Der harte Wettbewerb zwingt deutsche Unternehmen mit höchster Effizienz zu fertigen. Alle Kostenverursacher und Optimierungsmöglichkeiten müssen identifiziert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Besonders hohe Einsparmöglichkeiten gibt es bei den indirekten Werkzeugkosten. Voraussetzung aller Überlegungen, Einsparmöglichkeiten zu identifizieren, ist eine transparente Darstellung der Kostenerzeuger. Die Einführung eines ganzheitlichen Toolmanagement-Systems ist die Basis zu einer strukturierten Kostenanalyse.
Die Britsch Spannzeuge GmbH hat 2016 genau dieses Optimierungspotenzial im Bereich Werkzeugverwaltung erkannt. Das mittelständische Unternehmen aus Pforzheim stellt Spannmittel jeglicher Ausprägung her. Pro Jahr produziert Britsch etwa 600 000 Artikel auf 48 Maschinen, mit einem Werkzeugvolumen von 1000 Werkzeugen. Als Partner für diese komplexe und umfangreiche Aufgabenstellung hat Britsch seinen Haupt-Werkzeuglieferanten, ZCC Cutting Tools Europe, gewählt, mit dem seit über 10 Jahren eine enge Kunden-Lieferanten-Beziehung besteht. Der Partner hatte auch mit seinem Toolmanagement-System genau die richtige Lösung parat und konnte umgehend ein umfassendes Konzept vorlegen.
ZCC Cutting Tools, eine Tochter der China Minmetals Corporation, hat seinen Sitz in Zhuzhou in Südchina und ist mit 2000 Mitarbeitern weltweit aktiv in Entwicklung und Einsatz von Werkzeugen sowie im Vertrieb. Die Unternehmensgruppe deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der Gewinnung der Rohstoffe zu den veredelten Endprodukten mit eigenen Ressourcen und eigener Kompetenz ab.
Kundenspezifisch ausgelegt
In der Unternehmenszentrale und dem Europalager von ZCC Cutting Tools Europe in Düsseldorf arbeiten über 80 Mitarbeiter. Von dort aus wird der gesamte europäische Markt mit Werkzeugen beliefert. Seit 2019 steht mit dem Test- und Demonstrationszentrum ein modernes Schulungs- und Entwicklungszentrum, das speziell auf die Anforderungen der Kunden in Europa ausgerichtet ist, zur Verfügung. Was Britsch vor allem überzeugte ist, dass die Hardware des Ausgabesystems von ZCC Cutting Tools kundenspezifisch ausgelegt wird. Wesentliche Komponenten sind die elektronisch angesteuerten Schränke, welche für Werkzeuge, aber auch für PSA-Artikel genutzt werden können. Die Schubladengrößen sowie die innere Einteilung der Automaten basieren auf den Abmessungen und der Menge der einzulagernden Artikel. Die Tragkraft pro Schublade beträgt maximal 200 kg, somit kann ein Schrank mit 2800 kg an Werkzeugen beladen werden.
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Dieses Alleinstellungsmerkmal sagt viel über die Qualität der verbauten Materialien aus. Die Sortierung in den Schränken kann nach Bearbeitungsverfahren geschehen, aber auch komplett chaotisch, um Verwechslungen zu vermeiden. Eine SPS-Steuerung sorgt für die elektronische Verriegelung der Schränke. Des Weiteren befindet sich ein RFID-Identifikationssystem am Automaten. Mit diesem kann der bereits vorhandene "Stempelchip" zur Anmeldung der Anwender genutzt werden. Für die Werkzeugidentifikation wird ein klassischer 1-D- Barcodeleser verwendet. Darüber hinaus ist das System modular aufgebaut und so flexibel erweiterbar. Die Software ist Kern des Toolmanagement-Systems, läuft auf einem Windows-PC und ist ebenfalls modular aufgebaut. Britsch konnte sich die einzelnen Module nach Bedarf zusammenstellen, um so den Kosten/Nutzen-Effekt zu optimieren.
