Die Baratti Engineering GmbH wurde 1991 gegründet. In der Anfangszeit montierte Gerhard Baratti zusammen mit einem Mitarbeiter in einer Garage Vakuumpumpen. Schwerpunkt des Produktspektrums sind trockenlaufende Vakuumverdichtungssysteme, die ohne Betriebsmittel auskommen. Ihre Hauptvorteile liegen in der Verschleißfreiheit und in der Umweltfreundlichkeit, da keine Öldämpfe in die Abluft gelangen.
Während bei herkömmlichen Vakuumsystemen das Betriebsmittel die Spalte zwischen dem Gehäuse und den rotierenden Teilen abdichtet, sind Barattis berührungsfreie Verdichter auf sehr präzise gefertigte Kolben oder Schrauben angewiesen, bei deren Ineinandergreifen nur ein sehr kleiner Spalt besteht, um die Rückführung auch ohne Betriebsmittel möglichst niedrig zu halten.
Baratti stellt heute insgesamt 16 verschiedene Modelle her. Pro Jahr verlassen 1.000 Vakuumsysteme das Haus. Je nach Ausführung liegt ihr Liefermengenbereich zwischen 30 und 6.000 m3/h. Die Komponenten sind einsetzbar für einen Unterdruckbereich bis 0,01 mbar. Um eine Anpassung an die vielfältigen Einsatzgebiete zu gewährleisten, hat Baratti unterschiedliche Bauformen der Drehkolbengebläse und Vakuumschrauben entwickelt. Als Material dient hauptsächlich Grau- und Sphäroguss, zum Absaugen korrosiver Dämpfe kommt auch Chromnickelguss zum Einsatz.
Einen großen Sprung machte das Unternehmen 2013 mit dem Umzug an den heutigen Standort Rheinfelden ganz im Süden von Baden. Auf einer Produktionsfläche von 3.000 Quadratmeter hat nicht nur der Montagebereich mit seinen inzwischen 25 Mitarbeitenden ausreichend Platz bekommen, sondern auch eine mechanische Fertigung. Zuvor kamen sämtliche Bauteile von externen Zulieferern. „Wir haben die Produktion der Kernkomponenten ins eigene Haus geholt, um das Herz der ganzen Verdichter jetzt selbst herstellen zu können“, erklärt Geschäftsführer Gerhard Baratti. Es hat dabei von vornherein auf eine vollautomatisierte Fertigung gesetzt.
Dazu reichen dem Unternehmen zwei CNC-Maschinen aus. Auf einer vierachsigen Horizontal-Fräsmaschine werden sämtliche statischen Teile wie etwa Gehäuse, Gehäusedeckel und Flansche hergestellt. Alle rotierenden Teile, vor allem also Schrauben und Kolben, entstehen auf einem fünfachsigen Dreh-Fräszentrum. Beide Maschinen sind über Roboter an ein Automatisierungssystem von Schuler angeschlossen. An zwei Materialstationen findet die Bestückung statt, über zwei weitere Stationen werden die Fertigteile entnommen. Gesteuert wird die Anlage über einen zentralen Computer.
Der Clou dieser Automatisierungslösung: Zur Bedienung reicht ein einziger Mitarbeiter in der Fertigung. Er bestückt Spanntürme oder Paletten und weist die passenden Programme zu. Damit sorgt er dafür, dass die Maschinen in den beiden folgenden mannlosen Schichten durchlaufen können. Bei dieser Automatisierung geht es nicht um die Produktion hoher Stückzahlen, sondern um die flexible, auftragsabhängige Fertigung verschiedener Bauteile. Für Baratti ist das gewählte System essenziell: „Anders könnten wir am Standort Deutschland nicht konkurrenzfähig produzieren.“ In vielen Bereichen sieht sich das mittelständische Unternehmen im Wettbewerb mit großen Konzernen, die längst Teile ihrer Produktion in Billiglohnländer verlagert haben. Mit bestimmten Vakuumprozessen besetzt Baratti allerdings auch Nischenbereiche, vor allem mit kundenspezifischen Projektgeschäften in der Kunststoffverarbeitung.
