Das laserbasierte Messsystem Lasercontrol NT erfasst in Sekundenschnelle Ausbrüche ab 5 µm entlang der Werkzeugschneide.

Das laserbasierte Messsystem Lasercontrol NT erfasst in Sekundenschnelle Ausbrüche ab 5 µm entlang der Werkzeugschneide. (Bild: Blum-Novotest)

Weltweit steigen im Fertigungsbereich die Anforderungen hinsichtlich Prozesssicherheit und Qualität. Dies wiederum erfordert den Einsatz einwandfreier Werkzeuge, wobei präzise Werkzeugmessung und -inspektion die Voraussetzungen sind. Exakte Werkzeugdaten können außerhalb oder innerhalb der Werkzeugmaschine ermittelt werden. Das Messen von Werkzeugen in der Maschine liegt im Trend. Es ist bei vielen Unternehmen mittlerweile Standard und wird nicht mehr als Sonderlösung oder unproduktiv angesehen. Die interne Vermessung spart Nebenzeiten, erhöht die Bearbeitungsgenauigkeit und reduziert Nacharbeit sowie Ausschuss.

Gemessen werden kann mittels taktiler oder optischer, aber auch hybrider Systeme. So lassen sich mithilfe von Tastern oder berührungslos

arbeitenden Laser- oder Bildverarbeitungssystemen unter anderem Werkzeuglängen und -radien ermitteln, aber auch Verschleiß und Bruch kontrollieren, was zusätzliche Produktionssicherheit schafft. Alle genannten Verfahren haben weiterhin ihre Daseinsberechtigung, da sie je nach Messaufgabe ihre individuellen Vorteile ausspielen können. Wachsenden Bedarf gibt es sowohl für eine vollautomatisierte

Zoller AMB

Auf der AMB 2016 vorgestellt: das ergonomisch konstruierte Einstell- und -Messgerät Venturion 450 mit der separaten Bedieneinheit
Cockpit.
Bild: Zoller

Werkzeugkomplett-vermessung als auch für eine schnelle Werkzeugvermessung nur einzelner Parameter, Elemente oder Konturen im Prozess.

Bedienerfreundliche Messtaster

Die vergleichsweise kostengünstigen und bedienfreundlichen Messtaster lassen sich leicht auf CNC-Bearbeitungszentren und -Drehmaschinen zur automatisierten Werkzeugmessung installieren. Zu ihren Vorteilen gehören die sehr präzise Messung von Werkzeuglänge und -durchmesser, die Bruchkontrolle im Bearbeitungszyklus, die Vermeidung manueller Einstellfehler, verbunden mit erheblichen Zeiteinsparungen durch reduzierte Stillstandzeiten.

Das Messen von Werkzeugen in der Maschine liegt im Trend. Es ist bei vielen Unternehmen Standard und gilt nicht als Sonderlösung.

Die Grenzen taktiler Messung liegen aufgrund des mechanischen Kontakts zum einen in der Geschwindigkeit. Zudem besteht wegen der erforderlichen Antastkraft erhöhte Unsicherheit bei kritischen Messaufgaben. Auch besteht die Gefahr, empfindliche Messobjekte zu beschädigen. Dennoch stellen Messtaster in der Summe eine einfache und günstige Lösung dar, um Werkzeugmaschinen produktiver und wirtschaftlicher zu machen.

Eine Reihe von Variablen

Während eines Bearbeitungsverfahrens hängt die Maßhaltigkeit von einer Reihe von Variablen wie Werkzeuglänge und -bruch ab. Dies kontrolliert beispielsweise der einachsige Messtaster Primo

Renishaw Messtaster Primo

Der Messtaster Primo LTS ist für den Einsatz in extrem rauen Bearbeitungsumgebungen ausgelegt.
Bild: Renishaw

