Wie erobert ein Premium Job Shop neue Branchen? Das Rezept der Firma Concad kann sich sehen lassen: Der erfolgreiche Prototypen- und Werkzeugbauer führte neue Produktions- und Steuerungstechnik ein, baute eine klimatisierte Produktionshalle und stellte neue Mitarbeiter ein. Der mutige Innovationsprozess gelang dank der Partnerschaft mit dem Bielefelder Starrag-Team.
Zu den schönsten Orten an der Deutschen Fachwerkstrasse zählt Walldürn – der Wallfahrtsort lockt Jahr für Jahr Touristen und Pilger mit seinem mittelalterlichen Stadtkern, Freilichtmuseum, frühen Römerausgrabungen und der imposanten Wallfahrtsbasilika St. Georg an.
Eine neue Sehenswürdigkeit für Fertigungsexperten steht wenige Kilometer außerhalb im Industriegebiet am Waldrand: ein großer, grauer Kubus mit gigantischer Klimaanlage auf dem Dach, in dessen Inneren Concad seit Anfang 2020 mit einem Maschinenduo von Starrag neue Wege bei der Hochpräzisions-Zerspanung geht.
Gesucht: Maschine mit hoher Zerspanleistung bei großen Werkstücken
Das baden-württembergische Unternehmen, das bereits ein Droop+Rein-FOGS-M30-Hochgeschwindigkeits-Bearbeitungszentrum sowie ein Droop+Rein-TF-Portal-Bearbeitungszentrum besitzt, suchte seit Längerem eine Maschine, die sehr große Werkstücke mit hoher Zerspanungsleistung schruppt und sie auch mit höchsten Ansprüchen an Oberflächengüte, Präzision und Maßhaltigkeit hochdynamisch schlichtet.
Also ging Geschäftsführer Klaus Schwab 2016 mit einem harmlos aussehenden Testteil, in das die Baden-Württemberger einige Gemeinheiten eingebaut hatten, auf Benchmark-Tour durch die europäische Werkzeugmaschinenindustrie. Erstaunt stellte Schwab immer wieder fest: Die „alte Dame“ im Werk, das fast zwei Jahrzehnte alte Droop+Rein-FOGS-Bearbeitungszentrum, fräste die Oberflächen genauso gut wie die modernen Standardmaschinen. Auch bei der Bearbeitungszeit lag die Hochgantry-Maschine im Benchmark-Mittelfeld. Sie befindet sich daher weiterhin im Einsatz.
„Eigentlich brauchten wir zwei Maschinentypen – eine Portalmaschine mit beweglichem Tisch für sehr große Bauteile und eine dynamische Gantrymaschine, die sich im laufenden Betrieb unter anderem für nächtliche, mannarme Schichten rüsten lässt“, erklärt Schwab. „Ein Automobilkonzern würde sich einfach zwei Maschinentypen hinstellen, aber das können wir uns nicht leisten.“
Gefunden: die Hochgantry-Maschine Droop+Rein FOGS HD
Weil Bielefeld seit 20 Jahren „immer ein offenes Ohr hat“, fuhr Schwab erneut zum Starrag-Werk. Dort schlugen die Experten für Großmaschinen vor, die beiden Maschinentypen Droop+Rein FOGS und TF zu einem völlig neuen Maschinenkonzept zu kombinieren. So entstand die Droop+Rein FOGS HD, eine leistungsfähige, präzise zerspanende Hochgantry-Maschine (X-Achse: 15.000 Millimeter, Y-Achse: 5.000 Millimeter, Z-Achse: 2.000 Millimeter) mit extrem hohem Drehmoment (2.400 bis 7.500 Newtonmeter) und schnellen, dynamischen Achsen.
Concad freut sich nicht nur über die neue Dynamik, denn die FOGS HD schlichtet rund 20 bis 30 Prozent schneller und wirtschaftlicher als eine Portalmaschine. Für den Neuling spricht außer der möglichen mannlosen Fertigung auch die Option zum hauptzeitparallelen Rüsten in der Maschine.
Concad setzt sie bereits intensiv ein, wie ein Vor-Ort-Termin zeigte: Der Job Shop nutzte die gesamte Länge von 15 Meter, um gleichzeitig ein Aluminiumgehäuse, ein Werkstück aus dem Marinebereich und ein Tiefziehwerkzeug zu bearbeiten. Möglich machen dies die Sicherheitsbereiche mit Trennwand.
Ergänzung zum Schlichten: die Hochgeschwindigkeitsmaschine FOGS NEO 50 80 N40 C
Im neuen vollklimatisierten Kubus steht neben der FOGS HD eine weitere Maschinenpremiere, die allerdings deutlich kleiner ausfällt (X-Achse: 8.000 Millimeter, Y-Achse: 5.000 Millimeter, Z-Achse: 1.500 Millimeter): Es handelt sich um das Hochgeschwindigkeits-Bearbeitungszentrum Droop+Rein FOGS NEO 50 80 N40 C mit einer Fräsleistung im S6-Betrieb bis 60 Kilowatt (1.800 Newtonmeter), neuer Fräseinheit sowie einer modifizierten C-Achse (±400 Grad), die sich dank ihrer enormen Beweglichkeit zur effizienten Fertigung von sehr präzisen Maschinenteilen einsetzen lässt.
Auf beide Maschinen trifft der Begriff „eierlegende Wollmilchsau“ zu, wobei der Grundgedanke laut Schwab darin bestand, „eine Maschine für schwere Zerspanung und das Fräsen der Regelgeometrie zu kaufen und eine leichtere zweite zum Schlichten der Oberflächen“.
