"Ohne Zahnräder ist unsere technische Welt nicht mehr darstellbar. Wenn es dabei um die Zerspanung geht, sind wirtschaftliche und flexible Lösungen gefragt", sagt Christian Thiele, Pressesprecher der Tübinger Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH. Ob Verzahnungen an Stirnrädern, Welle-Nabe-Verbindungen, Schneckenwellen, Kegelrädern, Ritzeln oder an kundenspezifischen Profilen, alle diese Zahnprofile lassen sich mit den Werkzeugen zum Fräsen oder Nutstoßen äußerst wirtschaftlich herstellen.
Ein genaueres Augenmerk, so Thiele, "verdient jedoch das Fertigungsverfahren Wälzschälen". Das Verfahren ist seit über 100 Jahren bekannt. Eine breitere Anwendung findet es aber erst, seit Bearbeitungszentren und Universalmaschinen mit voll synchronisierten Spindeln und verfahrensoptimierter Software die Anwendung dieser hochkomplexen Technologie ermöglichen: "Wir haben die passenden Werkzeuglösungen erstmals auf der EMO 2017 in den Modulgrößen 0,45 bis 2 vorgestellt. Für größere Module präsentieren wir auf der EMO 2019 Wälzschälwerkzeuge mit Wechselschneidplatten."
Ein Beispiel für die Verzahnungskompetenz bei Horn ist ein Fräswerkzeug zur Herstellung von Zyklo-Palloid-Verzahnungen nach Klingelnberg. Zur Anwendung kommt das Frässystem M279 bei Kleinserien und Einzelteilen. Die Schnittaufteilung des zwölfschneidigen Werkzeugs ermöglicht ein hohes Spanvolumen bei geringem Schnittdruck. Das Werkzeug ist mindestens 20 Prozent schneller als bestehende Verfahren mit Vollhartmetallwerkzeugen. Das robuste Werkzeug mit Wendeschneidplatten für den Vollschnitt auf Fräs- und Drehmaschinen ist zudem geeignet für die Fünf-Achs-Simultan-Fräsbearbeitung. Vier stirnseitig verschraubte Wendeschneidplatten des Typs S279 mit einem Eckenradius von 2 mm und acht tangential veschraubte Schneidplatten des Typs 409 gewährleisten stabile Plattensitze. Durch die Überlagerung der Schneidreihen zueinander ermöglicht das System hohe Schnitttiefen. Mit dem Fräswerkzeug ist eine konvexe und konkave Zerspanung von Zahnflanken im Fünf-Achs-Simultanbetrieb möglich. Der Spiralwinkel kann zwichen 0 und 90° liegen. Das Modul kann nahezu kontinuierlich gewählt werden.
Die komplette Marktübersicht zum Beitrag finden Sie unter "Marktübersicht Verzahnungsfräser 2019".
Grundlage für weitere Module
Das Prinzip des Frässystems M279 ist die konstruktive Basis für weitere Modulgrößen zur Werkzeugsystemerweiterung. Christian Thiele: "Wir bieten Standardlösungen zur Herstellung von Verzahnungen im Modulbereich 0,5 bis 50." Neben den DS-Vollhartmetallfräsern und dem Wechselkopfsystem DG zur Schlichtbearbeitung von Zahnflanken bietet Horn auch Lösungen zur Schruppbearbeitung. Darüber hinaus kommen, je nach Anwendungsfall, Werkzeuglösungen zum Verzahnungsstoßen von Innen- und Außenverzahnungen zum Einsatz. Die neueste Möglichkeit im Horn-Programm zum Verzahnen ist das Wälzschälen. Dieses Programm umfasst Werkzeuge zum hochproduktiven Herstellen von Innenverzahnungen, Steckverzahnungen und anderen Innenprofilen sowie von Außenverzahnungen mit Störkanten.
Die Entwicklung geht hin zur Multitaskingbearbeitung.
Die wichtigsten Vorteile des Wälzschälens bei diesen Anwendungen sind die deutlich kürzeren Prozesszeiten im Vergleich zum Verzahnungsstoßen, der Einsatz auf optimierten Dreh-Fräszentren, das Drehen und Verzahnen in einer Aufspannung, der Verzicht auf Freistiche am Verzahnungsende, die meist produktivere und kostengünstigere Herstellung gegenüber dem Wälzstoßen und Räumen und die im Vergleich zum Nutstoßen vier- bis fünffach kürzere Zykluszeit. Die Wälzschälwerkzeuge sind zum Verzahnen mittlerer bis großer Lose konzipiert. Dabei wird jedes Werkzeug individuell dem Einsatz und dem zu bearbeitenden Werkstoff angepasst, wobei sich die unterschiedlichen Werkzeugschnittstellen an der Zähnezahl und Modulgröße orientieren. Zur EMO stellt Horn eine neue Werkzeugvariante mit wechselbaren Schneidplatten vor.
Jedes Detail ist wichtig
"In der Zahnradherstellung kommt es auf jedes Detail an", erläutert André Bollow, Produktmanager Verzahnen der LMT Tools GmbH & Co. KG, Schwarzenbek: "Zum Beispiel hat die Gestaltung der Fase unmittelbare Auswirkungen auf Eigenschaften wie Verschleiß und Laufruhe." So rückt das Anfasen und Entgraten von Verzahnungen immer mehr in den Fokus der Branche. Bollow: "Wir bieten unseren Kunden mit dem patentierten 'Chamfer-Cut-Verfahren' die Lösung, wenn es darum geht, eine exakt definierte Fase zu erzeugen." Die neueste Evolutionsstufe des Anfasfräsers ist der 'Chamfer-Cut-CG' (Collision Gear): Mit dieser Weiterentwicklung kann das Verfahren nun für nahezu alle störkonturbehafteten Bauteile, beispielsweise für verzahnte Wellen, eingesetzt werden. "Wir ermöglichen dem Anwender", so Bollow abschließend, "mit der hohen Präzision und Prozesssicherheit bei sehr geringen Bauteilkosten die ideale Anfaslösung."
"Der Verzahnungsfräsprozess wird sich durch E-Mobilität, neue Getriebekonzepte und die Anforderungen an eine höhere Flexibilität bei gleichzeitig hoher Produktivität verändern," ist Frank Lommertin, Verkaufs- und Anwendungsberater Gear Milling bei Sandvik Coromant, Düsseldorf, überzeugt. Der Schwerpunkt wird sich von konventionellen Verzahnungsmaschinen auf die Multitask-Bearbeitung von Laufverzahnungen und Pass-/Steckverzahnungen zum Teil verlagern. "Power Skiving rückt in den Fokus", so Lommertin, "da dieser Prozess das Stoßen, Räumen, Spline-Rolling und Wälzfräsen teilweise ersetzen wird." ta