LTS (Length Tool Setter) von Renishaw automatisch, so dass der Anwender eventuelle Abweichungen kompensieren kann und der gesamte Bearbeitungsprozess davon profitiert. Neben der einfachen Messung der Werkzeuglänge sowie der Bruchkontrolle ermöglicht der Taster auch die Kompensation thermischer Ausdehnung. Laut Anbieter läuft die automatische Messung der Werkzeuglängen auf der Maschine bis zu zehnmal schneller ab als manuelle Methoden, was eine sofortige und erhebliche Kostenersparnis bedeutet. Der Taster eignet sich für Werkzeuge ab 0,1 mm Durchmesser aufwärts sowie für kleine bis große Bearbeitungszentren und trägt dazu bei, von

Anfang an fehlerfreie Werkstücke sicherzustellen. Der Primo LTS ist ein fest verkabeltes System mit einem voll integrierten Interface zum einfachen elektrischen Anschluss. Er kann am Maschinentisch verschraubt werden und ist sofort betriebsbereit. Eine zusätzliche Einrichtung erübrigt sich. Das Gerät ist für den Einsatz in extrem rauen Bearbeitungsumgebungen ausgelegt. Es ist unempfindlich gegenüber Spänen und Kühlmittel und verhindert Fehlantastungen infolge von Stößen oder Vibrationen. Mithilfe der eingebauten Blasluft-Funktion lassen sich Späne effizient entfernen.

Heidenhain Tastsystem

Das Tastsystem TT 460 eignet sich auch für fünfachsige Applikationen sowie Palettenwechselsysteme.
Bild: Heidenhain

Eine einfache und schnelle Möglichkeit, Werkzeuge im Prozess direkt auf der Maschine zu vermessen und zu überprüfen, bietet auch die jüngste Generation der Tastsysteme TT 160 und TT 460 von Heidenhain. Diese ermitteln Längen sowie Durchmesser und erfassen Verschleiß – gebrochene oder fehlende Schneiden, Aufbauschneiden, Ausbrüche und plastische Verformungen der Schneiden – sowie Totalbruch. Die Wiederholgenauigkeit liegt unter 1 µm. Das TT 460 eignet sich auch für fünfachsige Applikationen sowie Palettenwechselsysteme. Die Systeme lassen sich mithilfe mitgelieferter Spannpratzen einfach auf dem Maschinentisch installieren. Beim TT 160 werden die Signale kabelgebunden übertragen, während das

TT 460 kabelunabhängig über eine Funk- oder Infrarotstrecke mit der Sende-/Empfangseinheit SE 660 kommuniziert. Das scheibenförmige Antastelement aus gehärtetem Werkzeugstahl wird beim mechanischen Antasten eines Werkzeugs ausgelenkt. Dabei entsteht ein Schaltsignal, das zur Steuerung übermittelt und dort weiterverarbeitet wird. Das Signal wird über einen optischen Sensor gebildet, der verschleißfrei und besonders zuverlässig arbeiten soll. Laut Hersteller sind so Millionen von Messungen möglich. Dank einer in X, Y und Z wirkenden Sollbruchstelle zwischen Antastelement und Tastsystem wird das Gerät bei einer Fehlbedienung nicht zerstört. Der Stift mit Sollbruchstelle kann problemlos getauscht und das Antastelement weiter verwendet werden.

Optische Messtechnik

Immer mehr Unternehmen nutzen die Vorteile der optischen Messtechnik in Form von Laser- oder Bildverarbeitungssystemen zur Werkzeugvermessung. Sie bietet im Vergleich zu taktilen Verfahren mehr Informationen, da sie mit wesentlich mehr Punkte erfasst.

Beim Messen auf der Maschine bieten etwa Lasersysteme, die im Grunde hochpräzise Lichtschranken darstellen, weitere Vorteile. So werden die Werkzeuge im realen Spannsystem bei Nenndrehzahl gemessen. Die dynamische Längen- und Radiusänderung bei hohen Drehzahlen wird kompensiert und Fehler an Spindel sowie Aufnahme erkannt. Es lassen sich sehr kleine und berührungssensitive Werkzeuge rasch, präzise und automatisch messen sowie schnelle Bruchkontrollen durchführen. Alle für die Zerspanung relevanten Merkmale eines Werkzeugs können überwacht werden.