Wichtig ist auch, dass die Schnittstellen der Software sowohl in Richtung ERP-System als auch für andere Shopfloor-Softwarelösungen offen sind. Da die Software seit über 25 Jahren in Europa weiterentwickelt wird, können kundenspezifische Sonderprogrammierungen und Anpassungen zügig umgesetzt werden, falls die Standard-Version die Kundenanforderungen nicht zu 100 Prozent erfüllt. "Durch die fertigungsorientierte Softwareprogrammierung liefern wir eine komplexe Software, die trotzdem einfach zu handhaben ist", so Herrmann, der bei ZCC Cutting Tools als Projektmanager für das Toolmanagement-System verantwortlich ist.
Die Mitarbeiterschulung ist ein wesentliches Element der erfolgreichen Systemeinführung und wird sinnvollerweise nach Anwendergruppen unterteilt. Für den einfachsten Fall der klassischen Entnahme-Schulung reichen schon ca. 30 Minuten aus. Die Administrator-Schulung hingegen nimmt 1 bis 2 Tage in Anspruch. Je besser die Mitarbeiter geschult sind, desto größer ist der Nutzen für das Unternehmen, da so die Potenziale in der tagtäglichen Handhabung vollständig erschlossen werden. "Am wichtigsten ist, dass wir unsere Mitarbeiter von der Effizienz des Systems überzeugen und damit die Akzeptanz im Betrieb herstellen", betont Maximilian Schwörer, zuständig für das Toolmanagement-System bei Britsch.
Personifizierte Ausgabe
Motivation und Akzeptanz fördern die neue Vorgehensweise bei der Ausgabe eines Werkzeugs. Ein Mitarbeiter von Britsch wählt "sein" Werkzeug aus, hat damit auch eine persönliche Verantwortung für den Einsatz sowie die spätere Rückgabe und ist sensibilisiert für die Nutzung des Ausgabesystems. Die Entnahmeberechtigungen werden einerseits für verschiedene Anwendergruppen definiert, gleichzeitig werden dem Anwender auch direkt feste Kostenstellen zugeordnet. Die Suche nach einem Werkzeug erfolgt über den Barcodescanner oder über die vorher definierten Warengruppen, um so dem Anwender nach der Werkzeugauswahl sofort die Verfügbarkeit anzuzeigen. Der Mitarbeiter kann ganze Warenkörbe definieren und auch Reservierungen im System vornehmen. Diese Funktion erzeugt speziell bei neuen Arbeitsprogrammen eine besonders hohe Planungssicherheit.
Fünf Artikelzustände
Die Software unterscheidet zwischen fünf verschiedenen Artikelzuständen: neu, gebraucht, stumpf, geschliffen und Leihwerkzeug. Alle stumpfen Werkzeuge gehen in den Nachschleifzyklus. Gebrauchte, noch einsatzfähige Werkzeuge werden von den Neuwerkzeugen getrennt gelagert, um den Produktlebenszyklus besser überwachen zu können. Unter die Kategorie Leihwerkzeuge fallen Prüf- und Messmittel, Fräskörper und Werkzeuge, die keinem direkten Verschleiß unterliegen. Dem Anwender wird übersichtlich dargestellt, welche Werkzeuge aktuell auf sein Konto gebucht sind. Darüber hinaus wird ausgewiesen, an welcher Kostenstelle sich das Leihwerkzeug aktuell befindet.
Und auch die Kalibierfristen werden über die Software verwaltet. Für die Auswertungen können individuelle Reports erstellt werden. Alle Bewegungen im System werden dort aufbereitet. Anhand dieser Übersicht ist sofort ersichtlich, welche Kostenstellen die meisten Kosten verursachen. Für eine übersichtliche Darstellung der Informationen können Diagramme in andere Anwendungen exportiert werden. "Artikelstammdaten in hoher Datenqualität sind ein Schlüsselfaktor für die Werkzeugdigitalisierung", unterstreicht Herrmann. Deswegen unterstützt ZCC Cutting Tools Bitsch zusätzlich mit gut gepflegten Werkzeuginformationen und bietet Hilfestellung beim Artikelimport. Britsch konnte auf diese Weise sofort nach Inbetriebnahme mit dem Toolmanagement-System arbeiten, da der Artikelimport bereits vorab durchgeführt wurde.
