Bei der Sick Stegmann im Werk Donaueschingen stellten axiale Einstiche an filigranen Sensorbauteilen aus Titan ein Problem dar. Horn löste die Aufgabe unter anderem mit dem System Mini in verschiedenen Sonderausführungen.
Verbaut sind die Werkstücke in hochsensiblen Gasdurchflussmesssensoren. Die sogenannten Schwinger sind die Herzstücke dieser Messeinheiten. Den Einsatz finden die Sensoren beispielsweise in Gas-Pipelines, zur Fackelgasmessung, Dampfdurchflussmessungen oder in Biogasanlagen. Die Sensortechnik von Sick soll dem Schutz der Menschen vor Unfällen dienen und Umweltschäden vermeiden sowie genaue Daten liefern.
Sick Stegmann stellt deshalb einen hohen Anspruch an die Qualität seiner Produkte. Diese beginnt bei den einzelnen Bauteilen und Komponenten. Enge Toleranzen, hohe Oberflächengüten und schwer zerspanbare Werkstoffe sind für die Mitarbeiter der CNC-Fertigung bei Sick Alltag.
Um eine hohe Korrosionsbeständigkeit sicherzustellen, wählten die Konstrukteure von Sick für den Schwinger die Titanlegierung Ti-Grade 5 (6Al-4V). Rund 50 Prozent der weltweit benötigten Titanmengen bestehen aus dieser Legierung. Dies resultiert aus einem guten Verhältnis zwischen hoher Festigkeit bei einer geringen Dichte. Die mechanischen Eigenschaften dieser Titanlegierung sind besser als beim Reintitan.
Titan-Werkstoff macht Zerspanung komplizierter
Ein Problem beim Zerspanen stellt unter anderen die Neigung zur Kaltverfestigung dar. Wenn die Reibung durch einen zu geringen Vorschub der Schneide zu groß wird, setzt die Kaltverfestigung des Werkstoffs ein. Dies verkürzt die Standzeit der Werkzeuge um ein Vielfaches. Beim Drehen und Fräsen von Titan sind scharfe Schneiden, die richtigen Schnittparameter und die passende Werkzeugbeschichtung wichtige Punkte für die produktive Zerspanung dieses Werkstoffs.
„Die Bearbeitung von Titanlegierungen stellt erfahrene Zerspaner vor keine großen Herausforderungen mehr – bei einfachen Zerspanoperationen“, sagt der technische Berater von Horn, Karl Schonhardt. Die Axialeinstiche und Gewinde an den Schwingern verlangten jedoch ein passende Werkzeugauslegung und eine kluge Bearbeitungsstrategie.
Den Schwinger fertigt das Team von Burghart in Durchmessern zwischen 4 und 12 Millimetern in unterschiedlichen Ausführungen. „Die Werkstücke haben wir in einigen Varianten für unterschiedliche Einsatzzwecke. Alle Varianten fertigen wir hier im Werk Donaueschingen. Die Teilefamilie der Schwinger läuft dauernd im Drei-Schicht-Betrieb. Auch deshalb war uns ein produktives Werkzeugsystem sehr wichtig“, erzählt Roland Burghart, der den Fachbereich Drehen der Sick Stegmann im Werk Donaueschingen verantwortet.
System Mini Typ 114 überzeugt beim Axialeinstich
„Aufgrund unserer Erfahrungen und der langjährigen Zusammenarbeit mit Karl Schonhardt, ist Horn für diese Zerspanungsaufgabe der erste Ansprechpartner für uns“, sagt der Produktionsleiter Markus Mucha. Für die Axialeinstiche setzten die Horn-Konstrukteure auf das System Mini Typ 114. Neben zahlreichen Standardvarianten des Systems eignen sich die Rohlinge auch gut für das Schleifen von kundenspezifischen Schneidenprofilen.
Für das Profil eines Axialeinstichs kommen drei unterschiedliche Werkzeuge zum Einsatz. „Die Kontur des Einstichs, die sehr engen Form- und Lagetoleranzen des kleinen Werkstücks sowie die hohe zu erreichende Oberflächengüte an der Planfläche erforderten eine Schnittaufteilung“, erklärt Schonhardt.
Von der ersten Anfrage bis zur Umsetzung des Stechprozesses bei allen Varianten der Teilefamilie vergingen rund sechs Monate. „Die Zusammenarbeit verlief sehr positiv. Wir starteten zuerst mit drei Werkzeugen, welche sofort funktionierende Ergebnisse und sehr gute Produktabmusterungen erbracht haben. Danach führten wir die weiteren Varianten ein“, erzählt Burghart.
Wie läuft der Stechprozess ab?
