Rund 25 Millionen Euro Umsatz haben die 100 Mitarbeiter der Schuster Maschinenbau, Denklingen, im vergangenen Geschäftsjahr erzielt. Zirka 90 Prozent des Umsatzes wurden mit Turnkey-Anlagen mit Schwerpunkt Drehen erwirtschaftet. Automatisierung und Montage, früher ein eigenes Geschäftsfeld, sind heute integraler Bestandteil der Anlagen, die zum großen Teil in die Automobilindustrie und an Zulieferbetriebe gehen. Längst ist Schuster auch mit Projekten rund um die Elektromobilität beschäftigt. Mit dem sogenannten Mittendrehaggregat zur Komplettbearbeitung von Motorwellen hat sich Schuster nach eigenen Angaben sogar ein gewisses Alleinstellungsmerkmal geschaffen.
Um sich unabhängiger von den Schwankungen der bisherigen Zielmärkte zu machen, fiel im Unternehmen die Entscheidung, neben den kundenspezifischen Lösungen mit einer standardisierten Maschinenbaureihe ein zusätzliches Standbein zu schaffen.
Die neu entwickelte Maschine NXT soll als Baureihe modularer Pick-up-Drehmaschinen das Portfolio nun erweitern. Vertriebsleiter Matthis Rühle skizziert die Entwicklungsrichtung: „Wir stehen zum Turnkey-Geschäft, aber wir übernehmen in die NXT-Maschine unsere Erfahrungen mit qualitativ hochwertigen Bearbeitungslösungen.“ Also: Systemgeschäft plus Standard. „Wir sehen mit der NXT die Möglichkeit, vor- und nachgelagerte Arbeiten bei Turnkey-Lösungen mit einer Standardmaschine auf hohem Qualitätsniveau zu erledigen und damit neue Kunden und neue Geschäftsfelder zu generieren.“
Schuster definiert die neue Maschine als „Einstieg in die Zukunftsklasse“. Deshalb kam vieles bei der Entwicklung der neuen Maschine auf den Prüfstand wie auch die Zusammenarbeit mit Fanuc als weltweitem, zuverlässigem Lieferanten für CNC und Robotertechnologie. Das Ergebnis des intensiven Entwicklungsprozesses ist die NXT, eine Maschine zur flexiblen Bearbeitung von Werkstücken mit bis zu 200 Millimeter Durchmesser und in der Regel für eine Teilelänge von 200 Millimeter.
Auch Standard-Maschinen lassen sich maßschneidern
Dabei ist „Flexibilität“ ein ganz entscheidendes Konstruktionskriterium, wie Rühle erläutert: „Jeder Betreiber hat unterschiedliche Rahmenbedingungen in seiner Fertigung. Diese Erkenntnis ist ja auch nicht neu. Wir reagieren aber nun in der Form, dass wir alle Baugruppen wie die Werkstückversorgung oder den Späneförderer so ausgelegt haben, dass wir ganz viele Kombinationen bauen können. Mit unserem Standard bieten wir quasi eine maßgeschneiderte Lösung.“
Als vertikale Pick-up-Drehmaschine bringt die NXT schon einmal bauartbedingte Vorteile mit. Die vertikale Arbeitsachse lässt eine sehr kompakte Bauweise zu. Die Ergebnisse:
- Die Maschine hat nur acht Quadratmeter Aufstellfläche.
- Die Arbeitsspindel übernimmt nicht nur die Bearbeitung mit Drehen, Bohren, Fräsen, sondern auch die Automation bei Be- und Entladen des Drehfutters. Damit fallen unterschiedliche Bearbeitungsschritte in einem Prozess zusammen.
Wie alle Schuster-Maschinen hat auch die neue NXT ein Maschinenbett aus Mineralit, ein Material, das für Stabilität, Robustheit und Langlebigkeit steht.
