Diese Vorteile bieten optimierte Schneidengeometrien
Redaktion "Fertigung"Redaktion"Fertigung"
Auf Kupplungsstücken aus bleifreiem Messing CW724R sind Gewinde M18 x 1 zu fertigen.(Bild: Johs. Boss)
Der Armaturenhersteller Lüdecke in Amberg kann dank der speziellen Gewindeschneidwerkzeuge der Johs. Boss auch bleifreies Messing in der Serienfertigung wirtschaftlich und produktiv bearbeiten.
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Blei ist ein Schwermetall, das in höheren Konzentrationen schädlich für die Umwelt und die menschliche Gesundheit sein kann. Die Reduktion von Blei in Produktionsmaterialien ist somit in den letzten Jahren immer wichtiger geworden und durch bestimmte EU-Richtlinien zusätzlich vorgeschrieben.
Bei der Bearbeitung bleifreier Metalle mit den bisher üblichen Werkzeugen und Schneidengeometrien entstehen allerdings meist lange, nur unregelmäßig brechende Späne. Zudem verschleißen die Schneidkanten der Werkzeuge deutlich schneller als dies bei bleihaltigen Werkstoffen der Fall ist. Der Grund dafür ist, dass Blei in Metallen wie ein integrierter Schmierstoff wirkt, der nunmehr entfällt. Bauteile aus solchen Metallen zu fertigen, erfordert deshalb innovative Werkzeuge.
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Eine Frage der ökologischen Verantwortung
Für Unternehmen ist der Wechsel auf bleifreie Legierungen nicht nur eine Frage der gesetzlichen Konformität, sondern auch der ökologischen Verantwortung. Die Entscheidung, auf bleifreie Materialien umzusteigen, basiert auf Lüdeckes langfristiger Vision von einer nachhaltigen Produktion und einem verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen.
Deshalb werden bereits aktuell ausgewählte Bauteile aus bleifreien, beziehungsweise bleiarmen Werkstoffen (insbesondere Messing) hergestellt – eine Tatsache, die von den Kunden sehr geschätzt wird. Dazu gehören beispielsweise Armaturen und Kupplungen für die Pneumatik, Temperieranwendungen, die Prozessindustrie oder die Wasserversorgung.
Die Umstellung auf den umweltfreundlichen Werkstoff erweist sich jedoch als deutlich schwieriger als zunächst erwartet. Bei bleifreien Werkstoffen brechen die Späne nicht mehr regelmäßig. Somit entstehen lange Wirrspäne, die sich in den Arbeitsräumen von Dreh- und Fräsmaschinen stauen. Das beeinträchtigt erheblich die Prozesssicherheit, die Fertigungsbetriebe speziell in einer Serienfertigung benötigen und resultiert oftmals in hohen Kosten bei der Werkzeugbeschaffung, häufigen Stillstandzeiten der Maschinen sowie einer drastischen Verkürzung der Standzeiten der Werkzeuge.
Bei Lüdecke in Amberg werden unter anderem Kupplungen aus Messing (Werkstoff CW724R) gefertigt. Dies erfolgt in großen Serien auf Rundtaktautomaten, unter anderem vom Hersteller K. R. Pfiffner, Utzenstorf /Schweiz. Auf den Kupplungen sind Gewinde M18x1 zu schneiden.
Speziell für bleifreie Messinglegierungen konzipiertes Gewindeschneideisen aus Hartmetall mit optimierten Schneidengeometrien.(Bild: Johs. Boss)
Beim Fertigen der Gewinde in den bleifreien Werkstoffen mit den üblichen Schneideisen aus HSS und HSSE ergaben sich allerdings deutlich niedrigere Standmengen als beim Bearbeiten der bleihaltigen Messing legierungen. Bisher fertigten solche Gewindewerkzeuge annähernd 100.000 Gewinde. Unter der Verwendung von bleifreiem Messing sind sie allerdings nach lediglich 3.500 bearbeiteten Teilen verschlissen und müssen gewechselt werden. Bei einer Taktzeit von etwa 4,5Sekunden pro Werkstück bedeutet dies, die hoch produktiven Rundtaktautomaten alle vier bis fünf Stunden stillzusetzen und die Gewindewerkzeuge zu wechseln. Das vermindert erheblich die Produktivität und erweist sich als unwirtschaftlich.
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Zur Bearbeitung der bleifreien Messinglegierung CW724R entwickelten die Experten des auf Gewindewerkzeuge spezialisierten Werkzeugherstellers Johs. Boss Schneideisen aus Hartmetall. Diese sind mit der optimierten Schneidengeometrie versehen.
