Scheurle Lkw

(Bild: Scheuerle)

Um tausende Tonnen schwere Industrieanlagen, U-Boote, Luxusjachten oder gar komplette Gebäude zu transportieren, werden extrem belastbare Trägerplattformen benötigt. Die TII Group, zu der die Scheuerle Fahrzeugfabrik gehört, ist Weltmarktführer bei der Herstellung von Schwerlastfahrzeugen. Eine wichtige Schlüsseltechnologie stellt dabei die SPMT-Plattform dar, ein System modularer, selbst angetriebener Fahrzeuge für den Transport extrem schwerer Lasten.

Die Fertigung der mobilen XXL-Trägerplattformen ist eine tägliche Herausforderung für das Team im Werk Pfedelbach. Das geschweißte Stahlgerüst muss für die Aufnahme der Achsen,

Werkzeuge Korloy

Links: Die Fertigung bei Scheuerle verwendet bereits an vier Maschinen Werkzeuge und WSP von Korloy.

Pendelachsen und Kupplungen in mehreren Arbeitsgängen gebohrt und gefräst werden. Mit der Anschaffung eines neuen Soraluce Hochleistungs-Bohr-Fräszentrums erhöhten sich nicht nur Effizienz, sondern auch Zuverlässigkeit und Planbarkeit: „Obwohl wir die bisherige Maschine bereits einem Retrofit unterzogen hatten, gab es Raum zu Kapazitätssteigerung. Die alten Maschinen erreichten darüber hinaus lediglich 1000 min-1, heute liegen wir bei 5000 min-1 – die Vorteile liegen auf der Hand“, erklärt Simon Gunne, Fertigungsleiter bei Scheuerle.

Bei der Maschinenauswahl waren drei abnahmerelevante Bauteile mit Vorgabezeiten definiert – zwei unterschiedliche Plattformen und ein Verbindungselement (Kupplungsstück). Zuvor hatte Hak-Do Hwang, Inhaber von HHS Zerspanungswerkzeug, der als externer Werkzeugberater den Sonderfahrzeugbauer schon einige Jahre bei der Werkzeugauswahl betreut, die gewünschten Schnittdaten ermittelt. Gunne weiß das zu schätzen: „Wir haben uns für ihn als langjährigen Partner bei Werkzeugfragen entschieden. Er kommt regelmäßig zu uns ins Haus, macht Vorschläge und Tests zur Prozessoptimierung und unterstützt unseren kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Wenn sich die Versuche bewähren, dann stellen wir auf neue Werkzeuge um.“

Im Profil

HHS Zerspanungswerkzeug

HHS-Zerspanungswerkzeug ist seit vielen Jahren ein vertrauensvoller Partner für den gesamten Bereich der Zerspanung. 30 Jahre technische Erfahrung ermöglichen stets eine ideale Verbindung zwischen Werkzeug, Maschine und Werkstück herzustellen. Namhafte Unternehmen in Süddeutschland schätzen seit vielen Jahren die Kompetenz und persönliche Betreuung vor Ort im technischen Bereich. Seit 2012 befindet sich HHS in neuen Geschäftsräumen in Schwäbisch Hall. Ein eigenes Lager sowie eine sehr gute Zuliefererstruktur ermöglichen stets kurze Reaktionszeiten und Lieferfähigkeit.

 

Auf Maschinenseite machte die Soraluce FP 18000 das Rennen. Mit einem integrierten flexiblen Universalkopf, schwenkbaren Drehtisch und 80-fach-Werkzeugwechsler ausgestattet, erfüllte das Bearbeitungszentrum alle Vorgaben. Musste der Bediener den mechanischen Winkelkopf auf der alten Maschine noch mittels Messuhr einstellen, ist die Einstellung bei der Soraluce schon im Programm enthalten. Dadurch konnte die teilmechanische Fertigung vollautomatisiert werden. Diese neue Soraluce ist nur eine von vielen ersetzten Maschinen aus dem laufenden Optimierungsprogramm, mit dem Scheuerle 2007 startete.

Korloy Sonderbohrstangen

Über 3 m lange Sonderbohrstangen (oben im Gestell liegend) zum Ausspindeln der
1500 mm tiefen Bohrungen, unten eine der alten HSS-Stangen.

Eine kleinere Doosan-Maschine HM800 wurde schon ein Jahr zuvor mit Komplettwerkzeugwechsler und neuen Werkzeugen eines südkoreanischen Herstellers eingeführt. „Daraufhin haben wir dann auch die Fertigungsoptimierung bei den großen Bauteilen vorangetrieben“, erläutert Scheuerle-Industriemeister Patrik Staate.

Mit Einzug der neuen Soraluce hat das Fertigungsteam den gesamten Bearbeitungsprozess analysiert und optimiert. Sichere Prozesse und höchstmögliche Produktivitätszuwächse bei höchsten Qualitätsansprüchen standen dabei im Vordergrund. Um neue Werkzeugkonzepte mit entsprechenden Zykluszeiten einzuführen, braucht es viel Erfahrung – und die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten. Scheuerle bringt das Know-how in der Plattformbearbeitung mit, und der Werkzeugberater weiß auf Maschinen- und Werkzeugseite, welche Schnittparameter mit welchen Werkzeugen man der Maschine zutrauen kann.

