Kernelement des Automatisierungskonzepts sind die mit Bolzen für das Nullpunktspannsystem bestückten Schraubstöcke.

Kernelement des von Lang Technik entwickelten Automatisierungskonzepts sind die mit Bolzen für das Nullpunktspannsystem bestückten Schraubstöcke. (Bild: Vollrath)

Daniel Obrecht, Leiter Fertigung und AV von Braun Sondermaschinen in Ottersweier, erklärt: „Wir erstellen für unsere Kunden individuell maßgeschneiderte Produktionsanlagen und Fertigungslinien, Prüfstände, Handarbeitsplätze sowie Epoxid-Beschichtungsanlagen.“ Zur Kundschaft des familiengeführten mittelständischen Unternehmens mit 140 Mitarbeitenden gehören überwiegend international aufgestellte Zulieferer aus der Kfz-Industrie, der Luft- und Raumfahrt, der Gebäudetechnik, der Möbelindustrie sowie der Elektro- und Elektronikindustrie. Dabei kann sich das Unternehmen auf seine Erfahrung aus fast 200 bereits realisierten Projekten stützen.

Bei Anfragen wird Wert darauf gelegt, die Vorstellungen des Kunden mit den jeweils aktuellsten Technologien so effizient wie möglich in die Praxis umzusetzen. In den Anlagen kommen unterschiedlichste Montage-, Form- und Fügeverfahren, thermische Verfahren wie Laser oder induktive Erwärmung, Schrumpfen, Kleben oder Clinchen sowie mechanische Bearbeitungsverfahren zum Einsatz. Den Transport übernehmen je nach Bedarf diverse Zuführsysteme, Roboter beziehungsweise Linearfördersysteme. Die Qualitätssicherung erfolgt mithilfe computergestützter Verfahren der Bilderkennung.

Auf einen Blick

Bei der Herstellung von Sondermaschinen und Automatisierungssystemen fällt ein hoher Bedarf an individuell gefertigten Bauteilen in kleinen und kleinsten Losgrößen an. Bei Braun Sondermaschinen betreibt die hierfür tätige Abteilung mehr als zehn CNC-gesteuerte Werkzeugmaschinen, deren freie Kapazitäten durch Fremdaufträge ausgelastet werden. Bei der Suche nach der ursprünglich favorisierten Palettenzuführung zur Automatisierung dieses Bereichs ließ man sich von der Schraubstocklösung von Lang Technik überzeugen. Die Produktivität der beiden damit automatisierten Fräszentren stieg um mehr als 90 Prozent.

„Für diese Anlagen benötigen wir zahlreiche jeweils speziell angefertigte Bauteile aus unterschiedlichen Materialien und Stückzahlen vom Einzelteil bis zur Kleinserie“, ergänzt Obrecht. Diese wurden seit jeher im eigenen Hause hergestellt. Die entsprechende Abteilung verfügt mittlerweile über acht Fräsbearbeitungszentren mit drei beziehungsweise fünf Achsen, zwei Drehmaschinen mit angetriebenen Werkzeugen, zwei Schleifmaschinen sowie eine Drahterodiermaschine.

Zahlreiche Spezialteile werden im eigenen Unternehmen gefertigt.
Für die Herstellung der Automationssysteme werden zahlreiche Spezialteile im eigenen Unternehmen gefertigt. (Bild: Vollrath)

Bereits früher wurden die internen Arbeiten für die anderen Abteilungen des Unternehmens ganz so wie externe Orders abgewickelt. Nach und nach begann dann die Übernahme externer Kundenaufträge, um freie Kapazitäten auszulasten. Dieser Geschäftszweig entwickelte sich so positiv, dass man inzwischen entsprechende Lohnbearbeitungsaufträge aktiv akquiriert. Dabei geht es um Stückzahlen vom individuell gefertigten Einzelstück bis zu mittleren Losgrößen von bis zu 2.000 Teilen pro Abruf. Von Vorteil ist dabei für die Kunden, dass jeder Auftrag im CAM-System und in der Arbeitsorganisation so angelegt wird, dass ein zunächst als Einzelteil oder in Kleinstserie gefertigtes Teil später auch in größeren Stückzahlen gefertigt werden kann.