In der Standardausführung der NXT lassen sich 28 Werkstücke vorladen, was je nach Bearbeitungszeit eine gewisse autarke Maschinenlaufzeit ergibt – Zeit, die ein Werker anderweitig nutzen kann, beispielsweise zum Beschicken einer zweiten oder dritten Maschine. Rühle: „Unter diesem Aspekt sind sehr günstige Stundensätze zu erzielen.“ Im Grunde komme es darauf an, Prozesse möglichst effizient zusammenzuführen und gleichzeitig qualitativ bessere Ergebnisse zu erzielen.
Fanuc-Steuerung „passt perfekt“
Die Fanuc CNC einzusetzen, war bei den Schuster-Entwicklern schon länger im Gespräch, um von Fanucs weltweit anerkannten drehspezifischen CNC-Erfahrungen zu profitieren. Hier greift Christian Herzog, Leiter der Softwareentwicklung, ins Gespräch ein: „Die neue Fanuc 0i-TF Plus – das „T“ steht für turning/drehen – ist eine Steuerung mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis.“ Rühle ergänzt aus Vertriebssicht: „In dem Markt, den wir mit dieser Maschine anpeilen, passt die Steuerung perfekt.“ Nicht zuletzt weil Schuster zwischen 15 und 20 Prozent Export in die USA erzielt, war die Wahl einer weltweit verfügbaren Steuerung inklusive der gesamten Servoantriebstechnik aus einer Hand eine erste Wahl. Rühle: „In vielen Regionen der Welt tut man sich mit Fanuc einfach leichter.“ Ähnlich sehe es in den Wachstumsregionen Südeuropas aus.
Gut zu den Grundsätzen von Schuster, möglichst langlebig zu bauen, passt die von Fanuc verfolgte Strategie „Service First“. Rühle: „Für Fanuc spricht nicht zuletzt das Ersatzteilmanagement und die weltweit kurzfristige Teileverfügbarkeit. In der Kombination Leistung/Technologie/Service war die CNC 0i-TF Plus in Verbindung mit dem iHMI-Bedienkonzept erste Wahl, zumal das Basispaket der 0i-Steuerung bereits „alle“ wichtigen Drehfunktionen enthält.
Auf einen Blick
Die Fanuc-Serie 0i-F Plus ist das neueste Modell der 0i-CNC-Serie, die insgesamt über 1,3 Millionen Mal weltweit verkauft wurde und die beliebte 0i-F ersetzt.
Bedienoberfläche der Steuerung ist ansprechend
Herzog bekennt ganz offen: „Ich persönlich finde das „Look and Feel“ der Bedienoberfläche sehr ansprechend. Da hat sich Fanuc einiges einfallen lassen.“ Neue Programme werden entweder direkt über das iHMI, per USB-Stick oder über ein Netzwerk in die CNC geladen. Zur Erstellung der Programme nutzt man bei Schuster das Fanuc eigene Programm „CNC Guide“.
Betreiber einer NXT können jederzeit an der Erfahrung von Schuster bei der Programmierung partizipieren. Herzog: „Da liefern wir schon auch Ideen, wenn uns ein Kunde anspricht.“
Zur Rolle des Interfaces sagt Christiane Appelbaum, Key Account Managerin CNC bei Fanuc: „Das Fanuc iHMI wurde entwickelt, um eine hohe Bedienerfreundlichkeit der Maschine sicherzustellen. Intuitive Menüs, modernes Design und animierte Funktionen erleichtern die komplexe Maschinenbedienung. Anspruchsvolle Programme und verschiedenste Funktionalitäten können unkompliziert angewendet werden.“ Nicht nur Fanuc erfahrene Benutzer werden sich deshalb mit dem neuen Bedienkonzept schnell zurechtfinden.
