Wer die Pitmatec Zerspanung in Ellwangen besucht, betritt eine große neue Produktionshalle, ausgestattet mit einem hochaktuellen Maschinenpark für die mehrachsige Komplettbearbeitung von Bauteilen.
Das junge Familienunternehmen hat seine Nische am Markt definiert: Das Pitmatec-Team profiliert sich als Fertiger bei komplexen Zerspanungsprojekten ab Losgröße 1 bis hin zur Serienfertigung. Ohne die enge Zusammenarbeit mit Technologiepartnern wie dem Zerspanungsexperten Walter wären dabei Projekte wie die Future-Finishing-Bearbeitung eines Freiform-Wiko-Gehäuses wirtschaftlich kaum darstellbar.
Otmatec setzt von Beginn an auf Industrie 4.0
Detlef Pitan, Gründer und Geschäftsführer von Pitmatec, sagt: „Wir haben uns sehr intensiv darüber Gedanken gemacht, wie wir uns als Neueinsteiger am Markt positionieren wollen. Uns war schnell klar, dass wir nicht – wie viele Neugründungen in der Zerspanungsindustrie – als Garagenfirma starten möchten. Wir haben uns dafür entschieden, unsere Prozesse von Beginn an als Industrie 4.0 aufzusetzen, digital basiert und vor allem komplett vernetzt.
Als Lohnfertiger können wir so extrem schnell neue Zerspanungsprozesse planen und aufsetzen, gerade bei komplexen Bauteilen oder Bearbeitungsschritten. Der Pitmatec-Vorteil: Kurze Wege, neueste Technologien und ein Team aus Digital Natives, das auch die Programmierung komplett selbst leistet – das macht uns besonders.“
Entsprechend intensiv hat Pitmatec in die technische Ausstattung investiert: In der Halle stehen eine DMG Mori CTX beta 1250 TC und eine Hermle C42 U Dynamik. Auf einer Portalmessmaschine von Zeiss können die fertigen Bauteile oder auch Zwischenschritte direkt selbst geprüft werden.
Für die Auswahl von Technologiepartnern haben Detlef Pitan und sein Sohn David klare Kriterien definiert. Denn ohne entsprechend agile und zuverlässige Partner in einem strategisch so zentralen Bereich wie den Zerspanungswerkzeugen lässt sich der Anspruch des Unternehmens kaum umsetzen.
Werkzeug-Hersteller sollte Partner auf Augenhöhe sein
Pitan erklärt: „Am wichtigsten ist für uns die schnelle Erreichbarkeit und Partnerschaft auf Augenhöhe. Wir wollen nicht, weil wir klein sind, der Letzte in der Nahrungskette sein. Wir sind technologisch ziemlich weit vorn, dafür brauchen wir einen Partner, der uns Zugang zu seinen aktuellsten Technologien und Innovationen gibt.“
„Schnell von fachlich kompetenten und erfahrenen Vertriebsmitarbeitern betreut zu werden, ist für uns wesentlich“, so Pitan weiter. „Bei Walter hatten wir nach einigen Gesprächen das sichere Gefühl, dass man dort versteht, wohin wir wollen. Eine Einschätzung, die sich in der Zusammenarbeit bewahrheitet hat.“
Das Ellwanger Start-up wird von Walter durch Josef Spaag betreut. Der technische Berater umreißt den Umfang der Zusammenarbeit: „Von Beginn an in die Planung und Umsetzung von Zerspanungsprozessen eingebunden zu sein, ist für den Kunden und Walter eine ideale Situation. Pitmatec hat keine Scheu vor Innovationen oder ungewöhnlichen Herangehensweisen an eine Herausforderung. Beim Einsatz neuer Werkzeuge lernen wir quasi gemeinsam, wie auch beim aktuellen Projekt mit dem neuen Walter-Kreissegmentfräser.
Bevor wir an konkreten Projekten gearbeitet haben, ging es erst einmal darum, Pitmatec mit einem Sortiment an Zerspanungswerkzeugen und Aufnahmen auszustatten, um einen möglichst universellen Einsatz zu ermöglichen. Zusätzlich wurde ein Werkzeugausgabesystem mit der entsprechenden Verwaltungssoftware installiert, die eine möglichst lückenlose Werkzeugversorgung ermöglicht.
Anspruchsvolle Projekte lassen sich gemeinsam meistern
In der modernen Zerspanung geht es um mehr als Drehen, Fräsen, Bohren und Gewinden. Es geht darum, Ziele schneller, sicherer und präziser zu erreichen – mit Lösungen, die Projekte effektiver und effizienter machen.“
Für die Durchführung des anspruchsvollen Projekts „Future-Finishing-Wiko-Gehäuse“ war die enge Zusammenarbeit zwischen den Zerspanungsprofis von Pitmatec und Walter wesentlich.