Die Makro-Grip-Profile der Spannbacken weisen zahnförmige Vorsprünge auf.
Die Makro-Grip-Profile der Spannbacken weisen zahnförmige Vorsprünge auf, die formschlüssig in vorgeprägte Vertiefungen der Rohlinge eingreifen. (Bild: Vollrath)

„Auf der Suche nach einer geeigneten Automatisierung dachte Braun Sondermaschinen zunächst an ein Palettenkonzept“, erinnert sich Fabio Rinaldo, Vertriebsmitarbeiter von Lang Technik in Holzmaden. Beim entsprechenden Gespräch habe sich jedoch schnell herausgestellt, dass es für das vorhandene Werkstückportfolio vorteilhafter wäre, wenn das von Lang entwickelte Automatisierungskonzept RoboTrex 52 eingesetzt würde.

Dieses beruht darauf, die als Spannmittel eingesetzten Schraubstöcke gleich auch als Palette zu verwenden. Die Schraubstöcke sind auf der Unterseite mit den Bolzen für das von Lang entwickelte Nullpunktspannsystem ausgestattet. Ihre Spannbacken sind mit Makro-Grip-Profilen ausgestattet, die exakt in bereits vorgeprägte Vertiefungen des Rohlings eingreifen.

In der Vorprägestation erhalten die Rohlinge Vertiefungen.
In der Vorprägestation erhalten die Rohlinge Vertiefungen, die ihre Spannlage in allen Schraubstöcken eindeutig und mit hoher Genauigkeit vorgeben. (Bild: Vollrath)

Die Vorprägung erfolgt in einer eigenen Station und bringt in das Bauteil Vertiefungen ein. Diese definieren dann seinen Sitz in der Spannung mit hoher Genauigkeit. Obwohl die Backen nur wenige Millimeter hoch sind, halten sie den Rohling durch die formschlüssige Verzahnung mit der Vorprägung so sicher, dass er allen Bearbeitungskräften standhält. Die bestückten Schraubstöcke werden auf einem Wagen mit 30 oder 42 Plätzen in platzsparender Schräganordnung abgelegt und in den Zugriffsbereich eines Roboters gebracht. Dieser bringt sie dann nacheinander in den Arbeitsraum der Fräse und legt sie anschließend wieder auf dem Wagen ab.

Bestückung der schräg angeordneten Schraubstöcke.
Die Bestückung der auf dem Wagen schräg angeordneten Schraubstöcke lässt sich dank der Vorprägung einfach mit wenigen Handgriffen erledigen. (Bild: Vollrath)

„Für den Anwender liegt einer der wesentlichen Vorteile des Konzepts darin, dass die Spannlage des Rohlings bereits mit der Vorprägung eindeutig definiert ist“, sagt Rinaldo. Austauschbare Spannbacken ermöglichen hierbei die flexible Anpassung an unterschiedliche Ausgangsgeometrien wie kubisch, rund oder kugelförmig.

Der Robotergreifer ist so konstruiert, dass er sich vollständig unterhalb der Ebene der Schraubstockbacken befindet. Die Position der einzelnen Schraubstöcke auf dem Wagen ist ebenfalls eindeutig vorgegeben. Beim Zugriff sind somit keine Störkonturen zu beachten, und es muss nicht mehr geteacht werden. Die einzelnen Schraubstöcke auf dem Wagen werden erkannt und der zugehörigen CAM-Datei zugeordnet. Der Mitarbeiter muss beim Aufspannen der vorgeprägten Rohlinge nicht lange herummessen oder nachdenken. Mit zwei bestückten Wagen kann das Fräszentrum – eine DMU 60 Evo von DMG Mori – insgesamt 84 Bauteile mannlos abarbeiten.

