Hochgenau hoch hinaus

Sessellifte für acht Personen, hohe Windstärken und Betriebshöhen hunderte von Metern über dem Boden gehören bei Doppelmayr zum Tagesgeschäft. Das gilt auch für die gigantischen Komponenten, die in Wolfurt, Vorarlberg, hergestellt werden. Jeder Skifahrer kennt zum Beispiel die großen Antriebsscheiben, die das Seil an der Berg- und Talstation umlenken. Knapp 2 t bringt allein deren Mittelteil auf die Waage. Um dieses herum schließen sich dann noch die vier Flügelsegmente an.

Bei der Fertigung solcher Teile kommt es dem Hersteller zufolge vor allem auf höchste Präzision bis in den Hundertstelmillimeterbereich an. Schließlich hängt davon die Sicherheit der Fahrgäste ab. Und die steht für alle Beteiligten an erster Stelle. Natürlich muss nicht jede Abweichung von den Idealmaßen ein Sicherheitsrisiko darstellen, doch selbst bei einem harmlosen Ausfall einer Seilbahn können dem Betreiber Einnahmen bis in Millionenhöhe entgehen.

Geringe Toleranz

Hohe Präzision bedeutet im Fall des Mittelteils der Seilscheibe mit ihrem Durchmesser von 5 bis 7 m, dass die Bearbeitungsflächen nur maximal 50 µm von der Idealform abweichen dürfen. Anderenfalls lassen sich den Experten von Doppelmayr zufolge die Anschlussplatten für die Flügelsegmente nicht nahtlos mit dem Mittelteil verbinden. Außerdem muss das Kugellager in der Mitte absolut konzentrisch verlaufen, sonst führt die Reibung allmählich zum Verschleiß des Bauteils und möglicherweise zum Stillstand der Bahn. Bei anderen Werkstücken sind die Abweichungstoleranzen zum Teil noch geringer.

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Bei Doppelmayr werden 100 Prozent der Charge mit der Accura von Zeiss vermessen.

Eine zuverlässige Qualitätssicherung spielte daher bei Doppelmayr schon immer eine entscheidende Rolle. Seit August 2011 trägt dazu ein Portalmessgerät Accura II von Carl Zeiss bei. Mit Maßen von 2000 x 3000 x 1500 mm handelt es sich um eine der größten Portalmessmaschinen, die Carl Zeiss bislang in Österreich verkauft hat.

„Spezielle Kundenwünsche und die Notwendigkeit, die Qualitätssicherung zu dokumentieren, rücken immer mehr in den Vordergrund“, fasst Karl-Heinz Zündel, Betriebsleiter bei Doppelmayr in Wolfurt, den Anlass für die Anschaffung des Messgerätes zusammen. Für Carl Zeiss entschied sich Zündel unter anderem wegen des guten Rufs des Unternehmens und der räumlichen Nähe der österreichischen Niederlassung, die eine schnelle Reaktion bei Problemen versprach.

„Wir stehen unseren Kunden rund um die Uhr zur Verfügung. Genau das verlangen wir selbst als Kunde auch“, erläutert Zündel. Neben der hohen Präzision der Messmaschine war für ihn angesichts der riesigen Bauteile auch die Größe und die gute Beladbarkeit von mehreren Seiten ausschlaggebend. Zudem war die Erweiterbarkeit der Messausstattung je nach Bedarf etwa durch ergänzende Software oder optische Sensoren ein weiterer wichtiger Faktor. „Schließlich kaufen wir unsere Geräte für die Zukunft ein, nicht nur für die Gegenwart“, beschreibt der Betriebsleiter die Langfristigkeit.

Schon heute misst Doppelmayr mit der Accura 100 Prozent der Charge aller sicherheitsrelevanten Komponenten, berichtet Zündel weiter. Das Messgerät scannt etwa das Mittelteil der Seilscheibe in einem vollständigen CNC-Ablauf. Es vergleicht die Lage jeder Bohrung mit der Soll-Geometrie, prüft alle Bearbeitungsmaße der vier zerspanten Flächen und misst die gedrehte Zylinderbohrung in der Mitte. Daraus erstellt die Software Calypso automatisch das Messprotokoll.

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Die Toleranzen der bearbeiteten Werkstückober­flächen, wie das 2 t schwere Mittelteil einer Antriebsscheibe, betragen teilweise maximal 50 µm.

Gestiegene Präzision
Vor Einführung des Portalmessgerätes war das alles komplizierter. Doppelmayr setzte ausschließlich auf unterschiedliche händische Messmittel sowie einen Messarm. Damit musste der Facharbeiter langwierig von Hand alle relevanten Stellen eines jeden Messstücks antasten. Die Messmaschine

Accura bietet dem Hersteller zufolge eine Reihe von Vorteilen. So ist laut Aussage Zündels der Aufwand für die Messung drastisch gesunken und die Präzision um das Vier- bis Fünffache gestiegen. Darüber hinaus gibt die Messsoftware Calypso auf Knopfdruck eine übersichtliche Dokumentation der Ergebnisse aus.

„Wenn ich einmal das Messprogramm für ein Werkstück erstellt habe, arbeitet das Gerät selbständig, egal ob ich ein Teil oder 200 messen muss“, zeigt sich Roland Schedler, Qualitätssicherer bei Doppelmayr, zufrieden. Ließ sich die Genauigkeit mit dem flexiblen Messarm bisher bis auf 40 bis 50 µm genau messen, so sind die Ergebnisse der Accura II heute vier- bis fünfmal präziser. Doch Genauigkeit ist nicht das einzige, worauf es Betriebsleiter Zündel, ankommt: „Mit dem präzisen Messgerät möchten wir auch erreichen, dass sich bei unserer ganzen Mannschaft das Bewusstsein einprägt, dass wir bei allem, was wir tun, 100 Prozent Qualität liefern müssen.“

Bereits heute ist das Messgerät weitgehend ausgelastet, und es laufen bereits Überlegungen, demnächst ein zweites anzuschaffen. Dafür wird dann zunächst ein größerer Messraum fällig, denn bereits die erste Messmaschine füllt einen Großteil des aktuellen Raums aus. In Sachen Größe will Zündel in Zukunft noch eins drauflegen: „Im nächsten Schritt möchten wir Teile bis 10 m Länge messen oder vier Mittelteile auf einmal“.

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