Thomas Schuster, Leiter Werkzeugverwaltung der Weiss GmbH, erklärt: „Die gute Entwicklung der letzten Jahre hat uns gezwungen, unsere Fertigungsprozesse komplett zu überdenken.“ Dabei hat er nicht nur die Reduzierung von Rüst- und Nebenzeiten im Visier: Der Hersteller von Komponenten für die Automatisierungstechnik in Buchen im Odenwald mit einer hohen Fertigungstiefe, arbeitet aufgrund des massiven weltweiten Wachstums an umfangreichen Kapazitätserweiterungen.
Ein lohnender Ansatz dafür bot sich den Fertigungsplanern im Hause Weiss bei der Fräsbearbeitung der Antriebs- oder Transportkurven „die Herzstücke unserer Rundschalttische“, bei
denen es auf weichen, ruck- und stoßfreien Lauf sowie auf lange Lebensdauer ankommt.
Diese Transportkurven werden in den verschiedensten Größen auf eigenen Bearbeitungsmaschinen hergestellt. Den steigenden Anforderungen konnte nur mit gesteigerter Fertigungseffizienz begegnet werden. Schuster: „Rüst- und Nebenzeiten mussten gesenkt werden, und das bei optimierter Präzision und kürzerer Bearbeitungszeit.“
Zitat
„Allein durch die neuen Spannmittel ersparen wir uns 15 Minuten Rüstzeit pro Teil – also eine Stunde pro Schicht.“
Thomas Schuster, Weiss GmbH
Retrofitting-Projekt
Auf der Emo Hannover 2013 kam Schuster auf der Suche nach neuen Spannmittellösungen mit dem Marbacher Spannmittelhersteller Hainbuch in Kontakt. Dieser Erstkontakt auf der Messe war offensichtlich auf Anhieb erfolgversprechend,
denn daraus ergab sich innerhalb kürzester Zeit ein „großes Retrofitting-Projekt zur Aufrüstung von acht älteren Bearbeitungsmaschinen durch hochgenaue Spannmittel mit hoher Wiederholgenauigkeit und hohen Haltekräften bei kurzen Rüstzeiten“.
Analyser der Spannsituation
Zusammen mit Hainbuch-Gebietsverkaufsleiter Joerg Tittel wurde zeitnah die vorhandene Spannsituation – konventionelle 3-Backen-Futter – analysiert und nach passenden Lösungen gesucht. Ergebnis waren maßgeschneiderte Sonderspannmittel für die acht Bearbeitungsmaschinen. Die Komplettumrüstung erfolgte bereits knapp ein Jahr nach dem Erstkontakt auf der Emo Hannover 2013 und, so Schuster zurückblickend, „wir konnten sofort einen Benefit daraus generieren“.
Bei den kleineren Maschinen lag der Haupteffekt weniger in der kürzeren Aufspannzeit als „erstmals in der Möglichkeit, durch die hohen Haltekräfte der Spannfutter neue Werkzeuge von
Mitsubishi Materials (MMC) einzusetzen“. Bei den großen Maschinen dagegen fiel die deutlich kürzere Rüstzeit extrem ins Gewicht. Das Komplettpaket aus innovativen Spannmitteln und effektiver Schnellwechselvorrichtung machte sich also innerhalb kürzester Zeit bezahlt: Das Spannsystem Toplus sorgt für Präzision und hohe Haltekräfte und das Schnellwechselsystem Centrotex für schnelles Umrüsten der verschiedenen Bauteile. Die Verwendung von Mitsubishi-Werkzeugen in den neuen Spannmitteln war zwar keine Bedingung an Hainbuch, aber Mitsubishi Materials ist seit Jahren Generallieferant und durch die stabileren und präziseren Spannverhältnisse „haben wir erstmals die Möglichkeit, diese Werkzeuge in der Weich- und Vorbearbeitung sowie in der Finish- und Hartbearbeitung optimal einzusetzen“.
Im Profil
Weiss GmbH
Seit 1967 ist die Weiss GmbH auf die Entwicklung und Herstellung von Komponenten für die Automatisierungstechnik spezialisiert. Heute zählt das Unternehmen zu den führenden Herstellern von Automationslösungen – vom Rundschalttisch und Linearsystem bis zum Handling. Produktionsstandort mit derzeit 22 000 m² Fertigungsfläche ist der Firmenhauptsitz in Buchen im Odenwald. Aus der integrativen Beherrschung der Kompetenzfelder Mechanik, Elektronik und Software entstehen hier hocheffiziente Automationslösungen – verbunden mit einer außergewöhnlichen Fertigungstiefe. Daneben existiert ein leistungsstarkes Netzwerk aus Niederlassungen und Vertretungen, das eine weltweite Servicepräsenz garantiert. Die wichtigsten Anwenderbranchen sind der Sondermaschinen- und Betriebsmittelbau, die Automobil- und Automobilzulieferindustrie, die Medizintechnik sowie die Nahrungsmittel-, Verpackungs- und Werkzeugmaschinenindustrie.
