Die Fertigungsinsel.

Die Fertigungsinsel mit zwei Fehlmann Versa 825, einem Erowa-Palletiersystem, einer Teilewaschanlage sowie einer Koordinatenmessmaschine für eine mannlose Rund-um-die-Uhr-Bearbeitung. (Bild: Fehlmann)

Mit einer autarken Fertigungsinsel investierte Rychiger in die produktionstechnische Zukunft. Zwei vernetzte Fehlmann Versa 825 inklusive Werkstück- und Werkzeugspeicher, integrierter Messmaschine und Waschanlage sorgen für eine mannarme Fertigung von kleinsten Serien.

Die Firma Rychiger ist ein international agierender Verpackungsmaschinenbauer, der mit 350 Mitarbeitenden kundenorientierte Lösungen im Bereich Food Beverage, Healthcare produziert und vertreibt.

Peter Dähler, Vice President Operations, Rychiger, erklärt: „Der Druck auf unsere Produktion kam von mehreren Seiten. Zum einen hat das Auftragsvolumen in den letzten Jahren stark zugenommen. Zum anderen waren wir in der Vergangenheit bei unserer Ersatz- und Neuteilversorgung unserer Maschinen sehr stark auf Zulieferanten angewiesen, einige davon sind während der letzten Jahre weggebrochen. Auch das erhöhte den Druck auf unsere eigene Fertigung.

Daraufhin entwickelten wir eine neue Produktionsstrategie mit dem Ziel, die geforderte technologische Fertigungstiefe wirtschaftlich zu realisieren.“ Rolf Lanz, Director Manufacturing, Rychiger, ergänzt: „Seit 2016 setzen wir diese Strategie um, die eigene Fertigung wird konsequent modernisiert und der Fokus wird auf die anspruchsvollen Teile gesetzt.“

Um sich die Herausforderungen an die Produktion zu vergegenwärtigen, ein kurzer Blick auf das Teilespektrum: 4.500 Artikel in unterschiedliche Lose respektive Serien laufen pro Jahr durch die Produktion, wovon zirka 1.300 davon Neuteile sind und entsprechend ins CAM eingepflegt werden müssen.

Strategie an hohe Komplexität angepasst

Im Rahmen der produktionstechnischen Strategieanpassung ist bei Rychiger ein fertigungstechnisches Vorzeigeprojekt gemeinsam mit dem Werkzeugmaschinen-Hersteller Fehlmann entstanden, wie Jürg Solenthaler, Verkaufsleiter, Fehlmann, sagt: „Das ist seitens Fehlmann unsere bisher größte und komplexeste Fertigungsanlage, die wir gemeinsam mit Erowa realisiert haben. Der Output an Werkstücken pro Tag sowie die Anforderungen an eine hundertprozentige autarke Fertigungslösung, vom Handeln über das Zerspanen und Waschen bis hin zum Messprotokoll war hoch anspruchsvoll.“

Diese Stanzwerkzeuge (bis 70HRC) werden aus dem Vollen hartgefräst.
Diese Stanzwerkzeuge (bis 70HRC) werden aus dem Vollen hartgefräst und fünfachsig simultan bearbeitet inklusive Schleifen der Schnittkanten. (Bild: Fehlmann)

Die Losgrößen bewegen sich für die neue Fehlmann-Fertigungsinsel zwischen 1 und 15 Stück, teilweise darüber bei einer maximalen Größe bis 400 Millimeter kubisch. So klein die Losgrößen sind, so vielfältig ist das Werkstückspektrum: vom gehärteten Werkzeugstahl über Aluminium, Buntmetall, Kupferlegierungen und Rostfrei muss die Systemlösung in der Lage sein, mit dieser Komplexität umzugehen.

Wie die neue Fertigungsinsel aussieht

Realisiert wurde letztlich eine Fertigungsinsel bestehend aus zwei 5-Achs-BAZ vom Typ Versa 825, einem großen Werkstück-Palettenspeicher (60 Stück UPC-Paletten, 320 bis 320 Millimeter, 50 Stück ITS-Paletten, D 150 Millimeter), zwei Werkzeugspeichern (je 346 Werkzeuge), einer Teilewaschanlage, einer Koordinatenmessmaschine sowie aus zwei Be- und Entladestationen. Das alles auf einer überschaubaren Gesamtfläche von 16,6 x 7,8 Meter.

Beladen wird die Anlage über die beiden Be- und Entladestationen, die jeweils direkt neben den Bearbeitungszentren platziert sind. Auch das Einfahren der Werkstücke ist aufgrund der Versa-spezifischen Maschinenkonzeption bedienerfreundlich. Die Rohteile werden per Palette in die Beladestationen eingelegt, die Fertigteile werden aus der Entladestation genommen. Die Teile sind gewaschen sowie vermessen, inklusive Messprotokoll, sofern gefordert.

