Das Rüsten ist der Schlüssel zur wirtschaftlichen Fertigung: Wer seine Teile in einer Aufspannung fertig von der Maschine bekommt, spart Zeit und Geld.

Das Rüsten ist der Schlüssel zur wirtschaftlichen Fertigung: Wer seine Teile in einer Aufspannung fertig von der Maschine bekommt, spart Zeit und Geld. (Bild: werkzeug&formenbau)

Die Komplettbearbeitung ist heute wichtiger denn je, wenn es um eine erfolgreiche und wirtschaftliche Bearbeitung geht. Und egal, ob im XXS-Format oder in XXL – die richtige Spanntechnik spielt dabei eine zentrale Rolle. In Zeiten des ständig steigenden Termindrucks und den höher werdenden Qualitätsforderungen ist die Rüstzeit ein entscheidender Faktor in der Fertigung. Denn das Werkstück soll möglichst fertig bearbeitet und in einer Aufspannung zerspant von der Maschine kommen.

Doch beim „Wie“ und „Womit“ stehen so manche Anwender vor einem schier unendlichen Produktspektrum, das am Markt existiert. Begriffe wie Nullpunktspannsystem, Kraftspannfutter oder Schnellwechselsystem geben so manchem Unternehmen Rätsel auf. Transparenz in diese komplexe Thematik bringen immer wieder die im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindenden Praxistagungen der Branchenmagazine fertigung und werkzeug&formenbau. Bei der inzwischen 8. Praxistagung standen wirtschaftliche Lösungen für die Komplettbearbeitung auf dem Programm. Unterstützt wurde die Veranstaltung übrigens von Röhm, Allmatic-Jakob Spannsysteme und Pfleghar.

Den Einstieg in dieses komplexe Thema machte Markus Nusser, globales Produktmanagement Kraftspanntechnik Röhm GmbH, mit seinem Impulsvortrag „Komplett ans Ziel“. Mit dem neuen

Spanntechniktagung Markus Nusser

Markus Nusser: Komplexe Uhrenplatinen rationell in einer Aufspannung bearbeiten.

Kraftspannfutter KPF-MT bietet der Spanntechnikspezialist aus Sontheim eine Lösung für die beidseitige Bearbeitung von Uhrenplatinen in einer Aufspannung. Das Umspannen erfolgt dabei durch eine schnelle Schwenkbewegung des Futters, wobei die Lage der Platine exakt erhalten bleibt und somit höchste Präzision garantiert wird. Der Clou des Futters ist laut Nusser „eine flexible Abstützung der Platine“. Diese wird benötigt, da sich sonst die Platine bei der Bearbeitung durchbiegen würde. Wenn das Futter nach der Bearbeitung der ersten Schritte um 180º schwenkt, bewegt sich diese Abstützung zeitgleich auf die andere Seite und stützt hier die Platine sicher für die Bearbeitung der zweiten Seite ab. Ein Vakuum im Anschlag verhindert dabei ein Abheben der Platine und sorgt für zusätzliche Prozesssicherheit.

„Das Spannfutter wird mittels vier Leitungen komplett pneumatisch betätigt“, erklärte Nusser, „und die Beladung und Entnahme der Platine kann über Greifer automatisch erfolgen.“ Mittels verschiedender Spannsätze kann eine Vielzahl von Uhrenplatinen bearbeitet werden. „Einsetzbar ist das Futter aber auch in der Medizintechnik oder der Elektronikindustrie“, wie der Spanntechnikspezialist abschließend betonte.

Spanntechniktagung Reto Achermann

Reto Achermann: Vorrichtungskunst sorgt für eine rationelle Bearbeitung der Teile.

Einen bemerkenswerten Praxisvortrag zur Vorrichtungskunst lieferte Reto Achermann, Key Account Manager OEM der Schweizer Erowa AG. Anhand von drei Beispielen aus der Luftfahrt, Medizintechnik und der allgemeinen Fertigung skizzierte er die Möglichkeiten der Spanntechnik. So etwa eine Automatisierung mit dem MTS-Palettiersystem und einer Aufspannung mit Zentrumspanner und Prägebacken für die Implantatfertigung. Interessant ist auch der Einsatz von Schnellspannvorrichtungen in der Schmuckindustrie. Diese Vorrichtung ist auf hexagonalen Spanntürmen angeordnet und ermöglicht den Wechsel ohne Werkzeuge.

Welche Ratioeffekte mit Spannmitteln von Hainbuch möglich sind, skizzierte Martin Steiner, Leiter Arbeitsvorbereitung/Teilefertigung bei der Index-Werke GmbH & Co. KG Hahn & Tessky in Esslingen. Schnellwechselsysteme lautet die Lösung. Innerhalb weniger Minuten, ja oft Sekunden, ist das für die Bearbeitung optimale Spannmittel gerüstet. Die Maschinenstillstandzeiten verkürzen sich, die Produktionszeit steigt entsprechend. „Da macht sich so ein Schnellwechselsystem auch schnell bezahlt“, erklärte Steiner. Bei einer Kostenreduktion von bis zu 30 000 Euro im Jahr sind die Anschaffungskosten schnell wieder drin, wie sein Rechenbeispiel zeigte. Zudem lässt sich mit solch einem Schnellwechselsystem die Werkstatt optimal normieren, was bei einer einheitlichen Produktion besonders attraktiv ist. Denn wenn jede Maschine mit einer einheitlichen Schnittstelle ausgerüstet ist, steigt die Flexibilität natürlich enorm und die Investitionskosten sinken zunehmend.

