
Der hocheffiziente neue 13-Liter-Dieselmotor MAN D30 soll die letzte Generation des Dieselmotors aus Nürnberg sein. Parallel dazu ist die Batteriefertigung am Standort Nürnberg angelaufen. (Bild: MAN)
Praktisch zeitgleich hat MAN am Standort Nürnberg zwei wichtige Zukunftsprojekte gestartet. Parallel zum Produktionsstart des neuen Diesels geht eine Batterie-Serienproduktion für elektrisch angetriebene Fahrzeuge des Herstellers in Betrieb. An mehr als 50 Montagestationen sollen hier jährlich bis zu 50.000 Batterien gefertigt werden – mit der Option, diese Kapazität bis 2030 auf 100.000 Hochvolt-Batterien zu erhöhen. Mit über 35 Meter Höhe ist der Neubau das höchste Produktionsgebäude am Standort.
Gleich gegenüber befindet sich auf einer Fläche von 23.000 Quadratmetern die Produktion der Dieselmotoren. Als Prozessplaner ist Marco Singer für die Fertigung der Zylinderköpfe des von Grund auf neu entwickelten Motors D30 verantwortlich. Gegenüber der Halle M17 befindet sich die neu aufgebaute Batteriefertigung. Marco Singer ordnet die Transformation zum elektrischen Antrieb wie folgt ein: „Für verschiedenste Anwendungen wie den Stadtverkehr ist der Elektromotor der ideale Antrieb. In anderen Bereichen wird der Diesel aber noch lange Bestand haben.“ Als Beispiele dafür nennt er Einsätze im Agrarbereich, der Marine oder im Militär. Für die Zukunft werde daher ein Mix aus verschiedenen Antriebstechniken benötigt.
Ein Motor für alle Marken
Die Traton Group, zu der neben MAN auch Scania, Volkswagen Truck & Bus sowie International Motors gehören, setzt auf einen Baukasten, das Traton Modular System (TMS), dessen Komponenten markenübergreifend zum Einsatz kommen. Getreu dem Motto ‚Man muss das Rad nicht neu erfinden‘ bündelt die Gruppe so effizient ihre Ressourcen. Der Motor D30 ist die gemeinsame Motorenplattform für den gesamten Konzern. Von der Entwicklung über die mechanische Fertigung und Motorenmontage bis zur Auslieferung an die verschiedenen Fahrzeughersteller findet alles bei MAN in Nürnberg statt. Bis vor drei Jahren befand sich hier auch noch eine eigene Gießerei.
Der D30-Motor basiert auf einer Plattform, wird aber in sechs verschiedenen Leistungsstufen von 360 bis 560 PS produziert. Er ist der größte Standardmotor im Portfolio und soll in unterschiedlichen Fahrzeugen eingesetzt werden, wobei im Lkw-Bereich die 40-Tonner den Schwerpunkt bilden. Der D30 löst die bisherigen Motorbaureihen D26 und D15 ab. Das innovative Triebwerk erreicht einen maximalen Wirkungsgrad von 50 Prozent und benötigt fünf Prozent weniger Treibstoff als seine Vorgänger, was in gleichem Maße den CO2-Ausstoß senkt.
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In die Produktion des neuen Motors, für die bis zu 160 hochqualifizierte Mitarbeitende im Dreischicht-Betrieb tätig sein werden, hat MAN rund 220 Milionen Euro investiert. Die technische Kapazität erlaubt eine Produktion von rund 50.000 Motoren pro Jahr. „Die tatsächliche Produktionsmenge orientiert sich am Bedarf. Ob das tatsächlich ausgelastet wird, entscheiden letztendlich die Kunden“, erläutert Marco Singer. Die waren in den vergangenen Jahren eher etwas zurückhaltend. Wie im Pkw-Bereich haben Diskussionen über die Transformation hin zum Elektroantrieb auch bei den Nutzfahrzeugen für Verunsicherung gesorgt. Beim Hochlauf der Produktion wird zunächst in einer Schicht gearbeitet.
Jahrzehntelange Zusammenarbeit
MAN arbeitet bereits seit Jahrzehnten mit Mapal zusammen. Als es 2019 beim Projektstart für den D30 zu Ausschreibungen kam, erhielt der Werkzeughersteller aus Aalen wieder den Zuschlag für die Feinbearbeitung der Ventilführungs- und Ventilsitzgrundbohrung. Die jahrelangen gemeinsamen Erfahrungen trugen ebenso dazu bei wie eine Empfehlung des Maschinenherstellers Grob, der für den kompletten Prozess und damit auch für die Werkzeugauslegung zuständig ist.
