Das Jahr 2024 verlief für die Präzisionswerkzeugindustrie enttäuschend.

Das Jahr 2024 verlief für die Präzisionswerkzeugindustrie enttäuschend. (Bild: Joachim – stock.adobe.com - Generiert mit KI)

Stefan Zecha, Vorsitzender des VDMA-Fachverbands Präzisionswerkzeuge, der die Hersteller von Zerspanwerkzeugen, Spannmitteln und des Werkzeugbaus repräsentiert, konstatiert: „Das Jahr 2024 verlief für die Präzisionswerkzeugindustrie enttäuschend.“ Die für die zweite Jahreshälfte 2024 erhoffte Erholung blieb aus.

Ein deutliches Produktionsminus von neun Prozent auf einen Produktionswert von neun Milliarden Euro war die Folge, wie der Verband anlässlich der Jahrespressekonferenz in Frankfurt mitteilte (lesen Sie hierzu auch das Interview mit Stefan Zecha).

Auf einen Blick

Umsatzrückgang 2024: neun Prozent auf neun Milliarden Euro, Erwartung 2025: weiterer Rückgang um zwei Prozent. USA war Wachstumsmotor 2024, wobei die Situation in der Automobilindustrie und im Maschinenbau angespannt bleibt.

Autoindustrie und Maschinenbau schwächeln

Der Inlandsmarkt fiel aufgrund der schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung deutlich unter Vorjahresniveau. Besonders die rückläufige Inlandsproduktion der beiden Hauptkundenbranchen Maschinenbau (minus acht Prozent) und deutsche Autoindustrie machten sich bemerkbar. Die deutsche Automobilindustrie blieb mit 4,1 Millionen Fahrzeugen zwar in etwa konstant, lag aber weit unter den Rekordwerten von 2016/17. Vor allem die Umstellung auf E-Mobilität, Sparprogramme und Verwerfungen im Zulieferbereich seien es gewesen, die sich negativ auf das inländische Werkzeuggeschäft auswirkten.

Eine steigende Nachfrage der Luftfahrt und Wehrtechnik konnte das wegfallende Volumen nicht kompensieren. Die Medizintechnik stagnierte. Baunahe Bereiche wie die Möbel- und Beschlagindustrie blieben schwach.

Die Exporte sanken in allen wichtigen Abnehmerländer, nur die USA legte zu.
Einmal mehr waren die USA der Anker in der Not: Während die Exporte der Zerspanwerkzeuge dorthin um über zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zunahmen, sanken die Exporte in alle anderen wichtigen Abnehmerländer. (Bild: Eurostat, Statistisches Bundesamt, HM Revenue an Customs)
Stefan Zecha: „Die Aussichten der Präzisionswerkzeugbranche für 2025 sind bestenfalls von der Hoffnung geprägt,"
Stefan Zecha: „Die Aussichten der Präzisionswerkzeugbranche für 2025 sind bestenfalls von der Hoffnung geprägt, die Talsohle bald erreicht zu haben. Insgesamt ist derzeit von einem weiteren Rückgang um zwei Prozent auszugehen.“ (Bild: Michael Pyper)

Einzig USA positiver Gegenpol

Auch das Exportniveau sank auf breiter Front, insgesamt um vier Prozent. Besonders schwach entwickelte sich das Geschäft in Europa und China. Einzig die USA bescherten allen Teilbranchen mit einem Anstieg der Lieferungen um satte acht Prozent ein Wachstum. „Die USA bauten damit ihre Position als mit Abstand wichtigster Einzelmarkt nochmals deutlich aus“, so Zecha.

Er betont die Herausforderungen durch multiple Krisen, einen machtbasierten Welthandel und Kriege. „Teile der Industrie liegen mittlerweile im Dornröschenschlaf oder werden bereits abgewickelt“, warnt er. Er fordert von der Politik attraktive Standortbedingungen, Bürokratieabbau und schlanke digitale Prozesse. „Wirtschaft ist nicht alles. Aber ohne Wirtschaft ist alles nichts!“, so der Verbandschef.

Auch für 2025 seien die Aussichten trübe. Die wichtigsten Kundenbranchen in Europa bleiben voraussichtlich schwach, und in den Überseemärkten wird ein rauerer Wind erwartet – weshalb Zecha mit einem weiteren Rückgang der Präzisionswerkzeugbranche um zwei Prozent rechnet.

Um neun Prozent auf neun Milliarden Euro verringerte sich 2024 der Produktionswert der deutschen Präzi­sionswerkzeuge-Hersteller insgesamt.
Heftiger Rückgang im vergangenen Jahr: Um neun Prozent auf neun Milliarden Euro verringerte sich 2024 der Produktionswert der deutschen Präzi­sionswerkzeuge-Hersteller insgesamt. Für das laufende Jahr erwartet die Branche einen weiteren Rückgang um zwei Prozent. (Bild: Statistisches Bundesamt, Schätzung 2024 und Prognose 2025 VDMA)
Markus Horn: „Wir müssen den Anwendern einen deutlichen Mehrwert bieten".
Markus Horn: „Wir müssen den Anwendern einen deutlichen Mehrwert bieten, damit sich die Diskussionen nicht in erster Linie um den Werkzeugpreis, sondern um die Costs per Part oder um Qualität und Ausbringungsmenge drehen. Ich bin überzeugt, dass wir hier aktuell nicht nur einen, sondern sogar zwei Schritte voraus sind.“ (Bild: Michael Pyper)

Trübe Aussichten, aber Hoffnung

Ähnlich wie der Gesamtbranche erging es der wichtigsten Teilbranche, den Zerspanwerkzeuge-Herstellern. Ihr Absatz im Inland blieb deutlich unter Vorjahresniveau. Das Auslandsgeschäft enttäuschte ebenfalls, wie Markus Horn, Vorsitzender der Fachabteilung Wendeschneidplatten, erklärt.

