Josef Fleischmann, COO der Isar Aerospace Technologies, steht zusammen mit seinem Produktionsleiter Christian Wenzl vor der jüngsten Version seines Raketenantriebs: „Ein Satellit besteht im Prinzip nur aus Elektronik. Und was in den 1990er-Jahren noch zehn Tonnen gewogen hat, wiegt 25 Jahre später nur noch 100 Kilogramm.“
Mit seiner Ausführung über die Satelliten begründet er das Potenzial, das in den Trägerraketen mittlerer Größe steckt, die er und sein Team entwickeln. „Spectrum“ wird 27 Meter lang sein und einen Durchmesser von zwei Metern haben. Nur ein Fünftel des Raumfahrzeugs ist für Nutzlast und Technik vorgesehen. Den größten Teil der Rakete füllen die Sauerstoff- und Treibstofftanks, die den Treibstoffvorrat speichern.
Herzstück ist der Antrieb: Neun Triebwerke befördern zukünftig die Rakete mit mehreren Satelliten an Bord in den Low Earth Orbit (LEO). 675 Kilonewton Schub erlauben eine Traglast von bis zu einer Tonne. Ein zehnter Motor sitzt in der zweiten Stufe. Er kann mehrfach gezündet werden und ermöglicht damit Startdienstleistungen für sogenannte Satellitenkonstellationen.
„Wir können mit einer Rakete mehrere Satelliten transportieren und im entsprechenden Orbit absetzen“, erklärt der COO. Im Anschluss verglüht der leere Raketenkörper beim kontrollierten Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.
Fleischmann gründete 2018 zusammen mit Daniel Metzler und Markus Brandl die Isar Aerospace Technologies GmbH mit der Vision, Satelliten kostengünstig in die Erdumlaufbahn zu bringen – als Dienstleistung für Satellitenhersteller. Zusammen forschten sie zuvor zehn Jahre an der Technischen Universität München und bauten Raketenantriebe ausschließlich für Forschungszwecke. Heute verantwortet Fleischmann das operative Geschäft und überlässt die produktionstechnische Verantwortung Christian Wenzl, der erst im Sommer zu Isar Aerospace wechselte. 16 der insgesamt 120 Mitarbeiter von Isar Aerospace gehören zu seinem Produktions-Team.
Ein Prototyp des Raketenantriebs steht etwas am Rande der 5.000 m² großen Produktionshalle. Eine Abdeckung schützt provisorisch vor neugierigen Blicken Unbefugter und lässt ihn auf den ersten Blick ebenso verloren erscheinen wie die anderen, vereinzelt herumstehenden Kartons und Kisten. Bis auf einen Arbeitsbereich mit Schreibtisch, Werkbank und mehreren Produktionsmaschinen, ist die Halle großteils leer.
Alle Komponenten sollen inhouse gefertigt werden
Das Start-up hat das Gebäude erst im Sommer bezogen und damit einen weiteren Meilenstein erreicht – den Start der Produktion. „Es ist meine Aufgabe, diese Halle nun mit weiteren Maschinen zu füllen“, sagt Wenzl. Er rechnet mit zwei Jahren, bis die Fertigungstiefe mehr Maschinen erfordert, als auf den vorhandenen Quadratmetern Platz finden. Derzeit lagert Isar Aerospace noch einige Fertigungsprozesse aus. „Langfristig wollen wir alle Antriebs- und Steuerungskomponenten inhouse fertigen und planen bereits mit einer entsprechend großen Halle“, erzählt Wenzl.
Von Anfang an dabei ist die Maschinenfabrik Berthold Hermle. „Für den Produktionsstart brauchten wir einen Allrounder, der Qualität liefert, produktiv und zuverlässig ist“, erklärt Wenzl. „Wir haben verschiedene Anbieter verglichen, nach Empfehlungen unserer Lieferanten gefragt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Hermle das beste Gesamtpaket bietet.“ Dazu zählt auch der Service: „Bei Hermle weiß man, dass eine Maschine, sollte es zu einem Ausfall kommen, nie lange steht“, ergänzt der Produktionsleiter.
