Die Produktion bei Grieshaber in Schiltach im Kinzigtal läuft rund – die Auftragslage ist hervorragend, und es sind keine dunklen Wolken am Horizont erkennbar. Das Unternehmen ist unter anderem spezialisiert auf Aluminium- und in geringerem Umfang auch Messingdrehteile für die Automobilindustrie – mitllere und große Stückzahlen bei höchster Präzision und Prozessstabilität sind gefordert, die typischen Losgrößen liegen irgendwo zwischen 25.000 und mehreren Millionen Stück.
Im Profil
Grieshaber Precision
Grieshaber Precision hat zwei Schwerpunkte. Zum einen wird seit Jahrzehnten der Fokus auf die Herstellung von Präzisionsteilen aus NE-Metallen mit dem Schwerpunkt Aluminium gelegt. Grieshaber bietet die gesamte Prozesskette von der Entwicklung, Prototypen aus eigenem Musterbau, bis hin zur Großserie. Zum anderen wurde in den letzten Jahren als zusätzliche Kompetenz ein großer, flexibler Fertigungsbereich für die Präzisionszerspanung von rostfreien Stählen in kleinen und mittleren Stückzahlen aufgebaut. Das im Jahr 1903 als Handwerksbetrieb gegründete Unternehmen produziert heute auf 10.000 Quadratmeter Fertigungsfläche jährlich mehr als 120 Millionen Präzisionsteile mit hohen und höchsten Qualitätsanforderungen. Aktuell gehen 60 Prozent des Teileaufkommens an die Automobilindustrie.
Solche Drehteile sind klassischerweise die Domäne der kurvengesteuerten Mehrspindler.
"Bei uns sind zwar auch zahlreiche CNC-gesteuerte Maschinen im Einsatz", erklärt Klaus Unger, Segmentleiter Mehrspindler bei Grieshaber. "Für bestimmte Teilekategorien, speziell für Werkstücke mit einfacherer bis mittlerer Komplexität aber ist die Kurve ungeschlagen schnell."
Ideen werden zügig umgesetzt
Und so verwundert es nicht, dass bei Grieshaber jede Menge dieser technisch faszinierenden Maschinen stehen – der weitaus größte Anteil von einem speziellen Hersteller, nämlich von Index. Das ist auch beileibe kein Zufall – schließlich besteht schon seit Jahrzehnten eine enge Partnerschaft zwischen dem Drehteilespezialisten und dem Drehmaschinenhersteller. Dabei sind sich die Verantwortlichen durchaus bewusst, dass auch andere Drehmaschinenhersteller interessante Lösungen im Programm haben. "Wir kaufen nicht blind eine Index nach der anderen – wir schauen uns auch andere Maschinen sehr genau an", erklärt der Segmentleiter. "In der Regel landen wir jedoch bei Index – die hören nämlich auf das, was wir Anwender brauchen, und setzen gute Ideen auch zügig um. Wir konnten bereits bei mehreren Neuentwicklung unsere Bedürfnisse und Ansprüche an eine Maschine mit einbringen – wir haben das gute Gefühl, dass Index auf seine Anwender hört."
Derzeit laufen noch 15 Index MS25 bei Grieshaber "Eigentlich könnten diese kurvengesteuerten Maschinen noch lange das Rückgrat unserer Produktion sein", betont Unger. "Allerdings finden wir kaum noch geeignete Fachkräfte für die technisch anspruchsvollen Maschinen mit ihrer mechanischen Steuerung, deren Einrichtung doch sehr aufwändig ist und einiges an Erfahrung, Know-how, Fingerspitzengefühl und körperlichen Einsatz erfordert – die jungen Leute ticken heute anders: Die jungen Einrichter von heute sind fit auf der CNC, die könnten dem Teufel die Ohren wegprogrammieren, ohne dass er‘s merkt. Aber mit den komplexen Vorgängen im mechanischen Bauch der Maschine will sich aus der Smartphone-Generation kaum einer noch befassen. Deshalb werden wir wohl die meisten dieser Maschinen zusammen mit ihren Bedienern in den Ruhestand schicken müssen. Das geht nicht nur Grieshaber so. Auch bei Marktbegleitern und auch bei den Maschinenherstellern und Ihren Serviceabteilungen ist diese Tendenz vorhanden. Wir liegen den Fachleuten bei unserem Maschinenpartner Index schon seit Jahren in den Ohren, dass wir leistungsfähigen Ersatz mit CNC-Steuerung für unsere alten Schätze brauchen – Maschinen, die die sehr hohe Produktivität der Kurvenmaschinen mit der Flexibilität eines CNC-gesteuerten Mehrspindlers vereinen."
Auf einen Blick
Ablösung für Dauerläufer
Mit der Index MS16 Plus aus der MultiLine-Baureihe bietet Index einen sechsspindligen Mehrspindler für Teile mit bis zu 22 Millimeter Durchmesser. Der modular aus dem Mehrspindlerbaukasten aufgebaute Sechsspindler soll die schnellen und produktiven, dabei aber aufwändig einzurichtenden kurvengesteuerten Mehrspindeldrehautomaten ersetzen, die bis heute im Markt der einfachen und mittelkomplexen Werkstücke dominieren. Die MS16 Plus verbindet nicht nur die Schnelligkeit einer Kurvenmaschine mit der Flexibilität der CNC-Technik, sondern baut auch kompakt wie ein vergleichbarer Kurvenmehrspindler.
Kurvengesteuerte Mehrspindler peu à peu ablösen
Index arbeitet bereits seit Mitte der 1980er-Jahre daran, für die kurvengesteuerten Mehrspindler Ersatz mit CNC-Steuerung zu entwickeln, die letzte kurvengesteuerte Maschine wurde bei Index im Jahr 2008 ausgeliefert.
