Eine Fertigungszelle bei Schlote besteht aus drei Bearbeitungszentren von SW.

Eine Fertigungszelle bei Schlote besteht aus drei Bearbeitungszentren von SW: zwei Doppelspindler W06 und ein Einspindler one6. (Bild: Mapal)

Als die Schlote Gruppe 2017 ein neues Werk in Harzgerode baute, war die Produktion von Beginn an auf die Serienfertigung eines einzigen Bauteils ausgerichtet. Alle Zerspanungswerkzeuge dafür liefert Mapal. Optimierungen der Werkzeuge haben die Grundlage dafür geschaffen, nun mit neuen Produkten einen Schritt in die Zukunft zu gehen.

Die Geschichte von Schlote begann 1969 mit einer kleinen Werkstattfertigung in Harsum, wo das Unternehmen immer noch seinen Stammsitz hat. Zur Gruppe gehören heute elf Unternehmen mit insgesamt 1.800 Mitarbeitern. Der Automobilzulieferer verfügt über acht Werke in Deutschland, weitere Produktionsstätten befinden sich in Tschechien und China.

Kunden der Schlote Gruppe sind große Automobilhersteller, Systemintegratoren und Gießereien. 55 Prozent seines Umsatzes macht Schlote mit Teilen für Motoren, 39 Prozent entfallen auf Getriebe, sechs Prozent auf Chassis.

Mit der Firma Trimet Aluminium gab es an anderen Standorten bereits eine erfolgreiche Zusammenarbeit, um aus gegossenen Rohlingen einbaufertige Automobilteile herzustellen. Der Zuschlag eines großen Automobilzulieferers für ein Bauteil, das in sehr hohen Stückzahlen gefertigt werden sollte, führte zu einem Joint-Venture zwischen Schlote und Bohai Trimet in Harzgerode.

Bei dem in Harzgerode hergestellten Bauteil handelt es sich um ein Kupplungsgehäuse aus Aluminiumdruckguss. Die Automatikgetriebe des Zulieferers gehen in einer einheitlichen Version an mehrere große Automobilhersteller, bei denen sie vorwiegend in Fahrzeugen bis zu einem Hubraum von zwei Litern eingebaut werden. Die Kupplungsglocke verbindet Getriebe und Motor. Die Getriebeseite ist bei allen Kupplungsgehäusen gleich, die andere Seite ist an die jeweiligen Motoren der Automobilhersteller angepasst. Die Unterschiede sind eher klein, weshalb diese Kupplungsglocke zu 99 Prozent baugleich für alle belieferten Automobilhersteller ist.

Aktuell fertigt die Schlote Harzgerode GmbH davon 4.000 Stück pro Tag. Das moderne Werk verfügt über einen sehr hohen Automatisierungsgrad von über 80 Prozent. Am Standort Harzgerode sind 120 Mitarbeitende beschäftigt, die an fünf Tagen pro Woche rund um die Uhr arbeiten. Bei Bedarf kann die Produktion auch auf sechs oder sieben Tage ausgeweitet werden.

Insgesamt zehn Fertigungszellen sind in Harzgerode in zwei Linien angeordnet.
Insgesamt zehn Fertigungszellen sind in dem modernen Werk in Harzgerode in zwei Linien angeordnet. (Bild: Mapal)

Wie in der gesamten Automobilindustrie sind die Anforderungen an das Bauteil auch hier sehr hoch. „Bei dem Teil handelt es sich nicht nur um einen Adapterflansch, sondern das ist die Rückseite des Getriebes. Daher ist für die Lagersitze höchste Präzision erforderlich“, erläutert Sebastian Swiniarski, Gruppenleiter Arbeitsvorbereitung bei Schlote. In das Bauteil sind zahlreiche Bohrungen mit unterschiedlichen Toleranzen einzubringen, wofür Präzisionsfertigung im Bereich von tausendstel Millimetern gefragt ist.