Auf einen Blick: Fehlmann Versa 825

  • 5-Achs-CNC-Bearbeitungszentrum für die ­Bearbeitung von Werkstücken auf Palettengröße 400 x 400 Millimeter oder bis maximal Durchmesser 560 Millimeter
  • geeignet für dynamisches HSC-Fräsen und für die Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien
  • 5-Achs-CNC: Direkt angetriebener Rund-Schwenktisch längs in der X-Maschinenachse integriert – Werkstücke können auf zwei Seiten symmetrisch geschwenkt werden

Diese Bearbeitungszentren werden eingesetzt

Die beiden Bearbeitungszentren Versa 825 sind in Portalbauweise ausgeführt, ein werkzeugmaschinenspezifisches Konstruktionsmerkmal, mit dem sich die Werkstückautomation perfekt seitlich an den Maschinen adaptieren lässt, ohne die Bedienung der Maschine in irgendeiner Weise einzuschränken. Ganz im Gegenteil. Die seitliche Adaption der Werkstück-Automation an das Bearbeitungszentrum ist aus Bedienersicht vorbildlich gelöst.

Von der Leistung her sorgt bei beiden BAZ eine von Fehlmann entwickelte Hochleistungsspindel mit HSK- 63-Schnittstelle (18.000 U/min – 25 Kilowatt) für ein genügend hohes Zeitspanvolumen.

Frank Fehlmann, CEO Fehlmann, auf die Frage, warum Fehlmann die Spindel selbst entwickelt und herstellt: „Weil die Spindelentwicklung als auch die Herstellung aus unserer Sicht zum Kern-Know-how für uns als Werkzeugmaschinen-Hersteller gehört. Die Spindel ist das Herz einer Werkzeugmaschine und hat im Rahmen der Gesamtkonzeption einer Fräsmaschine einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Präzision am Werkstück. Für uns ist das aus strategischer Sicht entscheidend, solche Kernkompetenzen inhouse zu haben.“

Axel Förster (rechts) im Gespräch mit J. Solenthaler.
Axel Förster (rechts) CEO Rychiger, gelernter Werkzeugmacher, im Gespräch mit J. Solenthaler (Verkaufsleiter Fehlmann), trägt die Strategie des Unternehmens und gibt die strategischen Investitionen entsprechend frei. (Bild: Fehlmann)

So erfolgt das Werkstückhandling

Für das Werkstückhandling setzt Fehlmann auf das Palettiersystem Erowa Robot Dynamic 150 linear mit elf Meter Schienenlänge, bei einem maximalen Transfergewicht von 150 Kilogramm. Auf elf Meter Länge können mit 60 UPC-Paletten (320 bis 320 Millimeter / 150 Kilogramm) und 50 ITS 148 Paletten (D 150 Millimeter / 40 Kilogramm) genügend Rohteile für das Wochenende bereitgestellt werden.

Erowa lieferte darüber hinaus die Messmaschine als auch die Teilewaschanlage Erowa Robo Spa. Gesteuert wird die gesamte Anlage mit der Erowa-Anlagesoftware JMS 4.0 Production Line.

Das Erowa-Palletiersystem.
Das Erowa-Palletiersystem ist perfekt auf die mannlose Fertigung von Kleinstserien und Einzelteilfertigung ausgelegt. (Bild: Fehlmann)

Auch für ein automatisiertes Werkzeug-Handling ist gesorgt

Um kleine Losgrößen und Einzelteile ohne Unterbrüche zu fertigen, ist darüber hinaus ein großer Werkzeugspeicher unabdingbar. Bei dem Rychiger-Projekt verfügen die beiden Werkzeugspeicher der Versa 825 über 346 Werkzeugplätze. Die Daten über jedes einzelne Werkzeug – Standzeiten inklusive – sind im Jobmanager hinterlegt. So kann je nach Auftragsspektrum die Anzahl von Schwesterwerkzeugen bestimmt werden, um die mannlosen Schichten auch werkzeugtechnisch abzudecken.

Für die Schleifprozesse mit Schleifstiften von geringem Durchmesser ist auf einer der beiden Versa eine Hochgeschwindigkeits-Schleifspindel verfügbar, sie wird wie ein normales Werkzeug im Werkzeugspeicher abgelegt. Die verwendeten keramisch gebundenen CBN-Schleifwerkzeuge werden auf der Maschine abgerichtet mit einem von Rychiger entwickelten und integrierten Abrichtsystem.

Blick ins Detail: Die Versa 825 hat sich als die perfekte Werkzeugmaschine herausgestellt.
Blick ins Detail: Die Versa 825 hat sich als die perfekte Werkzeugmaschine für die hoch anspruchsvollen Fertigungsaufgaben (Hart-Fräsprozesse inklusive Schleifprozesse) von Rychiger herausgestellt. (Bild: Fehlmann)

Diese Erfahrungen hat Rychinger mit der Fertigungsinsel gemacht

Mit der neuen Fertigungsinsel hat sich einiges im positiven Sinn geändert, so Lanz: „Die Prozessoptimierung will ich beispielhaft an unseren Stanzwerkzeugen erläutern. Die Stanzwerkzeuge haben bis zu 70 HRC. Mit den heutigen Fräswerkzeugen und den trochoidalen Hart-Fräsprozessen, die die Versa 825 beherrscht, sind wir fertigungstechnisch absolut im High-End-Bereich angelangt. Konturen, die wir nicht hartfräsen können, werden direkt auf der Maschine geschliffen.

Durch die integrierten Schleifprozesse und unsere interne Bearbeitung ist zum einen die Qualität der Stanzwerkzeuge besser geworden. Wir sind zum anderen noch dazu schneller. Dauerte es bisher etwa acht Wochen, können wir die Stanzwerkzeuge jetzt innerhalb von zwei Wochen liefern. Wir sind überzeugt, dass es zukünftig noch schneller geht.“

Quelle: Fehlmann AG

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