Als Ersatz für die mechanisch gesteuerten Maschinen konzipierte Index die MultiLine-Baureihe – hier hat sich die Index MS16 bereits seit drei Jahren ihren festen Platz bei zahlreichen Anwendern erobert. "Die MS16 ist eine schöne Maschine – sie hat aus unserer Sicht nur einen kleinen Schönheitsfehler: den möglichen Maximaldurchmesser der Stangen, der bei 16 Millimeter begrenzt ist", erklärt Unger. "Wir haben noch viele kurvengesteuerte Mehrspindler MS25 von Index im Einsatz – die müssen wir peu à peu ablösen. Die MS25 verarbeitet bei uns allerdings Stangen bis 25 Millimeter. Und da klaffte bislang eine Lücke im Programm der hochleistungsfähigen CNC-Mehrspindler bei Index."
Mit der MS16 Plus hat Index jetzt eine Maschine im Programm, die diese Lücke annähernd schließt – dank eines geänderten Materialhandlings lassen sich mit dieser Variante jetzt auch Stangen bis 22 Millimeter Durchmesser spannen: Während bei der klassischen MS16 der Innenvorschub der Stangen über Vorschubzangen im Inneren der Spindeln erfolgt, wird diese Aufgabe bei der MS16 Plus über das Lademagazin realisiert. So steht der gesamte Innendurchmesser der Spindel für das Material zur Verfügung.
Sicherheitsrelevante Bauteile prozessstabil fertigen
Gefertigt werden müssen bei Grieshaber unter anderem sicherheitsrelevante Bauteile für die Automobilindustrie, bei denen effizient und prozesssicher kleinste Toleranzen eingehalten werden müssen. "Dafür haben sich die kurvengesteuerten Maschinen bewährt", erklärt Unger. "Es macht aus unserer Sicht also Sinn, diese ausgereiften Konzepte und Technologien auch auf eine neue CNC-Mehrspindelmaschine zu übernehmen."
Das Konzept der Index MS16 und auch der Variante MS16 Plus kommt dabei den Idealvorstellungen der Drehteileexperten sehr nahe: "Die ist im Prinzip einer Kurvenmaschine nachempfunden", erläutert Unger. "Pro Schaltlage gibt es einen Kreuzschlitten mit zwei NC-Achsen und einen einfacheren Stech- oder Bohrschlitten mit einer NC-Achse, die dank ihrer V-förmigen Anordnung an der Spindel zwei Werkzeuge gleichzeitig zum Einsatz bringen können. So lassen sich auch anspruchsvollere Teile schnell und wirtschaftlich bearbeiten." Und auch die geforderten Toleranzen sind trotz hoher Ausbringung kein Problem: Die MS16 Plus schafft problemlos prozesssicher auch Toleranzen im Bereich von wenigen Tausendstelmillimetern. Und dank des durchgängigen Maschinenkonzepts bei Index können beispielsweise auch die Spanntechnik und die Werkzeuge einer MS22 auf der MS16 Plus verwendet werden.
Die sechs unabhängig angetriebenen fluidgekühlten Spindeln verfügen jeweils über einen eigenen Antrieb – so können sie die optimalen Schnittwerte für die jeweilige Bearbeitung umsetzen. Spindeltrommel und -kasten sind für einen optimalen Wärmegang ausgelegt. "Das sichert unsere Präzision und Wiederholgenauigkeit – auch bei einem Werkzeugwechsel bleibt das Maß erfreulich stabil."
Die Einlernphase von neuen Mitarbeitern an der MS16 ist dabei sehr überschaubar: "Jeder, der sich auf einer MS25 auskennt, versteht auch die Abläufe der MS16 sehr schnell", ist Unger überzeugt. "Mit der neuesten Siemens-SolutionLine-Steuerung und der Index-Bedienoberfläche lässt sich die Maschine zudem sehr leicht bedienen, programmieren und einrichten. Und die Maschine kann im Prinzip alles, was ihre kurvengesteuerte Vorgängerin auch kann."
Meine Meinung
Das Gute bewahren
Kurvengesteuerte Mehrspindler sind für einen Technik-Fan ein mechanisches Wunderwerk. Schade, dass sie langsam, aber sicher aussterben. So produktiv sie auch sind, gerade bei der Herstellung von Teilen in geringer Komplexität bei hohen Stückzahlen – es ist eine hohe Kunst, sie zu rüsten. Und der Mühe, das zu erlernen, will sich heute kaum noch jemand unterziehen. Mit der neuen Maschine zeigt Index, dass es möglich ist, die Vorteile der Kurven in die CNC-Ära hinüberzuretten – und dabei auch noch an Flexibilität zu gewinnen. Maschinenkonzepten wie der Index MS16 Plus gehört deshalb meiner Meinung nach die Zukunft.
Richard Pergler
So werden also auch in den kommenden Jahren noch kurven- und CNC-gesteuerte Maschinen bei Grieshaber nebeneinander im Einsatz sein. "Unser Konzept sieht vor, dass auf den verbleibenden MS25 in erster Linie Dauerläufer mit großen Losgrößen bearbeitet werden", erläutert Unger. "Die MS16 Plus, deren Zahl wir kontinuierlich weiter aufstocken werden, wird dann insbesondere kleinere Stückzahlen und komplexere Teile bis Durchmesser 22 Millimeter fertigen – die CNC-Steuerung ermöglicht schließlich eine deutlich höhere Flexibilität und lässt sich schneller und einfacher einrichten. Das ist für uns die Zukunft."