Vier Monate benötigte er schließlich für das innovative Fertigungskonzept. „Zeichnung im Kopf, alle Werkzeuge durchgehen, die Stahlbauteile vor Ort vermessen, um die Verfahrwege in den

Scheuerle Schwerlasttransport

Flexible Multitransporter auf SPMT-Basis: Kaum eine Last, die Scheuerle-Schwerlasttransporter nicht bewegen können.

Griff zu bekommen, testen, ob die 80 Werkzeuge in den Winkelkopf passen.“ Sämtliche Arbeitsgänge mussten eingefahren und optimiert werden: Planfräsen, Bohren, Ausspindeln, Gewindeschneiden und zusätzlich zirkulares Ausfräsen, welches auf der alten Maschine nicht möglich war.

Die Werkzeuge erhielten eine Innenkühlung, um den Ansprüchen der Hochleistungszerspanung gerecht zu werden. Beim Fräsen hat sich bei Scheuerle die Trockenbearbeitung durchgesetzt: „Die neuen Fräser erzeugen entsprechend kurze Späne, so dass die Temperatur größtenteils über den Span weggetragen wird. Aber erst im Zusammenspiel mit dem neuen Bearbeitungszentrum war eine solche Prozess- und Werkzeugoptimierung überhaupt möglich.“

 

Fertigung Korloy Jincheon

Innengekühltes Bohrwerkzeug

Zum Bohren der Kupplungslöcher setzte Scheuerle schon immer 3 m lange Bohrstangen ein, jedoch mit HSS-Meißel. Um zum Schlichten ein Hundertstel zuzustellen, wurde manuell nachjustiert. Wenn bei tiefen Bohrungen kein Kühlwasser mehr an die Schneide gelangte, war unter Umständen eine zeitintensive Nachbearbeitung nötig.

Beim Fräsen hat sich bei Scheuerle die Trockenbearbeitung durchgesetzt.

Scheuerle Spmt Traeger

30 Prozent mehr Ausbringung: Die Soraluce FP 18000 läuft im 3-Schichtbetrieb und löste zwei Maschinen im 2-Schichtbetrieb ab.

Jetzt wird zum Ausspindeln ein modulares, innengekühltes Bohrwerkzeug verwendet. Aufgrund des modularen Aufbaus können unterschiedliche Auskragungen bis zu 3 m Auskraglänge abgedeckt werden. Damit wird ein Bohrloch von 1500 mm und 96 mm Durchmesser ausgespindelt. Später führt dort die Kupplung mit einem 3 m langen Kolben von 95 mm Durchmesser durch, um zwei Plattformträger aneinander zu kuppeln. Die Löcher werden im ersten Schritt geschruppt und anschließend geschlichtet. „Ich hatte eine Idee, wie wir das bewerkstelligen können, machte ein Konzept und Zeichnungen und ließ die Sonderwerkzeuge beim Hersteller anfertigen – das war natürlich ein Risiko“, meint der Werkzeugberater. Bei den selbstgebauten Plattformen erhöht dieser Prozess die Qualität. Ein Umstand, der die Scheuerle Fahrzeugfabrik wesentlich vom Wettbewerb unterscheidet, der vermehrt vorgefertigte Teile aus Osteuropa bezieht.

„Grundsätzlich sind wir bestrebt, die Varianz an Werkzeugen und Platten gering zu halten. Bevorratung und Bestandsminimierung“, nennt Fertigungsleiter Gunne die eigene Strategie. Da

Patrik Staate, Simon Gunne, Hak-do Hwang

Zufrieden mit dem Ergebnis: Industriemeister Patrik Staate (Mitte). Links Fertigungsleiter Simon Gunne, rechts Hak-Do Hwang, Inhaber HHS-Zerspanungswerkzeug.

Scheuerle an mehreren Maschinen möglichst die gleichen Fräser einsetzt, muss bei einem Bruch des Werkzeugkörpers nicht gleich ein neues Werkzeug beschafft werden. Je nach Verwendungshäufigkeit genügt es mitunter, diesen Fräser nur zweifach zu bevorraten. Zudem hat sich die WSP-Vielfalt deutlich reduziert. Das ist ein großer Vorteil bei der Bestellung und erleichtert die Auswahl durch den Maschinenbediener.

„Mit den Korloy-Werkzeugen sind wir absolut zufrieden, und das Zirkularfräsen bringt neben dem enormen Zeitgewinn auch erheblich mehr Prozesssicherheit“, so Staate. Und das, obwohl das Bauteil aus hochfestem, schweißbarem Stahl in der Bearbeitung äußerst anspruchsvoll ist und beim Fräsen zu Vibrationen neigt. „Die Werkzeuge laufen mit höherer Umdrehung, erzeugen kurze Späne und gewährleisten höchste Prozesssicherheit. So kann der Bediener das Werkzeug laufen lassen und sich auf seine Aufspannarbeiten konzentrieren. Das wäre früher nicht möglich gewesen“, meint Staate abschließend.

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