Rohde und Schwarz lässt mit seinen Produkten das Herz vieler Anwender höherschlagen. Wer mit diesen Geräten in den Bereichen Aerospace, Verteidigung, Sende- und Medientechnik, Cybersicherheit oder Messtechnik arbeiten darf, schätzt sich glücklich. Das Werk Teisnach im bayerischen Wald, das in dem hügeligen Land eine gesamte Talhälfte einzunehmen scheint, ist der Systemlieferant des Technologiekonzerns. Die Zahlen geben dem ersten optischen Eindruck von Größe Recht: Rohde und Schwarz fertigt hier im Dreischichtbetrieb mit rund 1850 Fachkräften auf einer Fläche von 74 000 m².
Am 21.07.2019 feierte das Werk sein 50. Jubiläum. In diesen fünf Jahrzehnten hat es sich zum Auftragsfertiger mit Kompetenzen im kompletten Bereich der mechanischen und elektronischen Baugruppenfertigung entwickelt. Josef Saller, Leiter CNC-Fräsen, beschreibt es so: "Ich habe noch nie einen Betrieb gesehen, der eine so große Fertigungstiefe hat. Wir machen hier bis auf ein paar wenige Ausnahmen alles selber. Von der Produktentwicklung über die spanabhebende und spanlose Fertigung, über die gesamte Palette der Oberflächenveredelung bis zur Montage. Nur das eloxieren in rot und blau geben wir ab, weil das zu selten nachgefragt wird." Nicht umsonst war das Werk Teisnach 2014 "Fabrik des Jahres" in der Kategorie "Hervorragende Beherrschung der Fertigungstiefe".
Die neueste Maschine im Bereich spanabhebende Bearbeitung, in dem rund 450 Mitarbeiter beschäftigt sind, ist eine Mill 3000 von Chiron, die seit Ende Juni 2018 im Einsatz ist. Die Arbeitsplatzgruppe für die Fertigung von Aluminiumeinhausungen für Leiterplatten bei Rohde & Schwarz war sehr ausgelastet. Die Kapazität war gerade noch ausreichend, und man erkannte, dass hier ein weiterer Invest nötig war. Nachdem das Marktangebot geprüft und verschiedene Anbieter angesprochen worden waren, hat man sich schließlich im Februar 2017 mit Chiron an den Verhandlungstisch gesetzt. Beide Parteien haben gute Erfahrungen miteinander gemacht – immerhin besteht die Geschäftsbeziehung, seit vor 38 Jahren die allererste Chiron-Maschine, es war eine FZ 20, nach Teisnach geliefert wurde.
Der Verfahrbereich der neuen 3-Achsmaschine beträgt 3000 × 610 × 650 mm. Es kann mit bis zu 20 000 min-1 gefräst werden. Die Anlage ist das Ergebnis einer eingehenden Bedarfsanalyse und verfügt über eine Besonderheit: Gespannt wird mit einer Vakuumpumpe. Die Werkstücke sind teilweise so flächig und dünnwandig, dass weder eine hydraulische noch andere standardmäßige Spannart in Frage kam.
Das Werkzeugmagazin fasst 163 Werkzeuge. Da Rohde und Schwarz den Ehrgeiz hat, möglichst viel selber zu machen, wurden diese Werkzeuge mit einem QR-Code gekennzeichnet, der hausintern aufgelasert werden kann. Das dort installierte Tool-Data-Management hat sich schon bewährt: Drei Mitarbeiter von Rohde & Schwarz sind damit beschäftigt. Allein zwei Mitarbeiter kümmern sich hauptamtlich um die Werkzeugvoreinstellung, ein weiterer um das allgemeine Werkzeugmanagement.
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Eines war Saller in Bezug auf dieses Projekt besonders wichtig, nämlich, dass alle Systeme, auch die Vakuumspannung und die Automatisierung abwärts kompatibel sind zu den bereits vorhandenen Strukturen.
Zum Thema Kompatibilität gehört auch die Wahl der Steuerung. Lieferbar sind die Chiron-Anlagen der Baureihe Mill wahlweise mit einer Siemens-, Haidenhein- oder Fanuc-Steuerung. Saller wählte eine Sinumerik von Siemens, da diese sehr flexibel ist und die Schnittstellenprogrammierung einfach von der Hand geht. Dazu kommt, dass der Großteil der Mitarbeiter "Siemensianer", also die Arbeit mit einer Siemenssteuerung seit der Ausbildung gewöhnt ist, und es sich daher einfach angeboten hat, dabei zu bleiben.
Die Fertigung auf der Mill 3000 erfolgt zu 80 Prozent im Pendelbetrieb: links läuft die erste, rechts die zweite Spanlage. Je Seite lassen sich bis zu sechs Werkstücke aufspannen. Es ist geplant, die Bestückung hierfür zeitnah noch zu automatisieren. Dann wird ein Roboter, voraussichtlich auf einer Schiene montiert, die Rohteile zuführen und die Fertigteile entnehmen. Die Software und der gesamte Integrationsprozess dazu kann ebenfalls von Chiron kommen. Bei dieser Komplettlösung wird für den Betrieb dann kein zusätzliches Personal nötig sein.
"Wichtig ist bei neuen Anlagen, dass trotz technischer Innovationen alle Systeme abwärts kompatibel bleiben." Josef Saller, Rhode & Schwarz
Ebenfalls vorbereitet ist im installierten System die Dataline von Chiron. Diese integrierte Maschinen- und Prozessdiagnosemöglichkeit kann die Maschinenverfügbarkeit um fünf bis zehn Prozent erhöhen, so Markus Schimansky, Vertrieb und technische Beratung bei Chiron.
Neben den jetzt drei Mill- 3000-Maschinen stehen in Teisnach noch weitere Maschinentypen von Chiron – drei Mill 800 und zwei DZ18L-Anlagen. Eine dieser Maschinen wird im kommenden November durch eine DZ 18 W ersetzt – nach nunmehr 20 Jahren Betriebszeit kein Luxus. Schimansky erinnert sich gut an die Zusammenarbeit mit Saller während der Projektphase: "Das ganze Projekt war geprägt von einer ganz besonders guten und engen Zusammenarbeit. Wir konnten mit sehr kurzen Wegen alle offenen Punkte und Details klären und somit das Projekt verhältnismäßig einfach und schnell realisieren." vg