Mit diamantbelegten Schaumstoffen das Schleifen revolutionieren
Prof. Michael Zäh, WGP-Präsident und Leiter des iwb München, übergibt die Otto-Kienzle-Gedenkmünze an Dr. Monika Kipp.
(Bild: René Laeger)
Mit diamantbelegten Schaumstoffen, internationaler Vernetzung und unerschütterlichem Forschergeist treibt Monika Kipp die Schleiftechnik an die Grenze des Machbaren – und darüber hinaus. Ein Leben für Präzision, Vision und Hightech-Oberflächen.
Die Otto-Kienzle-Gedenkmünze der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP) ist eine der renommiertesten Auszeichnungen im Bereich der Fertigungstechnik. Sie ehrt herausragende wissenschaftliche Leistungen junger Forschender, die mit Pioniergeist und wissenschaftlicher Tiefe neue Wege in der Produktionstechnik beschreiten. Im Jahr 2025 geht die Medaille an Dr. Monika Kipp – eine Forscherin, deren Weg sich mit hoher Geschwindigkeit durch den Schleifstaub der Zerspanung bahnt.
Die Ehrung rückt nicht nur ihre bisherige Forschung ins Rampenlicht, sondern auch ihre Fähigkeit, komplexe Themen der Schleiftechnik praxisnah und industrienah zu durchdringen. Ob Werkzeugpräparation, Oberflächenfeinstbearbeitung oder Industriekooperation – die Wissenschaftlerin aus dem Tecklenburger Land setzt Maßstäbe.
Wie begann die Karriere im Schleifkosmos?
Schon während eines frühen Praktikums entfachte die Begeisterung für die Zerspanung. Was als technisches Interesse begann, entwickelte sich rasant zu einem hochkarätigen Forschungsschwerpunkt. Während ihrer Zeit am Institut für Spanende Fertigung (ISF) der TU Dortmund baute Monika Kipp ihre Expertise stetig aus.
Dabei war es nicht nur das Schleifen an sich, das faszinierte, sondern besonders die Möglichkeit, durch präzise Nachbearbeitung und Werkzeugoptimierung ganze Fertigungsprozesse zu verbessern. Früh eingebunden in industrielle Netzwerke – etwa durch ein Deutschlandstipendium – entstand ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen der Praxis.
Was macht ihre Forschung so revolutionär?
Im Fokus steht die Feinstbearbeitung von Hartmetall – ein Material, das höchste Anforderungen an Bearbeitungspräzision und Werkzeugtechnik stellt. Kipp setzt auf elastisch gebundene Diamantschleifwerkzeuge, die bei der Bearbeitung von Hartmetalloberflächen nicht nur Genauigkeit, sondern auch strukturelle Integrität ermöglichen.
Besonders innovativ: Die Anwendung diamantbelegter Schaumstoffe. Diese verhalten sich flexibel wie ein Küchenschwamm, behalten jedoch die abrasiven Eigenschaften von Diamant. Das Resultat: Selbst stark strukturierte Oberflächen lassen sich nachbearbeiten, ohne das Mikroprofil zu beschädigen – ein Gamechanger für Branchen wie Medizintechnik, Luftfahrt oder die Präzisionswerkzeugherstellung.
Wie sieht internationale Zusammenarbeit aus?
Globales Denken, lokales Schleifen – das beschreibt Monika Kipps Arbeitsstil treffend. Ihre internationale Forschung führte sie unter anderem an die Chalmers University of Technology in Göteborg, Schweden. Dort trieb sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen neue Grundlagen zur Einsatzvorbereitung von Diamantfeinstschleifscheiben voran.
Gefördert durch den Rudolf-Chaudoire-Preis, wurde die Kooperation mit skandinavischen Forschungseinrichtungen zu einem Meilenstein. Die Kombination aus Materialwissenschaft, Physik und Fertigungstechnik mündet in interdisziplinären Projekten, die das Schleifen auf eine neue technologische Ebene heben.