Sebastian Swiniarski überprüft die Schneide des PKD-Tieflochbohrers von Mapal.
Sebastian Swiniarski, Gruppenleiter Arbeitsvorbereitung bei Schlote, überprüft die Schneide des PKD-Tieflochbohrers von Mapal. (Bild: Mapal)

Mapal und Schlote blicken auf eine langjährige, gute Zusammenarbeit zurück. So kommen PKD-Fräser, die unter anderem definiert raue Oberflächen zum Aufbringen der Dichtmasse schaffen, Gewindebohrer, Reibahlen sowie eine Reihe unterschiedlicher Bohrwerkzeuge aus dem Hause Mapal zum Einsatz. „Wir bieten unseren Kunden umfassende Lösungen bis hin zur Auslegung kompletter Prozesse an“, sagt Stefan Frick, der Schlote als technischer Berater von Mapal betreut.

Die eingesetzten Werkzeuge standen von Beginn an auf dem Prüfstand. Seit die Produktion in Harzgerode läuft, werden laufend Analysen betrieben, um mögliche Schwachstellen aufzudecken und die Fertigung zu optimieren.

In die Spitze des Hartmetallbohrers wurde eine PKD-Schneide eingesetzt.
Mapal hat für das Tieflochbohren bei Schlote eine neue Werkzeuglösung entwickelt: In die Spitze des Hartmetallbohrers wurde eine PKD-Schneide eingesetzt. (Bild: Mapal)

Im Rahmen dieses kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist es in enger Zusammenarbeit zwischen Schlote und Mapal im Laufe der Jahre gelungen, höhere Standzeiten zu generieren, Werkzeugkosten zu senken und die Produktionsmenge zu steigern. Konnten anfänglich maximal 3.600 Teile pro Tag gefertigt werden, liegt das mögliche Limit heute bei 4.500 Bauteilen, ohne dass zusätzliche Maschinen angeschafft werden mussten.

Die jüngste Optimierung betrifft Tieflochbohrungen für Ölkanäle, über die im Automatikgetriebe geschaltet wird. „Über unser Toolmanagement-System werten wir monatlich aus, welche Werkzeuge wie oft gewechselt wurden“, berichtet Swiniarski. „Dabei haben sich die Tieflochbohrer jedes Mal als auffällig erwiesen. Da diese Bohrer auch relativ kostenintensiv sind, haben wir an dem Punkt angesetzt, um unsere Werkzeugkosten weiter zu senken.“ Mit dem Werkzeugverschleiß kommen auch Qualitätsaspekte ins Spiel, da ein stumpfer Bohrer beim Austritt Grate erzeugt.

Konkret geht es um zwei von fünf Tieflochbohrungen, die bei einem Durchmesser von acht Millimeter in Tiefen von 180 Millimeter beziehungsweise 141 Millimeter vordringen. Sie durchbohren das Bauteil von der Seite bis zum Lagersitz in der Mitte. Bislang wurden dafür Vollhartmetallwerkzeuge eingesetzt, wie sie für das Tieflochbohren üblich sind. Schlote erreichte damit Standmengen bis 2.500 Bauteile. Ab 2.000 Bauteilen meldete die Lastüberwachung der Maschine allerdings bereits Werkzeugverschleiß, und es zeigten sich Grate an der Austrittsöffnung.

Zu den Bearbeitungsschritten, die auf Doppelspindlern ausgeführt werden, gehört auch das Tieflochbohren.
Zu den Bearbeitungsschritten, die auf Doppelspindlern ausgeführt werden, gehört auch das Tieflochbohren. Mit den 8-mm-Bohrern von Mapal werden dabei Bohrungen von 180 Millimeter und 141 Millimeter Tiefe erzeugt. (Bild: Mapal)

Bei der Optimierung des Tieflochbohrens brachte Werksleiter Tino Lucius, früher Mitarbeiter bei Mapal, eine PKD-Variante ins Gespräch. So erarbeiteten die Partner den Ansatz, für das Tieflochbohren eine PKD-Spitze einzusetzen. Bei der Umsetzung gab es einiges zu beachten, wie Stefan Frick schildert: „Einen solchen Bohrer komplett aus PKD herzustellen, ist nicht möglich. Neben den hohen Kosten spricht auch die Sprödigkeit des Materials dagegen. Sie bringt bei unterbrochenem Schnitt auch immer die Gefahr von Ausbrüchen an der Schneide mit sich. Da PKD hitzeempfindlich ist, muss zudem für gute Kühlung gesorgt sein.“

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Für das neue Werkzeug ging Mapal vom vorhandenen Vollhartmetallbohrer aus und hat an dessen Spitze eine PKD-Schneide eingesetzt. Der Aufbau des Werkzeugs erinnert an einen mit Hartmetall bestückten Betonbohrer. Mit der Standmenge der PKD-Tieflochbohrer sind die Fertiger in Harzgerode sehr zufrieden. War der Vollhartmetallbohrer bei circa 2.500 Bauteilen am Standzeitende, erreicht sein PKD-Pendant prozesssicher 15.000 Bauteile.