Auf einen Blick
Das Bearbeitungszentrum C 42 bietet einen effizienten Einstieg in die MT-Technologie – und wird so zum leistungsstarken Fräs-Dreh-Zentrum. Ob Werkzeug- und Formenbau, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Maschinen- und Apparatebau, Motoren- und Rennsporttechnik oder Zulieferindustrie – die C 42 / C 42 U MT ist in allen Branchen zu Hause.
Bei der Modellauswahl orientierten sich die Münchner Ingenieure am größten Bauteil, das auf der 5-Achs-Maschine Platz finden muss: die Schubdüse. Mit ihrer charakteristischen Form beschleunigt sie den Abgasstrahl und erhöht so die Schubkraft. Sie wird additiv gefertigt und anschließend nachbearbeitet. Mit einem Störkreisdurchmesser von 990 Millimeter ist die C 42 U bestens für diese Aufgabe geeignet. Nur wenige Wochen nach Unterzeichnung des Kaufvertrags war das Bearbeitungszentrum einsatzbereit.
Hermle C 42 U fertigt breites Teilespektrum
Seitdem fertigt Isar Aerospace ein breites Teilespektrum auf der C 42 U aus verschiedenen, zum Großteil schwer zerspanbaren Materialien. Entsprechend unterschiedlich sind die einzelnen Bearbeitungszeiten, die zwischen zwei und 40 Stunden liegen. Allen gleich ist die Anforderung an die Maßhaltigkeit.
„Bei Freiformflächen erwarten wir eine Genauigkeit von ± 1/100 Millimetern, bei hochgenauen Zylinderpassungen erreichen wir auf der Hermle mit dem richtigen Werkzeug zuverlässig den Bereich von ± 2,5 Mikrometern“, erklärt Tim Leidenberger, Fertigungstechniker bei Isar Aerospace.
Auch wenn die Klimatisierung in der Halle dagegen arbeitet: „Die Hermle lässt sich von den Temperaturschwankungen in der Halle nicht aus der Präzision bringen. Mich überrascht die Maschine immer wieder durch ihr sehr gutes Temperaturmanagement“, lobt er. Generell laufe bis jetzt alles nach Plan, und Leidenberger ist zuversichtlich, dass auch zukünftige Projekte funktionieren werden. „Wir haben die Maschine noch lange nicht ausgereizt“, sagt er überzeugt.
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Isar Aerospace entwickelt die Raketenkomponenten im Büro und schickte sie anschließend über das Auftragsmanagement-System direkt und papierlos in die Produktion. Wenzl und sein Team entscheiden hier, ob die Fertigung intern oder extern erfolgt. „Noch müssen wir über jedes Teil reden und die Bearbeitung programmieren“, sagt der Produktionsleiter.
Automation ist der nächste Schritt
Später sollen viele Prozesse hochautomatisiert ablaufen. Der erste Schritt ist bereits gemacht: Eine Produktionszelle mit zwei kleineren Bearbeitungszentren von Hermle, automatisiert mit einem Roboter zum Be- und Entladen, ist bereits bestellt und wird im 2. Quartal 2021 in Betrieb genommen. „Hermle bietet für die Automation eine der besten Lösungen bei bester Qualität. Hierbei wissen wir, dass die Anlage rund um die Uhr laufen und zu 99,9 Prozent i.O.-Teile produzieren wird“, ergänzt Fleischmann.
Bevor die erste „Spectrum“ starten kann, muss Isar Aerospace noch einige Meilensteine erreichen. Der nächste ist die Inbetriebnahme eines Motorenprüfstandes in Schweden, auf dem später auch die Stufentests durchgeführt werden. Dann steht dem Start 2021 und dem Bau drei weiterer Raketen – so der Plan laut Wenzl – 2022 nichts mehr im Weg.
Quelle: Maschinenfabrik Berthold Hermle