Immer mehr Unternehmen nutzen die Vorteile der optischen Messtechnik wie Laser- oder Bildverarbeitungssysteme.

Marposs Messsystem

Das Messsystem VTS arbeitet mit einer hochauflösenden Videokamera und liefert extrem genaue Ergebnisse.
Bild: Marposs

Das lasergestützte Messen erreicht seine Grenzen bei sehr kleinen Werkzeugen, deren Durchmesser im Bereich des Strahldurchmessers liegt, oder bei sehr komplexen Werkzeugen, bei denen der Lichtstrahl nicht alle gewünschten Punkte erreichen kann. Manchen Lasersystemen bereitet es auch Schwierigkeiten, schmutz- und ölbehaftete Werkzeuge prozesssicher zu messen sowie den Laser ausrichten und den Fokuspunkt eindeutig zu bestimmen.

Mit den genannten Probleme fertigwerden soll etwa das für den High-End-Bereich konzipierte Premium-Lasermesssystem LTS35.60 der Hexagon-Tochter M&H Inprocess Messtechnik. Nach

m&h Lasermessystem

Mit dem Lasermesssystem LTS35.60 lassen sich selbst extrem kleine Werkzeuge (Durchmesser ab 8 µm) prozesssicher vermessen.
Bild: M&H Inprocess Messtechnik

Angaben von Maximilian Macha, Produktmanager Machine Tool Probing, ermöglicht die von Geometrie und Werkzeugabmessung unabhängige Präzisionsmessung einen dynamischen Längen-

und Durchmesser-Abgleich für fast jedes Werkzeug oberhalb von 8 µm Durchmesser. „Auslegung, Konzeption und Konstruktion sowie die Qualität der eingesetzten High-End-Optik sorgen dafür, dass selbst extrem kleine Werkzeuge prozesssicher vermessen werden können.“ Das System kann Werkzeuglängen und -radien ermitteln sowie Verschleiß und Bruch erkennen. Der Laserstrahl ist weit oben angeordnet, um auch sehr kurz gespannte Werkzeuge ohne Kollisionsgefahr messen zu können. Störungen durch Fremdlicht sind ausgeschlossen. „Das Gehäuse aus Edelstahl trotzt nicht nur dem rauen Umfeld im Arbeitsraum der Maschine, sondern hilft auch, thermische Schwankungen und Fehlmessungen zu minimieren“, betont Maximilian Macha. „Dies und die wartungsarme Laseroptik sowie die einfache Handhabung machen das System werkstattgerecht.“ Für möglichst exakte Messungen werden die Werkzeuge in Messposition mittels einer optimierten Laval-Düse mit Überschalldruck besonders gut gereinigt.

Oft werden Maßabweichungen oder schlechte Oberflächenqualität, die durch Ausbrüche an der Werkzeugschneide verursacht wurden, erst erkannt, wenn bereits eine große Zahl an teuren Werkstücken bearbeitet wurde. Das laserbasierte Messsystem Lasercontrol NT von Blum-Novotest, das insbesondere für die Werkzeugüberwachung in der Motoren- und Gewindefertigung weiterentwickelt wurde, soll eine schnelle und prozesssichere Lösung bieten. „Bisher gab es keine Möglichkeit, Schneidenausbrüche prozessnah im Bearbeitungszentrum zu erfassen“, sagt Vertriebsingenieur Winfried Weiland. „Mit Lasercontrol NT können Ausbrüche im Mikrobereich berührungslos erkannt werden – und dies sekundenschnell.“ Das Lasersystem erfasst über einen Scanvorgang Ausbrüche ab 5 µm entlang der Schneide. Trotz der rauen Arbeitsbedingungen, die in Bearbeitungszentren herrschen, soll das System zuverlässig arbeiten. „Dazu wird einerseits die Optik von Sender und Empfänger durch einen pneumatisch betätigten dichtenden Verschluss während der Bearbeitung vor Kühlmittel und Spänen geschützt“, erklärt Winfried Weiland. „Andererseits verhindert ein während der Messung austretender Sperrluftstrom ein Verschmutzen. Zudem kann man heute nicht mehr von einer einfachen Lichtschranke sprechen. Schließlich arbeitet in Lasercontrol NT ein Mikroprozessor, der Störeinflüsse wie Späne, Kühlmittelnebel und -tropfen zuverlässig ausblendet.“