Zentrales Element ist eine A6-Spindel mit 5.200 min-1, wobei die Spindel ein Drehmoment von bis zu 256 Newtonmeter bewältigt. Sie kombiniert in der vertikalen Pick-up-Drehmaschine die Bearbeitungsfunktionen mit der Automation. Limitierende Elemente sind eigentlich die Spannmittel und die Kombination Werkstoff/Schneidmittel, wofür mit Werkzeughersteller Ceratizit ein eigenes Werkzeugkonzept entwickelt wurde. Integriert ist zudem ein Messsystem von Renishaw, das mit einer Auflösung von einem Mikrometer das Messen auf höchstem Niveau ermöglicht.
„Ideal ist die Maschine für mittlere Losgrößen“, definiert Rühle den Einsatzbereich – wohlwissend, dass „mittlere Losgrößen“ von Betreiber zu Betreiber durchaus unterschiedlich sind. Einfluss haben dann immer auch die Bearbeitungszeiten und ob der Fertigungsprozess bislang schon automatisiert ist oder eine Beladung der Maschine manuell erfolgt.
Diese Varianten bietet die Maschine
In der NXT stehen insgesamt zwölf Werkzeugplätze zur Verfügung, wobei selbstverständlich wahlweise angetriebene und nicht angetriebene Werkzeuge eingesetzt werden können. Dafür stehen die beiden Schnittstellen VDI40 und BMT55 zur Verfügung.
Ganz im Sinn der modularen Standards gibt es auch zwei Varianten für die Werkstückzuführung, ein Schlepprahmenband oder ein NC getaktetes Band mit Werkstückträgern. Rühle: „Welche Variante gewählt wird, hängt eher von den Vorlieben eines Betreibers als von technischen Gründen ab. Da kann man nicht pauschal sagen, welches die bessere Lösung ist.“
Die Werkstückprogrammierung der 0i-TF Plus-Serie ist vollständig kompatibel mit älteren Fanuc-CNC-Systemen der Serien 0 und 0i, erweitert durch leistungsfähige Funktionen und Zyklen. Der Vorteil: vorhandene Programme können direkt weiterverwendet werden. Dadurch werden bei der Entwicklung neuer Programme, die Redundanz und somit weitere Kosten vermieden. Die CNC-Serie 0i-TF Plus verfügt über einen hohen Bedienkomfort und die leistungsfähige Servotechnik wie die Fanuc-CNC-Serie 30i-B PLUS.
Was die Gestaltung der Bedienoberfläche betrifft, wollte man bei Schuster selbstverständlich ebenfalls eine Standardlösung, aber mit kundenspezifischen Merkmalen. „Fanuc Picture“, eine Software zur individuellen Gestaltung der Oberfläche, lässt freie Hand, auch Grafiken und Bilder in die Bedienfunktionen einzubinden. Das kann bei der Fehlerbehebung nützlich sein. Im Fall einer Störung, beispielsweise am Späneförderer, wird die entsprechende Komponente oder Baugruppe grafisch auf der Bedienoberfläche angezeigt. So muss der Bediener oder Einrichter nicht nach der richtigen Programmzeile suchen, sondern tippt einfach auf die abgebildete Grafik und wird dann im Menü weitergeleitet.
Rühle: „Das ist unsere erste Maschine, die sich anfühlt wie maßgeschneidert, aber trotzdem Standard ist. Hinsichtlich Steuerung und Bedienoberfläche ist noch viel möglich, was wir noch gar nicht ausgereizt haben.“
Was die Zusammenarbeit während der Entwicklung und insbesondere bei der Inbetriebnahme betrifft, finden beide Seiten, Schuster und Fanuc, nur lobende Worte füreinander. Rühle: „Auf allen Ebenen gab es eine sehr offene und konstruktive Zusammenarbeit.“ Auf einer Hausaustellung – als Ersatz für die AMB – fand die Premiere der NXT vor Publikum statt. Dem Interesse nach könnte das optimistische Ziel, 2021 die ersten 20 Maschinen zu verkaufen, durchaus erreicht werden.
Quelle: Fanuc Deutschland GmbH