Durch gleich zweifache orthogonale Kopfarbeit können die einbaufertigen Grundbauteile der leistungsfähigen Radladermodelle nun deutlich schneller gefertigt werden. Das kommt den Liebherr-Experten zufolge der Produktvielfalt zugute und schafft sowohl Platz als auch Kapazität für weitere Optimierungsmaßnahmen. Seit der Inbetriebnahme der neuen SHW PowerSpeed 6 im April 2013 wurde die Produktivität in diesem Bereich um bis zu 40 Prozent gesteigert.
"Die Spezialität bei Liebherr ist die Vielfalt der knapp 20 verschiedenen Radladermodelle, die ganz nach Kundenwunsch und Einsatzzweck gefertigt werden", beschreibt Georg Ganitzer, Leiter des Produktionsbereichs. Für die Fertigung der Vorder- und Hinterwagen setzt Liebherr auf eine flexible Fließfertigung in Linie, durchgängig mit Nullpunktspannsystemen und hohem Automatisierungsgrad für möglichst kurze Fertigungszeiten. Dafür haben sich die Österreicher eine neue Fahrständermaschine SHW PowerSpeed 6 mit Doppelständer ausrüsten lassen. "Genau genommen sind es zwei Maschinen, die miteinander kommunizieren", präzisiert Danny Basic, Marketingleiter von SHW WM.
Optimiert für große Teile
"Durch gleichzeitiges Fräsen, Bohren oder Ausspindeln der bis zu 120 mm dicken Bleche beider Seiten genügt jetzt eine Maschine, wofür früher zwei nötig waren", erläutert Raimund Promegger, Meister der mechanischen Fertigung bei Liebherr. Die Doppelständer kommen dabei auf ihrem 12 000 mm langen Verfahrweg mit einer Fahrgeschwindigkeit von 30 000 mm/min schnell an jede Stelle der bis zu 4500 mm langen Werkstücke.
Der Spindelstock fährt senkrecht in Y-Richtung bis auf 3100 mm in die Höhe und waagrecht in Z-Richtung bis auf 1500 mm. Kernstück der SHW Maschinen ist seit nunmehr 50 Jahren der kompakte und kraftvolle Universalfräskopf in orthogonaler Bauart. Mit dem gelenkigen Fräskopf können rechnerisch mehr als 216 000 Positionen des Werkstücks schnell und positionsgenau angefahren werden, resultierend aus 180° Schwenkbereich der A-Achse und 360° der stufenlosen C-Achse. Der kompakte Kopf schwenkt vollautomatisch in jede gewünschte Position. "Das schafft genau die Flexibilität, die wir brauchen", bestätigt Ganitzer.
Auf dem CNC-Rundtisch mit 2000 mm Durchmesser können Werkstücke mit einem Gewicht bis zu 30 t platziert werden. Die momentan zu bearbeitenden Rohbauteile der Vorder- und Hinterwagen wiegen zwar weniger, es steht aber ausreichend Potenzial für zukünftig mögliche Teile zur Verfügung.
Flotte Parallelbearbeitung
Ferner gibt es eine Aufspannplatte mit den Maßen 8000 x 2000 mm. Die beiden Radladerhälften sind jeweils auf eigens angefertigten Werkstückträgern mit Nullpunktspannsystemen gelagert, wenn sie vom Rüstplatz in die Bearbeitungsposition gefahren werden. Jedem der beiden Maschinenständer ist ein Werkzeugwechsler mit bis zu 150 Werkzeugen zugeordnet. Zudem verfügt jeder Ständer über das vollautomatische Kopfwechselsystem (KWS), das je nach Fertigungsprozess den Universal- oder den exzentrischen Horizontalfräskopf einwechselt.
"Beide Köpfe fräsen Endkonturen und bohren vorbereitete Öffnungen auf Maß H7", beschreibt Ganitzer. Reiben und Gewindeschneiden schließen sich an. Am Vorderwagen gilt es etwa, Anlenkungen für Zylinder, Lenklager und Hubgerüste zu bearbeiten. Am Hinterwagen sind es Halterungen für Aggregate wie Motorenlager, Hydraulik, Kühlung und Getriebe.
"Durch die Parallelbearbeitung beider Seiten eines jeden Wagenteils sind die notwendigen Arbeiten auf der einen Maschine mit nur einer Aufspannung nach knapp eineinhalb Stunden erledigt", zeigt sich Ganitzer mit der gestiegenen Produktivität zufrieden und ergänzt: "Früher waren es knapp zweieinhalb Stunden, und dabei war die Bearbeitung der Bauteile auf zwei Maschinen aufgeteilt."
Die höhere Produktivität fußt auch auf dem von SHW entwickelten und patentierten System DynamicDrive, mit dem sich dem Hersteller zufolge längere Fahrwege mit großer Auskragung des Fräskopfs in hoher Geschwindigkeit zurücklegen lassen, ohne dass Stabilität und Präzision leiden. So soll die Bearbeitungsachse beim Verfahren des Spindelstocks stets planparallel zum Bearbeitungstisch und damit zur Bearbeitungsfläche des Werkstücks bleiben.
Der Kniff dabei ist die Teilung des Spindelstockschlittens in zwei Teile, die über ein Radiallager miteinander verbunden sowie auf einem Ölfilm hydropneumatisch gelagert sind, was deren Drehung ermöglicht.
Zudem hängt der gesamte Schlitten an einem hydraulischen Gewichtsausgleich, um ihn in sehr hoher Präzision justieren zu können. Die Daten dafür erhält die Einheit von einem eigenen, in Echtzeit messenden und korrigierenden System. So soll eine dynamische Korrektur abhängig von der tatsächlichen Situation ermöglicht werden.