Welche Innovationen treiben die Automation voran?

Welche Innovationen treiben die Automation voran? Auf der EMO 2025 präsentieren Unternehmen bahnbrechende Lösungen, die über einfache Robotik hinausgehen und echte Produktivitätsvorteile bieten. (Bild: ipopba - stock.adobe.com)

Einsatzbesprechung: „Leute, kurzfristige Planänderung. Leo, kannst Du bitte in der Frühschicht an der Drehmaschine 1.000 Kugelpfannen auf Maß drehen? Und Ria, bitte am BAZ 200 Zahnräder endbearbeiten.“ „Alles klar, Chef, kein Problem.“ „Danke. Schönen Abend.“

So weit, so gut. Aber was ist morgen – wenn immer mehr Babyboomer in Rente gehen und DreherInnen und FräserInnen überall fehlen? Ohne Automatisierung wird‘s schwierig. Doch locker bleiben – es gibt längst Lösungen. Wer in diesen herausfordernden Zeiten flexibel, innovativ und technologieoffen denkt und handelt, kann punkten – nicht nur bei Kunden, sondern auch bei den Mitarbeitenden.

Gefragt sind einfache Lösungen, die sich mit vorhandenen Maschinen und Personen schnell und kostengünstig umsetzen lassen. Die Smart-Automation-Lösung von Andreas Maier aus Fellbach (AMF) puscht als flexible Teilautomatisierung die Produktivität außerhalb und zwischen den vorhandenen Maschinen. Die Beladezelle mit besonders wenig Platzbedarf steigert die Produktivität sofort. Beigestellt an vorhandene Maschinen, sorgt sie zuverlässig und mannlos für kontinuierliche Be- und Entladung.

Smart Automation: Die schlanke Beladezelle von AMF mit nur wenig Platzbedarf wird an Maschinen beigestellt.
Smart Automation: Die schlanke Beladezelle von AMF mit nur wenig Platzbedarf wird an Maschinen beigestellt und schafft mehr Produktivität bis hin zu einer mannlosen Schicht. (Bild: Andreas Maier)

Und dank Reinigungsmodul gelangen die Teile blitzsauber zur weiteren Bearbeitung. Zusammen mit der intelligenten Türöffnung bieten sich nicht nur Potenziale zu einer höheren Maschinenauslastung, sondern zu einem echten Produktivitäts-Wumms. Unter den Aspekten Fachkräftemangel, Investitionssumme und Amortisation ist die Lösung der Baden-Württemberger eine echte Bereicherung in der zerspanenden Fertigung. Das begrüßen auch Leo und Ria… und auf der EMO 2025 stellen die Süddeutschen weitere Innovationen vor.

Das Ein- und Ausfahren des Werkstückwagens erfolgt bequem auf Schwerlastrollen.
Das Ein- und Ausfahren des Werkstückwagens erfolgt bequem auf Schwerlastrollen. So gelingt die Bestückung der Schubladen extern und hauptzeitparallel. (Bild: Andreas Maier)

Spanntechechnik und Automatisierung

Ebenfalls praxisnah zeigt Hainbuch aus Marbach mit einem wegweisenden automatisierten Spannmittelwechsel für die WTO in Ohlsbach, dass vollautomatisierte flexible Fertigung auch für kleinste Stückzahlen möglich ist. In der Smart Factory werden für jeden neuen Auftrag die Maschinen gänzlich autonom per Roboter gerüstet. Mit einer Genauigkeit von drei Mikrometer am Werkstück bei jedem Spannmittelwechsel wird mannlos rund um die Uhr von Losgröße 1 bis 100 gefertigt. Für die Außenspannung kommt ein Spannfutter mit Axzug zum Einsatz. Das automationsfähige Spannfutter erlaubt prozesssichere Spannkopfwechsel, um eine hohe Werkstückvarianz fertigen zu können und so die Produktivität zu steigern. 18 Spann-Sets – bestehend aus Spannkopf mit Anschlag – werden von Robotern automatisiert ins Futter auf der Maschine eingewechselt.

