So entwickelte man mit Pokolm eine Strategie, mit der das zeit- und kostenaufwendige Polieren von Ziehwerkzeugen eliminiert werden kann. Möglich wird das durch den Einsatz des Kaltschmiedewerkzeugs Forgefix P.
Man bezeichnet es als Klopfen oder auch Kaltschmieden, offiziell aber läuft es unter dem Begriff Machine Hammer Peening (MHP). Ein Verfahren, das noch relativ jung ist, mit dem in der Praxis, wie beim Unternehmen Aesculap in Tuttlingen, aber bereits enorme Erfolge verzeichnet werden: Es ging hier um das Polieren von Ziehwerkzeugen (Stempel und Matrize) aus einem Chromstahl 1.2379 mit HRC 60 für Sterilcontainer. Bereits vor sechs Jahren hatte man ein Verfahren auf elektromagnetischer Basis zur Steigerung der Lebensdauer der Gesenke in der Erprobung, das allerdings aus wirtschaftlicher Sicht nicht zum erwünschten Erfolg geführt hat. So wurden die Gesenke weiterhin herkömmlich bearbeitet, die Ziehwerkzeuge nach dem Fräsen per Hand zeit- und kostenintensiv poliert. Ein Arbeitsgang, der in Tuttlingen schon längst nicht mehr akzeptabel war.
Wirtschaftliches und reporduzierbares Glätten komplexer Oberflächen sowie Erhöhung der Härte.
Deshalb wurde gemeinsam mit dem Unternehmen Pokolm eine Strategie entwickelt, die nicht nur den bisherigen Polieraufwand von 60 Stunden komplett eliminierte, sondern mit dem auch äußerst positive Nebeneffekte erzielt werden. Dazu zählen neben dem wirtschaftlichen, reproduzierbaren sowie hochwertigen Glätten komplexer Oberflächen auch das Einbringen von Druckeigenspannung und eine Erhöhung der Härte.
Eigenschaften, die Hans Keller, Director R+D Productions bei der Aesculap AG, mit konkreten Zahlen unterlegen kann: “Wir beschäftigen uns bereits seit sechs Jahren mit dieser Problematik und haben das Kaltschmiedewerkzeug Forgefix P deshalb intensiv getestet. Zunächst ging es ausschließlich darum, welche Oberflächengüten damit zu erzielen sind. Das Ergebnis von Ra 0,08 hat mich natürlich begeistert. Einerseits ist es ein gleichmäßiges reproduzierbares Polieren, das so manuell nicht zu erreichen ist. Andererseits läuft dieser Vorgang bei uns mannlos. Zudem haben unsere Messungen eine Zunahme der Härte von acht Prozent, also auf HRC 62, ergeben. Ich verspreche mir davon eine messbare Standzeitverlängerung unserer Werkzeuge.”
Betrachtung des Prozesses
Diese intensive Testphase ist für den Einsatz von Forgefix P aus unterschiedlichen Gründen zwingend erforderlich. Zum einen muss der Prozess ganzheitlich betrachtet werden. Das beginnt bereits beim Schlichten des Werkstücks. Die Oberfläche muss so strukturiert sein, dass die Rauheitsspitzen optimal in den Tälern verfestigt werden können. Zum anderen gilt es, den Vorschub, den seitlichen Versatz, die Schlagstärke oder auch den Durchmesser der Kugel abzustimmen.
Parameter, die im Wesentlichen vom eingesetzten Werkstoff abhängig und so für Sascha Leicht, Anwendungstechniker bei Pokolm ganz entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz sind: “Forgefix P lässt sich nicht immer und überall sinnvoll einsetzen. Entscheidend sind die Materialeigenschaften und welche Bereiche sollen wie verfestigt werden. Wir sind hier Entwicklungspartner mit dem Patentinhaber und bieten das Werkzeug mit 250 N, 500 N und 1000 N Krafteinstellung sowie unterschiedlichen Kugeldurchmessern an. Projektbezogen lässt sich das Werkzeug aber auch durch beispielsweise die integrierten Druckverteiler oder auch Kolbengrößen kundenspezifisch konfigurieren.”
Auf einen Blick
Forgefix P von Pokolm
Die Bearbeitung auch komplizierter Oberflächenformen erfolgt nach dem NC-Datensatz und ist auf Standard-CNC-Fräsmaschinen oder auch Robotern möglich. Es entstehen dabei keine negativen thermischen Effekte. Das Werkzeug kann automatisch eingewechselt werden (Voraussetzung IKZ). Durch die maschinelle Einglättung kann das zeit- und kostenintensive manuelle Oberflächenfinish deutlich reduziert werden. Außerdem lassen sich gezielt Strukturen erzeugen, die zur Verbesserung der Reibeigenschaften beitragen. Eine Verschleißminderung lässt sich neben Umformwerkzeugen auch bei metallischen Lagern und Führungen aller Art erzielen.
Weitere Einsatzmöglichkeiten
Wie effizient sich Forgefix P einsetzen lässt, zeigt auch der Einsatz bei einem Hersteller für Leichtbauteile. Die Bearbeitung von kritischen Bereichen in Gesenken (Rissbildung) führte nachweislich zu einer deutlichen Standzeiterhöhung. Die Möglichkeit, Forgefix P individuell zu konfigurieren dagegen hat dazu geführt, dass sich bei Aesculap weitere Anwendungen in der Versuchsphase befinden. Dazu zählen zum Beispiel die Erhöhung der Standzeit bei Schmiedegesenken aus 1.2343 sowie Schneidplatten für Folgeverbundwerkzeuge oder das Finishing von Knieimplantaten aus CoCr und Titanlegierung sowie von Formeinsätzen für Spritzgusswerkzeuge.
Eine Oberflächengüte von Ra 0,08 ohne manuelles Polieren, das Einbringen von Druckeigenspannung, eine Erhöhung der Härte als Nebenprodukt und damit verbunden die Standzeitverlängerung der Ziehwerkzeuge sind neben dem wirtschaftlichen Einsatz sicher Argumente genug, um den Einsatz von Forgefix P zu rechtfertigen. Für Keller sind es aber weniger die Details, vielmehr ist es die Summe an Vorteilen, die sich aus solch gemeinsamen Entwicklungen ergeben: “Der Vorteil ist doch, dass man die Bearbeitung beziehungsweise auch das Einwechseln des Werkzeugs mit nur wenigen Klicks vom Fräsprogramm ableiten kann. Während wir das Schlichten überwachen, läuft das Klopfen mannlos in die Nacht hinein. Das heißt, es entstehen keine Kosten mehr für Mitarbeiter. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, ist das aber ebenso notwendig wie kooperative Partnerschaften.”
Kontakt:
Aesculap AG, D-78532 Tuttlingen, Tel.: 07461/95-2400
Pokolm Frästechnik GmbH & Co. KG, D-33428 Harsewinkel, Tel.: 05247/9361-0