Vollautomatisiertes und berührungsloses Ultraschall-Entgraten
Sabine KöniglSabineKönigl
Iris und Dieter Münz (Mitte) stimmten voriges Jahr der Mehrheitsbeteiligung durch die Vollmer Gruppe an ihrem Start-up Ultratec zu. Für den Biberacher Schärfspezialisten waren die Geschäftsführer Dr. Stefan Brand (ganz rechts) und Jürgen Hauger (ganz links) beim Vertragsabschluss vertreten.(Bild: Vollmer)
Störende Grate und Fasern entstehen sowohl beim Schleifen von Werkzeugen als auch Zerspanen von Metallteilen. Um solche Grate automatisiert und berührungslos zu entfernen, hat Ultratec Innovation das Verfahren des Ultraschall-Entgratens perfektioniert. Das Start-up ist seit Mitte 2022 ein Unternehmen der Vollmer Gruppe.
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Dieter Münz, Geschäftsführer der Ultratec Innovation, erklärt: „Als wir vor drei Jahren unsere Firma gegründet haben, gab es das erfolgreiche Jugend-forscht-Projekt zum Thema Ultraschall-Entgraten unseres Sohnes Jonas, die wirtschaftliche Expertise meiner Frau sowie mein Wille, daraus ein Start-up zu formen. Heute haben wir vier verschiedene Ultraschall-Entgratanlagen im Programm und mit Vollmer einen erfahrenen Partner an der Seite, der dank seiner Größe unsere Technologie weltweit auf die Straße bringen kann.“
Um Grate automatisiert und berührungslos zu entfernen, hat das Unternehmen Ultratec Innovation das Verfahren des Ultraschall-Entgratens perfektioniert. Herzstück seiner Anlagen sind patentierte Ultraschall-Sonotroden, die sich in einem Prozesswasserbecken befinden.
Das Entgraten von störenden Graten und Fasern ist sowohl nach dem Werkzeugschleifen als auch nach Zerspanungsarbeiten unabdingbar. Für Werkzeughersteller gehört es zu den Pflichtaufgaben, um etwa HSS-Schneidkanten scharf und langlebig zu machen. Auch Hersteller von Metall- und Kunststoffbauteilen, die unter anderem in medizinischen Implantaten, Hydrauliksystemen oder optischen Geräten zum Einsatz kommen, müssen aus präzisionstechnischen oder hygienischen Gründen entgratet werden.
Die Ultraschall-Entgratanlage A25 ist eine von vier Maschinen, die die Ultratec Innovation anbietet. Das Start-up gehört seit Juli 2022 zur Biberacher Vollmer Gruppe.(Bild: Vollmer)
Vollautomatisierter Prozess
Bei Ultratec-Ultraschall-Entgratanlagen werden Werkzeuge und Bauteile in einem Prozesswasserbecken an die Spitze von hochfrequenten Ultraschall-Sonotroden geführt. Angeregt durch einen Generator schwingen diese 20.000-mal in der Sekunde über 0,1Millimeter vor und zurück und erzeugen Schallwellen sowie Kavitationen. Dadurch werden Grate und Fasern in Schwingung versetzt und das Bauteil scharfkantig und prozesssicher entgratet.
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Auch innenliegende und verdeckte Grate, wie sie häufig bei einer inneren Kühlmittelzufuhr vorkommen, lassen sich so entgraten.
Im Vergleich zu gängigen Verfahren ist das Ultraschall-Entgraten das einzige, das sich vollautomatisiert, annähernd werkstoffunabhängig, berührungslos, energieeffizient sowie in einem validierbaren Prozess realisieren lässt: Bei thermischen Verfahren werden zum Beispiel Grate abgebrannt, was Bauteile verfärben und chemisch verändern kann. ECM-Verfahren (elektrochemische Metallbearbeitung) sind bei kleinen Bauteilen oft nicht möglich, da diese einen nicht definierbaren Materialabtrag bewirken.
Das Entgraten mit einem Hochdruckwasserstrahl benötigt für vergleichbare Teile rund 20-mal mehr Energie als die Ultraschall-Entgratanlagen von Ultratec. Auch für schwer entgratbare Werkzeuge und Bauteile, die derzeit meist händisch bearbeitet werden, kann Ultraschall-Entgraten eine Alternative sein.
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Grate und Fasern an Schneidkanten lassen sich durch die Bearbeitung mit Ultratec-Ultraschall-Entgratanlagen prozesssicher scharfkantig abbrechen.(Bild: Vollmer)
Keine Restpartikel
Mit Ultratec-Anlagen ist es möglich, sowohl geschliffene als auch gehonte Bauteile zu entgraten. Nach der Bearbeitung sind keine Restpartikel mehr nachweisebar, die größer als zweiMikrometer sind. Gerade bei Schneidkanten von HSS-Werkzeugen eignet sich das Ultraschall-Verfahren besonders, weil hier scharfe Kanten ohne Verrundung gefordert sind. Auch gefräste Plattensitze lassen sich mit Ultratec-Anlagen entgraten. Beim Laserschneiden von PKD-Ronden (polykristalliner Diamant) ist oft eine Nachbearbeitung nötig, was heute meist manuell mit Glasperlenstrahlen erfolgt. Um auch diesen Prozess zu automatisieren, eignet sich ebenfalls das Ultraschall-Entgraten.
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Im Zentrum der Anlage befindet sich ein 6-Achs-Roboter, welcher die Bauteile mit sehr geringem Abstand und in einem definierten Winkel entlang der fest verankerten Sonotrodenspitzen führt. Dies ermöglicht eine höchstpräzise und punktuelle Entgratung. Die Programmierung erfolgt ähnlich der CAM-Programmierung von Fräszentren. Hierfür wird lediglich eine Step-Datei des Bauteils benötigt. Die Programmierung erfolgt offline in einem digitalen Zwilling der Anlage. Dieser digitale Zwilling ermöglicht zudem eine Visualisierung, Simulation und Kollisionskontrolle der Bauteile und sorgt insbesondere bei neuen Bauteilen für eine sichere und präzise Entgratung. Über IoT-basierte Fernwartungsmodule lassen sich Ultratec-Anlagen webbasiert ansteuern, um etwa Störungen ohne Serviceeinsatz vor Ort zu beheben.
„Als Vollmer bringen wir überall dort unsere Expertise ein, wo Ultratec noch nicht die nötigen Kapazitäten besitzt“, sagt Stefan Brand, Geschäftsführer der Vollmer Gruppe. „So wollen wir das Start-up auch bei der Digitalisierung oder Serviceleistungen wie der Finanzierung von Anlagen oder globalen Wartungsaufträgen unterstützen. Auch Schulungen von Ultratec-Kunden können wir in unserem Technologie- und Dienstleistungszentrum anbieten.“