Der Stechprozess gestaltet sich wie folgt: Das erste Werkzeug sticht entlang des Bunds die erste Innenkontur, jedoch mit einem Schlichtaufmaß auf der Planfläche. Das zweite Werkzeug kopiert in zwei Achsen die Kegelform und den inneren Durchmesser. Der dritte Schnitt als Schlichtbearbeitung an der unteren Planfläche geschieht mit Werkzeug Nummer drei. Dabei fährt die Schneidplatte über zwei Achsen in das Werkstück ein, um anschließend mit einer axialen Bewegung die Fläche zu bearbeiten. Die Planfläche ist eine spätere Funktionsfläche des Bauteils und bezüglich der zu erreichenden Oberflächengüte eng toleriert.
Eine weitere Bearbeitung der Innenkontur ist die Fertigung eines Gewindefreistichs für ein Innengewinde am äußeren Durchmesser. Alle Bearbeitungsoperationen realisierte Horn mit dem Stechsystem Mini Typ 114.
Produktivitätsvorteil wird von Traub TNL20 unterstützt
Für die Maschinenbasis setzt Sick auf die Traub TNL20 von Index. Das Maschinenkonzept des Lang-/Kurzdrehautomaten Traub TNL20 wurde konsequent auf die täglichen Anforderungen der Anwender abgestimmt. So ermöglicht die Kinematik des Langdrehers eine produktive und zeitgleiche Bearbeitung mit zwei, drei oder vier Werkzeugen. Der großzügige und senkrecht gestaltete Arbeitsraum sorgt dabei für die nötigen Freiheitsgrade sowie für eine hohe Prozesssicherheit.
Den entscheidenden Produktivitätsvorteil erzielt der Langdrehautomat mit der hohen Dynamik. Das neu entwickelte Maschinenbett aus Grauguss bildet dabei die Basis für hohe schwingungsdämpfende Eigenschaften. Die Steifigkeit und thermische Stabilität gewährleisten darüber hinaus beim Langdrehen und Kurzdrehen eine hohe Werkstückqualität.
Mini und Supermini im Einsatz
Nicht nur das System Mini ist für die Teilefamilie im Einsatz, sondern auch das Horn-Werkzeugsystem Supermini. Für die Fertigung der Innengewinde schlug Schonhardt dieses System vor. Alle Gewinde sind in der Qualität 4H toleriert. Auch den Axialeinstich auf der Rückseite des Bauteils fertigen die Donaueschinger mit dem System Supermini.
Für den Abstich der Bauteile setzt Burghart auf das modulare Stechsystem 842 von Horn mit Schneidplatten des Systems S100. „Die Kassettenausführung brachte uns eine hohe Flexibilität im Einsatz und darüber hinaus eine hohe Steigerung der Stabilität des Gesamtsystems“, so Burghart. Es kommen je nach Variante des Bauteils bis zu zwölf Horn-Werkzeuge pro Werkstück zum Einsatz.
Lange Standzeit der Werkzeuge
„Bei einer Rüstzeit von rund acht Stunden pro Variante lag unser Augenmerk besonders auf einer langen Standzeit der Werkzeuge, einer hohen Prozesssicherheit sowie einer hohen Wechselgenauigkeit der Schneidplatten“, erklärt Burghart.
Neben der für Titan ausgelegten Schneidengeometrie sowie der scharfen Mikrogeometrie der Schneidkante, trägt die Werkzeugbeschichtung einen erheblichen Teil dazu bei, um den prozesssicheren Einsatz in Titanlegierungen sicherzustellen. „Wir haben für den Einsatz in Titan und anderen Superlegierungen die Schicht IG35 entwickelt“, erzählt Schonhardt. Die Aluminium-Titannitrid Schicht hemmt die Bildung von Aufbauschneiden durch die geringen Reibwerte.
Durch die HiPIMS-Beschichtungstechnologie weist die Schicht sehr glatte Eigenschaften und eine hohe Warmfestigkeit auf. Des Weiteren ist die Werkzeugschicht frei von Schichtdefekten wie beispielsweise Droplets oder anderen Schichtfehlern an der Schneidkante.
Horn passt das Schichtsystem, die Spanformgeometrien sowie die Mikrogeometrien auf die typischen Anwendungen wie das Innen- und Außenstechen, Langdrehen, Zirkular- und Vollhartmetallfräsen an. Der Anwender kann höhere Schnittwerte fahren, die eine kürzere Zykluszeit ermöglichen, was sich positiv auf die Stückkosten auswirkt. Darüber hinaus zeigen sich durch den Einsatz der neuen Schicht höhere Qualitäten der zu erreichenden Oberflächen.
„Nach 30 Jahren enger Zusammenarbeit hat sich das Vertrauen in den Werkzeugpartner Horn wieder bestätigt. Auch die Expertise und das breite Fachwissen von Karl Schonhardt über den Einsatz und die Verwendung der Werkzeuge stimmte uns voll zufrieden“, bringt es Burghart abschließend auf den Punkt.
Quelle: Paul Horn GmbH