Beide 5-Achs-Maschinen eignen sich aber dank ihrer weitestgehend identischen Ausstattung und gleichen Steuerung Sinumerik 840D sl nicht nur zum Feinschlichten, sondern wegen den hochsteifen Antrieben und Maschinenkomponenten auch zur Schruppbearbeitung. Die FOGS NEO arbeitet mit 40 m/min in den Linearachsen dynamischer als die FOGS HD, allerdings besitzt sie nicht das hohe Zerspanvolumen der FOGS HD.
Hohe Anforderungen stellt Concad an die Grundgenauigkeit und Robustheit der volumetrisch vermessenen und kalibrierten Maschinen, die auf 15 bis 20 Mikrometer genau schlichten können, damit das Fertigungs-Know-how von Concad in höchster Präzision umgesetzt werden kann. Diese Werte verdankt Concad auch den hohen Investitionen in mehrere Meter tiefe Maschinenfundamente und dem aufwendig klimatisierten Neubau.
„Beim Kalibrieren haben wir nach einem Jahr gemerkt, dass es die richtige Entscheidung war“, freut sich Schwab. „Die Kalibrierspezialisten haben gleich zweimal gemessen, weil sie es nicht glauben konnten, dass die Messwerte in diesem kleinen µm-Bereich ein Jahr lang konstant geblieben sind.“
Wichtige Nebenrolle: Siemens-Steuerung 840D sl sorgt für Genauigkeit
Diese exzellenten Ergebnisse verdankt Concad aber auch der Siemens-Steuerung 840D sl und dem Volumetric Compensation System (VCS), das Geometriefehler des neuen Maschinenduos automatisch kompensiert. Eine wichtige Aufgabenstellung zum Beispiel bei Presswerkzeugen für die Automobilindustrie, die sich laut Schwab bei der Oberflächengüte und bei der Masshaltigkeit ständig „auf der Suche nach dem Mikrometer“ befinde.
Ebenso wichtig ist dem Job Shop aus dem Odenwald, neue Branchen und neue Werkstoffe mit dem Maschinen-Duo anzugehen. Das Unternehmen erhielt zwei komplett neue Maschinen mit völlig neuer Steuerung und Programmen, die von einer neuen Mannschaft bedient werden. „Da ist viel auf uns zugerollt“, meint Schwab und ergänzt: „Immer war jemand von Starrag dabei. Und die Inbetriebnahme war nur der Anfang, jetzt geht’s erst richtig los.“
Die Auswirkungen: Neue Technik bringt neuartige Aufträge
Concad ist dank der Investition in neue Technik jetzt sehr breit aufgestellt, sodass das Unternehmen zahlreiche Branchen mit vergleichbar hohen Anforderungen, wie der Prototypen- und Werkzeugbau sie hat, bedienen kann. Viel darf das Unternehmen nicht verraten, nur dass es nun auch für Hersteller von Elektronik, Optik, Offshore-Technik sowie Flugzeugbauteilen arbeitet.
Neulich erhielt Concad sogar von einem Forschungsinstitut einen Auftrag für ein Raumfahrtprojekt. In diesem Zusammenhang fällt dann das Stichwort multifunktional: Das Maschinen-Duo im vollklimatisierten Kubus soll anspruchsvolle Aufträge aus den unterschiedlichsten Branchen schnell, kostengünstig mit hoher Präzision und Prozesssicherheit bewältigen. Hier kommen wieder die Spezialisten von Starrag wie Dietmar Wallenstein, Leiter der Bereiche E-Konstruktion und Inbetriebnahme, und Dennis Hamm, Application Engineering, ins Spiel.
Eine der wenigen Ausnahmen von der in dieser Branche verständlichen Geheimhaltungsregel ist eine rund 9 x 4 Meter große Schwimmbadabdeckung, die Concad für einen südkoreanischen Auftraggeber fräsen sollte. Als Ausgangsmaterial diente eine liegende Acht aus mehreren, miteinander verschweißten Edelstahlgussteilen. „Es folgte wieder ein Anruf bei Dennis Hamm, um gemeinsam Kniffe etwa bei der Programmierung zu finden und eine derartige Sonderlösung in den Griff zu bekommen“, sagt Schwab. Doch für Starrag ist das keine Einbahnstraße. „Ich hörte mal von Herrn Schwab, dass Concad an Problemen von morgen arbeite, die andere noch gar nicht kennen“, sagt Hamm. „Wir lernen dadurch auch dazu und können dann vielleicht die Sachen, in die wir jetzt Zeit investieren, bei zukünftigen Projekten nutzen.“
Am Ende vieler Success-Storys fällt die Frage nach der Wirkung der Starrag-Botschaft „Engineering precisely what you value“: Wo hat Concad mit diesem Duo genau das erhalten, was das Unternehmen besonders wertschätzt – etwa bei der Präzision, dem Arbeitstempo, bei der Performance? Schwab stimmt bei allen Punkten zu, aber noch wichtiger ist ihm das Miteinander mit dem Maschinenlieferanten: „Ich schätze an Starrag vor allem Dietmar Wallenstein und seine Truppe, die sind stets up to date, haben Visionen und Ideen, über die wir uns partnerschaftlich auf Augenhöhe unterhalten.“ Wen wundert es bei dieser Partnerschaft, dass mittlerweile jede zweite der insgesamt acht CNC-Fräsmaschinen von Starrag stammt?
Quelle: Starrag AG