Vollmer Lehrwerkstatt

(Bild: Vollmer)

Wer heute als Unternehmen erfolgreich um qualifizierte Fachkräfte werben will, muss entweder viel Geld auf den Tisch legen. Oder sich etwas einfallen lassen. Der Schleif- und Erodiermaschinenhersteller Vollmer steht an seinem Standort Biberach im Wettbewerb mit großen Arbeitgebern. Trotzdem ist das Unternehmen sehr erfolgreich darin, Auszubildende und Fachkräfte für sich zu gewinnen und zu binden.

Die Gründe dafür sind sehr vielfältig. Klar, die Entlohnung muss schon stimmen. Aber obwohl so mancher Mitbewerber am Arbeitsmarkt den einen oder anderen Euro mehr bieten kann, ist Vollmer Lehrwerkstatt Locherdie Fluktuation bei Vollmer auffällig gering. Geld allein ist eben nicht alles – die Attraktivität eines Arbeitgebers setzt sich aus wesentlich mehr Faktoren zusammmen. Ein Kernbereich der Bindung von Mitarbeitern ans Unternehmen ist sicher die eigene Ausbildung. „Schon unserem Unternehmensgründer Heinrich Vollmer war klar, dass er gut ausgebildeten Nachwuchs aus den eigenen Reihen benötigt“, erklärt Stefan Brand, Geschäftsführer der Vollmergruppe. „So gibt es bereits seit 80 Jahren eine eigene Lehrwerkstatt im Unternehmen. Und inzwischen haben mehr als 1300 junge Menschen ihre Ausbildung bei Vollmer gemacht.“

Meine Meinung: Langfristig denken!

Gerade da, wo der Wettbewerb um Arbeitskräfte und um Auszubildende groß ist, wird eine enge Kooperation mit Bildungseinrichtungen für die Unternehmen zur Pflicht. Es reicht eben nicht mehr, nur zu warten, dass sich schon irgendjemand bewerben wird – der Markt hat sich gedreht, Auszubildende müssen überzeugt und umworben werden. Hier ist Vollmer einer der Vorreiter der Branche – und der Erfolg gibt den Verantwortlichen Recht.
Richard Pergler

Vollmer MechatronikerVollmer ist ein Unternehmen, das von einer Stiftung getragen wird – der Sieglinde-Vollmer-Stiftung. Die Förderung der beruflichen Ausbildung von Jugendlichen, aber auch von Studenten der Ingenieur­wissenschaften und der Betriebswirtschaftslehre ist sogar als einer der Stiftungszwecke festgeschrieben. Eine essenzielle Voraussetzung dafür ist, junge Menschen für die Technik zu begeistern und sie für die Ausbildung oder ein Studium in diesem Bereich zu gewinnen. Und hier spielt das Unternehmen auf einer breiten Klaviatur an Maßnahmen. Ein wichtiges Element ist beispielsweise der sehr enge Kontakt mit Schulen und Hochschulen – diese Partnerschaften geben jungen Menschen schon sehr früh einen umfassenden Einblick in die Berufs- und Arbeitswelt. Das hat für beide Seiten Vorteile: Schüler und Studenten können hier in einem sehr frühen Stadium prüfen, ob ein technischer Beruf für sie in Frage kommt. Und Vollmer kann seine Fühler bereits nach geeigneten Nachwuchskräften ausstrecken.

Vollmer Stefan Brand

„Für uns ist eine fundierte Ausbildung ebenso wichtig wie zukunftsorientierte Weiterbildungsprogramme. Denn das Lernen im Unternehmen hört nie auf.“
Stefan Brand, Geschäftsführer der Vollmer-Gruppe

Schüler-Ingenieur-Akademie

Ein Musterbeispiel für diese enge Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen ist die sogenannte Schüler-Ingenieur-Akademie (SIA), die vom Arbeitgeberverband Südwestmetall initiiert wurde und an der sich inzwischen eine wachsende Anzahl an Unternehmen beteiligt. Hier hat sich beispielsweise Vollmer mit Gymna­sien und Hochschulen der Region vernetzt, um Oberstufenschüler in konkreten Projekten für ein technisches Studium zu begeistern.

