Grieshaber Präzision – der Name steht insbesondere in der Automotive-Industrie für hochwertige Präzisionsteile aus NE-Metallen, speziell aus Aluminium. Die Drehbearbeitung in diesem Bereich wird dominiert von Index-Drehmaschinen, mit denen man sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Als die Verantwortlichen 2006 beschlossen, in die Bearbeitung von Edelstählen einzusteigen, sollten die Karten trotzdem neu gemischt werden: Um die Bearbeitung optimal auszurichten, standen Lösungen aller relevanten Hersteller auf den Prüfstand.
„Unser Schwesterunternehmen hatte ein großes Volumen an Zukaufteilen“, erklärt Simon Heil, Geschäftsführer bei Grieshaber Präzision. „Speziell in wirtschaftlich stabilen Zeiten ist dieser in der Regel sehr kurzfristige Bedarf oft nur schwer am Markt zu decken. Unter anderem deshalb wollten wir hierfür eigene Kapazitäten aufbauen und uns neu aufstellen.“
Meine Meinung
Den Bediener entlasten, aber nicht entmündigen – mit der VirtualLine scheint Index dieser Spagat sehr gut gelungen: Der Anwender legt das gesammelte Bearbeitungs-Know-how seiner Experten im System ab. Von erfahrenen Anwendern im eigenen Unternehmen optimierte Strategien und Parameter sorgen so für eine schnelle und vor allem praxisgerechte Programmerstellung. Die maskenbasierte Programmierung führt den Anwender schnell und strukturiert von der Zeichnung zum fertigen Programm. Wer sich einmal die Mühe macht, Abläufe, Strategien und Bearbeitungsdaten zu optimieren und entsprechend zu hinterlegen, spart hinterher die Notwendigkeit manueller Verbesserungen im Code – das Programm passt von Anfang an.
Richard Pergler, Redaktion fertigung
Für Grieshaber Präzision war die Edelstahlbearbeitung Neuland. Gleichwohl hatte man sehr exakte Vorstellungen: „Wir wollten in einem ersten Schritt Teile bis 65 mm Durchmesser von der Stange und bis 120 mm Durchmesser als Futterteile bearbeiten, die Losgrößen liegen hier typischerweise zwischen 50 und 2000“, erklärt Heil. „Hier konnte uns Index das beste Gesamtpaket schnüren – neben den Maschinen selbst überzeugte uns hier vor allem die ,Virtuelle Maschine‘, mit deren Hilfe wir den Weg zum optimalen Programm deutlich verkürzen konnten.“ Die Virtuelle Maschine ist eine Simulationsumgebung, die die reale Maschine detailgetreu abbildet – quasi eine exakte Kopie der Index-Maschine für den PC.
In einem zweiten Schritt ging Grieshaber Präzision die Bearbeitung größerer Durchmesser im Bereich 120 bis 400 mm an: „Hier geht es um kleinste Losgrößen, vom Einzelteil bis zur Kleinserie mit 50 Teilen“, erläutert Heil. Die Bearbeitung der Teile, in der Regel Flansche für Messgeräte des Grieshaber-Schwesterunternehmens, erfolgt vom Rohling. „Auch hier suchten wir ergebnisoffen – ausgehend von einem Ansatz, die Bearbeitung aufzusplitten und jeweils eine Maschine für Drehen, Bohren und Beschriften der Flansche zu verwenden bis hin zur Komplettbearbeitung mit den unterschiedlichsten Maschinen und Modellen.“
Schnell und einfach zu rüsten
Aufgrund der geringen Stückzahlen, der sehr hohen Qualitätsanforderungen und der großen Variantenvielfalt bei den Flanschen, die von weltweit höchst unterschiedlichen Normen sowie den unterschiedlichen Ausführungen der Messgeräte diktiert wird, war man indes schnell zum Schluß gekommen, dass die Bearbeitung komplett auf einer Maschine laufen sollte. „Und auch hier kamen wir an Index nicht vorbei“, betont Heil. „Angesichts der kleinen Lose ist ein schnelles und einfaches Rüsten der Maschine unerlässlich. Schließlich war eine der Anforderungen, dass wir jeden Flansch innerhalb 48 h liefern können. Mit der Index G250, der Virtuellen Maschine und VirtualPro hatte unser Maschinenpartner abermals das beste Gesamtpaket im Portfolio.“ Denn VirtualPro ist eine maskenbasierende Programmierunterstützung für Index-Drehmaschinen, die einen einfachen und schnellen Weg zum optimalen Programm verspricht. Ergänzt wird die Lösung um ein spezielles Spannsystem, das sich innerhalb 5 min auf beiden Spindeln wechseln und so an jedes neue Werkstück anpassen lässt.
