Bei Berghoff am Standort Altdorf in der Schweiz liegt der Schwerpunkt auf der Großteilezerspanung. Trotz größter Dimensionen hat höchste Präzision oberste Priorität. Um sehr hohe Genauigkeiten an den Bauteilen zu erzielen, spielt das Messen bei Berghoff eine sehr große Rolle. Dabei werden Abweichungen in der Regel nur bis maximal ± 2 Hundertstelmillimetern über 4 m Länge und 5 µm Ebenheit bei einer Länge von 150 mm toleriert. Die Verantwortlichen haben sich deshalb für eine 3D-Koordinatenmessmaschine MMZ G 30/60/20 von Zeiss entschieden.
Bei Berghoff ist neben den Großbearbeitungszentren auch die Messmaschine an ein Flexibles Fertigungssystem angebunden. Das ermöglicht, dass die Maschinenbediener zeitlich flexibel das
Bauteil ohne großen Aufwand in die Messmaschine fahren und messen und somit den Fertigungsstand überprüfen können. Die Messmaschine befindet sich auf einem schwingungsisolierten Fundament in einem auf konstant 20 °C klimatisierten Messraum. So wird sichergestellt, dass Abweichungen zuverlässig erkannt und die Toleranzen prozesssicher eingehalten werden können.
Berghoff fertigt in einer klimatisierten Halle. Vier Rüstplätze sind außerhalb der klimatisierten Zone angeordnet. Die gerüsteten Rohlinge werden vom Handlinggerät abgeholt und im klimatisierten Palettenbahnhof zwischengeparkt. Hier können sich die Rohteile akklimatisieren, so dass Temperaturunterschiede während der Bearbeitungsprozesse keine Rolle mehr spielen. „Das ist der große Vorteil den wir hier haben, wir rüsten die Bauteile in den Rüsthallen und legen sie anschließend zum Akklimatisieren in die Fertigungshalle“, erklärt Edi Kempf, Leiter Qualitätsprüfung.
Berghoff ist auf die kleinen und mittleren Serien ausgerichtet, also Stückzahlen von 80 bis 100 Stück pro Jahr. Das bringt meist Losgrößen von 10 bis 100 Stück mit sich, oft werden aber auch klassisch Einzelstücke gefertigt. Das Maximalgewicht der zu messenden Großteile ist auf zirka 25 t begrenzt.
Der Messbereich der Zeiss MMZ G umfasst 6 x 3 x 2 m, das Palettensystem reduziert jedoch den Messweg in Z um seine eigene Höhe. Berghoff besitzt eine Vielzahl an Karbonmesstastern.
Das Highlight von Zeiss stellt der Messkopf Vast Gold dar. Mit der integrierten Tariereinheit können auch unsymmetrische lange Tasterkombinationen zur Messung von tiefliegenden Bohrungen verwendet werden.
Meine Meinung
Know-how ist gefragt
Messtechnik bei Dimensionen in XXL ist eine wahre Herausforderung. Für die technischen Abläufe sorgt zwar, dank des Leitsystems, das Programm auf der Messmaschine automatisch. Für die Datenübertragung und -interpretation bedarf Berghoff aber an erfahrenen Fachkräften mit Know-how. Denn nur, wenn das Unternehmen weiß, welche Abweichungen warum vorhanden sind, können sie die einzelnen Prozesse optimieren und somit die Automatisierung vorantreiben. Mit frischen Ideen und Innovationen und der Fähigkeit, Prozesse zu hinterfragen, ist Berghoff in der Lage, Kosten deutlich einzusparen und damit wettbewerbsfähig zu sein. Prozesse werden so optimiert, dass ein höherer Automatisierungsgrad und höhere Effizienz erzielt werden kann. Das garantiert das Leistungsversprechen an den Kunden. Und das ist beeindruckend.
Melanie Fritsch, Redaktion fertigung
Tiefe Bohrungen sind bei Berghoff am Standort Altdorf gängige Praxis. Darum ist es umso wichtiger, dass das System erlaubt, Bohrungen von 800 bis 1000 mm Länge ohne Unterbrechung sowohl tastend als auch scannend mit demselben Messkopf zu messen.
Im Antastmodus wird das Werkstück taktil scannend abgefahren. Der Messkopf Vast gold liefert hierbei eine große Messpunkteanzahl, dies ermöglicht eine Aussage zur Geometrie des Bauteiles in nur einer Messung. Die aktive Messkraftgenerierung des Vast gold verhindert, dass Tasterbiegeeffekte die Messunsicherheit erhöhen und ermöglicht es Berghoff so, sehr hohe Messgenauigkeiten zu erzielen. Zur Sicherstellung wird die Messmaschine einmal im Jahr kalibriert.