Vollmer VgrindVon den Schülern verlangt die SIA ein durchaus überdurchschnittliches Engagement, die Umsetzung bringt aber auch sehr greifbare Erfolgserlebnisse: So hatten die Schüler beispielsweise bei einem dieser Projekte ein Jahr Zeit, aus Holz, Kunststoff und Metall eine 5 m lange Fußgängerbrücke zu bauen. Zusätzlich zu ihren regulären Schulstunden hatten sie nachmittags Unterricht in Technischem Zeichnen und Statik, damit sie tragfähige Modelle entwickeln konnten. Umgesetzt wurde das Projekt in der Lehrwerkstatt bei Vollmer mit kräftiger Unterstützung des Ausbildungs- und Entwicklungsteams – sowohl die Schüler als auch die Vollmer-Mitarbeiter waren mit hoher Motivation und mit „Herzblut“ bei der Sache.

Ein weiteres Beispiel für das Engagement für Nachwuchskräfte ist die Kooperation von Vollmer mit Schulen bei der Bereitstellung von Praktikumsplätzen, der Förderung des Erfahrungsaustauschs zwischen Auszubildenden und Schülern, der Unterstützung bei der Berufsorientierung, aber auch der Übernahme von ganzen Unterrichtseinheiten durch Vollmer-Mitarbeiter: So engagieren sich Experten des Unternehmens regelmäßig im Technikunterricht einer Realschule in Biberach und vermitteln so mit einem sehr ausgeprägten Praxisbezug und in einem nahezu ganzheitlichen Ansatz, der beispielsweise auch wirtschaftliche Prozesse einschließt, die Lebenswelt im Unternehmen.

Profiwissen pur: „Werkzeugschleifer des Jahres 2016“

Bereits zum sechsten Mal schreibt die Fachzeitschrift fertigung den Wettbewerb „Werkzeugschleifer des Jahres“ aus. Zusammen mit Vollmer wird der beste Schneidwerkzeugmechaniker des deutschsprachigen Raums gesucht. Der Startschuss zum Wettbewerb fällt auf der EMO 2015 – die Fragen zum theoretischen Teil können unter der Homepage www.fertigung.de oder www.vollmer-group.com abgerufen werden. Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2015. Auf der Basis dieses theoretischen Teils bestimmt eine unabhängige Jury die fünf Kandidaten, die im März 2016 auf der GrindTec, der internationalen Fachmesse für Schleiftechnik in Augsburg, gegeneinander antreten werden und live vor Publikum ein Werkzeug auf der Vgrind 160 von Vollmer bearbeiten. Den Finalisten und dem Sieger winken dabei attraktive Preise. Registrieren Sie sich bereits jetzt unter www.fertigung.de, damit Sie nichts verpassen.

Im kommenden Jahr ist Vollmer zudem Hauptsponsor des von den Fachmagazinen werkzeug&formenbau und fertigung veranstalteten Wettbewerbs „Werkzeugschleifer des Jahres 2016“ (siehe auch „Profiwissen pur“). Auch dieser Wettbewerb verfolgt den Zweck, dieses Hightech-Berufsbild als attraktiven Karriereweg mit vielen Möglichkeiten für junge Menschen interessant zu präsentieren. Denn die Möglichkeiten, die die technischen Berufsfelder bieten, sind vielen schlicht unbekannt. Auch in der eigenen Ausbildung geht Vollmer neue Wege: Neben der klassischen Berufsausbildung bietet Vollmer auch die Möglichkeit zu einem dualen Studium nach dem „Ulmer Modell“ (siehe Interview mit Nicole Jans): Hier erwerben die Studierenden binnen viereinhalb Jahren neben einer fundierten Berufsausbildung auch einen Bachelor-Abschluss.

