark vertreten ist. Japan liefert rund die Hälfte der importierten Werkzeugmaschinen, Deutschland lediglich 4 Prozent. Dennoch sind die deutschen Exporte in die Region in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen und beliefen sich zuletzt auf über 150 Mio. Euro. „Größeres Engagement lohnt sich demnach“, befindet VDW-Vorsitzender Prokop.

 

Mit neuen Technologien Wettbewerbsvorteile weiter ausbauen

„Um im internationalen Wettbewerb weiterhin bestehen zu können, kommt es verstärkt darauf an, Lösungen zu bieten, die andere so nicht haben“, sagt Heinz-Jürgen Prokop weiter. Stichwort Industrie 4.0: Es werde immer schwieriger, sich große Wettbewerbsvorteile in der Maschinentechnik zu erarbeiten. Deshalb seien die Werkzeugmaschinenhersteller gut beraten, den Blickwinkel zu erweitern und in ganzheitlichen Produktionslösungen zu denken. Wenn sie durchgängig in einem System abgebildet werden sollen, erfordert dies ein tiefes Prozessverständnis der teilweise sich stark unterscheidenden Kundenanforderungen. „Niemand kennt diese Welten besser als wir, und darin liegt unsere große Chance“, ist Prokop überzeugt.

Ein weiteres Thema mit Perspektive ist die additive Fertigung. Sie bereichert die Palette der bestehenden konventionellen Verfahren der Metallbearbeitung, indem sie beispielsweise individualisierte oder komplexe Bauteile ermöglicht. Immer mehr Hersteller beschäftigen sich daher mit dem Thema Hybridmaschinen, die konventionelle Bearbeitungsverfahren mit der generativen Fertigung kombinieren. Dennoch rechtfertigt sich der Einsatz nur, wenn er für die Kunden einen zusätzlichen Nutzwert schafft, der die höheren Herstellkosten rechtfertigt. „Bei individualisierten oder komplexen Bauteilen oder in Kleinserien lässt sich dies einfach realisieren; in der Mittel-, Großserien- und Massenproduktion ist allerdings noch ein weiter Weg zu gehen, um konkurrenzfähige Stückkosten zu erzielen“, räumt der VDW-Vorsitzende ein.

 

125 Jahre Erfolg der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie – 125 Jahre VDW

Alles in allem ist die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie hervorragend aufgestellt. Sie arbeitet intensiv in den Feldern, die sie selbst beeinflussen kann, um im weltweiten Wettbewerb erfolgreich zu bestehen. Die überwiegende Zahl der Unternehmen stellt sich auf die Globalisierung ein und ist weltweit aktiv. Die Firmen bilden aus, forschen und entwickeln neue Produkte, integrieren neue Technologien und weiten ihr Dienstleistungsspektrum aus. „Gelingt dies, werden sie ihren internationalen Wettbewerbsvorsprung halten“, ist Prokop überzeugt.

Die Werkzeugmaschinenindustrie hat seit weit über 100 Jahren bewiesen, dass sie sich immer wieder neu erfinden kann, hat viele Herausforderungen gemeistert und ihre führende Position in der Welt immer wieder gestärkt. Ebenso hält es der VDW, der 2016 sein 125-jähriges Bestehen feiert. Der Verband hat die Branche über all die Jahre hinweg begleitet und aktiv unterstützt.

„Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, gewappnet zu sein, einen gemeinsamen Kurs zu finden zu halten und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Worauf wir dabei bauen, sind Tradition und Erfahrung. Was noch hinzukommen muss, sind Flexibilität und Kreativität, um auch unter geänderten Rahmenbedingungen weiter erfolgreich zu sein“, so Prokop.

Kontakt: Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V., www.vdw.de

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