Das Palettensystem wird auf der Bearbeitungsmaschine über ein Nullpunktspannsystem referenziert. Auf der Zeiss kann das Bauteil mit dem Nullpunktspannsystem montiert sein, muss es aber nicht. Kempf erläutert: „Hier sind wir vollkommen frei. Die Messmaschine braucht das System nicht, da wir auf das Werkstück eigene Koordinatensysteme legen.“ Das heißt, man fährt auf der Zeiss eine Basisreferenz an, misst und gleicht die Werte nach der Werkstückzeichnung ab.
Nachdem der Sollstand gemessen und die Abweichungen festgestellt wurden, müssen die Abweichungen vom qualifizierten Messtechniker interpretiert und als Korrekturen händisch in das System der
Bearbeitungsmaschine übertragen werden. Dies funktioniert nicht automatisch: „Messen ist Theorie“, erklärt Kempf. „Unser Ziel ist, die hohe Qualität noch weiter zu steigern. Wir sprechen bei uns von hochpräzisen Großbauteilen mit beispielsweise einem Winkelfehler von 1 µm bei 3 m.“ Kempf betont: „Das darf man nicht vergessen.“
Berghoff programmiert auf dem CAD-Modell mit TopSolid von Missler Software. „Früher hat man auf der Messmaschine gerechnet und programmiert. Heute ist das nicht mehr möglich. Man kann nicht die Messmaschine stehen lassen, dann programmieren und dann wieder das nächste Bauteil messen. Das geht nicht“, erklärt der Leiter der Qualitätsprüfung.
Auf einen Blick
Vorteile der Baureihe MMZ G 30/60/20 von Zeiss
- vollwertiges CNC-Koordinatenmessgerät; ersetzt viele Lehren
- große Bauteile ohne Unterbrechung sehr genau und einfach messbar
- ideal zur Prüfung komplexer, großer Teile
- aktiver Scanningmesskopf für taktile Scanning- und Einzelpunktmessungen mit Kollisionsschutz für alle Bewegungsrichtungen
- genau und robust
- universell
- langzeitstabil
- allseitige Sicht ins Messvolumen
- Zeiss Vast navigator und Vast performance zur Steigerung der Genauigkeit und Produktivität
- Zeiss Messsoftware Calypso
- Tasteraufnahme für CNC-gesteuerten Tasterwechsel
Bei Berghoff wird mit TopSolid anhand des CAD-Modells in einen externen Rechner, der nicht der Messmaschinenrechner ist, programmiert. Mit dem CAD-Modell wird zusammen mit der Zeichnung das Messprogramm erstellt.
Entsprechende Analysen können also ausgeführt werden, ohne dass die Messmaschine still steht, was zu einer sehr hohen Verfügbarkeit der Zeiss führt.
Heute können mit der Software direkt Messprogramme simuliert werden – so ist es möglich, eine Kollisionsprüfung zu machen. Mit der MMZ G von Zeiss setzen die Verantwortlichen bei Berghoff auf soliden Maschinenbau. Wie Kempf erklärt, könnte die Maschine aufgrund ihrer steifen Bauweise rein theoretisch sogar fräsen. Die Messmaschine enthält ein sehr empfindsames Kollisionswarnsystem, das die Maschine bei Bedarf sofort abschaltet.
Bei Berghoff zählt die Messmaschine seit ihrer ersten Inbetriebnahme vor neun Jahren, bis heute zum festen Bestandteil des Produktionsprozesses.
Berghoffs Messmaschine ist noch heute sehr verschleißsicher und wartungsarm, was für eine hohe Langlebigkeit spricht. Sie glänzt mit einer sehr hohen Verfügbarkeit und hat praktisch keine Ausfälle. Außerdem hat sie eine hervorragende Langzeitstabilität, wie Kempf schwärmt.
Nach wie vor aktuell
Die heute aktuellen Nachfolgemodelle verfügen nur über einen größeren Messbereich, der Messkopf Vast Gold ist gleich geblieben. Die Dimensionen der neuen Baureihe sind insgesamt länger, breiter und höher geworden. In der Z-Achse sind sie zum Beispiel nicht mehr auf maximal 2 m, sondern auf 3,5 m begrenzt. Die Software wird jährlich upgedatet.