Die sechs Zylinder des Motors haben jeweils zwei Ein- und Auslassventile, in die Zylinderkopfbank müssen also 24 Bohrungen eingebracht werden. Da die Durchmesser von Ein- und Auslass variieren, sind für deren Bearbeitung Werkzeuge unterschiedlicher Größe erforderlich. Die Bearbeitung findet auf einer Doppelspindelmaschine statt. Sie ist eingebettet in eine verkettete Anlage mit Einzelmaschinen von Grob, die durch Linearportale beladen werden.
In der Anfangsphase des Projekts wurde noch ein weiterer Werkzeughersteller mit der Feinbearbeitung betraut. Da mit dessen Tools aber ein stabiler und wirtschaftlicher Prozess nicht gelang, konzentrierte man sich bei MAN schließlich wieder ganz auf die Zusammenarbeit mit Mapal. Die Aalener waren zunächst mit dem Feinbearbeitungssystem ins Rennen gegangen, das bei MAN seit Jahren in zwei Produktionshallen auf vielen Maschinen läuft. In enger Absprache mit dem Kunden entwickelten die Partner das System aber weiter und konnten entscheidende Fortschritte erzielen.
Singer würdigt das Erreichte: „Die Bearbeitung hatte sich grundlegend geändert. Wir haben zum Beispiel einen Semischnitt eingespart und konnten auf eine Pilotreibung verzichten. Stattdessen fuhren wir mit dem Wendeschneidplattenwerkzeug nur noch auf unsere vorbearbeiteten Durchmesser, sicherten uns einen guten Bohrungseintritt für die Reibahle und haben dann im Endeffekt einmal durchgerieben. Aus den Erfahrungen heraus konnte der Prozess bestmöglich ausgelegt werden.“ Das Fertigungskonzept erreichte sowohl eine gute Bearbeitungsqualität als auch die vorgegebene Taktzeit von insgesamt rund fünf Minuten für die Fertigbearbeitung von Ventilsitz und Ventilführung, der gewünscht stabile und wirtschaftliche Prozess stand.
„Und das, obwohl mit dem neuen Motor die Qualitätsanforderungen in der Fertigung erhöht wurden“, betont Markus Meyer, der als technischer Berater von Mapal eng mit MAN zusammenarbeitet. Für die Ventil- und die beiden Ventilsitzgrundbohrungen liegen die Toleranzen bei < 20 µMikrometer. Beim Lauf vom Sitz zur Führung müssen rund 50 Mikrometer eingehalten werden.
Zwischen Ventilsitz und Ventilführung darf kein Versatz auftreten, der zu unerwünschten Scherkräften führen könnte. Die verlangten Oberflächengüten liegen bei einem Rz < 20 Mikrometer. Die Zylinderkopfbank besteht aus GJV-450-Gusseisen, in das für die Ventile verschleißfestere Materialien in Form eines Rings und einer Führung eingepresst werden.
Eine Reihe gemeinsamer Workshops hatte weitere Optimierungen im Blick, insbesondere in Sachen Stückkosten. Sie sollten vor dem Anlauf der Serienfertigung weiter gesenkt werden, und in partnerschaftlicher, professioneller Zusammenarbeit konnten Mapal und MAN signifikante Verbesserungen erzielen.
Als Hebel für niedrigere Cost per Part erwies sich die Vereinfachung des Werkzeughandlings – konkret die Reduzierung der Einstellzeit und dadurch eine Vereinfachung für den Bediener.
Mapal brachte dafür sein EA-System (EasyAdjust) ins Spiel, das für das Ventilsitzwerkzeug verbaut wurde. Bei diesem System ist die Verjüngung der Schneide bereits in die Kassette, die als Aufnahme für die Schneide dient, integriert.
Damit entfällt der Einstellvorgang für die Verjüngung der Nebenschneide komplett, es muss lediglich der Durchmesser justiert werden.
EA-System – EasyAdjust von Mapal
Bei diesem System ist die Verjüngung der Schneide bereits in die Kassette, die als Aufnahme für die Schneide dient, integriert. Damit entfällt der Einstellvorgang für die Verjüngung der Nebenschneide komplett, es muss lediglich der Durchmesser justiert werden. Mit dem EA-System geht auch eine Verbesserung bei den Schneiden einher: Die im EA-System verwendeten TEC-Wendeschneidplatten weisen vier – und damit doppelt so viele – Schneidkanten auf wie eine herkömmliche Mapal Reibschneide. Ein optimierter Schneidstoff und eine innovative Beschichtung steigern die Standzeit und sorgen damit für einen noch stabileren Prozess.