Dr. Philipp Sommer, Bereichsleiter Automation bei Hainbuch.
Dr. Philipp Sommer, Bereichsleiter Automation bei Hainbuch: „Unsere Schnellwechselsysteme für Außen- und Innenspannung erlauben einen höheren Automatisierungsgrad, selbst bei kleinen Losgrößen.“ (Bild: Hainbuch)

In der Schleifzelle sowie in der Dreh-/Fräszelle stehen zehn vorgerüstete sechseckige Spanndorne für die Innenspannung bereit. Über eine Schnellwechsel-Schnittstelle werden die vorbereiteten Spanndorne automatisiert umgerüstet. Die eingesetzte Schnittstelle garantiert eine optimale Kraftübertragung und Präzision, was zu einer verbesserten Oberflächengüte der bearbeiteten Teile führt.

Philipp Sommer, Bereichsleiter Automation bei Hainbuch, betont: „Prozesssichere Spanntechnik ist die Grundlage jeder Automatisierung. Mit unserem Prozesswissen, Produkten für In- oder Post-Process-Messungen und der Schnellwechseltechnologie besetzen wir die Schlüsselbereiche für eine erfolgreiche Automatisierung.“ Auf der EMO 2025 zeigt Hainbuch mit einer Live-Automatisierung, wie Produktionsunternehmen der Schritt zur automatisierten Fertigung selbst bei kleinsten Losgrößen gelingen kann.

Das Werkstück wird von innen auf einem Spanndorn gespannt.
Das Werkstück wird von innen auf einem Spanndorn gespannt. (Bild: Hainbuch)

Smarter Clamping

Der Spann- und Greifmittelspezialist Röhm aus Sontheim an der Brenz bietet eine weltweit einzigartige Spannlösung: Die messende Spannbacke ist mit Sensorik und kabelloser Datenübertragung ausgestattet und kann so während der Zerspanung die Spannkraft in Echtzeit messen. „Damit revolutionieren wir den Fertigungsprozess in der Zerspanung nachhaltig, denn die Echtzeitmessung der Spannkraft während des Bearbeitungsprozesses bringt dem Anwender eine ganze Reihe an Vorteilen“, ist CEO Gerhard Glanz überzeugt. „Das fängt bei einer höheren Maschinenverfügbarkeit an, weil sich die Rüstzeiten verkürzen und die Bearbeitungsprozesse beschleunigen lassen. Dadurch reduzieren sich auf der einen Seite die Teilekosten, während auf der anderen die Teilequalität steigt. Das ist Prozessoptimierung pur und ein echter Meilenstein in der Digitalisierung der Fertigung.“

Die smarte Spannbacke ist eine weltweit einzigartige Spannlösung.
Die smarte Spannbacke der Baden-Württemberger ist eine weltweit einzigartige Spannlösung. (Bild: Röhm)

Und so funktioniert es: Die in die Backe eingeleiteten Kräfte werden von einem integrierten Sensor erfasst und die Daten verarbeitet. Gemessen werden die tatsächlich anliegenden Spannkräfte – das gestattet Prozess- oder Produktivitätsanalysen sowie die Dokumentation von Messdaten. Mit einer App der Süddeutschen können Anwender zudem mobil auf die Daten zugreifen und Bearbeitungsparameter auswerten. „Gerade bei der Produktion von dokumentationspflichtigen Bauteilen, zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt, ist das natürlich ein hochinteressantes Feature“, so Glanz. „Unser Produkt archiviert quasi den digitalen Fingerabdruck der Bearbeitung als Qualitätsnachweis des Fertigungsprozesses. Dies und vieles mehr gibt es zur EMO 2025 auf unserem Stand zu sehen.“ Die Spannbacke ist also besonders für die messtechnische Quantifizierung der an einem Werkstück wirkenden Spannkräfte geeignet. Zu diesem Ergebnis kam auch das VDW-Forschungsinstitut im Rahmen einer Studie.

Die messende Spannbacke von Röhm überträgt die Spannkraftdaten während der Zerspanung auf ein Tablet.
Die messende Spannbacke von Röhm überträgt die Spannkraftdaten während der Zerspanung auf ein Tablet. (Bild: Röhm)

Wie weit ist die KI?

Keine Automation ohne Daten: Wie sehen die Forschung und Entwicklung hier den aktuellen Stand an der Werkzeugmaschine? „Die CAD-CAM-NC-Kette in der Produktionstechnik ist oft noch von einer vielfältigen Softwarelandschaft mit einer nicht durchgängigen Datenstruktur geprägt“, weiß Dr. Marcel Fey, Oberingenieur der Abteilung Maschinendatenanalyse und NC-Technik am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen unter Leitung von Prof. Christian Brecher.