Die Palettierung der zu messenden Werkstücke kostet dem Unternehmen Berghoff zwar an Höhe. Nichtsdestotrotz reicht dem Unternehmen Berghoff der Messbereich der MMZ G von Zeiss aber in den meisten Fällen aus.
Die Zeiss-Messmaschine legt die Grundlage für eine wirksame statistische Prozesslenkung und -steuerung und ermöglicht dem Unternehmen so, den gesamten Prozess zu kontrollieren, nachzuverfolgen und zu steuern sowie die
Notwendigkeit von Messungen auf den Bearbeitungsmaschinen zu minimieren.
Die Auswertung über die statistische Fehlerhäufigkeit wird auf die einzelne Bearbeitungsmaschine heruntergebrochen. Das bedeutet, das Unternehmen bestimmt aufgrund der Fehlerhäufigkeit die Stellen, die optimiert werden müssen. Dabei werden andererseits aber auch die Bereiche erkannt, die keine Fehler aufweisen und bei denen Messungen im Normalfall unnötig sind.
Im Profil
Berghoff Gruppe
Berghoff mit Unternehmenssitz in Drolshagen sowie Werken in Altdorf in der Schweiz und in Bergisch Gladbach ist einer der Weltmarktführer in der mechanischen Bearbeitung im Bereich High Mix, Low Volume, High Complexity. Die „Berghoff-Methode“ ist mehr als die exakte Teilefertigung nach Kundenvorgabe: Im Fokus steht ein Leistungsversprechen, das die gesamte Prozesskette entlang der Wertschöpfungskette von der Unterstützung des Kunden bei der Teileentwicklung über das Beschaffen des Rohmaterials, der Fertigung und Montage bis zur Logistik direkt in die Produktion des Kunden umfasst. Zur Gruppe gehören 77 Angestellte und 16 Auszubildende in der Schweiz, an den deutschen Standorten Drolshagen arbeiten derzeit 98 Mitarbeiter, in Bergisch Gladbach sind es 20.
Konsequenterweise führt Berghoff zwei getrennte Statistiken: die Statistik für das Bauteil und die Statistik für die Maschine. Die Statistik für die Maschine überwacht deren Prozess und die Genauigkeit.
Diese Genauigkeit wird langzeit überwacht: „Wir können genau sagen, wann sie aus der Toleranz läuft und wo sie korrigiert werden muss“, verdeutlicht Kempf. „So haben wir beim Kunden eine äußerst hohe Bauteilsicherheit. Man darf nicht vergessen, dass die Auswirkungen bei den Dimensionen unserer Werkstücke immens sind. Die Schwierigkeit bei XXL-Teilen ist, dass der Kunde das Bauteil bei Abweichungen nicht einfach in das Kuvert stecken und an uns zurückschicken kann. Wir haben in einem solchen Fall mit hohen Konventionalstrafen zu rechnen. Also müssen die Teile auf Anhieb passen.“, so Kempf weiter.
Internationaler Wettbewerb
Den Wettbewerbsnachteil aufgrund des momentan starken Schweizer Frankens begegnet Berghoff mit Effizienzsteigerungen und einen höheren Automatisierungsgrad: „Bei Berghoff ist eine der Herausforderungen bei großen
Aluminiumteilen das Schruppen. Dies wird derzeit noch auf relativ teuren Maschinen gemacht. Deshalb versuchen wir zum Beispiel, die Rohlinge bereits optimaler in Bezug auf das Werkstück zu bekommen“, erklärt der Leiter der Qualitätsprüfung.
„Unsere Rohlinge sind richtig große Blöcke. Und wir versuchen, diese nun auf effizienteren Sägen schon zielführend vorbearbeiten zu lassen und somit natürlich Schruppzeiten und damit deutlich Kosten zu reduzieren.“
Berghoff sieht sich in der Pflicht, für seine Kunden Kosten mithilfe optimierter Prozesse und Effizienzsteigerung zu sparen. Und das ist schlussendlich auch die Anforderung der Kunden. Hier spielt die Messmaschine eine herausragende Rolle.
Die MMZ G hilft Berghoff dabei, die Prozesssicherheit und Präzision und damit auch ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Denn wichtig ist, den Qualitätsstandard dauerhaft zu sichern, um auch künftig konkurrenzfähig zu sein.
Kontakt:
- Berghoff Mechanical Engineering AG, www.berghoff.eu
- Carl Zeiss AG, www.zeiss.de
EMO Halle 5, Stand B28 C15
Weitere interessante Videos finden Sie auf dem Youtube-Kanal der fertigung.