Toolmanagement All inclusive

Im Werkteil Esslingen-Mettingen bei Mercedes-Benz, Werk Untertürkheim, entstehen unter anderem die Gelenkgehäuse für die Seitenwellenproduktion verschiedener Baureihen der Mercedes-Benz-Pkw. Ein sehr aufwändiger Prozess, der auf dafür eigens konfigurierten verketteten Bearbeitungszentren abläuft. Eine besonders anspruchsvolle Bearbeitung ist dort die Herstellung der Kugelbahnen – in verschiedenen Varianten, abhängig vom Modell.

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Mehrere hundert einsatzbereite Werkzeuge lagern jeweils in den Ausgabeautomaten.

Bereits seit dem Jahr 2002 liefert die Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn aus Tübingen Fräswerkzeuge für diese Bearbeitung – anfangs nur für einen Teil, seit diesem Jahr sind die Tübinger für die kompletten Werkzeuge zur Kugelbahnbearbeitung der Teile verantwortlich. Und das in einem sehr umfassenden Sinn: „Wir übernehmen für Daimler das komplette Toolmanagement in diesem Bereich“, erklärt Uli Allgaier, Anwendungstechniker bei Horn. „Das reicht von der Bereitstellung der Werkzeuge bis zu ihrer Wiederaufbereitung.“

Auf die Anwendung zugeschnitten
Organisatorisch ist die Produktion der Gelenkgehäuse bei Daimler auf zwei Bereiche aufgeteilt, die jeweils für das Außen- und für das Innengelenk zuständig sind. Die Gelenkgehäuse werden zudem in unterschiedlichen Modellvarianten produziert. Dazu kommt noch die Aufteilung in Weich- und Hartbearbeitung. Deshalb werden auch unterschiedliche Werkzeuge eingesetzt – rund 15 verschiedene Systeme werden für die Produktion bereitgehalten. Die sehr hochwertigen Werkzeuge sind speziell auf die Anwendung zugeschnittene Sonderfräser, die als modulares System aus einem Werkzeuggrundkörper plus einem einschraubbaren Kopf mit Hartmetallschneiden besteht.

Profiwissen pur

Schulung nicht vernachlässigen
Wenn der Werkzeugverbrauch nach Ausbringung der Gutteile abgerechnet wird und nicht nach der Anzahl der eingesetzten Werkzeuge, ist es für den Anwender auf den ersten Blick durchaus verlockend, möglichst oft ein frisches Werkzeug einzusetzen – der vermeintlichen Sicherheit wegen, die solch ein fabrikneues Werkzeug eben suggeriert. Das ist natürlich nicht im Sinn des Werkzeugherstellers, der die teuren Werkzeuge bereitstellen muss, sondern auch nicht von Vorteil für das bearbeitende Unternehmen: Denn gerade wenn es um kurze Zyklen geht, macht sich jeder Werkzeugwechsel schnell negativ bemerkbar. Hier ist es wichtig, den Mitarbeitern klar zu verdeutlichen, wie sie optimale Prozesssicherheit mit maximaler Ausbringung in Einklang bringen – deshalb sorgt Horn dafür, dass die Anwender jeweils optimal auf dem Prozess geschult sind.

In der Produktion sind beim Fräsen der Kugelbahnen prozesssicher Toleranzklassen im einstelligen µm-Bereich einzuhalten. Das bedingt, dass die Fräswerkzeuge stets in einem optimalen Zustand eingesetzt werden. „Wir stellen die Werkzeuge in zwei Werkzeugausgabeautomaten – jeweils einer pro Abteilung – bereit“, erklärt Allgaier. „Hier liegen die Fräser in Schubladen in gut gepolsterten voneinander getrennten Fächern zur Einzelentnahme bereit – fertig montiert, so dass sie sofort und ohne erneute Voreinstellung auf der Maschine zur Produktion eingesetzt werden können.“

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1) Die Werkzeuge liegen in den Schubladen, die der
Automat dem Bediener jeweils einzeln freigibt.
2) Die wertvollen Sonderfräser sind in einem passgenauen Schaumeinsatz gelagert. Mit im Fach liegt eine Standmengenkarte, die vom Bediener auszufüllen ist.
3) Das gebrauchte Werkzeug wird mit ausgefüllter Karte wieder im dafür vorgesehenen Schubfach hinterlegt.
4) Der Servicetechniker von Horn bereitet die Werkzeuge vor Ort auf – so stehen für die Bearbeitung stets Fräser mit voller Leistungsfähigkeit und Standmenge bereit.

