Blechwarmumformung und Spritzgießen

Werkzeuge 30 % leichter dank additiver Fertigung

Additiv gefertigte Werkzeuge mit topologieoptimierten Geometrien senken das Gewicht, beschleunigen Produktionsprozesse und verbessern die Bauteilqualität – das Fraunhofer IWU zeigt, wie es mit LPBF und neuen Software-Tools gelingt.

Additiv gefertigtes, topologieoptimiertes Segment eines Presshärtewerkzeugs.
Additiv gefertigtes, topologieoptimiertes Segment eines Presshärtewerkzeugs.

In vielen Werkzeugbaubetrieben kommen auch heute noch konventionelle Fertigungsverfahren und erfahrungsbasierte Designs zum Einsatz. Dies geht in der Regel mit geometrischen Einschränkungen und einem sehr hohen Werkzeuggewicht einher. In der Folge leiden Fertigungszeiten und Bauteilqualität häufig unter unzureichendem Temperaturmanagement. 

Im Forschungsvorhaben AdTopoTool konnten die Projektpartner Fraunhofer IWU, Werkzeugbau Winkelmühle GmbH und H+E Produktentwicklung GmbH nachweisen, dass additiv gefertigte Werkzeuge mit topologie- und kühlkanaloptimierten Geometrien einen erheblichen Mehrwert bieten – trotz hoher Anforderungen an die thermomechanische Belastbarkeit und das Temperaturmanagement des Werkzeugs. Topologieoptimierung bedeutet dabei, durch intelligente Materialverteilung bzw. mit Hilfe einer verbesserten geometrischen Gestaltung von Kühlkanälen das Werkzeug gleichzeitig auf minimales Gewicht und maximale Steifigkeit auszulegen. 

Wie profitieren Spritzguss und Presshärten von der Technologie?

Am Beispiel der Produktionsprozesse Spritzgießen und Presshärten wurde eine numerische Methode entwickelt, mit der sich das Belastungs- und Strukturverhalten thermisch hochbeanspruchter Werkzeuge zuverlässig vorhersagen lässt. Diese Methode kam für die Topologieoptimierung und Auslegung der Kühlkanäle je eines Demonstratorwerkzeugs für das Spritzgießen sowie für das Presshärten zum Einsatz. Die Forschenden validierten außerdem die optimierten und additiv gefertigten Werkzeuggeometrien im Labormaßstab.

Das Ergebnis: Eine Gewichtsreduktion des Spritzgusswerkzeugs um ca. 34 % und des Presshärtewerkzeug-Segments um ca. 28 %, ohne dass die Anforderungen an die Formstabilität beeinträchtigt werden.

Durch effizientere Temperiersysteme können die Zykluszeiten der spritzgegossenen Bauteile um 60 % und die Wärmebehandlung der pressgehärteten Bauteile um fast die Hälfte verkürzt werden. Dabei kann in einigen Fällen sogar eine Verbesserung der Qualität und Maßhaltigkeit der Endprodukte erreicht werden.

Von händisch ausgelegten, konventionell gefertigten Kühlkanälen zur additiven Produktion nach EWAM-Ansatz.
Von händisch ausgelegten, konventionell gefertigten Kühlkanälen zur additiven Produktion nach EWAM-Ansatz.

Wie lassen sich Hürden bei der additiven Werkzeugentwicklung überwinden?

Fehlende Erfahrung mit additiver Fertigung, eine aufwändige Auslegung der Temperiersysteme und lückenhafte Konstruktionsrichtlinien stehen einem breiten Einsatz dieser Technologie jedoch bislang im Weg. Um solche Hürden zu überwinden, entwickelt das Fraunhofer IWU im aktuellen Projekt EWAM (Effizienter Werkzeugbau mit Additiver Fertigung) eine skriptbasierte, automatische Temperierungsauslegung. Weniger manueller Aufwand und eine verkürzte Entwicklungszeit für das Werkzeug sollen zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führen. 

Ziel ist ein Software-Plug-in für die automatische Konstruktion von additiven Temperiersystemen unter Berücksichtigung von Vorgaben der additiven Fertigung sowie der Ergebnisse von thermischen, strömungstechnischen und Belastungsanalysen. Damit das Plug-in nach dem Marktstart zügig Verbreitung finden kann, wird es in einer universellen Programmiersprache erstellt und mit verschiedenen 3D-CAD-Programmen kompatibel sein.

Die Anwendung des Laser-Powder-Bed-Fusion-Verfahrens, eine optimierte Werkzeuggeometrie, die tatsächliche Prozessbelastungen berücksichtigt, sowie eine intelligente Werkzeugkühlung schaffen für mittelständischer Werkzeugbauer einen echten Mehrwert. Das Fraunhofer IWU hat sich auf die Fahnen geschrieben, neue Maßstäbe für schnell umsetzbare, ressourceneffiziente und hochwertige Werkzeuglösungen zu setzen.

bearbeitet von: Annika Ostermeier

FAQ – Additive Fertigung im Werkzeugbau

  • Was bringt die additive Fertigung im Werkzeugbau? - Komplexere Geometrien, integrierte Kühlung, geringeres Gewicht.
  • Warum ist Topologieoptimierung so wichtig? - Sie spart bis zu 34 % Gewicht – bei gleicher Stabilität.
  • Wo liegen die bisherigen Hürden? - Hoher Konstruktionsaufwand, fehlende Erfahrung, unklare Richtlinien.
  • Was ist das Ziel von EWAM? - Automatisierte Auslegung von Kühlkanälen per Software-Plug-in.
  • Für welche Anwendungen ist das relevant? - Vor allem für Spritzguss- und Presshärteprozesse.