Der neue Airbus A350 XWB, zu einem Großteil aus CFK gefertigt, soll die bisherigen Modelle A320 und A330 teilweise ersetzen und die Produktpalette der kosten- und verbrauchsoptimierten Modelle erweitern. Der Erstflug ist noch für 2013 geplant. Eine neuartige Produktionszelle mit Lasertracker und Roboter soll laut Premium Aerotec beim A350 eingesetzt werden. Die Anforderungen bestehen darin, die heutige hohe Qualität zu halten oder weiter zu verbessern, die Taktzeit zu reduzieren – und dies zu konkurrenzfähigen Fertigungskosten.
Bislang werden die Flugzeugrumpfteile allerdings noch manuell produziert. Die noch instabilen Wände aus vorimprägnierten Kohlefasern, die sogenannten Prepregs, werden in eine Form gelegt und unter Druck ausgehärtet. Im nachfolgenden Prozessschritt erfolgt das Versteifen dieser CFK-Segmente mit etwa 100 Stringern, die umlaufend auf dem Rumpfelement auf 0,3 mm genau positioniert und verklebt werden. Dies geschieht noch manuell unter Verwendung von großen Vorrichtungen, um die Zugänglichkeit für die Mitarbeiter zu ermöglichen. Der händische Klebevorgang erfordert einen großen Zeitaufwand und ist weit entfernt von einer gewünschten automatisierten Serienfertigung. Aktuell können so etwa vier Flugzeuge pro Monat gefertigt werden. Die Rumpfteile sind zwischen 9 und 18 m lang. Eine neue Technologie basierend auf Vorrichtungen ist zumeist unflexibel, das Umrüsten von einem Typ auf den anderen ist sehr zeitintensiv.
Meine Meinung
Ein automatisiertes Fertigungssystem für Flugzeugrumpfteile aus CFK mit Hilfe von herkömmlichen 6-Achs-Robotern und einem externen Lasermesssystem katapultiert die manuelle Manufaktur ins 21. Jahrhundert der Serienfertigung. Besonders die hohe Flexibilität in der Programmierung verschiedener Flugzeugtypen beziehungsweise Größen der Rumpfelemente bietet ein enormes Optimierungspotenzial. Dass zudem durch ein offenes System die einzelnen Komponenten austauschbar sind, ist für einen Hersteller besonders interessant und lukrativ. Die Serienfertigung mit Losgröße 1 funktioniert damit auch im Flugzeugbau.
Martin Droysen, Redaktion fertigung
Roboter mit äußerem Messsystem
Mit einem neuen Projekt gehen Premium Aerotec und FFT-EDAG als Systemintegrator im Technologiezentrum Nordenham nun neue Wege. Das Projektteam verbindet dabei herkömmliche Knickarmroboter von Fanuc mit einem Leica-Absolute-Tracker AT901 von Hexagon Metrology als äußeres Messystem mit sieben Bewegungsachsen zur Positionskorrektur der Roboter. „Je nach Größe des Rumpfsegmentes kommen nach heutiger Planung bis zu acht Roboter zum Einsatz“, erklärt Tim Lewerenz, Projektleiter bei Premium Aerotec GmbH, Nordenham. In größeren Fertigungszellen sollen Stringer gleichzeitig auf zwei Seiten verklebt werden, die Roboter-Positionierung übernimmt je ein Lasertracker pro Seite oder ein einzelner im Wechsel. Korrigiert wird nur der Roboter, der den Stringer positioniert. Jeder einzelne der bis zu 18 m langen Stringer wird von bis zu vier Robotern gehalten. Einer der vier positioniert und fixiert den Stringer auf dem Hautfeld.