Die Freude über die moderne neue Anlage, laut Baratti eine der modernsten Fertigungen für den Pumpenbau, währte nicht lange. Es stellte sich heraus, dass das eingesetzte Dreh-Fräszentrum die verlangte Genauigkeit nicht erreichte. Wie Baratti berichtet, hat der Maschinenhersteller seine diesbezüglichen Zusagen nicht eingehalten und vermochte es auch über Jahre hinweg nicht, hier Abhilfe zu schaffen. Für Baratti war das umso bitterer, weil er mit der eignen Fertigung nicht nur die bisherigen Bauteile selber herstellen, sondern mit völlig neuen Vakuumpumpen das Unternehmen weiterbringen wollte.
Entsprechende Pläne hegt er seit langem. „Seit 45 Jahren mache ich nichts anderes als Vakuumtechnologie“, erzählt er. „So wie andere ein Bild malen, habe ich eine Pumpe im Kopf.“ Die Realisierung seines Plans kommt einer Weltneuheit gleich. Bislang wurden zweistufige Vakuumsysteme mit zwei separaten Pumpen aufgebaut, in denen Schraubwellen beziehungsweise Drehkolben arbeiten.
Baratti vereint nun beide Verdichtungssysteme in einem einzigen Aggregat, was eine Reihe von Vorteilen bringt. Das neue Vakuumsystem kommt mit nur einem Motor aus, womit auch die Steuerung für einen zweiten Motor wegfällt. Die Leistungsaufnahme beträgt nur etwas mehr als die Hälfte von bisherigen Systemen. Die integrierte Bauweise und der Wegfall des zweiten Motors ermöglichen wesentlich kompaktere, effiziente Systeme.
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Allerdings sind dafür Bauteile erforderlich, die nochmal erhöhte Anforderungen an die präzise Zerspanung stellen. Das gilt insbesondere für die langen Wellen. Damit sie in der Pumpe reibungslos laufen, muss nicht nur der schraubenförmige Bereich sehr exakt gefräst werden, sondern auch die Lagersitze an dem Enden des 1,20 Meter langen Bauteils absolut maßhaltig sein. Die vorgegebene Genauigkeit für das Bauteil liegt im Bereich von 1/100 Millimeter. Weil das mit der vorhandenen Maschine nicht umzusetzen war, lag Barattis visionäres Projekt sechs Jahre lang auf Eis, ehe er sich für den Austausch der Maschine entschied.
Um nicht erneut einen Fehlkauf zu tätigen, wollte sich Baratti zunächst davon überzeugen, dass eine neue Maschine seine Ansprüche tatsächlich erfüllt. Als einziger angefragter Maschinenhersteller traute sich Okuma an die Aufgabe heran und war bereit, zunächst ein Probeteil herzustellen. Als Maschine wurde das Dreh-Fräszentrum Multus U4000 gewählt. Mit einem Drehdurchmesser bis 400 Millimeter und einer maximalen Drehlänge von 2.000 Millimeter bietet sie hinreichend Platz für die bei Baratti zu fertigenden Teile. Das Werkzeugmagazin verfügt über 80 Plätze. Eine selbstzentrierende SMW-Lünette stützt die langen Wellen bei der Zerspanung.
Wilhelm Spät betreut als zuständiger Verkäufer im Schwarzwald Baratti und hat das Projekt von Beginn an zusammen mit mehreren Technikern von Okuma begleitet. „Das Team ist im Laufe der Zeit immer größer geworden“, berichtet er. „Die Welle mit der Schraube ist ein ausgesprochenes Hightech-Teil, wie man es nicht so oft findet, zumal die verlangte Genauigkeit sehr hoch ist.“ Die Profilform der Schraube mit ihrer sich verändernden Steigung habe die Anwendungstechniker vor Herausforderungen gestellt, die in enger Zusammenarbeit mit Baratti gemeistert werden konnten.
Die ersten Musterteile wurden bei Okuma in Krefeld hergestellt. Mit den Ergebnissen war Baratti sehr zufrieden. Nachdem die Wellen auf der eigenen 3D-Messmaschine geprüft worden sind, was eine Abweichung von lediglich maximal 1/100 Millimeter ergab, bestellte er umgehend die Maschine. Dabei war die in Krefeld für Tests zur Verfügung stehende Maschine noch nicht einmal optimal für die Anforderungen ausgelegt.
