Vor rund drei Jahren hat die südwestfälische Berghoff-Gruppe mit ihren zwei Werken in Wenden und Drolshagen im Rahmen ihres Expansionskurses die schweizer RUAG Mechanical Engineering AG in Altdorf übernommen. Durch den Zukauf ist der Spezialist für mechanische Bearbeitung im Bereich High Mix, Low Volume und High Complexity auf gut 170 Mitarbeiter gewachsen und kann nun Teile bis zu einem Gewicht von 25 t und 5500 mm Länge bearbeiten. Im Zuge der Übernahme wurden die gesamte Infrastruktur sowie alle Mitarbeiter in die neue Berghoff Mechanical Engineering AG integriert. Damit zählt Berghoff heute zu den größten Premium-Outsourcing-Unternehmen in der Metallbranche. Berghoff bietet seinen Kunden mehr als nur eine reine Teilefertigung. Der Name Berghoff steht für ein hohes Leistungsversprechen, hinter dem sich
je nach Anforderung auch die Unterstützung bei der Entwicklung der hochkomplexen Bauteile stecken kann. So wird entsprechend die gesamte Prozesskette vom Materialeinkauf, Zerspanung, Qualitätssicherung, Montage bis hin zur Lieferung ins Unternehmen abgedeckt.
Hoher Automatisierungsgrad
Bereits nach kurzer Zeit hat die Kombination aus südwestfälischer und Schweizer Präzision am Markt für Furore gesorgt und in Altdorf volle Auftragsbücher beschert. Damit es am Schweizer Standort nicht nur rund, sondern auch obendrein wirtschaftlich läuft, setzen die Teilespezialisten auf einen hohen Automatisierungsgrad. Han van Wittmarschen, technischer Direktor bei der Berghoff Mechanical Engineering AG in Altdorf, bringt es auf den Punkt: „Wir verdienen unser Geld mit einer drehenden Spindel!“ Und genau diese Aussage spiegelt die Unternehmensphilosophie wider. Hier gilt es, mit einem wirtschaftlich vertretbaren Stundensatz die Maschinen am Laufen zu halten. Und dazu dreht van Wittmarschen mit ihren Mitarbeitern quasi an jeder Schraube, um das Optimum bei den Bearbeitungen zu erzielen.
Meine Meinung
Mit seinem ausgeklügelten Kalkulations-Tool hat sich Han van Wittmarschen über die Jahre hinweg eine sehr gute Bewertungsmöglichkeit der Prozesskosten inklusive Werkzeugpreise und Schnittparameter geschaffen. Damit kann er nicht nur reine Preise, sondern die über den gesamten Bearbeitungsvorgang anfallenden Größen optimal herausfiltern und gegenüberstellen. Dieses Tool schafft die nötige Transparenz, ohne dass der Maschinenbediener zeitaufwändige Werkzeugtests durchführen muss. Die „geheime“ untere Schublade an so mancher Maschine, in der noch oft Test-Werkzeuge schlummern, gehören bei Berghoff der Vergangenheit an.
Jürgen Gutmayr
Zu den Spezialitäten des Werks Altdorf gehört die High-End-Bearbeitung hochkomplexer Bauteile in XXL. Die Fertigung ist für diese Dimensionen auf kleine und mittlere Serien ausgelegt. Für
regelmäßig wiederkehrende Losgrößen von 100 Stück pro Jahr setzen die Verantwortlichen im Werk auf eine getaktete Fertigung. Die Kunden und Branchen von Berghoff sind so unterschiedlich wie die Bauteile. Sie reichen vom allgemeinen Maschinenbau, Sondermaschinenbau bis hin zum Semiconductor-Anlagenbau. In den Werkhallen finden sich unter anderem zahlreiche Ringe für Turbinenleitschaufeln des Siemens-Turbinen-Werks Berlin in den Hallen. Sie werden in Altdorf komplett bearbeitet. Auch Großmotoren aus Grauguss GGG-50 werden zur Bearbeitung in die Schweiz geschickt.