Um rüstzeitoptimierte Spannlösungen ging es im Vortrag von Harald Rauh, Regionalverkaufsleiter Spanntechnik Emuge-Werk Richard Gimpel GmbH & Co. KG. Welche Rolle dabei

Spanntechniktagung Harald Rauh

Harald Rauh:
Rüstzeitoptimiert spannen mit Sonderspannmitteln.

werkstückbezogene Sonderspannmittel spielen, skizzierte Rauh anhand einer Vorrichtung zum Spannen von Turboladergehäusen. Hauptziel war hier die Komplettbearbeitung von fünf Seiten in nur einer Aufspannung, ohne das Bauteil dabei zu verformen. Gelöst wurde dies durch eine Kombination von Durchmesser- und Planspannung in mehreren Stufen. Die Spannmembran dient dabei hauptsächlich zur wiederholgenauen Zentrierung im μm-Bereich, die Planspannfinger hingegen zur Aufnahme der Bearbeitungskräfte.

Spanntechniktagung Peter Lauer

Peter Lauer: Automatisierung sorgt für gute Auslastung der wertvollen Maschinen.

Welche Möglichkeiten das Nullpunktspannsystem ZeroClamp bietet, erklärte Peter Lauer, Technische Beratung ZeroClamp GmbH, in seinem Vortrag. Als extrem wirtschaftliche Alternative zu herkömmlichen Automatisierungslösungen in der zerspanenden Produktion hat ZeroClamp ein neues Konzept entwickelt: die Kombination von Spannsystemen und mobilen Werkstück- und Werkzeugspeichern sowie einem dafür optimierten Beladeroboter. Der Beladeroboter dient dem Bestücken der Produktionsanlage sowohl mit Werkstücken und Spannmitteln als auch mit Werkzeugen. Der Werkstückgreifer ist dabei automatisch wechselbar. Werkstücke lassen sich bei diesem System auch ohne Spannmittel im Magazin vorhalten. Hierfür ist der pneumatische Zentrischspanner mit bis zu 40 kN Spannkraft der ideale Begleiter einer automatisierten Produktion.

Spanntechniktagung Holger Heimerdinger

Holger Heimerdinger: Effizient mit Komplettbearbeitung und Nullpunktspannsystem.

Des Themas „effiziente Fertigung“ nahm sich anschließend Holger Heimerdinger, Projektmanagement und Vertrieb Partool GmbH & Co. KG, an. Mit dem Nullpunktspannsystem Power Grip bietet Partool Lösungen für die Komplettbearbeitung und verändernde Anforderungen, wie etwa beim Automatisieren vorhandener Werkzeugmaschinen.

Spanntechniktagung Stephan Wahl

Stephan Wahl: Mit Niederdrucktechnik beim Werkstückspannen Energie sparen.

 

 

Wie sich mit Niederdruckspanntechnik Energie und CO2 einsparen lässt, skizzierte Stephan Wahl, Leitung Vertrieb & Marketing NMH GmbH + Co. KG. Sein Unternehmen ist Vertriebspartner des japanischen Spanntechnikspezialisten Kosmek, das mit seinen innovativen Spannsystemen zu den Marktführern in USA und Asien zählt. Seit fast 30 Jahren beschäftigen sich die Japaner mit der hydraulischen Niederdruckspanntechnik. Die Besonderheit der Systeme ist laut Wahl die hohe Haltekraft und der geringe Ressourceneinsatz. Für die High-Power-Spanntechnik ist nur ein Druck von maximal 70 bar notwendig. Zudem ist eine Gewichtseinsparung von 43 Prozent möglich, und es werden zudem 40 Prozent weniger Öl jeweils pro Spanner benötigt. „Betrachtet man die laufenden Betriebskosten über den Produktlebenszyklus hinweg, ist der bei der Niederdruckspanntechnik maximal erforderliche Druck von nur 70 bar hochinteressant, denn hierdurch reduziert sich zusätzlich der Energiebedarf für die Druckerzeugung“, erklärte Wahl. Unternehmerische Ziele, wie die CO2-Gesamtbilanzverbesserung lassen sich hiermit direkt beeinflussen.

Um die Auswirkungen des Nullpunktspannsystems FCS-Breyl auf die Prozesseffizienz beim Druckgusswerkzeugspezialisten Heck + Becker ging es im Abschlussvortrag von Jürgen Pfleghar,

Spanntechniktagung Juergen Pfelghar

Jürgen Pfleghar: Optimale Abläufe und effizientes Rüsten für mehr Prozesseffizienz.

Geschäftsführer der Pfleghar Entwicklungs- & Vertriebs GmbH & Co. KG. Mit einer neuen Fertigungsphilosophie konnte dort ein effizienteres Rüsten und ein optimaler Arbeitsablauf realisiert werden.

Neben den Fachvorträgen war die Tagung zudem eine wichtige Plattform für einen fachlichen Austausch unter den Teilnehmern. So wurden im Rahmen der Ausstellung von Allmatic-Jakob Spannsysteme, NMH, Pfleghar und Röhm nicht nur über neue Spannsysteme diskutiert, sondern auch über Projekte und Problemlösungen gesprochen.

Spanntechniktagung Publikum

Fachkundiges Publikum: Die Spanntechniktagung findet im zweijährigen Turnus mit verschiedenen Themenschwerpunkten statt.

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