Öl und Gas sind der Treibstoff unserer modernen Gesellschaft. Pipelines bringen das begehrte Gut von der Produktionsstätte bis zum Verbraucher. Millionen von Kilometern dieser Versorgungsröhren sind weltweit verlegt. Will man den Fluss unterbrechen, etwa für Wartungsarbeiten, dreht man im wahrsten Sinne des Wortes den Hahn zu: Mit Hochdruckkugelhähnen, einem der wichtigsten Produkte des Unternehmens RMA Pipeline Equipment, wird die Leitung vorübergehend dicht gemacht. RMA Pipeline Equipment gehört zu den weltweit führenden Systemanbietern mit Schwerpunkt auf der Entwicklung und Produktion von Armaturen, Hausanschlusstechnik, Mess- und Regeltechnik sowie kundenspezifischen Sonderbauteilen für Gas, Öl, Wasser und Fernwärme.
Das Herz eines jeden Kugelhahns ist die mittig durchbohrte und in einem Gehäuse beweglich gelagerte Kugel. Bei Armaturen für Pipelines haben diese allerdings deutlich größere Abmessungen, als man es etwa von einem Wasserhahn gewohnt ist. Der Durchfluss, den die Kugel abdichtet, reicht von DN 25 bis DN 1400 mm. "In unserem Rheinauer Stammwerk fertigen wir bis DN 300; die größeren Maße in Kehl", erläutert Hans-Jürgen Mannßhardt, Teamleiter Fertigungszelle bei RMA.
Dazu gehört nicht nur die Kugel: Vom Aufweiten der Gehäuserohlinge in der Presse über die vollständige Montage, die Kunststoffbeschichtung mit korrosionshemmendem Polyurethan (PU)
bis hin zur abschließenden Dichtigkeitsprüfung: Alle Hochdruckkugelhähne verlassen die RMA-Werke vollständig einsatzfähig. Die Kugeln selbst werden aus vorbearbeiteten Stahl-Schmiedeteilen gefertigt, in denen der spätere Durchfluss bereits freigelassen ist. In der mechanischen Bearbeitung bei RMA übernehmen 30 Drehautomaten und fünf Bearbeitungszentren die Aufgabe, aus dem Rohteil eine veredelte Kugel zu produzieren.
Neben dem Überdrehen und Schleifen werden auch für die spätere Funktion notwendige Einschnitte vorgenommen. Dazu gehören etwa Passungen an der Ober- und Unterseite der Kugel. Über entsprechende Nuten, die zur Montage wichtig sind, wird die Kugel später in ihrem Gehäuse gedreht und so der Durchfluss wahlweise geöffnet oder geschlossen. Für die Dichtigkeit sorgen passende Sitzringe aus Kunststoff und Metall, die gemeinsam mit der Kugel in das Gehäuse eingesetzt werden. Bis zu einem Druck von 40 bar dichtet noch der Kunststoff, darüber dann Metall auf Metall.
Kreisrunde Fase
Damit die Kugel während der Drehung nirgendwo aneckt, wird auf beiden Seiten unterhalb der genannten Passung noch eine kreisrunde Fase gefräst. Hier kommen die Tübinger Werkzeugspezialisten der Walter AG ins Spiel. Insgesamt 1 h läuft die DN-300-Kugel mit einem Außendurchmesser von 484 mm auf einem Fräszentrum für horizontale Fräsbearbeitung. Dabei entfielen bisher zehn einzelne Bearbeitungsschritte und 10 min und 30 s Maschinenzeit – je 5 min und 15 s pro Seite – auf die Fase. Erledigt wurde die Arbeit bisher vom Fasfräser eines Marktbegleiters mit drei Schneiden und einer Zahnreihe.
Werkzeuglösung erarbeitet
"Wir waren immer zufrieden mit der Bearbeitungsleistung des eingesetzten Werkzeugs. Nur in einem Punkt hätte ich gerne noch mehr herausgeholt: bei der Zeit. Über 10 min für diesen Prozess war mir einfach zu lang", so Hans-Jürgen Mannßhardt. "Also beschloss ich, die Sache mit ‚unserem‘ Walter-Außendienstmitarbeiter zu besprechen."