Van Wittmarschen ist studierter Maschinenbauer von der Pike auf und kennt den Markt der Großteilebearbeitung aus dem Effeff. Vor seiner Zeit bei Berghoff war er in Amsterdam bei einem großen Unternehmen aus dieser Branche tätig. Nicht ohne Grund hat das Thema Wirtschaftlichkeit in der
Bearbeitung für den Niederländer seit jeher einen hohen Stellenwert. Das A und O einer jeden Strategie ist seiner Meinung nach eine entsprechende Kalkulation, in die neben den Maschinenlaufzeitkosten auch die Werte für die Werkzeuge einfließen müssen. Dazu hat er vor vielen Jahren ein eigenes Tool in Form eines Excel-Sheets entwickelt, mit dem er für die Bearbeitung eines explizit zu betrachtenden Werkstücks etwa zwei Werkzeuge gegenüberstellt. Kosten für Werkzeughalter, Nachschleifkosten, Preise für Wendeschneidplatten und die vom Hersteller garantierten Schnittparameter wie beispielsweise Vorschub oder Schnitttiefe und Stanzeiten schlagen hier zu Buche und führen schnell zu einem klaren Ergebnis.
Prozesskosten im Visie
Im ersten Step hat van Wittmarschen bereits Anfang des Jahres im Werk Altdorf damit begonnen die Zahl der Werkzeuglieferanten drastisch zu verkleinern. Von ehemals 70 Lieferanten sind nunmehr rund 20 in der engeren Wahl. Das heißt, die Anzahl der Spezialisten für einen speziellen
Bearbeitungsprozess werden weiter reduziert. „Das vereinfacht das Procedere und macht das Ganze überschaubarer“, meint van Wittmarschen. Im konkreten Fall geht es um das Plan- und Hochvorschubfräsen eines Motorblocks aus Grauguss. „Hierzu suche ich mir die entsprechenden Spezialisten aus und lasse mir die Kosten für den Prozess aufstellen“, erklärt der technische Direktor. Und er weiß, wovon er spricht. „Alle Parameter gebe ich dann in meine Vorlage ein und berechne exakt die Kosten pro Bauteil. Dabei sind auch die Preise für den Werkzeughalter eine entscheidende Stellgröße. Muss ich den Werkzeughalter nämlich drei Jahre lang bis zur Abschreibung mitführen, sind mir die Hände gebunden, wenn nach einem Jahr vielleicht neue Wendeschneidplatten auf den Markt kommen.“
Auf einen Blick
Hochvorschubfräser GoldQuadF von Ingersoll
Ingersoll präsentierte vor rund drei Jahren mit der Serie GoldQuadF eine neue leistungsstarke und wirtschaftliche Linie von Hochvorschubfräsern mit radial angeordneten Wendeschneidplatten. Die Werkzeuge sind vielseitig einsetzbar, und zwar zum Plan- und Konturfräsen im Maschinenbau, Werkzeug- und Formenbau sowie der Luft- und Raumfahrtindustrie. Der flache Anstellwinkel der Schneidplatten erlaubt hohe Vorschübe bis 3 mm pro Zahn und eine Schnitttiefe von 2 beziehungsweise 3mm, je nach Wendeschneidplattenabmessung. Die Werkzeuge werden im Durchmesserbereich von 32 bis 160 mm als Aufsteck- und Einschraubfräser angeboten. Die eingesetzte Wendeschneidplatte hat vier effektive Schneiden. Es stehen zwei Abmessungen und fünf verschiedene Wendeschneidplattengeometrien für die unterschiedlichen Materialien und Bearbeitungsbedingungen zur Verfügung. Drei neutrale und zwei besonders weichschneidende, positive Geometrien garantieren für jede Bearbeitung die optimale Geometrie. Mit den neuen radialen Hochvorschubfräsern hat Ingersoll eine universell einsetzbare Serie zur wirtschaftlichen Bearbeitung sowohl von Stahl- und Gusswerkstoffen wie auch von rost- und säurebeständigen Stählen und Inconel- und Titanlegierungen im Portfolio.
Konkret würde dies für Berghoff bedeuten, dass man in der Fertigung in der Wartschleife festhängen würde, was neue Tools betrifft.
Apropos Wendeschneidplatten. Großen Wert legt van Wittmarschen auch auf eine möglichst geringe Werkzeugvielfalt. Also möglichst viele identische Wendeschneidplatten, die universell auf verschiedenen Werkzeughaltern einsetzbar sind, reduzieren die Kosten um ein Vielfaches. Zudem wird das Werkzeuglager nicht unnütz erweitert, sondern bleibt überschaubar. Toolmanagement par excellence!