„Elementarer Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie ist eine starke Konzentration auf unsere Mitarbeiter“, betont Brand. „Daher ist für uns eine fundierte Ausbildung ebenso wichtig wie zukunftsorientierte Weiterbildungsprogramme. Denn das Lernen im Unternehmen – das hört nie auf.“

Interview mit Nicole Jans

„Das Beste aus zwei Welten“

Vollmer Nicole JausHeute ist sie erfolgreich in der Forschung und Entwicklung bei Vollmer. Ihre Begeisterung für Technik entdeckte Nicole Jans indes weit früher. So waren nach der Schule die Weichen für einen technischen Beruf längst gestellt.

Frau Jans, wann hatten Sie zum ersten Mal Kontakt zum Unternehmen Vollmer?
Das war bereits vor acht Jahren im Rahmen einer „Schüler-Ingenieursakademie“: Hier boten verschiedene Unternehmen in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium, in dem ich damals die elfte Klasse besuchte, uns Schülern die Möglichkeit zu kleinen Projekten. Wir mussten uns dafür bewerben, und ich wurde ausgewählt. Wir hatten die Möglichkeit, die unterschiedlichen Unternehmen kennenzulernen, und ich war mir schon damals sehr sicher, dass ich später einmal bei Vollmer arbeiten wollte. Das Unternehmen hat einen guten Ruf, und es war an meiner Schule präsent – nicht nur in den Abschlussklassen. Ich denke, das ist wichtig: Dass die Begeisterung für Technik und einen technischen Beruf schon früh geweckt wird.

Sie haben sich für einen Weg entschieden, der einen Berufs- und einen Studienabschluss umfasst – wie sind Sie darauf gekommen?
Während dieses Projekts lernte ich unter anderem das „Ulmer Modell“ kennen, eine Möglichkeit, parallel zur Ausbildung zu studieren und so nach viereinhalb Jahren sowohl einen qualifizierten Berufsabschluss als Industriemechaniker als auch einen Bachelor im Fach Maschinenbau vorweisen zu können. Dafür habe ich mich dann ein Jahr vor dem Abitur beworben, und ich bekam die Chance, diesen Weg bei Vollmer zu gehen.

Und wie lief das in der Praxis?
Ausbildung und Studium liefen parallel: In der vorlesungsfreien Zeit und in den Semesterferien war ich bei Vollmer und habe dort meine Facharbeiterausbildung absolviert, und an der Hochschule habe ich am gleichen Studienangebot wie in den regulären Bachelor-Studiengängen teilgenommen. Ich habe dann nach eineinhalb Jahren meine Facharbeiterprüfung abgelegt und nach viereinhalb Jahren – neun Semestern – meinen Bachelor gemacht. Ich durfte im letzten Studienjahr sogar an eine Partnerhochschule im schottischen Edinburgh – da konnte ich den Bachelor sogar als englisch-deutschen Doppelabschluss ablegen.

Hätte es denn nicht ein „normales“ Studium auch getan? Ist die integrierte Ausbildung nicht ein zeitraubender Umweg?
Nein, keineswegs! Denn die Zeit im Betrieb, die fundierte Ausbildung hat mir das notwendige praktische Rüstzeug mitgegeben, das das Gelernte aus dem Studium entsprechend unterfüttert: Was sich in der Theorie noch ganz gut angehört hat, ist vielleicht, wenn man es dann selbst in der Werkstatt umsetzen muss, nicht mehr die beste Idee. Das ist schon sehr wertvoll. Aber eben nur die eine Seite.

Welchen Vorteil hat dieses Modell noch?
Fast noch wertvoller als die praktischen Erfahrungen sind die Kontakte zu den Menschen im Unternehmen, zu den künftigen Kollegen. Aus der Zusammenarbeit in der Ausbildung entstand gegenseitige Wertschätzung und Akzeptanz. Die Aufgabengebiete in den einzelnen Abteilungen sind für mich nicht abstrakt, sondern in der Ausbildung sehr greifbar geworden. Ich arbeite heute in der Konstruktion und Entwicklung bei Vollmer. Das Netzwerk, das in meiner Ausbildungszeit entstehen konnte, ist für mich ein unschätzbarer Vorteil, von dem ich heute noch profitiere.

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