400 geladene Gäste aus Industrie, Wissenschaft, Medien und Verbänden feierten mit einem Festakt und einem sommerlichen Festabend „125 Jahre VDW“ unter dem Motto verlässlich – dynamisch – wertvoll“.
„Die drei Attribute stehen für das Leistungsspektrum des Verbands und für die Themen, die er seit seiner Gründung im Dezember 1891 behandelt“, erklärt Prokop. Sie beschreiben das Aktionsfeld der Hersteller: Märkte – Maschinen – Menschen. Die intensive Auseinandersetzung mit diesen Themen habe die Erfolgsgeschichte der Branche begründet, so Prokop. Gleichzeitig leiten sich daraus die aktuellen Herausforderungen für die Firmen ab.
Wachstumsmarkt Asean systematisch bearbeiten
Eine der großen Aufgaben für die nahe Zukunft besteht demnach in der Erschließung neuer Wachstumsmärkte. Derzeit sei die Branche mit starken Verschiebungen in der Exportstruktur konfrontiert, analysiert der VDW-Vorsitzende. China, seit 2003 mit Abstand größter Exportmarkt für die deutschen Hersteller mit einem Anteil von zeitweise bis zu einem Drittel, verliert an Gewicht. Die Hoffnung auf die Reindustrialisierung der USA mit hohen Investitionen in die Produktionstechnik blieb bisher in der Breite unerfüllt. Auch Russland, über viele Jahre drittstärkster Markt, wird diese Rolle in absehbarer Zeit nicht mehr einnehmen. Europa rückt daher wieder verstärkt in den Blickwinkel der deutschen Firmen, weil die europäischen Kunden mit hohen Qualitätsanforderungen im Weltmarkt konfrontiert sind und investieren.
Vielversprechend seien jedoch vor allem die Asean-Region und Indien. Sie bieten großes Potenzial für die Werkzeugmaschinenindustrie. Hier gelte es, die Kunden mit besseren Angeboten zu überzeugen und dem dort führenden Wettbewerber Japan konsequent Marktanteile abzuringen. „Das heißt mehr Engagement, mehr Präsenz, mehr Investitionen und ggf. auch mehr Kooperationen, im Fall, dass ein Mittelständler nicht alles Erforderliche allein stemmen kann“, sagt VDW-Vorsitzender Prokop.
Veränderungen in der Automobilindustrie fordern Produktionsausrüster
Vor einem Paradigmenwechsel und Wandel seines Geschäftsmodells mit starken Auswirkungen auf die Produktionsausrüster steht auch die Automobilindustrie, größter Abnehmer von Werkzeugmaschinen. Treiber sind u.a. regulatorische Anforderungen aus der Politik und die zunehmende Urbanisierung der Gesellschaft. Zentrale Themen sind der technologische Wandel vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antriebsformen sowie das vernetzte und automatisierte Fahren. Neue, branchenfremde Wettbewerber wie Tesla oder Google treten in den Markt. Hinzu kommen neue Services für Kunden, etwa Car-Sharing-Modelle. Digitalisierung und Vernetzung machen es möglich. „Diese Entwicklung müssen wir im Blick behalten“, mahnt Prokop.
Durch Vernetzung neuen Kundennutzen generieren
Über 125 Jahre haben die deutschen Hersteller ihre Technik immer weiter entwickelt und optimiert. Deshalb stehen sie heute weltweit mit an der Spitze. Angesichts des hohen technischen Reifgrades der Maschinen besteht jedoch eine weitere Herausforderung in der Ausweitung des Dienstleistungsangebots mit verbessertem Kundennutzen. „Erfolgreich werden wir im Weltmarkt nur bleiben, wenn die Produkte weiterhin technisch führend sind und durch weiterentwickelte und zusätzliche Dienstleistungen ergänzt werden“, ist Prokop überzeugt.