Okuma Multus U4000
Die Dreh-Fräszentren in Fahrständer-Bauweise der Multus-U-Serie genügen selbst höchsten Ansprüchen. Auch Simultan- und Synchronbearbeitung sind dank der Gegenspindel und dem unteren Werkzeugrevolver, die bei Bedarf eingebaut werden können, kein Problem. Die großzügigen Verfahrwege und die leistungsstarken Spindelantriebe eignen sich selbst für komplexe Anwendungen bis hin zur simultanen 5-Achsen-Bearbeitung.
Die an Baratti ausgelieferte Multus U4000 wurde für eine noch höhere Genauigkeit zusätzlich mit Okumas Wegmesssystem Abso-Scale ausgestattet. Dabei kommen Glasmaßstäbe in den Linearachsen X, Y und Z zum Einsatz. In der C-Achse der Hauptspindel wurden Glasmaßstäbe mit noch höherer Auflösung eingesetzt.
Jörg Müller, Produktspezialist BAZ – CAD/CAM bei Okuma, war bereits bei den Versuchen in Krefeld mit dabei und hat Baratti zusammen mit weiteren Kollegen später beim Einfahren der Bauteile auf der neuen Maschine betreut. Er hat sich in die Details eingearbeitet und weiß, weshalb es auf absolute Präzision ankommt: „Die Synchronisation bei dieser Bearbeitung muss hochgenau erfolgen. Wir dürfen bei der Bewegung von vorne nach hinten keinen Steigungsfehler hineinbekommen, weshalb die Z-Achsen-Bewegung sehr synchron mit der C-Achse laufen muss. Andernfalls bekäme man Probleme mit der Steigung dieser Spindel und Geometrieabweichungen.“
Das lineare Wegmesssystem Abso-Scale und die rotativen Encoder werden von Okuma selbst hergestellt und sind unter anderem ein Garant für absolute Präzision. Die Auflösung beträgt 1/10 Mikrometer. Wie genau die Maschine arbeitet, lässt sich jederzeit mit dem 5-Axis-Auto-Tuning-System von Okuma überprüfen. Für die Techniker war das von Anfang eine große Hilfe, wie Jörg Müller berichtet: „Mit dem Autotuning wird eine Messkugel mittels Messtaster an unterschiedlichen Positionen vermessen. Daraus können wir sehr genaue Rückschlüsse darüber ziehen, welche Dinge wir noch im Rahmen eines Feintunings anpassen können.“ Entsprechende Messungen kann auch der Anwender jederzeit selbst vornehmen. Fertige Bauteile kommen bei Baratti grundsätzlich auf die Messmaschine, ehe sie in die Montage gelangen.
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Da sich das Schlichten der großen Schraubenwelle über mehrere Stunden erstreckt, muss die Umgebungstemperatur berücksichtigt werden, damit es während dieser Zeit zu keinen Geometrieabweichungen kommt. Das Thermo Friendly-Concept von Okuma übernimmt die automatische Temperaturkompensation der gesamten Maschine.
Wie komplex das Bauteil ist, zeigt schon der Umstand, dass die Techniker von Okuma deren Speicher erweitern mussten, um die rund 40 erforderlichen Programme zum Schruppen, Vorschlichten, Schlichten und Drehen unterbringen zu können.
Zu Beginn liegt die Bearbeitungszeit für ein Bauteil bei über acht Stunden. Müller geht davon aus, dass sie im Zuge weiterer Optimierungen noch verkürzt werden kann. „Zunächst war es uns aber wichtig, den Prozess stabil hinzubekommen, um die Teile sicher und reproduzierbar hinzubekommen“, so Müller.
Letztendlich hat Okuma bei Baratti nicht nur eine Maschine aufgestellt, sondern auch Bearbeitungsprozesse ausgelegt und die Integration in das vorhandene Automatisierungssystem übernommen. Dass er nun endlich seine Vision einer besseren Vakuumpumpe umsetzen kann, schreibt Gerhard Baratti nicht nur dem leistungsfähigeren Dreh-Fräszentrum zu, sondern auch der versierten Unterstützung durch das Okuma-Team.