Mia Pålsson, a senior product manager at 
Sandvik Coromant

Wie haben Sie bei der Entwicklung der nächsten Generation von P25-Sorten einen langfristigen Erhalt der Wendeschneidplatten-Schneidkante erreicht?
Die nächste Generation einer P25-Sorte, die GC4325, basiert auf Sandviks Inveio-Technologie. Diese Technologie ist das Ergebnis einer unidirektionalen Kristallausrichtung, wobei jede Kristallschicht so konstruiert ist, dass ihre stärkste Seite der Schneidzone zugewandt ist. Durch eine dichte Komprimierung der Atome ist die Wirkung auf die Verschleißfestigkeit sowie die Standzeit am größten. Ihr Vorteil: Sie bietet für den großen und vielfältigen P25-Anwendungsbereich eine längere und besser planbare Standzeit, eine höhere Leistung und eine sehr hohe Zuverlässigkeit bei eingeschränkt beaufsichtigter und automatisierter Zerspanung.

Sandvik 3

Sandvik Coromants GC4325 meistert die Herausforderungen beim Drehen von P25-Stahl.

Beim Drehen von Stahl gibt es sehr unterschiedliche Varianten – von weichen, kohlenstoffarmen Stählen über hochlegierte, harte Stähle, Stangenmaterial für Schmiedeteile, Gussteile bis hin zu vorbearbeiteten Bauteilen. Gibt es hier nicht eine ganze Reihe an potenziell gefährlichen Verschleißarten?
Unserer Meinung nach sind die diskontinuierlichen Verschleißarten schwerer zu kontrollieren; deshalb sollten sie auch nicht Teil des Bearbeitungsprozesses sein. Auch wenn einige dieser Verschleißarten bei der Bearbeitung von anderen Werkstoffen auftreten, sollte dies nicht beim Drehen von Stahl passieren. Wir haben eine neue P25-Sorte entwickelt, bei der dies innerhalb der empfohlenen Parameter nicht geschieht. Plastische Deformation, bei der die Schneidkante verformt wird, ist zum Beispiel eine Verschleißart, die auftritt, wenn die Bearbeitungstemperatur zu hoch für die verwendete Sorte ist. Das Problem beginnt in einigen Fällen mit thermischen Haarrissen, also mit mehreren kleinen Rissen in der Schneidkante. Es kann aber auch die Beschichtung von der Schneidkante abblättern, wodurch das Wendeschneidplattensubstrat ungeschützt offen liegt. Durch plastische Deformation gibt das Substrat nach, so dass die Beschichtung aufbricht und es zu einem schnellen und unkontrollierten Zerfall kommt. Das ist inakzeptabel. Um eine maximale Sicherheit an der Schneidkante über eine lange Standzeit und bei hohen Schnittdaten zu erreichen, ist oft ein Kompromiss nötig. Dabei gilt es, das Verhältnis zwischen kontinuierlichem und diskontinuierlichem Verschleiß optimal auszubalancieren. Hier kommt es zu Überschneidungen mit der härteren P15- und der zäheren P35-Sorte. Bei Drehanwendungen in Stahl sollten aber auch die übrigen Werkzeugfaktoren, die das Bearbeitungsergebnis beeinflussen, bedacht werden: die Mikro- und Makrogeometrie, der Eckenradius sowie Größe und Form der Schneidplatte. Die Kombination dieser Faktoren bestimmt den Erfolg.
Ich habe ein treffendes Beispiel aus einem Automobilwerk in Nordamerika. Dort ist die neue GC4325 gegen die bestehende P25-Sorte angetreten. Ein Schmiedeteil aus legiertem Stahl wurde eine halbe Minute bearbeitet – mit einigen unterbrochenen Schnitten. Um die Schneidkantenanzahl der Wendeschneidplatte zu maximieren und so die Werkzeugkosten zu minimieren, wählte der Kunde zunächst eine W-Typ-Wendeschneidplatte mit sechs Schneidkanten pro Schneidplatte. Als wir nun eine GC4325 als C-Typ-Wendeschneidplatte mit nur vier Schneidkanten einsetzten, die weniger anfällig für Plattenbewegungen ist, erzielte die neue P25-Generation 150 Teile pro Schneidkante. Die Änderung der Sorte und des Wendeschneidplattentyps hatte damit eine Verfünffachung der Standzeit zur Folge.

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GC4325 punktet mit höheren Schnittgeschwindigkeiten, längerer Standzeit und Zuverlässigkeit.