Ermöglicht wird das dank der hohen Präzision, mit der das Werkzeugsystem bei Horn gefertigt wird. „Alle Werkzeuge, die wir in den Automaten bereitstellen, haben exakt die gleiche festgelegte Länge, und wir können auch für alle Fräser die gleiche Mindeststandzeit garantieren“, versichert Allgaier. Die Grundlage dafür bietet unter anderem auch die SX24/44-Schnittstelle von Horn, die neben einer sehr hohen Steifigkeit und einer sehr guten Kraftübertragung auch eine exzellente Präzision mitbringt.

Abgerechnet wird nach Gutteilen
Die Sollstandmenge, nach der ein Werkzeug unabhängig vom Verschleiß gewechselt wird, liegt bei ein paar tausend bearbeiteten Kugelbahnen. „Eine möglichst gute Ausbringung und eine hohe Werkzeugstandzeit liegt übrigens auch in unserem Interesse als Werkzeughersteller“, erklärt Allgaier. „Denn die Abrechnung mit dem Anwender erfolgt bei diesem Toolmanagement-Modell nicht auf Basis der eingesetzten Werkzeuge, sondern anhand der gefertigten Gutteile.“ Nur bei Crashs oder bei anderen Fehlern, die von den Anwendern zu verantworten sind, werden Werkzeuge extra verrechnet.

Bei Horn wird eigens ein Mitarbeiter bereitgestellt, der in der Regel dreimal wöchentlich die Automaten in den Produktionshallen neu befüllt und die modularen Werkzeuge zum großen Teil vor Ort neu konfiguriert. „Die Werkzeugausgabeautomaten melden zudem automatisch, wenn ein festgelegter Mindestbestand unterschritten ist“, erklärt Allgaier. „Bei Horn sorgt ein 24-h-Bereitschaftsdienst dafür, dass dann sofort die jeweiligen Tools bereitgestellt werden.“

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In der Regel kommt der Horn-Spezialist dreimal pro Woche zum Anwender. Bei Bedarf auch öfter.

Die Werker entnehmen die Werkzeuge jeweils mit Hilfe ihrer Stempelkarte aus den Einzelschubladen und buchen die Tools auch der entsprechenden Maschine zu. Nach Gebrauch werden die Werkzeuge wieder in dafür vorgesehenen Schubladenfächern im Automaten abgelegt. Auf einer dem Fräser beigelegten Standmengenkarte sind wichtige Daten wie die Art des Bauteils und die Zahl der bearbeiteten Werkstücke festgehalten, so dass die Werkzeugexperten bei Horn eventuellen Problemen – auch auf Maschinen- oder Bedienerseite – sehr schnell auf die Spur kommen und lösen können.

Gemeinsame Entwicklungsarbeit
Denn Horn ist sehr stark in die Prozesse bei seinem Anwender eingebunden. Die aktuelle Gestaltung der Kugelbahnbearbeitung wurde gemeinsam von Experten beider Unternehmen so entwickelt, wie sie heute ausgeführt wird.

„Das ist ein Prozess, der niemals aufhört“, betont Allgaier. „Wir arbeiten miteinander ständig daran, die Bearbeitung weiter zu entwickeln und zu optimieren.“ So wird derzeit unter anderem mit dem Einsatz von mehr Hartmetallschneiden pro Werkzeug daran gefeilt, die Spindellaufzeiten der Bearbeitungszentren und damit den Maschinenstundensatz noch weiter zu senken.

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