Gerade bei den kleinen Losen auf der Index G250 sollen die Maschinenbediener selbst die Programme schreiben. „Mit VirtualPro kommen wir sehr schnell und strukturiert von der Zeichnung zum fertigen Programm“, erklärt Gerd Heizmann, Segmentleiter P6 Edelstahlbearbeitung bei Grieshaber Präzision. „Hinter den leistungsfähigen Eingabemasken haben wir die gesamten relevanten Technologiedaten abgelegt – von den Parametern zur Zerspanung unterschiedlichster Werkstoffe bis hin zu den optimalen Bearbeitungsstrategien haben wir unseren gesamten Erfahrungsschatz in die Programmierung der Abläufe und Geometriefunktionen eingebracht.“
Profiwissen pur
VirtualLine
Die Virtuelle Maschine ist eine Softwarelösung, die nahezu die gesamte Funktionalität einer Index-Maschine umfasst und diese um weitere Komponenten ergänzt. Egal, ob man an der Maschine oder mit einem CAM-System programmiert, simuliert wird die exakte Bearbeitung. Diese basiert auf den Originaldaten der Siemens-Software, der Index-Steuerung und der Maschinengeometrie. VirtualPro ist eine zusätzliche Programmierunterstützung für Index-Drehmaschinen. Durch eine Vielzahl von leistungsfähigen Eingabemasken, parametrierbaren Abläufen und Geometriefunktionen wird die Programmierung stark vereinfacht. Der Anwender kommt komfortabler, schneller und damit auch sicherer zum gewünschten Werkstückprogramm.
Systematisch wird der Bediener durch die Zeichnung geführt, die einzelnen Eigenschaften des Werkstücks werden zielgerichtet und rationell abgefragt. Wie eine Checkliste sorgt das System dafür, dass nichts vergessen werden kann. Dabei nervt die Programmierung nicht mit überflüssigen Abfragen: Hat ein Flansch beispielsweise keine Bohrungen, lassen sich die entsprechenden Zyklen beim Programmieren einfach überspringen.
Hohe Flexibilität bleibt erhalten
„Die Flexibilität für den Bediener bleibt erhalten“, betont Heizmann. „Das Programm wird als G-Code ausgegeben und lässt sich problemlos editieren. Für uns ist das allerdings keine Option – VirtualPro liefert uns in Kombination mit der Virtuellen Maschine optimale Programme inklusive der von uns hinterlegten auf Bearbeitung und Werkstoff abgestimmten Parameter und Strategien.“
Das intelligente System, das alle Kanäle der Steuerung abdecken kann, eröffnet im Zusammenspiel mit der mit zweimal 32 Werkzeugplätzen ausgestatteten Index G250 zusätzliche Flexibilität, da beispielsweise für dringende Aufträge bei Fehlen eines passenden Rohlings einfach der nächst größere verwendet werden kann: „Wir müssen im Prinzip nur den neuen Durchmesser eingeben, das Programm fügt selbständig Schruppzyklen hinzu“, erläutert Heinzmann. „Das ist unter Kostenaspekten vielleicht nicht optimal, aber wir können unsere Kunden schnell und mit der gewohnten Qualität beliefern. Das ist viel wert.“
Während in anderen Bereichen Programme archiviert und für den erneuten Einsatz modifiziert und abgeändert werden, schreiben die Bediener an der G250 jedes Programm von Grund auf neu: „Das läuft mit VirtualPro so schnell und so zuverlässig, dass sich die Archivierung nicht lohnt“, erklärt Heizmann. „Die Neuerstellung hat zudem den Vorteil, dass nicht versehentlich unerwünschte Parameter aus einem alten Programm eingeschleppt werden. Die Programme sind, da neu erstellt, bezüglich gewählter Zerspanungsstrategie und Schnittparameter stets up to date und auch auf dem aktuellen Zeichnungsstand.“
Grieshaber Präzision ist einer der Pilotanwender für das Programmpaket der Index Virtual Line. „Es ist durch diese, aber auch durch viele weitere gemeinsame Projekte inzwischen eine sehr enge, gewachsene und gelebte Partnerschaft daraus geworden“, zieht Geschäftsführer Heil Bilanz. „An Index schätzen wir neben der sehr hohen Zuverlässigkeit die hohe Kreativität und die Flexibilität, auch unkonventionelle Wege zu beschreiten. Es ist eine Mentalität, die sehr gut zu uns passt. Wir fühlen uns in diesen Bereichen bei Index sehr gut aufgehoben.“