Welche Rolle spielt die Industrie in ihrer Forschung?
Von Anfang an war der enge Draht zur Industrie prägend. Ob über das Deutschlandstipendium oder über Projekte der Industriellen Gemeinschaftsforschung – Kipps Arbeiten entstanden stets im Spannungsfeld von Theorie und Praxis. Der kontinuierliche Austausch mit Unternehmen erlaubt es, praxisnahe Lösungen zu entwickeln und gleichzeitig wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zu gewinnen.
Beispielhaft ist der Einsatz ihrer Entwicklungen in der Werkzeugfeinstbearbeitung. Unternehmen profitieren dabei von reduzierter Nachbearbeitungszeit, höherer Werkzeugstandzeit und minimiertem Ausschuss. Besonders die Nachbearbeitung strukturierter Flächen ohne Formverlust ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal ihrer Ansätze.
Wie wird Wissen an die nächste Generation weitergegeben?
Führung, Lehre, Mentoring – Monika Kipp versteht ihre Rolle als Forscherin umfassend. Bereits 2020, also fünf Jahre nach ihrem Einstieg als wissenschaftliche Mitarbeiterin, übernahm sie die Leitung der Abteilung Schleiftechnologie am ISF. Seither verantwortet sie ein 18-köpfiges Team und gestaltet aktiv die Forschungsschwerpunkte.
In der Lehre verknüpft sie Theorie mit Praxis, bringt visionäre Ausblicke in die Seminare ein und macht so Zukunftstechnologien greifbar. Dabei agiert sie nicht als bloße Wissensvermittlerin, sondern als Mentorin. Persönliche Entwicklung, Austausch auf Augenhöhe und Raum für Diskussionen sind fest in ihrem Führungsstil verankert.
Welche Visionen stehen im Fokus zukünftiger Projekte?
Die diamantbelegten Schaumstoffe sind nur der Anfang. Monika Kipp und ihr Team wollen die Potenziale dieser Technologie weiter ausschöpfen und für industrielle Anwendungen skalierbar machen. Besonders in der Endbearbeitung komplexer Geometrien eröffnen sich hier bislang unerschlossene Potenziale.
Zukünftige Projekte sollen zudem die Einsatzvorbereitung von Schleifwerkzeugen weiter automatisieren und digitalisieren. Ziel ist eine reproduzierbare, prozesssichere Vorbereitung, die sowohl Ressourcen schont als auch konstante Qualität garantiert. Auch Aspekte der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz rücken stärker in den Fokus.
FAQ
- Was ist das Besondere an diamantbelegtem Schaumstoff?
Das Material vereint hohe Flexibilität mit abrasiver Wirkung – ideal zur Feinstbearbeitung komplexer und strukturierter Oberflächen ohne Profilverlust. - Warum wurde Monika Kipp mit der Otto-Kienzle-Gedenkmünze ausgezeichnet?
Für ihre herausragenden Leistungen in der Schleiftechnologie, insbesondere in der Feinstbearbeitung von Hartmetall und im internationalen Technologietransfer. - Welche Rolle spielt die Industrie in ihren Forschungsprojekten?
Eine zentrale: Kipp arbeitet eng mit Industriepartnern zusammen, um praxisrelevante Lösungen zu entwickeln und schnell in Anwendungen zu überführen. - Worauf liegt der aktuelle Forschungsschwerpunkt?
Im Fokus stehen die Einsatzvorbereitung von Diamantschleifwerkzeugen und deren Einfluss auf die Werkstückqualität – inklusive Digitalisierungspotenzial. - Wie engagiert sie sich für den wissenschaftlichen Nachwuchs?
Als Abteilungsleiterin und Lehrende agiert sie als Mentorin, vermittelt Wissen praxisnah und fördert aktiv die persönliche Entwicklung junger Talente.