Unterschiedliche Rohlinge aus Werkstoffen wie Stahl, Kunststoff oder Aluminium.
Die mit unterschiedlichen Rohlingen aus Werkstoffen wie Stahl, Kunststoff oder Aluminium bestückten Schraubstöcke werden in kompakter Schräganordnung auf speziellen Wagen bereitgestellt. (Bild: Vollrath)

„Anfangs war ich skeptisch, ob dieses Automatisierungskonzept sich auch für die bei uns häufig vorkommenden Kleinststückzahlen eignen würde“, verrät Obrecht. Diese Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet, und mit der Automatisierung wuchsen auch die Kapazitäten für die auf erfolgreiche Prototypherstellung folgenden Serienaufträge. Für übergroße Teile könne die Maschine auch in gewohnter Weise direkt bedient werden, da die Roboterbeschickung nicht im Wege steht, sondern von der Seite her erfolgt. Somit können auch Sonder- und Großteile jederzeit ohne große Umrüstung dazwischengeschoben werden. Ein wesentlicher Vorteil sei auch die im Vergleich zu Palettenkonzepten äußerst kompakte, platzsparende Lösung der Firma Lang.

Vorteile RoboTrex gegenüber Palettenhandlingsystemen

  • Bei Lang Technik stellen Schraubstock und Palette eine kompakte Einheit dar. Dies resultiert in einer hohen Raumersparnis in der Maschine, sowie einer hohen Speicherkapazität der Gesamtanlage bei geringem Platzbedarf.
  • Kompakter Schraubstock, ohne zusätzliche Palette & großes Werkstück (Lang) gegenüber großer Palette & verhältnismäßig kleinem Werkstück (Wettbewerb).
  • Es besteht keine zusätzliche Schnittstelle zwischen Schraubstock und Palette, was eine positive Wirkung auf Stabilität und Fertigungsgenauigkeit hat.
  • Dank einfacher Kommunikation zwischen Automation und Werkzeugmaschine gestaltet sich die Installation der bereits eingeteachten Rob-Trex-Anlage sehr einfach und kaum zeitintensiv. Dadurch werden längere Ausfallzeiten der Werkzeugmaschine vermieden.
  • Der Automationswagen wird extern und ortsunabhängig vorgerüstet. Bestücken der Anlage durch einfachen Wagentausch innerhalb weniger Sekunden.
  • Mit einem Griff erhält Bediener Zugriff auf den kompletten Speicher. Die Zugänglichkeit zu jeder einzelnen Spannstelle ist gewährleistet, wodurch eine unmittelbare (Qualitäts-)Kontrolle der gefertigten Teile während des Betriebs möglich ist.
Mithilfe einer von Lang realisierten Durchreiche konnte auch die ältere DMU 50 3. Gen problemlos automatisiert werden.
Mithilfe einer von Lang realisierten Durchreiche konnte auch die ältere DMU 50 3. Gen problemlos automatisiert werden. (Bild: Vollrath)

„Anfänglich kannte ich das Automationskonzept von Lang gar nicht und musste davon auch erstmal unsere Geschäftsleitung überzeugen“, bilanziert Obrecht. Doch schon kurz nachdem die erste Anlage in Betrieb genommen wurde, waren die Ergebnisse so überzeugend, dass innerhalb von drei Monaten eine zweite bestellt wurde.

Diesmal wurde eine DMU 50 3.Gen. aus dem Jahr 2018 ausgerüstet. Zwar wies diese Maschine keine seitliche Durchreiche für den Roboterzugang auf, doch konnte die Firma Lang hierfür eine entsprechende Nachrüstung durchführen. Die Produktivität stieg auch bei der zweiten Anlage innerhalb kürzester Zeit auf überzeugende Werte. Die kumulierte monatliche Spindel-Einsatzzeit erreicht für beide Fräszentren bei gleichem Personaleinsatz Werte bis zu circa 500 bis 600 Stunden. Inzwischen konnte in diesem Bereich zur Mehrmaschinen-Bedienung übergegangen werden.

Zudem erwies sich die Handhabung der Automatisierung als erfreulich einfach, sodass die Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit damit umgehen konnten. „Durch die Automation von Lang haben wir es geschafft, vom 2- in den 3-Schichtbetrieb zu wechseln und dies ohne zusätzliches Personal aufzubauen“, freut sich Obrecht.

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