Makino Hybridmesssystem

Das Hybridmesssystem von Makino bietet bei kleinen Werkzeugen von unter 0,5 mm Durchmesser eine wesentlich höhere Messgenauigkeit als Lasersysteme.
Bild: Makino

Im Rahmen der diesjährigen Messe AMB stellte Makino sein vertikales Mikro-Bearbeitungszentrum iQ500 vor, das für High-End-Anwendungen in Bereichen wie Medizintechnik, optische Industrie, Werkzeug- und Formenbau sowie Automotive konzipiert ist. Dabei werden Werkzeuge mit Durchmessern von unter 0,1 mm eingesetzt. Wie ihre kleinere Schwester iQ300 verfügt die Maschine standardmäßig über ein eigenentwickeltes Hybridsystem zur Ermittlung der Werkzeuglänge, das zwei Messarten in einer Einheit verbindet. Im ersten Schritt werden die Werkzeuge (Durchmesser ≥ 30 μm) per Taster mit sehr geringen Kräften vermessen. „Selbst empfindliche PKD-Werkzeuge lassen sich prozesssicher und ohne Gefahr der Beschädigung vermessen“, erläutert Produktmanager Matthias Wilke. „Das System bietet bei kleinen Werkzeugen von unter 0,5 mm Durchmesser eine wesentlich höhere Messgenauigkeit als Lasersysteme.“ In einem optionalen zweiten Schritt kann zusätzlich zur Werkzeuglänge noch die Dehnung der mit Solldrehzahl rotierenden Spindel berührungslos gemessen werden, bis der Beharrungszustand erreicht ist.

Extrem genaue Ergebnisse

Sollen neben Werkzeuglänge und Spindeldehnung auch der Werkzeugdurchmesser in einem Positionierzyklus ermittelt werden, offeriert Makino als Option das berührungslos arbeitende Messsystem PTIM (Precision Tool Image Measuring), das in Kooperation mit dem Messtechnikspezialisten Marposs entwickelt wurde. Das von diesem Anbieter unter dem Namen VTS (Visual Tool Setter) nachgängig vertriebene System arbeitet mit einer hochauflösenden Videokamera und soll extrem genaue Ergebnisse liefern. Damit lässt sich die Rundlaufabweichung, der Schneidkantenradius sowie das Profil bei stehendem oder rotierendem Werkzeug überprüfen. Die Wiederholgenauigkeit beträgt ≤ 0,2 μm.

Dank der hochmodernen Bildverarbeitungstechnik und des integrierten Zweifachschutzes kann das System Werkzeuge im Durchmesserbereich zwischen 0,01 und 40 mm (alternativ bis 80 mm) bei konstanter Genauigkeit kontrollieren – und dies mit einer Auflösung von 0,1 μm bei Werkzeug-Drehzahlen bis 80 000 min-1. So können unterschiedliche Werkzeuge ohne Genauigkeitseinbuße am Fertigteil eingesetzt werden. Die LEDs an der Vorderseite des Systems eignen sich zur Oberflächen-, Verschleiß- und Bruchkontrolle der Werkzeuge. Aufgrund der genannten Merkmale soll das System alle herkömmlichen Messverfahren in der Präzisionsfertigung übertreffen, wo Werkzeuge mit hoher Standzeit eingesetzt werden, die kontinuierlich überprüft werden müssen.
Bernhard Reichenbach

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