Genauigkeit vervierfacht

Die steigende Komplexität in der Produktion macht die Abstimmung von Material, Werkzeug und Maschine zunehmend schwieriger, sind sich die Experten von Alicona und Makino einig. Auf der Control präsentierten beide Unternehmen in einer Weltpremiere die neueste Generation von EDM-Bearbeitungszentren. Diese besticht den Herstellern zufolge durch die einzigartige Kombination aus hochauflösender optischer 3D-Messtechnik und selbststeuernder Maschinenprogrammierung. Die neue Bearbeitungsmethode soll Spannfehler eliminieren und die Fertigungsgenauigkeit um das bis zu 4-Fache steigern.

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Das hochmoderne Bearbeitungszentrum mit integriertem 3D-Messsensor ermöglicht die selbstoptimierende Produktion als Komplettlösung für die Fertigung.

Messtechnikhersteller Alicona will damit den Trend zur integrierten Fertigung umsetzen und im Sinne von Industrie 4.0 oder Smart Manufacturing ein völlig neues Produktionskonzept bieten. Die Messung der Fertigungsteile erfolgt direkt in der Maschine. Mögliche Abweichungen zur Soll-Geometrie werden den Experten von Alicona zufolge unmittelbar und ohne Ausspannen an die Maschine kommuniziert, die ihre Fertigungsparameter für die weitere Bearbeitung entsprechend anpasst.

Mit dem geschlossenen Kreislauf oder Closed Loop „Bearbeitung-Messung-Adaptierung-Bearbeitung“ soll eine bis zu 4-fache Steigerung der Produktionsgenauigkeit erreicht werden können. Mark Raleigh, Anwender von Closed Loop Manufacturing (CLM) und Geschäftsführer von EDM-Department, USA, ist von der revolutionären Bearbeitungsmethode überzeugt: „Der integrierte Messsensor verifiziert, was die Maschine macht. Das Endresultat ist, dass wir trotz der zusätzlichen Messzeiten den Bearbeitungsauftrag schneller abwickeln und dabei noch eine höhere Produktionsgenauigkeit erzielen. Und das, ohne unsere Werkzeuge zusätzlich zu verschleißen.“

Die CLM-Maschine besteht aus einem Makino-Bearbeitungszentrum mit integriertem optischen 3D-Messsensor von Alicona. Nach Herstellerangaben werden miniaturisierte EDM-Bauteile mit komplexen Geometrien gefertigt, die bereits während ihrer Fertigung kontinuierlich durch hochauflösende Messungen überprüft werden. Durch die Messung von Form, Lage und Oberfläche soll so sichergestellt werden, dass die Güte und/oder diverse Toleranzen eingehalten werden.

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Die neue Bearbeitungsmethode eliminiert Spannfehler und steigert die Bearbeitungsgenauigkeit um das bis zu Vierfache.

Entspricht ein gemessener Wert nicht der Soll-Geometrie, ändert und verifiziert die CLM-Maschine automatisch entsprechende Prozess- oder Maschinenparameter für die weitere Fertigung, erläutert Raleigh weiter. Diese schnelle Interaktion zwischen Maschine und Messsensor ist unter anderem aufgrund der hohen Messgeschwindigkeit und hohen vertikalen Auflösung auch über große Messvolumina möglich.

Der amerikanische Erodierspezialist EDM-Department sieht in der Eigenregulierung des Fertigungsprozesses das zukunftsweisende Produktionskonzept und nennt die wichtigsten Gründe: „4-fach höhere Genauigkeit der Maschinenbearbeitung, Eliminierung von Spannfehlern, automatisierte Qualitätssicherung, Ressourceneinsparung von bis zu 25 Prozent, effizienterer Einsatz von Personal und schnellere Durchlaufzeiten bei höherem Output“. Für Stefan Scherer, Geschäftsführer von Alicona, liegt das weitere Potenzial auf der Hand: „Die Hauptanwendung von CLM liegt klar im Werkzeug- und Formenbau. Hier können wir durch unsere flächige, dichte und hochauflösende Messtechnik deutlich besser Einfluss auf die Steuerung des Fertigungsprozesses nehmen als zum Beispiel mit einfacher taktiler Punktmessung.“

Toleranzen im µm-Bereich
Ein Beispiel für die Anwendung von Closed Loop Manufacturing ist die Herstellung von Schiebern für die Spritzgussindustrie, die zur Entformung von Spitzgusskomponenten eingesetzt werden. Hier ist die Geometrie der Schieberspitze ausschlaggebend, die bei Zusammenführung der Werkzeugteile in ein Gegenstück einrastet.

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Automatisierte hochauflösende 3D-Messung eines Spritzgussschiebers zur Einhaltung niedriger Formtoleranzen während der Fertigung.

Entsprechen die Winkel von bis zu 90° und Längen von wenigen Millimetern nicht exakt dem CAD-Modell, hat der Schieber in seinem Gegenstück Bewegungsspielraum und verformt sich gegebenenfalls beim Einspritzen des Kunststoffes. Durch die Verformung können Scherrer zufolge niedrige Formtoleranzen des Spritzgussteils nicht eingehalten werden. Im schlimmsten Fall muss der Anwender den Schieber auswechseln. Mittels Closed Loop Manufacturing sollen Hersteller sicherstellen können, dass bei der Fertigung von Schiebern alle Toleranzen im µm-Bereich eingehalten werden. Diese sehr hohe Fertigungsgenauigkeit soll später eine fehlerfreie Anwendung bei hoher Lebensdauer garantieren. Dem Hersteller zufolge profitiert die Spritz-gussindustrie von Einsparungen aufgrund von ressourcensparender Produktion und kürzeren Durchlaufzeiten durch die Minimierung von Schieberwechsel.

Auf der diesjährigen Control wurde das Closed-Loop-Bearbeitungszentrum live vorgestellt. Besucher hatten die Möglichkeit, das selbstoptimierende Produktionssystem im Echtzeitlauf zu erleben. Dabei wurden vor Ort Hochpräzisionsteile unter Anwendung der neuen Bearbeitungsmethode gefertigt.

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