Thomas Teuber, Leiter Produkt- und Anwendungsmanagement Feinbohren bei Mapal, bringt den Praxisnutzen auf den Punkt: „Der Bediener muss nicht mehr zwei Messuhren im Blick haben. Er konzentriert sich auf nur eine Messuhr, mit der er den Überstand der Schneide zu den Führungsleisten einstellt. Das geht wesentlich schneller.“ Mit dem EA-System geht auch eine Verbesserung bei den Schneiden einher: Die im EA-System verwendeten TEC-Wendeschneidplatten weisen vier – und damit doppelt so viele Schneidkanten auf wie eine herkömmliche Mapal Reibschneide. Ein optimierter Schneidstoff und eine innovative Beschichtung steigern die Standzeit und sorgen damit für einen noch stabileren Prozess.
Die Modifikationen zeigten Wirkung: Gegenüber dem ursprünglichen Bearbeitungskonzept konnten die Kosten der Bearbeitung von Ventilsitz und Ventilführung um rund 40 Prozent gesenkt werden. „Mit dem erreichten Meilenstein bin ich sehr zufrieden“, sagt Marco Singer und lobt ausdrücklich die kompetente Zusammenarbeit mit Mapal. Den kontinuierlichen Verbesserungsprozess will der ehrgeizige Prozessplaner weiter vorantreiben.
Bei MAN geht man davon aus, dass der D30 der letzte vollständig neu entwickelte Diesel-Nutzfahrzeugmotor des Unternehmens sein wird – nach mehr als 100 Jahren Dieselmotorenbau am Standort Nürnberg. 2030 soll jedes zweite Fahrzeug, das an Kunden ausgeliefert wird, einen emissionsfreien Antrieb haben.
Quelle: Mapal Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG
FAQ - Häufig gestellte Fragen zum D30-Motor und seiner Fertigung
Was ist der D30-Motor von MAN?
Der D30 ist ein neu entwickelter 13-Liter-Dieselmotor, der als gemeinsame Motorenplattform innerhalb der Traton Group genutzt wird. Er ersetzt die Motorbaureihen D26 und D15 und wird in verschiedenen Leistungsstufen zwischen 360 und 560 PS produziert.
Wo wird der D30-Motor produziert?
Die komplette Fertigung, von der mechanischen Bearbeitung bis zur Montage, erfolgt im MAN-Werk Nürnberg. Dort wurde eigens dafür eine neue Fertigungslinie aufgebaut.
Was macht den D30-Motor besonders?
Er erreicht einen maximalen Wirkungsgrad von 50 Prozent, benötigt fünf Prozent weniger Kraftstoff als seine Vorgänger und senkt dadurch den CO₂-Ausstoß entsprechend. Zudem wird er konzernweit eingesetzt – eine Premiere bei MAN.
Ist der D30 der letzte Dieselmotor von MAN?
Ja, laut MAN ist der D30 der letzte vollständig neu entwickelte Diesel-Nutzfahrzeugmotor am Standort Nürnberg. Ab 2030 soll jedes zweite ausgelieferte Fahrzeug einen emissionsfreien Antrieb haben.
Welche Werkzeuge kommen bei der Fertigung des D30 zum Einsatz?
Für die präzise Bearbeitung der Zylinderköpfe – insbesondere bei Ventilsitz- und Ventilführungsbohrungen – werden Feinbohrwerkzeuge von Mapal verwendet. Diese ermöglichen hohe Maßhaltigkeit und Oberflächengüte.
Warum wurde Mapal als Werkzeuglieferant ausgewählt?
Mapal arbeitet seit Jahrzehnten mit MAN zusammen. Für den D30 erhielt das Unternehmen den Zuschlag aufgrund seiner technischen Lösungen, der Prozessstabilität und der hohen Wirtschaftlichkeit der Werkzeuge.
Welche Toleranzen müssen bei der Zylinderkopfbearbeitung eingehalten werden?
Die Fertigung erfordert Toleranzen unter 20 µm bei den Bohrungen. Zudem dürfen beim Übergang von Ventilsitz zu -führung keine Versätze auftreten, da diese zu Scherkräften führen würden.
Welche Rolle spielt das EA-System von Mapal?
Das EasyAdjust-System reduziert die Einstellzeiten der Werkzeuge erheblich und vereinfacht das Handling. Es verbessert gleichzeitig die Standzeiten und senkt die Stückkosten um bis zu 40 Prozent.
Welche weiteren Technologien werden im Werk Nürnberg eingesetzt?
Parallel zur Dieselproduktion wurde eine neue Batteriemontage aufgebaut. Hier werden künftig bis zu 100.000 Hochvolt-Batterien pro Jahr produziert – ein wichtiger Schritt Richtung Elektromobilität.
bearbeitet von: Sabine Königl