Die aktuelle P25-Sorte, die vor einigen Jahren eingeführte GC4225, bietet eine überlegene Leistungsfähigkeit. Warum also nun eine neue Sorte? Und welche neuen Ziele gab es bei ihrer Entwicklung? Wie wichtig war die existierende Schneidkantensicherheit für die metallbearbeitende Industrie bisher?
Eine noch höhere Prozesssicherheit bei noch höheren Schnittdaten war unser Ziel für die neue Sorte GC4325. Der ISO P25-Bereich für die Drehbearbeitung von Stahl ist am schwierigsten zu zerspanen. Die Variation an Materialien, Komponenten, Operationen, Bedingungen und Einschränkungen ist beispiellos in der Zerspanung. Können wir also von nur einer Wendeschneidplattensorte stets hohe, neue Maßstäbe setzende Leistungen erwarten? Ja, das ist uns seit 1970 immer wieder gelungen – mit Fortschritten in der Schneidstoff- und Prozessentwicklung. Und wir haben es mit der GC4325 wieder geschafft, die Metallzerspanung einmal mehr kostengünstiger zu machen.
Mit der neu eingeführten Wendeschneidplattengeneration bringen wir nun die siebte Generation an beschichteten P25-Sorten zum Drehen auf den Markt – mit einem großen Sortiment an Wendeschneidplatten, das den gesamten Bereich der Stahlbearbeitung abdeckt und optimiert. Die GC4325 ist Lichtjahre von der ersten Sorte entfernt und bietet erhebliche Verbesserungen im Vergleich zu der Performance, die unsere gegenwärtige P25-Sorte, die GC4225, bei ihrer Einführung erreichte. Und sie kommt mit den besten Testergebnissen im Bereich der Sortenentwicklung auf den Markt, die wir in über zehn Jahren erlebt haben. Man denke jetzt nur an die enormen Auswirkungen auf Fertigungsstätten, die in diesem Bereich tätig sind.
Die GC4325 ist die neueste Lösung in der aktuellen Reihe von Produkt- und Prozesseinführungen. Wir wussten, dass ein erweiterter Drehbearbeitungsbereich in Stahl viel mehr und sehr unterschiedliche Anforderungen an die Schneide stellt. In Bezug auf die Sortenentwicklung konnte die alles entscheidende Haftung der Beschichtung verbessert werden und so diskontinuierlicher, unkontrollierbarer Verschleiß erfolgreich bekämpft werden. Das Schneidplattensubstrat muss dazu hohen Temperaturen ohne strukturelle Veränderungen standhalten. Wir haben die Beschichtung und das Substrat als eine Einheit entwickelt – in einem Umfang, der zuvor nicht möglich war.
Je nach Anwendung sind Schnittgeschwindigkeiten von über 400 m/min kein Problem, so dass wir nun Schnittdatenempfehlungen haben, die für diesen Bereich höher als je zuvor sind. Darüber hinaus haben wir bei der Entwicklung ein großes Augenmerk auf die Prozesssicherheit mit berechenbarer Standzeit gelegt – ein weiterer wichtiger Vorteil der neuen GC4325.

Aber wie weit können die Schnittgeschwindigkeiten eigentlich erhöht werden? Nähern wir uns nicht einer Obergrenze, die sowohl Maschinen als auch Werkzeuge erreichen können? Und was ist, wenn Maschinenführer eine weitere Sortenentwicklung nicht mehr annehmen?
In der Fertigungsindustrie liegen die durchschnittlichen Schnittgeschwindigkeiten bei etwa 70 Prozent der von uns empfohlenen Werte. Dies hängt natürlich teilweise von verschiedenen Faktoren ab, etwa von der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Maschine, Werkstückdurchmesser, Bedienungskompetenz und der jeweiligen Risikoaversion. Die Fortschritte, die wir jetzt mit der neuen P25-Sorte machen, werden dazu beitragen, dass Nutzer aufgrund der nun extrem hohen Prozesssicherheit ihre Zurückhaltung bezüglich des Schnittdatenlevels aufgeben werden.

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„Eine Verfünffachung der Standzeit ist möglich.“
Mia Pålsson, Sandvik Coromant

Hier liegt ein riesiges Potenzial, das es zu erschließen gilt. Jemand, der die vorhandenen Mittel voll nutzt, kann eine zusätzliche Produktivitätssteigerung von 30 Prozent erzielen. Wird jemand hierzu nein sagen und seine Wettbewerbsfähigkeit zurückhalten?
Die Produktivität im P25-Bereich ist gewissermaßen eine einzelne Messgröße, abhängig von der Bearbeitungsart. Aber ich denke, dass es in der Regel eine Kombination ist aus Bearbeitungseffizienz, oft in Zerspanungsrate gemessen, und Maschinenauslastung, also den gefertigten Werkstücken pro Stunde. Für die Schneidkante sind es die altbekannten Werte „Schnittdaten“ und „Standzeit“.
Ein erfolgreiches Beispiel, das unsere Erwartungen weit übertroffen hat, ist die Zerspanung einer Stahlsorte, die für Wälzlager verwendet wird. Diese Bearbeitung fordert die Schneidkante durch abrasiven Einschlüssen besonders und erzeugt oft schnellen Kolkverschleiß und manchmal eine riskante Verschleißentwicklung. Indem wir sowohl das Substrat als auch die Beschichtung verbessert haben, wirken wir dem Diffusionsverschleiß bei hohen Temperaturen entgegen und reduzieren die Kraterentwicklung auf der Spanfläche. Auf diese Weise haben wir auch dafür gesorgt, dass GC4325 bei der Spanbildung und dem Spanablauf eine ideale Fließzone aufrechterhalten kann. Das bedeutet auf der einen Seite, dass man mit GC4325 in der Lage ist, mit höheren Schnittgeschwindigkeiten zu zerspanen, und auf der anderen, dass die Schneidkantensicherheit die für eine unbemannte Bearbeitung notwendige lange und vorhersehbare Standzeit bietet.

Bei einem derartigen Fortschritt im Verhältnis zur ersten beschichteten Sorte muss doch noch mehr hinter dem enormen Leistungslevel der neuen Sorte stecken. Welche anderen Innovationen liegen der Entwicklung der neuen P25-Generation zugrunde?
Ganz sicher steckt mehr hinter diesem Erfolg, denn wir haben alle Einflussfaktoren wirklich umfassend betrachtet. Sämtliche Fertigungsbestandteile und Verfahren wurden verbessert, so dass eine erhöhte Leistungsfähigkeit erreicht wurde. Die sicherlich bemerkenswerteste Neuerung der GC4325 ist die neue Kristallstruktur der Beschichtung, die einen neuen Level an Verschleißfestigkeit ermöglicht.

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