Spezialisten von Ingersoll
Wenn es ums Thema Fräsen geht, setzt der technische Direktor seit vielen Jahren auf Ingersoll. Nicht, dass er nicht alle großen Hersteller am Markt kennen würde. Der Niederländer schätzt Ingersoll seit den 1980er Jahren und schwört auf Jürgen Nickel, Anwendungstechniker von Ingersoll, sowie dessen Kollegen Hermann Schimmer, Key Account Manager Ingersoll, die ihn vor Ort zuverlässig betreuen. Kein Wunder, dass er auch in diesem Fall nicht lange auf einen Lösungsvorschlag von den beiden warten musste.
Für den ersten Bearbeitungsschritt „Planfräsen“ empfiehlt ihm Ingersoll-Experte Schimmer, der übrigens seit 48 Jahren in der Zerspanung tätig ist und als alter Hase in der Branche gilt, den neuen GoldQuad XXX 30º-Planfräser.
Die erfolgreich etablierte GoldQuad-Werkzeugserie wurde Anfang des Jahres von Ingersoll erweitert. Nach den Eck- und Walzenstirnfräser wurde die Werkzeugserie um einen weichschneidenden 30°-Planfräser ergänzt. Die neue Serie steht als Einschraubfräser in den Durchmessern 40 und 42 mm sowie als Aufsteckfräser im Durchmesserbereich 50 bis 160 mm zur Verfügung.
Flacher Anstellwinkel
Die Werkzeuge sind laut Ingersoll eine sehr gute Alternative zu gängigen Planfräsern mit 45 beziehungsweise 60° Anstellwinkel. Besonders die Kombination des flachen Anstellwinkels mit dem Premium-Schneidstoff IN4035 führt zu sehr guten Ergebnissen bei der Bearbeitung von schwierig zerspanbaren Materialien wie Titanlegierungen und rost- und säurebeständigen Stählen. Auch die Bearbeitung von Gusseisenwerkstoffen und Werkzeugstahl lässt sich mit der Vielfältigkeit der Wendeschneidplattengeometrien und Schneidstoffen deutlich optimieren. Die vierschneidigen Wendeschneidplatten mit Kantenlängen von 13 und 19 mm erlauben eine maximale Schnitttiefe von 4,9 beziehungsweise 7,8 mm. Die zwei Wendeschneidplattengrößen stehen in neutraler und positiver Geometrie für unterschiedlichste Anwendungen zur Verfügung. Sie ermöglichen ein maximales Zerspanungsvolumen auch bei schwierigen Anwendungsfällen.
Bei Berghoff punkten die Planfräser mit einer Schnitttiefe von 6 mm im ersten Bearbeitungsschritt. „Da wir im Guss manchmal Abweichungen von mehreren Millimetern auf der Fläche haben, erweist sich diese Schnitttiefe als optimal“, erklärt van Wittmarschen.
Im zweiten Schritt kommt dann der GoldQuadF-Hochvorschubfräser von Ingersoll zum Einsatz – eine leistungsstarke und wirtschaftliche Linie von Hochvorschubfräsern mit radial angeordneten
Wendeschneidplatten. Dass der Hochvorschubfräser seinen Namen zu recht trägt, zeigen die Werte. Mit einer Schnitttiefe von 3 mm beträgt der Vorschub stattliche 5 m/min und liegt damit deutlich vor dem Wettbewerbsfräser, der in Summe nicht nur teurer ist, sondern auch nur mit 2 m/min aufwarten kann. „Ich war erstaunt von dieser extrem hohen Vorschubgeschwindigkeit“, erklärt van Wittmarschen. „Wir bewegen uns auf der Waldrich Coburg Mastertec dabei fast schon im Eilgang – beeindruckend, was mit diesem Fräser möglich ist!“
Doch nicht nur das sind entscheidende Faktoren, die für van Wittmarschen ausschlaggeben sind. „In beiden Ingersoll-Fräsern kommen ein und dieselben Wendeschneidplatten zum Einsatz“, bringt es der technische Direktor auf den Punkt. Damit haben die Werkzeugexperten von Ingersoll bei van Wittmarschen ins Schwarze getroffen und punkten in seinem Kalkulations-Tool mit ausgezeichneten Werten, und das mit Schnittparametern, die teilweise sogar noch „Luft nach oben haben“, wie van Wittmarschen abschließend meint.
Jürgen Gutmayr
Kontakt:
- Ingersoll Werkzeuge GmbH, www.ingersoll-imc.de
- Berghoff Mechanical Engineering, www.berghoff.eu