Michael Benz, Anwendungstechniker bei der Walter Deutschland GmbH, betreut die RMA schon seit einigen Jahren. In dieser Zeit hat er immer wieder gemeinsam mit dem Kunden vor Ort Werkzeuglösungen erarbeitet und umgesetzt. Wenn es dringend war, auch schon mal von "heut auf morgen". Entsprechend nahm sich Benz bei seinem nächsten Besuch ausreichend Zeit, gemeinsam mit Teamleiter Mannßhardt die Aufgabenstellung bei der Fasbearbeitung zu dokumentieren und erste Lösungsansätze zu skizzieren: "Das Ziel war ganz eindeutig, ein höheres Zeit-Span-Volumen zu erreichen. Wir haben gemeinsam direkt an der Maschine ausgemessen, um die vorhandene Aufnahme, die Abmessung der Werkzeuge und die Spannvorrichtung zu berücksichtigen und Störkonturen zu vermeiden."
Nach eingehender Beratung mit Hans-Jürgen Mannßhardt fertigte der Walter-Berater im heimischen Büro eine erste Skizze: ein Monoblockwerkzeug ohne zusätzliche Schnittstellen, um das Ganze so kompakt und stabil wie möglich zu halten. Michael Benz erläutert: "Das alte Werkzeug war recht lang. Und die so entstehenden Vibrationen hatten sich negativ auf die Performance ausgewirkt." Anschließend ging der Entwurf an das Walter Local Engineering in Frankfurt zur Ausarbeitung. Hier wurde das Werkzeug in Absprache mit der Fertigung auf Machbarkeit geprüft und unter anderem die Anzahl und Anordnung der Plattensitze festgelegt.
40 Prozent Zeitersparnis
Das Ergebnis: Ein als Sonderwerkzeug ausgelegter Fas-Igelfräser mit 45° Schnittwinkel, drei Schneiden und vier Zahnreihen (Typ F2001-6515665). "Ich hatte schon einen Igelfräser im Hinterkopf", so Mannßhardt. "Ein solches Werkzeug mit einem Winkel, der für die Fase an der Kugel benötigt wurde, war aber nirgendwo als Standard zu bekommen, wohl aber als Sonderlösung, wie sie Walter jetzt für uns realisiert hat." Und die Leistung? Die kann sich sehen lassen. Das Fräsen der Fase erfolgt nun in nur noch vier Bearbeitungsschritten in insgesamt 6 min und 30 s (vorher 10 min, 30 s), also 3 min und 15 s (vorher 5 min, 15 s) pro Seite. Das entspricht einer Zeitersparnis von knapp 40 Prozent. Ein beachtliches
Ergebnis, das der Walter-Crew jedoch nicht einfach in den Schoß fiel: "Als RMA die Lösung sechs Wochen nach unserem ersten Gespräch in der Praxis testete, traten zunächst Plattenbrüche auf – was uns einiges Kopfzerbrechen bescherte. Vor allem ging es um die Frage des richtigen Schneidstoffs", berichtet Benz und führt weiter aus: "Schließlich entschieden wir uns für die sehr zähe Sorte WSP45S, unser ‚unzerstörbarer‘ Schneidstoff, den wir immer wieder erfolgreich als Problemlöser einsetzen." Auch bei der Lösung für RMA hatte das Walter-Team Erfolg: Ausbrüche sind passé.
"Seit rund 25 Jahren arbeiten wir schon mit Walter-Werkzeugen. Das Verhältnis zwischen uns ist partnerschaftlich von beiden Seiten, ergänzt Hans-Jürgen Mannßhardt. "Die guten Erfahrungen aus dieser Zeit gehen nicht nur auf die hohe Werkzeugqualität zurück, sondern zu einem großen Teil auch auf den zuverlässigen und lösungsorientierten Service. Wenn das Werkzeug mal nicht passt, wird es passend gemacht. Und besonders wenn es mal klemmt, ist Walter sofort zur Stelle. Die Anfangsschwierigkeiten mit dem neuen Fas-Igelfräser waren in nur anderthalb Wochen restlos behoben."