Kundennutzen durch Vernetzung generieren
Industrie 4.0 eröffnet dazu auf einmal gigantische Chancen. „Es geht darum, neuen Kundennutzen durch Vernetzung zu generieren. Wie im privaten Leben auch, können sehr viele Tätigkeiten vereinfacht oder sogar automatisiert werden“, weiß Prokop. Das Denken in Vernetzungslösungen sei für viele Unternehmen jedoch noch neu und benötige einen veränderten Blickwinkel.
Von der vertikalen zur horizontalen Sichtweise, heißt die Devise. Die Maschine darf nicht mehr allein im Fokus stehen. Vielmehr muss sie optimal in die Intralogistik eines Unternehmens eingebettet werden. Daraus entstehen Fragen: Wie kommen z.B. die Werkstücke optimal in die Maschine? Wie geben die Maschinen den Werkstücken eine Identität, und wie reichern sie diese weiter an? Wie werden Werkstücke Aufträgen zugeordnet, verfolgt und jederzeit auffindbar? Antworten darauf führen zu Angeboten und Dienstleistungen, die neuen Kundenutzen schaffen. Auch könnten völlig neue Maschinenkonzepte entstehen, neue Assistenzsysteme oder Lösungen für den Materialfluss und die Teileverfolgung. Und wer könnte dies besser realisieren als die Werkzeugmaschinenhersteller, die mitten im Produktionsprozess zu Hause sind? „Ein großes Feld, das in Teilbereichen noch weitgehend brach liegt und die Kreativität der Hersteller massiv anspornt“, sagt Prokop.
Exzellenzinitiative für berufliche Bildung starten
Die wertvollste Ressource für die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie sind in allen Fachbereichen gut ausgebildete, hochqualifizierte und sehr engagierte Mitarbeiter, die ihre Aufgaben beherrschen und mit hoher Motivation daran arbeiten. Die schnellen technischen Veränderungen im Zusammenhang mit Industrie 4.0 verlangen jedoch auch neue Kompetenzen von ihnen.
Vor diesem Hintergrund fordert Prokop dringend eine Exzellenzinitiative für die berufliche Bildung. Dazu gehöre die Stärkung des Images der Berufsausbildung und technischer Berufsbilder. Vor allem gelte es jedoch, eine ausreichende Finanzierung der Berufsschulen für Ausstattung und Weiterbildung zu sichern, damit junge Menschen auf dem neuesten Stand der Technik ausgebildet werden können.
Der Branche selbst schreibt Prokop ins Stammbuch, dass es gelingen müsse, die so genannten Digital Natives für die Werkzeugmaschinenindustrie zu begeistern, um die Potenziale der Vernetzung auch wirklich heben zu können. „Ganz ehrlich: Trotz Hightech in der Werkzeugmaschine, leistungsfähigen Steuerungen, Automatisierungslösungen, Einsatz von künstlicher Intelligenz u.v.m. wird unsere Branche in der IT-Welt als konservativ angesehen. Das muss sich ändern“, fordert er. Ein erster Schritt sei das Projekt „Fachkraft für digitale Fertigungsprozesse“ der VDW-Nachwuchsstiftung.
Zusammenfassend resümiert Heinz-Jürgen Prokop: „Die Zukunft bleibt spannend. Die geschilderten Entwicklungen haben allesamt große Auswirkungen auf die Werkzeugmaschinenindustrie, führen gar zu Umwälzungen. Jedoch hat die Branche auch in der Vergangenheit immer wieder Veränderungen bewältigt. Immer konnte sie sehr gut mithalten, Entwicklungen aus anderen Bereichen für sich adaptieren und sich selbst neu erfinden. Das zeigen 125 Jahre VDW. Daher sind wir auch für die Zukunft optimistisch!“
VDW startet Zukunftsdialog!
Wie die Branche im Jahr 2041 aussehen könnte, dazu startet der VDW ab sofort einen Zukunftsdialog. Im Internet stehen unter www.industryarena.com/125-jahre-vdw Thesen über die künftige Entwicklung zu den Themen Märkte – Maschinen – Menschen zur Diskussion. Dazu können Interessenten und solche, die etwas zu sagen haben, ihre Meinung äußern, die Thesen kommentieren oder auch eigene Prognosen aufstellen.
Kontakt: Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V., www.vdw.de