David Pitan, Meister Zerspanungstechnik und Fertigungsleiter bei Pitmatec, erklärt: „Pitmatec kommt auch dann ins Spiel, wenn der bisherige Zulieferer eines Herstellers erhöhte Qualitätsanforderungen oder engere Zeitfenster nicht abbilden kann oder ein Werkstück eine komplexere Geometrie erhält. Das Wiko-Gehäuse ist so ein Fall. Wir haben Walter schon ganz früh in den Planungsprozess einbezogen. Gemeinsam haben wir einen Prozess entwickelt, der das gewünschte Ergebnis zu wirtschaftlich sinnvollen Parametern bringt.“
Hohe Oberflächengenauigkeit bei Freiflächenform gefordert
Die Herausforderung, die das Bauteil an die Zerspanung stellt, erschließt sich nicht auf den ersten Blick: Die Grundgeometrie ist gut darstellbar, die Schwierigkeiten liegen dagegen ganz wörtlich an der Oberfläche. Sie ist 3-D-freiflächengeformt, außerdem ist eine hohe Oberflächenqualität gefordert. Schon das ist rein technisch anspruchsvoll und aufwendig.
Durch den Werkstoffwechsel erhöhte sich die Komplexität des Projekts weiter. In einer anderen Version wird das Gehäuse aus EN AW-7075 gefertigt, beim aktuellen Projekt hingegen aus 16MnCr5. Um für die Freiflächenform die entsprechende Oberflächenqualität zu erreichen, müsste mit einem konventionellen Radiuskopierfräser mit Zeilensprüngen von 0,1 Millimeter zerspant werden. So lässt sich das jedoch wirtschaftlich nicht darstellen, sondern nur mit den neuesten technischen Mitteln – und einer Zerspanungsstrategie, die diese optimal einsetzt.
Mit diesen Strategien, Maschinen und Werkzeugen gelang das Projekt
Pitmatec fertigt die Wiko-Gehäuse auf dem fünfachsigen Hermle-Bearbeitungszentrum. Das Bearbeitungszentrum bringt nicht nur die notwendige Beweglichkeit im Raum, sondern auch die nötige Dynamik mit, um das Werkstück mit wenigen Umspannungen fertigen zu können. Wirklich ausnutzen lassen sich die Möglichkeiten der Maschine in 5-Achs-Simultanbearbeitung nur mit dem entsprechenden Zerspanungswerkzeug.
Den entscheidenden Faktor für den Erfolg des Projekts sieht David Pitan deswegen in der Chance, bei Walter auf Zerspanungstechnologien zugreifen zu können, die sich noch im Feldtest-Stadium befinden. Angedacht war ursprünglich der Einsatz eines Radiuskopierfräsers.
Josef Spaag von Walter brachte als Lösung einen neuen Kreissegmentfräser Walter MD838 Supreme in der konischen Variante ins Spiel. Der hatte bereits im Walter Technology Center und in Feldtests gezeigt, dass sich Oberflächen bis zu 90 Prozent schneller als im bisher angewendeten Verfahren schlichten lassen.
VHM-Kreissegmentfräser MD838 und MD839 Supreme
- wirtschaftlich Schlichten (bis zu 10-mal schneller als mit Radiuskopierfräsern)
- höhere Produktivität durch höhere Zähnezahl
- stabil und prozesssicher – auch bei langen Auskragungen
- hohe Bauteilgenauigkeit
Die Kreissegmentgeometrie sowie die Beschichtung ermöglichen das Fräsen mit dynamischen Kontaktpunkten und damit einen deutlich höheren Vorschub. Er beträgt pro Zahn 0,17 Millimeter. Die Schnittgeschwindigkeit beträgt 600 m/min. Gefräst wird in Zeilensprüngen von zwei und drei Millimeter. Insgesamt liegt die Vorschubgeschwindigkeit bei gut 8.000 mm/min.
Der neue Fräser ist nicht nur besonders schnell: Beschichtung und Geometrie ermöglichen eine extrem hohe Konformität zu den Spezifikationen des Bauteils bereits beim Schlichten. Das reduziert den Aufwand fürs Polieren.
Für Pitmatec sind Prozesssicherheit und Wirtschaftlichkeit die ausschlaggebenden Faktoren: Mit der Future-Finishing-Strategie erreicht Pitmatec eine Bearbeitungszeit pro Werkstück, die den Auftrag überhaupt erst wirtschaftlich macht.
Quelle: Walter AG