Automatisierte Bestellung
Das System gibt eine Meldung aus, wenn der Mindestbestand eines Werkzeugs unterschritten wird. Die Software kann außerdem so konfiguriert werden, dass im Workflow eine automatisierte Bestellung generiert wird, ohne dass manuell eingegriffen werden müsste. Momentan wird bei Britsch Spannzeuge die Meldung noch als Bestellvorschlag aufgenommen, geprüft und dann manuell ein Bestellvorgang ausgelöst. Mehrere gleichartige Vorgänge deklariert das System als Sammelbestellung, um damit den logistischen Aufwand zu reduzieren.
Transparente Kostenstruktur
Mit dem Toolmanagement-System von ZCC Cutting Tools Europe wird einerseits die Transparenz der Kostenstrukturen, andererseits die Effizienz verschiedener Prozesse bei Britsch erheblich gesteigert. Seit der Einführung in 2018 sind über 600 Werkzeuge im System registriert. Schwörer sieht bereits markante Einsparungen, beispielsweise im Umlaufbestand der Werkzeuge und beziffert diese mit zirka 20 Prozent. Darüber hinaus hat auch die Variantenvielfalt an sich im Werkzeugkreislauf befindlichen Werkzeugen um 30 Prozent abgenommen. Viele Werkzeuge wurden standardisiert und "tote", über einen längeren Zeitraum nicht genutzte, Lagerartikel aussortiert. Beide Effekte basieren auf der systematischen Erfassung aller Bewegungen im System und der daraus abzuleitenden, erforderlichen Maßnahmen zur Optimierung. Auch derZeitaufwand für die Verfügbarkeitsprüfung von Werkzeugen sind um 50 Prozent gesunken. Die reinen Maschinenstillstände, verursacht durch fehlende Werkzeuge, sind auch um etwa 10 Prozent zurückgegangen.
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"Wir haben keine Zwischenlager mehr an den Werkbänken, Maschinen und Werkzeugwagen und brauchen auch nicht im Betrieb nach Werkzeugen zu suchen. Da unterstützt uns das System immens", hebt Schwörer hervor. Er bestätigt, dass jetzt, nach der Anlaufphase, das System durchgängig genutzt wird, die Mitarbeiter die Unterstützung sehen und sich trotzdem nicht überwacht fühlen. Aufgrund der messbaren Mehrwehrte und der gleichzeitigen Akzeptanz im Unternehmen hat Britsch nach zwei Jahren die Hardwarekonfiguration von drei auf fünf Ausgabeschränke erweitert. Schwörer erklärt: "Unsere Aufgaben in der Zukunft liegen jetzt darin, die Analysefunktionen des Systems für unser Fertigungs-Controlling zu nutzen, um weitere Schwachstellen in der Produktion zu eliminieren." Für Schwörer sind dies strategische Zielsetzungen, um weitere Produktivitätspotenziale auszuschöpfen.
Enormes Einsparpotenzial
Herrmann hat die Einführung maßgeblich unterstützt und sieht den Hauptvorteil für Britsch darin, dass das System komplett auf deren spezifische Bedürfnisse abgestimmt werden konnte. "Wir sind auch jetzt im stetigen Austausch mit dem Kunden, um weiterhin die bestmöglichen Einsparungen zu erzielen. In vielen Unternehmen wird schon mit Software zur Produktionsplanung und -überwachung gearbeitet, aber die Werkzeugverwaltung wird immer noch sehr oft vernachlässigt. Gerade bei den indirekten Werkzeugkosten gibt es aber ein enormes Einsparungspotenzial. Mit unserer Software ist es möglich, alle Artikelbewegungen zu überwachen und die Kosten transparent darzustellen", betont Herrmann abschließend. nh
Auf einen Blick: Werkzeugausgabesystem von ZCC Cutting Tools
Mit dem Werkzeugausgabesystem von ZCC Cutting Tools hat Britsch Spannzeuge folgende Effekte generiert:
- Reduzierung der Werkzeugverbrauchs um 15 Prozent
- Reduzierung der Werkzeugvielfalt um 30 Prozent
- Reduzierung des Umlaufbestands um 20 Prozent
- 50 Prozent Einsparung durch Optimierung des Bestellwesens
- Reduzierung der Maschinenstillstände um fast 15 Prozent
- 50 Prozent weniger Werkzeugsuchzeit