Optimale Schnittwerte
Die großen Transportkurven werden mit Wendeplattenwerkzeugen bearbeitet. Auch hier ermöglichen die hohen Haltekräfte, die Stabilität und die Genauigkeit der Futter optimale Schnittwerte. Viktor Gruslak, der für das Kurvenfräsen
zuständige stellvertretende Abteilungsleiter sagt: „Mit den alten Vorrichtungen hatten wir bei einer Komplettumrüstung Rüstzeiten zwischen zwei und drei Stunden. Jetzt rechnen wir mit zehn bis 30 Minuten. Denn wir müssen auch noch den Reitstock ausrichten. Die Hainbuch-Futter auszutauschen dauert nur fünf bis zehn Minuten – auch die großen.“
Gefragt, ob außer Hainbuch auch noch andere Spannmittelanbieter kontaktiert wurden, sagt Schuster: „Wir haben uns damals auf der Emo Hannover 2013 sehr gründlich umgeschaut,
aber für unser Teilespektrum war die Hainbuch-Lösung die für uns am besten passende.“ Die daraufhin mit Tittel gefahrenen Versuche „haben uns voll und ganz bestätigt“. Hainbuch-Gebietsverkaufsleiter Tittel hat bei seinem ersten Rundgang durch die Fertigung „das Potenzial sofort erkannt“ – und konnte seine Vorschläge im praktischen Versuch untermauern. Wenn man von einem 3-Backen-Futter auf das Hainbuch-System umstellt, sei das für manchen Bediener zunächst ungewohnt: „Man traut sich oft nicht, Vorschübe und andere Schnittwerte so zu erhöhen, wie es das neue Spannmittel zulässt.“ Man sei zwar begrenzt vom Systemdruck der Spannhydraulik, aber selbst beim Austesten des Limits „hatte das Spannmittel noch Reserven“.
Tipp zu den Werkzeugen
Seine Versuche hat der Spanntechnikexperte schon „mit Werkzeugen aller namhaften Hersteller gefahren und kann deshalb dem Anwender schon einen Tipp geben – und beim Hartfräsen zählen Mitsubishi-Werkzeuge einfach zu den besten auf dem Markt“. Aber im Normalfall übernehme der Kunde die Auswahl.
Der Nutzen für den Anwender liegt in der hohen Zerspanleistung, der Präzision und der Prozesssicherheit: „Unsere Spanntechnik bietet gerade beim Fräsen mit unterbrochenem Schnitt ein hohes Maß an Steifigkeit und Vibrationsdämpfung durch das verwendete Hybridfutter, ein Stahlkörper mit einem Mineralgusseinsatz.“
Bessere Werkstückqualität
Mitsubishi-Anwendungstechniker Ullrich Jüngert lässt sich den Ball gern zuspielen: „Bei diesem Anwendungsfall kamen zwei Glücksfälle zusammen: Wir haben eine höhere Spannmittelsteifigkeit, und dadurch konnten wir einen Schaftfräser der IMX-Serie einsetzen, ein Frässystem mit austauschbarem Schneidkopf und Hartmetallschaft, was für hohe Genauigkeit sorgt.“ Damit war es möglich, auch die Zerspanungszeiten teilweise zu halbieren – hinzu komme als Nebeneffekt die bessere Werkstückqualität. Schuster fasst nach gut einem Jahr Betriebserfahrung zusammen: „Ein solches Projekt lässt sich nur mit verlässlichen Partnern durchführen, die wie wir selbst Wert darauf legen, dass auch die Mitarbeiter eingebunden werden.“ Der einzige Aufwand für den Anwender Weiss bestand in der Anpassung und Integration der Spannhydraulik in die Steuerungen, um automatisch spannen und entspannen zu können.
Das Gesamtergebnis dieses Projekts ist für Schuster eine Erfolgsgeschichte unter dem Motto „kleiner Invest, große Wirkung“.
Walter Frick
Kontakt:
- Weiss GmbH, www.weiss-gmbh.de
- Mitsubishi Materials Corporation MMC Hartmetall GmbH, www.mmc-hardmetal.com
- Hainbuch GmbH, www.hainbuch.com