Zeckenzange

Filigran und doch stabil: Bei Produkten wie dieser Zeckenzange kann das Mikrowasserstrahlschneiden als "kaltes" Trennverfahren punkten: Weder Oberfläche noch Materialeigenschaften werden beeinträchtigt. - (Bild: Trinon Titanium / Daetwyler)

Der Karlsruher Spezialist für anspruchsvolle Teile aus Titan mit einem Schwerpunkt bei Medizinprodukten konnte mit der Microwaterjet-Anlage von Daetwyler neue Produkte mit Toleranzen im µm-Bereich ins Programm aufnehmen. „Wenn Produkte aus Titan anspruchsvoll sind und höchste Qualität erfordern, sind wir der passende Partner“, beschreibt Miroslaw Pienkowski die Philosophie der 1993 von ihm gegründeten Trinon Titanium GmbH. Die Strategie geht offensichtlich auf. Seit dem Start mit sechs Mitarbeitern ist sein Unternehmen auf 250 Personen gewachsen und hat sich zu ei-nem etablierten, zertifizierten Hersteller entwickelt.

Mit dem Geschäftsprinzip „alles, was in Titan herstellbar ist“ geht zwangs-läufig eine breite Palette an Fertigungsverfahren einher, die Trinon Titanium am Produktionsstandort in Narva, der drittgrößten und östlichsten Stadt Estlands einsetzt: CNC und konventionelle Bearbeitung, Drehen, Fräsen, Bohren, Biegen, Stanzen, Tiefziehen, Montieren, Drahterodieren, Anodisieren, Beschichten, Laserbeschriften, Laserschweißen, Wasserstrahlschneiden – und seit Juni 2012 auch das Mikrowasserstrahlschneiden. Wobei die sehr große Fertigungstiefe auch der Tatsache geschuldet ist, dass es an geeigneten Zulieferern vor Ort mangelt.

Auf einen Blick

Mikrowasserstrahlschneiden
Das Wasserstrahlschneiden in kleinsten Dimensionen bietet gegenüber anderen Verfahren eine Reihe von Vorteilen:

  • keine Gefügeveränderungen
  • keine thermischen Belastungen
  • geringe mechanische Belastung
  • spannungsfreies Schneiden
  • geringe Schnittfugenbreite
  • minimale Nachbearbeitung
  • kaum Grat an Schnittkante
  • frei wählbare Schnittqualität
  • keine Werkzeugkosten
Implantate aus Titanfolien

Titan-Mesh: Die Fertigung derartiger Implantate aus Titanfolien mit 0,1 mm Durchmesser oder weniger konnte Trinon Titanium per Mikro-Wasserstrahlschneiden erheblich vereinfachen. - Bild: Trinon Titanium / Daetwyler

An der Microwaterjet-F4-Anlage von Daetwyler Industries schätzt Pienkowski vor allem die „extreme Präzision, die mit dieser wahnsinnig interessanten Technologie erreicht wird“. Mit dieser neuen Anlage ist Trinon Titanium nun in der Lage, feinste Teile aus sehr dünnen Blechen oder Folien viel einfacher zu fertigen. „Bei speziellen Titan-Meshs für die Medizin aus 0,1 mm dünnem Titan haben wir uns früher sehr schwer getan“, erläutert der Ingenieur. Kein mechanisches Verfahren war dafür geeignet. Letztlich wurden sie aufwendig mit Ätzverfahren produziert. „Mit der Microwaterjet können wir einige solcher Produkte nun viel leichter fertigen“, freut sich Pienkowski. Die Fertigung von Präzisionsteilen für Uhren ist für Trinon Titanium sogar erst mit dem Mikrowasserstrahlschneiden möglich geworden.

Ein Video zum Thema finden Sie hier.

Micro- waterjet-Anlage

Das Mikrowasserstrahlschneiden hat die Tür zu drastisch gesteigerter Präzision im µm-Bereich aufgestoßen. Speziell für Anwendungen in der Medizintechnik wie bei Trinon Titanium kommen die Micro- waterjet-Anlagen mit Einhausung zum Einsatz. - Bild: Trinon Titanium / Daetwyler

Über eine Anlage zum klassischen Präzisionswasserstrahlschneiden verfügt das Unternehmen schon seit mehreren Jahren, so dass man die grundsätzlichen Vorteile der Wasserstrahltechnologie als eines kalten und materialunabhängigen Trennverfahrens bereits zu schätzen gelernt hatte. Fertigungstoleranzen von 0,1 mm waren damit problemlos realisierbar, Werte von 0,05 mm dagegen nur noch mit sehr großem Aufwand. Ab Toleranz­anforderungen von weniger als 0,1 mm setzt das Unternehmen daher das Mikrowasserstrahlschneiden von Daetwyler ein.

Die aktuellen Microwaterjet-F4-Anlagen erreichen Positioniergenauigkeiten im µm-Bereich. Ihre reproduzierbare Maschinenfähigkeit liegt im Bearbeitungsbereich von 600 x 1000 mm bei ± 1/100 mm. Ermöglicht wird diese Präzision durch Maschinenbau vom Feinsten. Dazu gehören ein sehr stabiles Maschinenbett und ein beidseitig gelagertes Portal, das über zwei Kugelrollspindeln angetrieben wird. Damit die Positioniergenauigkeit im µ-Bereich eingehalten werden kann, wurden unter anderem Glasmaßstäbe über die volle Länge installiert.

Profiwissen pur

Keine Materialbeeinträchtigung
Gerade für Implantate in der Medizintechnik ist neben der Präzision noch ein weiterer Vorteil des Schneidens per Wasserstrahl wichtig: Es handelt sich um ein kaltes Verfahren. Das erlaubt zum einen das Trennen fast jedes beliebigen Werkstoffs. Und das Schneiden erfolgt ohne Beeinträchtigung der Materialeigenschaften. So bildet sich beispielsweise bei der Bearbeitung von Titan per Drahterodieren eine Oxidschicht, die je nach Wärmebelastung mehr oder weniger tief in das Material reicht. Dabei werden auch die mechanischen Eigenschaften der Werkstücke beeinträchtigt, was beispielsweise in der Medizintechnik und Luftfahrtindustrie oft nicht akzeptabel ist. Diese Einschränkungen fallen beim Wasserstrahlschneiden weg, so dass der Spielraum der Entwickler bei der Materialauswahl deutlich vergrößert wird.

Microwaterjet-F4-Anlage

Extreme Präzision: Wenn beim Schneiden Toleranzen unter 0,1 mm gefordert sind, kommt bei Trinon Titanium die Microwaterjet-F4-Anlage zum Einsatz. - Bild: Trinon Titanium / Daetwyler

Inzwischen sind die Anlagen mit einem Schneidkopf verfügbar, der einen nur noch 0,2 mm dicken Wasserstrahl erzeugt, dem als Schneidmittel ein sehr feinkörniges Abrasiv zugefügt wird. Damit können filigranste Teile hergestellt werden. Selbst Bohrungen mit Durchmessern bis zu 0,3 mm lassen sich noch mit einem kreisend einstechenden Wasserstrahl erstellen.

Miroslaw Pienkowski ist mit seiner Mikrowasserstrahlanlage sehr zufrie-den. Als er von den ersten Microwaterjet-Anlagen hörte, war er noch skeptisch, erinnert er sich. Aber als die Experten von Daetwyler ihm am Firmensitz in Bleienbach die Möglichkeiten der Anlage demonstrierten, „habe ich mich ziemlich schnell entschieden“. Und er sieht noch deutliches Potenzial bei dieser Technologie, denn „die Grenzen sind noch weitgehend unbekannt“.

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