Die Bearbeitung birgt noch weiteres Potenzial durch Herausforderungen wie Lunker im Material oder eine variierende Gussqualität, an denen aktuell gemeinsam gearbeitet wird. „Standzeiten von 40.000 Bauteilen haben wir ebenfalls schon des Öfteren erreicht. Daher ist es natürlich unser Ziel, dass wir die ‚Standzeitausreißer‘ nach oben zum Regelfall machen“, betont Frick.

Stefan Frick (links) und Sebastian Swiniarski inspizieren eines der gefertigten Kupplungsgehäuse.
Stefan Frick (links), technischer Berater von Mapal, und Sebastian Swiniarski, Gruppenleiter Arbeitsvorbereitung bei Schlote, inspizieren eines der gefertigten Kupplungsgehäuse. (Bild: Mapal)

Die Schnittdaten blieben gegenüber dem Vollhartmetallbohrer unverändert bei einer Drehzahl von 8.700 min-1, einem Vorschub von 0,3 mm/U und einer Schnittgeschwindigkeit von 218 m/min. Das wirtschaftliche Potenzial des neuen Bohrers liegt in dessen wesentlich höherer Standzeit, den daraus resultierenden niedrigeren Werkzeugkosten und der höheren Prozesssicherheit. Der Wegfall vieler Werkzeugwechsel reduziert zudem den Maschinenstillstand.

Die Produktion bei Schlote in Harzgerode besteht aus insgesamt zehn Fertigungszellen. In jeder dieser Zellen stehen drei Maschinen des Herstellers SW, zwei Doppelspindler W06 und ein Einspindler one6. Das Bauteil wird in drei Spannungen bearbeitet, wobei die Doppelspindler die beiden ersten Spannungen übernehmen und in der dritten das Finishing stattfindet.

Die Fertigung der Kupplungsgehäuse am Standort war als Projekt mit einer Laufzeit von mindestens acht Jahren und einer Peak-Stückzahl von jährlich 1,1 Millionen Teilen ausgelegt. Der Peak wurde 2020 überschritten. Mittlerweile läuft die Produktion des Bauteils im fünften Jahr und liegt bei 900.000 Stück.

Während hinten zerspant wird, können vorne bereits neue Teile gespannt werden.
Die ersten Bearbeitungsschritte für die Kupplungsgehäuse finden auf doppelspindligen Maschinen statt. Während hinten zerspant wird, können vorne bereits neue Teile gespannt werden. (Bild: Mapal)

Zusammen mit der kontinuierlich verbesserten Produktivität erlauben es die sinkenden Produktionsmengen, nun Zukunftsthemen anzugehen und erstmals auch andere Bauteile herzustellen. Dafür hat der Umbau des Werks bereits begonnen. Im ersten von zwei neuen Projekten geht es um sechs verschiedene Bauteile für ein neues Hybridmodell eines Herstellers von Supersportwagen, die Schlote produzieren soll.

In einem weiteren Projekt ist wieder die Kompetenz des Fertigers bei Kupplungsgehäusen gefragt – dieses Mal allerdings für Elektrofahrzeuge. Schlote profitiert hier von dem Trend in der Elektromobilität, auch E-Autos mit einem Getriebe auszustatten. Für ein innovatives Modell mit drei Gängen soll die Verbindung zwischen Motor und Getriebe aus Harzgerode kommen.

Die Hälfte der Hallenkapazität wird derzeit umgebaut. Die Fertigung von Teilen für Verbrenner wird auf 50 Prozent heruntergefahren, Zehn Prozent sollen künftig auf Hybridfahrzeuge entfallen, 40 Prozent auf reine Elektromobilität. Erste Bauteile für die neuen Projekte hat Schlote bereits hergestellt.

Quelle: Mapal Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG

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