Auch in bleifreiem Messing bearbeiten die angepassten Werkzeuge von Johs. Boss bis zu 80.000 Gewinde prozesssicher auf die geforderte Genauigkeit und Oberflächengüte an den Gewindeflanken.(Bild: Johs. Boss)
80.000 Kupplungen ohne Werkzeugwechsel bei gleichbleibender Taktzeit gefertigt
Die ersten Tests bei Lüdecke ergaben, dass die optimierten Gewindeschneideisen nach etwa 2.500 gefertigten Bauteilen nach wie vor zuverlässig hinsichtlich der geforderten Genauigkeit und hohen Oberflächengüte fertigen. Auch die Taktzeit wurde mit etwa 4,5Sekunden eingehalten. Bisher konnten die Fertigungstechniker bei Lüdecke den Verschleiß an Werkzeugen stets anhand der verlängerten Taktzeiten identifizieren. Verschlissene Schneiden erfordern höhere Drehmomente an den Spindeln. Demzufolge arbeiten die Spindeln bei niedrigerer Drehzahl und niedrigeren Vorschubgeschwindigkeiten.
Nach knapp 80.000 gefertigten Gewinden weisen die Schneiden der Gewindewerkzeuge aus Hartmetall keinerlei Verschleiß auf.(Bild: Johs. Boss)
Aufgrund der unveränderten Parameter beließen die Fertigungstechniker das Gewindewerkzeug aus Hartmetall von Johs. Boss im Rundtaktautomaten. Letztendlich konnten knapp 80.000 Kupplungen ohne Werkzeugwechsel bei gleichbleibender Taktzeit gefertigt werden. Das Gewindewerkzeug bearbeitete ein komplettes Auftragslos ohne zu verschleißen auf die geforderte Oberflächengüte an den Gewindeflanken.
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Dies zeigt, dass die optimierten Gewindewerkzeuge aus Hartmetall mit speziell angepassten Schneidengeometrien des Werkzeugherstellers Johs. Boss beim Bearbeiten bleifreier Metalllegierungen die gleiche Produktivität, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit verwirklichen können wie die bisher eingesetzten HSS-Werkzeuge bei der Fertigung von Bauteilen aus bleihaltigen Legierungen.
Quelle: Johs. Boss GmbH & Co. KG
FAQ – Optimierte Schneidengeometrie für bleifreies Messing
Warum ist bleifreies Messing schwerer zu bearbeiten als bleihaltiges? Blei wirkt in herkömmlichen Messinglegierungen wie ein integrierter Schmierstoff, der das Spanbrechen unterstützt und den Werkzeugverschleiß reduziert. Fehlt das Blei, entstehen lange, unregelmäßige Späne und die Werkzeuge verschleißen schneller.
Welche Probleme verursacht die Bearbeitung von bleifreiem Messing in der Serienfertigung? Häufige Werkzeugwechsel, Maschinenstillstände, verringerte Standzeiten und unsichere Prozesse führen zu steigenden Produktionskosten und reduzierter Produktivität.
Was bringt eine optimierte Schneidengeometrie konkret? Sie verbessert das Spanbrechen, reduziert den Verschleiß und erhöht die Standzeit erheblich. Bei der Lüdecke GmbH konnten beispielsweise 80.000 Bauteile ohne Werkzeugwechsel gefertigt werden.
Welche Materialien profitieren von solchen Werkzeuglösungen? Vor allem bleifreie oder bleiarme Messinglegierungen wie CW724R. Solche Werkstoffe finden zunehmend Einsatz in Trinkwasser- und Pneumatikkomponenten, bei denen bleifreie Werkstoffe gesetzlich vorgeschrieben sind.
Welche Vorteile haben Hartmetall-Gewindeschneidwerkzeuge gegenüber HSS/HSSE? Hartmetallwerkzeuge mit optimierter Schneidengeometrie bieten höhere Standzeiten, bessere Oberflächengüte und konstante Taktzeiten, was sie ideal für die automatisierte Serienfertigung macht.
Wie erkenne ich Werkzeugverschleiß frühzeitig in der Praxis? Ein guter Indikator ist eine verlängerte Taktzeit oder ein Anstieg des erforderlichen Drehmoments. In automatisierten Anlagen lässt sich Verschleiß so oft rechtzeitig feststellen, bevor Ausschuss entsteht.
Lohnt sich der Einsatz optimierter Werkzeuge auch wirtschaftlich? Ja. Höhere Standmengen bedeuten weniger Maschinenstillstände, weniger Werkzeugkosten und eine stabilere Serienproduktion – besonders bei großen Stückzahlen amortisiert sich der Invest schnell.