In Wolfertschwenden beim weltweiten Marktführer für Vakuum-Verpackungslösungen, Multivac, hält man von kurzfristigen Strategien nicht viel. Deshalb stehen bei Neuinvestitionen in Bearbeitungszentren auch nicht ausschließlich die klassischen Merkmale wie Verfahrwege, Achsbewegungen oder Leistungsparameter im Vordergrund. Vielmehr werden die Entwicklungen von Märkten und Produkten sowie eigene Ziele für die nächsten Jahre gegeneinander abgewogen und dementsprechend entschieden.
Das war bei den aktuellen Heller-Bearbeitungszentren MCH 350-C und FP 4000 nicht anders. Eingebunden in sehr komplexe automatisierte Prozesse, ging es den Verantwortlichen so beispielsweise beim 5-Achs-Bearbeitungszentrum MCH 350-C um die enge Vernetzung beziehungsweise Funktionalität der Maschinensteuerung mit dem CAD/CAM-System, Werkzeugdatenmanagement, BDE/MDE, der Automatisierung und dem SAP.
Für Uwe Glöckler, Bereichsleiter Fertigung zählt diese Anforderung nicht unbedingt zu den Standards, die Maschinenhersteller anbieten: „Bei uns beginnt nachhaltiges Wirtschaften bereits in der Fertigung. Deshalb entscheiden wir nicht für die nächsten zwölf Monate, sondern bringen in unsere Ziele künftige Produktentwicklungen mit ein, um in die optimale Technologie zu investieren. Dazu zählt unter anderem auch unser Auftragswesen, das wir über SAP steuern und das so sehr eng mit der Maschine vernetzt ist. Das heißt, die Daten des Fertigungsauftrags gehen vom SAP inklusive der Informationen vom Rohteil an die Maschine. Diese registriert sekundengenau die Zeit pro Auftrag und gibt diese Informationen an SAP zurück. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Heller sich bei individuellen Problemlösungen sehr engagiert, und so hat man auch in diesem konkreten Fall sehr flexibel auf unsere Anforderungen reagiert.“
Auf einen Blick
Vorteile Baureihe F von Heller
- weniger Kosten durch flexible Komplettbearbeitung
- optimierte Lebenszykluskosten dank innovativem Fertigungskonzept
- zwei Baureihenvarianten für maximale Fertigungsflexibilität: Werkstattmaschine FT (Tischbeladung) für Einzelteilfertigung im Werkzeug- und Formenbau und Produktionsmaschine FP (Palettenwechsler) für Serienproduktion
Neben dieser überwiegend softwareorientierten Lösung standen freilich noch andere Aspekte auf dem Prüfstand. So wird mit der MCH 350-C ausschließlich Edel- und Werkzeugstahl mit sehr langen Zerspanzeiten bearbeitet. Mit der kräftigen Getriebespindel, ausgestattet mit einem Drehmoment von 822 Nm und einer Drehzahl von 8000 min-1, ist das problemlos sechs Tage die Woche möglich. Mittlerweile liegt man damit bei einer Verfügbarkeit von 96 Prozent.
Der Nutzen zählt
Wie weit das Engagement von Heller gehen kann, zeigt allerdings auch die Aluminiumbearbeitung bei Multivac. Geht man davon aus, dass bei der Bearbeitung von Aluminium hohe Drehzahlen und Dynamik ganz entscheidende Faktoren sind, sieht man das in Wolfertschwenden etwas differenzierter. Durch das Fertigen tiefer Kammern waren hier bislang Drehzahlen von 12 000 min-1 ausreichend, stabile Werkzeugaufnahmen aber zwingend erforderlich.
Heute, so Glöckler, zeichnet sich hier eine Trendwende ab: „Die Werkzeugtechnologie hat sich in den letzten Jahren deutlich weiter entwickelt. Das gilt insbesondere für die Bearbeitungsstrategien. So ist es heute möglich, mit kleineren Aufnahmen, die höhere Drehzahlen zulassen, auch in der Tiefe zu bearbeiten. Deshalb sind wir seit einiger Zeit dabei HSK 100 zu verlassen und uns auf HSK 63 zu konzentrieren.“
Gepaart mit der 5-Achstechnologie, konkret der FP 4000 mit 16 000 min-1, ist man so bei Multivac auf dem Weg zur nahezu kompromisslosen Produktivität. Nahezu, denn ein weiterer Aspekt ist eine hohe Dynamik, die für die schnelle Positionierung im Eilgang notwendig ist. Speziell bei kleinen Rippen hat die Dynamik wesentlichen Einfluss auf die Bearbeitungsdauer, denn es sind ja zwei Achsen permanent am Beschleunigen und Verzögern.
Nun sind derartige Einsätze bei Multivac zwar eher selten. Aber selbst wenn, müsste man sich hier einem ganz anderen Problem stellen. Die Bauteile haben Abmessungen von über 600 mm Länge. Mit den klassischen HSC-Maschinen sind derartige Abmessungen kaum möglich. Da kam den Verantwortlichen die Maschinengeometrie der FP 4000, also insbesondere die Spindelaufhängung sehr entgegen.
Unabhängig davon ging es vordergründig ohnehin nicht nur um Dynamik, sondern ebenfalls um Zerspanleistung, Oberflächengüte und um die Bearbeitung in die Tiefe. Sprich um Stabilität und HSK 63 sowie die Komplettbearbeitung von 3D-Formen in einer Aufspannung mit sehr tiefen Kühl- oder Belüftungsbohrungen in alle Richtungen. Und es ging, um flexibel zu bleiben, nicht darum, mit Speziallösungen zu arbeiten, sondern auf Standardmaschinen zu setzen.
Bei diesen Investitionen denkt man bei Multivac ohnehin mittel- und langfristig. Deshalb zählt weniger der Anschaffungspreis als vielmehr der Nutzen über die Abschreibungsdauer von acht Jahren. Da werden intensives Benchmarking betrieben, Produktivität, Zerspanleistung und Verfügbarkeit hochgerechnet und praxisnahe Tests ausgeführt. Wichtig ist, dass mit nur einer Maschine die Komplettbearbeitung durchgeführt werden kann. Eine Anforderung, für die man Kompromisse eingehen muss. Mit der Grobzerspanung und dem Schlichten mit kleinen Werkzeugen scheint man die aber messbar reduziert zu haben.