Letzterer hat das bundesweite, BMBF-geförderte Projekt ProKI koordiniert und nun in der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik) verstetigt. „Während im CAM-System noch viele Informationen zu Werkzeug, Rohbauteil, Material und Prozessparametern vorliegen, geht dieser Kontext auf der Werkzeugmaschine mit der Erstellung des NC-Codes größtenteils verloren. Dieser Kontext ist jedoch notwendig, um sinnvolle Anwendungen von künstlicher Intelligenz in der Produktion umzusetzen“, so Fey.

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

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Der 14. Deutsche Maschinenbau-Gipfel war ein herausragender Erfolg! Über 900 Teilnehmer versammelten sich in Berlin für den größten Gipfel aller Zeiten. Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik bereicherten die Veranstaltung.

 

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„Selbst in digital gut aufgestellten Unternehmen stellt uns die Erfassung der Rohdaten mit den nötigen Kontextinformationen vor weitaus größere Herausforderungen als die eigentliche KI Anwendung. Zudem schafft die reine Verfügbarkeit kontextualisierter Informationen aus der Produktion bereits einen erheblichen Kundennutzen. Weiterhin kann die Auswertung dieser Daten in vielen Fällen bereits ausgezeichnete Ergebnisse liefern, wenn sie auf Grundlage eines ingenieurtechnischen Sachverstandes erfolgt und nicht durch eine KI.“

Das solle nicht heißen, dass künstliche Intelligenz in der Produktion nicht großes Potenzial habe. Vielmehr biete sie gerade bei komplexen Zusammenhängen, die kausal noch nicht in Gänze verstanden werden, enorme Möglichkeiten. „Dennoch liegt die Herausforderung im deutschen Maschinenbau zunächst darin, die notwendigen Voraussetzungen im Sinne einer Software-In­frastruktur zu schaffen, welche die benötigten Daten bereitstellt, bevor KI-Anwendungen einen realen Nutzen in der Produktionstechnik generieren können“, bilanziert Fey.

Werkzeugmaschine als Koordinatenmessgerät

Bei der smarten Automation geht es immer auch darum, Prozesse zielgerecht miteinander zu verbinden. „Da Werkzeugmaschinen standardmäßig mit 3D-Messtastern ausgestattet sind, erscheint der mögliche Einsatz als Koordinatenmessgerät naheliegend. Am Markt verfügbare Soft- und Hardware unterstützen dies bereits“, berichtet Dr. Philipp Dahlem vom WZL der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Informations-, Qualitäts- und Sensorsysteme in der Produktion unter der Leitung von Prof. Robert Schmitt. „Obwohl Werkzeugmaschinen durch den technolo­gischen Fortschritt immer präziser werden, bleiben Herausforderungen bestehen: Die goldene Regel der Messtechnik besagt, dass die Messunsicherheit um den Faktor 10 kleiner sein soll als die Toleranz.

Geballter Input zum Thema Werkzeugmaschinen

Das Normungsprojekt ISO TS 230-13 ist ein wichtiger Schritt, um das ‚Messen mit Werkzeugmaschinen‘ für die industrielle Praxis zu erschließen.
Das Normungsprojekt ISO TS 230-13 ist ein wichtiger Schritt, um das ‚Messen mit Werkzeugmaschinen‘ für die industrielle Praxis zu erschließen. (Bild: KI-generiert)

Zudem sind Werkzeugmaschinen im Vergleich zu klassischen Koordinatenmessgeräten wechselnden Produktionsbedingungen ausgesetzt, was stabile Messergebnisse erschwert.“ Kann man den Messergebnissen dann überhaupt vertrauen? „Unter anderem damit beschäftigt sich das Normungsprojekt ISO TS 230-13“, erläutert Dahlem. „Es zielt darauf ab, industriell anwendbare Methoden zur Messunsicherheitsermittlung bei Werkzeugmaschinen international festzulegen. Mögliche Anwendungsszenarien wie auch die Grenzen dieser Technologie werden beschrieben – und auch die EMO 2025 zeigt hier sicher wieder entscheidende Weiterentwicklungen auf.“

Ohne Automation und Digitalisierung geht in modernen Fertigungsbetrieben nichts mehr. Wer dann noch auf Lösungen setzt, die sowohl direkt unterstützen als auch einen längerfristigen Mehrwert versprechen, steigert seine Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit enorm.

Auf der EMO 2025 finden Entscheider und Anwender alles, um sich gleichermaßen smart als auch zukunftsfähig aufzustellen und so weiter die Nase vorn zu haben.

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