Neue Strategie senkt Kosten

Die Claas Industrietechnik GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der Claas Agrosystems KGaA mbH & Co. KG. Das Unternehmen, das sich komplett in Familienbesitz befindet, ist Europas größter Landmaschinenhersteller und gehört zu den drei Marktführern weltweit. Als Bestandteil der Claas-Gruppe agiert die Claas Industrietechnik GmbH als eigenständiges, mittelständisches Industrieunternehmen mit Fokus auf Antriebstechnik und Hydraulik.

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Der Lagerring mit dem eingesetzten Hartmetall-Wechselkopfbohrer.
Bilder: Ingersoll

Ein gutes Beispiel für die Entwicklung eines zukunftsweisenden Produktes ist das neue stufenlose Getriebe EQ 200. Hierbei handelt es sich um eine Eigenentwicklung und Eigenfertigung der Claas Industrietechnik (CIT). Das neue Getriebe wurde für den Einsatz in Traktoren der Mittelklasse entwickelt und findet in den Baureihen Arion 500/600 CMATIC in den Leistungsklassen 140 bis 184 PS Verwendung. Beim automatischen Wechsel der Fahrstufe ändert sich nicht nur die Übersetzung, sondern auch der gesamte Kraftfluss durch das Getriebe. Die Drehzahlen der beiden Kupplungswellen gleichen sich beim Beschleunigen immer weiter einander an, bis sie die gleiche Drehzahl erreicht haben. In diesem perfekten Synchronpunkt schaltet die Lamellenkupplung. Somit erfolgt der Fahrstufenwechsel – auch unter Last – ohne Drehzahl- und Drehmomentsprung. Der Fahrer bemerkt vom Fahrstufenwechsel nichts und kann durchgehend von 0 bis 50 km/h beschleunigen.

Um die Wettbewerbsfähigkeit in- und außerhalb der eigenen Gruppe zu festigen und zu verbessern, werden alle bestehenden Fertigungsprozesse immer wieder kritisch beobachtet. Ein Prozess, der schon länger im Fokus der Fertigungsplaner stand, war die Bearbeitung eines Lagerringes mit Vollbohrern. Durch häufige Werkzeugbrüche und geringe Standmenge war die Prozesssicherheit dieser Bearbeitung nicht zufriedenstellend. Der letzte Anstoß zur Problembehandlung kam Meister in der Lagerhaltung, als er Viktor Geier, Meister Bereich Scheibenfertigung bei Claas Industrietechnik, ansprach mit der Information: „Deine Leute holen jeden zweiten Tag einen neuen Bohrer.“

Auf einen Blick

GoldTwist Wechselkopfbohrer

Die beim Test eingesetzte Bohrerserie GoldTwist von Ingersoll ist relativ neu, hat sich aber schon in vielen Anwendungen bewährt. Die verbesserte Schnittstelle mit neuem, innovativem Klemmsystem gewährleistet auch nach einer vielfachen Anzahl von Kopfwechseln eine zuverlässige Klemmung. Weitere herausragende Eigenschaften dieses Bohrsystems sind:

  • verdrallte Kühlmittelbohrungen
  • optimierte und polierte Spankammern zur bestmöglichen Spanabfuhr
  • PVD-beschichte Körper für hohe Lebensdauer
  • Ein Bohrkörper für 5 beziehungsewise 10 Durchmesser
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EQ 200: Das neue Getriebe wurde für den Einsatz in Traktoren der Mittelklasse entwickelt und findet in den Baureihen Arion 500/600 CMATIC in den Leistungsklassen 140 bis 184 PS Verwendung.

Analyse der Bearbeitung
Da Michael Tobisch, Anwendungstechniker Ingersoll, gerade im Hause Drehversuche durchführte, wurde er von Geier kontaktiert und um einen Werkzeugvorschlag gebeten. Nach einer kurzen Analyse des Problems legte Tobisch einen Bearbeitungsvorschlag vor, der nicht nur ein neues Werkzeugkonzept, sondern auch eine geänderte Bearbeitungsstrategie vorsah.

Bei der bestehenden Bearbeitung mit Vollbohrer wird zuerst die größere Schraubenkopfsenkbohrung (D = 20 mm) und anschließend die kleinere Schraubenbohrung (D = 13 mm) als Durchgangsbohrung gebohrt. Hierbei kam es häufig zum Werkzeugbruch. Nach dem neuen Konzept wird erst die Schraubenbohrung (D = 13 mm) komplett mit einem Ingersoll-GoldTwist Wechselkopfbohrer gebohrt und anschließend die Schraubenkopfsenkung (D = 20 mm) mit einem Wendeschneidplatten-Senkfräser erzeugt. Die Fertigung der Lagerringe erfolgt auf einem Multitasking-Dreh-Fräszentrum in vertikaler Bearbeitungsposition.

Die gewählten Werkzeuge sind für die unterschiedlichen Bohrverfahren –zum einen Durchgangsbohrung, zum anderen Senkung – wesentlich besser geeignet, und so hat die Änderung der Bearbeitungsstrategie durch Tobisch auf Anhieb zu erheblichen Verbesserungen der gesamten Lagerringbearbeitung geführt.

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Ingersoll-GoldTwist-Hartmetall-Wechselkopfbohrer.

Ergebnis: Die Werkzeugbrüche bei der Bearbeitung der Durchgangsbohrung (D = 13 mm) sind komplett eliminiert. Die Prozesssicherheit der Lagerringbearbeitung wurde drastisch verbessert. Die Standmenge bei beiden Bearbeitungen (D = 13 mm und D = 20 mm) konnte von 200 auf 800 Bohrungen gesteigert werden. Die Fertigungskosten – Maschinen- und Werkzeugkosten – dieser Bearbeitung wurden um 40 Prozent reduziert.

Wesentlich stabiler
Die Umstellung der Fertigungsstrategie und der Einsatz optimaler Werkzeuge haben sich voll bewährt. Beim Durchbohren der Lagerringe mit D = 13 mm ist der Ingersoll-Wechselkopfbohrer wesentlich stabiler als die bisher eingesetzten Wendeplattenbohrer. Aufgrund des Konzeptes und der Bohrergeometrie sind Bohrerbrüche beim Austreten des Werkzeuges kein Thema mehr. Mit dem Wendeschneidplatten-Senkfräser für die Bearbeitung der Schraubenkopfsenkung steht nun ein Werkzeug zur Verfügung, das speziell für diese Bearbeitung konzipiert wurde.

Die Ergebnisse des Tests wurden von den Verantwortlichen in der Fertigung bei Claas Industrietechnik äußerst positiv zur Kenntnis genommen, und es wurde direkt eine Umstellung der Fertigung auf die neuen Werkzeuge und die neue Methode angeordnet.

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