Im Versuchsaufbau am Standort Nordenham kamen zwei Roboter bei einer Stringerlänge von 7 m zum Einsatz. Dabei hält ein Roboter den Stringer an der gewünschten Startposition, der andere positioniert den Stringer am Rumpfelement und verklebt ihn an der richtigen Stelle. Der zweite Roboter mit Rollklebekopf schwebt über dem Rumpfteil, etwa alle 60 cm wird per Lasertracker dessen Position ermittelt und korrigiert, danach geklebt. Der Zeitaufwand für den gesamten Prozess der Stringerintegration umfasst die Positionierung der Stringer, das Aktivieren des Messsystems und die Korrektur des Roboters – dafür werden im Versuchsaufbau etwa 20 s benötigt. „Die Schnelligkeit des Lasertrackers wirkt sich hier nicht entscheidend aus“, beschreibt Lewerenz: „Die 20 s der Korrektur sind der entscheidendere Faktor.“ Dabei wird über viele Messwerte integriert und der Korrekturwert ermittelt, allerdings werden hier durch Optimierungen deutliche Reduzierungen erwartet.
Die Hauptarbeit leistet dabei die individuelle Software, welche Roboter und Lasertracker steuert. Die Roboter müssen den Stringer synchron bewegen, ohne dass dieser in Schwingungen gerät. Der Lasertracker korrigiert nach Aktivierung den Roboterkopf. Neben den Tests mit einem Lasertracker wurden auch Indoor-GPS-Sensoren verwendet, die ebenfalls 6D-Daten liefern können.
Aufgrund von sehr guten Erfahrungen in Nordenham mit dem Leica-Absolute-Tracker fiel die Entscheidung für das Entwicklungsprojekt auf das Messsystem von Hexagon Metrology. Lasertracker messen im Vergleich zum Indoor-GPS jeweils nur einen Punkt bei maximal 3000 Hz. Der Leica-AT901 kombiniert in einer einzigen Messung diese 3D-Position mit der Orientierungsmessung auf die Dioden des T-Mac.
Profiwissen pur
Lasertracker führt 6-Achs-Roboter
Die Automatisierungslösung sieht vor, dass ein Roboter das eine Ende des Stringers festhält, während der zweite eine definierte Position anfährt, dort vom Lasertracker korrigiert wird und den Stringer Stück für Stück am Rumpfteil anklebt. Je nach Rumpflänge kommen pro Seite bis zu vier Roboter zum Einsatz, die ein Durchhängen des Stringers verhindern und die geforderte Genauigkeit erbringen. Benötigt werden 6D-Daten, die der Lasertracker liefert, um neben der Position des Roboterkopfes auch dessen Orientierung bestimmen zu können.
Produktionsausstoß erhöhen
Neue Materialien bedingen einen Wechsel zu neuen Fertigungsverfahren. Daneben führt auch im Flugzeugbau zur Effizienzsteigerung kein Weg an automatisierten Produktionsverfahren vorbei. Das neue Verfahren verspricht qualitativ hochgenaue Rumpfelemente, die reproduzierbar und kostengünstiger als bei der manuellen Fertigung sein sollen. „Die Automatisierung und letztlich die erzielbare Serienfertigung soll den Produktionsausstoß erhöhen, ohne dass die Fertigungskosten in gleichem Maße steigen“, berichtet Lewerenz. Heutige manuelle Prozesse werden automatisiert, die Beschaffung von großen und unflexiblen Vorrichtungen wird vermieden. Letztere sind nur auf ein Flugzeugmodell eingestellt, die neue Roboterzelle hingegen kann sehr schnell auf einen anderen Flugzeugtyp oder individueller Rumpfbestückung umgestellt werden. „Mit der neuen Produktionszelle sollen Stückzahlen von 13 Flugzeugen pro Monat möglich sein“, erläutert Lewerenz.
Das Gesamtsystem soll offen für beliebige 6D-Daten sein. Dadurch lassen sich beliebige Roboter und Messsysteme einsetzen. Bisher arbeitet die Robotersteuerung mit einer Taktrate von 100 Hz. Hierfür steht als Zubehör für den Lasertracker das Realtime EtherCat Interface zur Verfügung, das bis zu 1000 Hz erlaubt.
Ein realistischer Einsatz der Automatisierungslösung hängt von verschiedenen Faktoren ab, die wirtschaftlich betrachtet werden müssen. Dabei liegen die wirtschaftlichen Vorteile laut Lewerenz auf der Hand. Alle eingesetzten Komponenten sind Standardausführungen der industriellen Automatisierung und können kostengünstig beschafft werden. Die Spezialisierung erfolgt erst mit Hilfe der logischen Verknüpfung im NC-Programm und bringt so den zu erwartenden Mehrwert.