Trotz Rückgängen auf der europäischen Ebene blieb der europäische Binnenmarkt der größte Markt, wie der ehemalige ECTA-Präsident weiter zur berichten weiß. Ebenso ging das Chinageschäft zurück. Ausnahme auch hier: der US-amerikanische Markt, der sich positiv entwickelte. Für das laufende Jahr rechnet Horn mit einem stabilen Umsatzniveau.

Gerhard Knienieder: „Wir konzentrieren uns weiter auf unsere Stärken".
Gerhard Knienieder: „Wir konzentrieren uns weiter auf unsere Stärken: Entwicklung von leistungsfähigen Werkzeugen und Unterstützung kompletter Bearbeitungsprozesse unserer Kunden.“ (Bild: Michael Pyper)

Die Talsohle aktuell als erreicht sieht auch Gerhard Knienieder, Vorsitzender der Fachabteilung Gewindewerkzeuge und Geschäftsführer Emuge-Franken, für sein Unternehmen: „Wir haben eine Seitwärtsbewegung. Jedoch könnten die avisierten Zölle der USA eine weitere Verschlechterung für die europäische Konjunktur auslösen.“ Das USA-Geschäft laufe aktuell sogar noch besser als 2024. „Wir bauen die Fertigungskapazitäten in den USA aus.“

Ähnlich gelassen sieht Markus Horn die Zoll-Androhung für die Horn-Gruppe dank ihres Standorts in Franklin/Tennessee mit rund 130 Mitarbeitenden. „Grundsätzlich bin ich jedoch davon überzeugt, dass Handelsrestriktionen der freien Marktwirtschaft nicht dienen. Ich bin überzeugt, dass auf lange Sicht hiervon niemand wirklich profitiert.“

Auf Zweigleisigkeit setzt man bei Ceratizit. Vorstandsmitglied Melissa Albeck: „Einerseits wollen wir, im Einklang mit unserer langfristigen Strategie, in den USA und Asien weiterwachsen. Andererseits setzen wir weltweit verstärkt auf Branchen wie die Luft- und Raumfahrt, Energie sowie den 3C-Bereich, das heißt Computer, Communications und Consumer Electronics.“

Melissa Albeck: „Die Wirtschaftspolitik der USA ist momentan schwer vorhersagbar und volatil".
Melissa Albeck: „Die Wirtschaftspolitik der USA ist momentan schwer vorhersagbar und volatil. Wir gehen dennoch davon aus, dass die Wirtschaft und Industrie des Landes in diesem Jahr besonders in Bereichen wie Energie, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung wachsen wird.“ (Bild: Michael Pyper)

Nicht nur der US-amerikanische Markt ist durch bange Erwartungen geprägt. Darauf weist Borries Schüler, Vorstand für Product Management & Engineering bei Hoffmann, hin: „Große Unsicherheit herrscht aktuell im mexikanischen Markt. Wir spüren das beim Auftragseingang. In Mexiko haben viele Kunden ihre Ausgaben deutlich reduziert oder gar einen Investitionsstopp verhängt, weil unklar ist, zu welchen Kosten sie ihre Produkte künftig in die USA exportieren können.“

Borries Schüler: „Viel wird auch davon abhängen, wie schnell und entschlossen die neue Bundesregierung Reformen durchsetzt,"
Borries Schüler: „Viel wird auch davon abhängen, wie schnell und entschlossen die neue Bundesregierung Reformen durchsetzt, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt. Die Politik muss die Rahmenbedingungen verbessern und in Bezug auf aktuelle Themen Klarheit schaffen, damit es wieder mehr Planungssicherheit gibt.“ (Bild: Michael Pyper)
Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Kommen Sie zum Maschinenbau-Gipfel!

Der 14. Deutsche Maschinenbau-Gipfel war ein herausragender Erfolg! Über 900 Teilnehmer versammelten sich in Berlin für den größten Gipfel aller Zeiten. Prominente Gäste aus Wirtschaft und Politik bereicherten die Veranstaltung.

 

2025 geht es weiter! Die Branche trifft sich am 16. und 17. September 2025 in Berlin.

 

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Günter Szerencses.
Zitat

Günter Szerencses: „Wir beobachten die Entwicklungen in den USA aufmerksam, um rechtzeitig reagieren zu können. Unser enger Kontakt und der stete Austausch mit unseren Kunden und Partnern ist dabei ein wichtiger Faktor.“

(Bild: Michael Pyper)

Licht am Ende des Tunnels sieht Günter Szerencses, Director Sales & Marketing Iscar Germany, bei weiterhin schwierigen Marktbedingungen: „Trotz des nicht übermäßig guten Gesamtbilds des Marktes machen wir auch positive Erfahrungen, die zuversichtlich stimmen: Wir konnten und können in verschiedenen Teilbereichen unterschiedlicher Industrien unsere Marktanteile ausbauen.“

Digitalisierung treibt Technik

Und die Gegenmittel? Markus Horn betont die Bedeutung der Digitalisierung zur Kostensenkung und Wettbewerbsfähigkeit. Das sieht auch Melissa Albeck so: „Wir sind fest davon überzeugt, dass nachhaltige Produkte und digitale Lösungen wie digitale Zwillinge und Simulationen in der Zukunft immer wichtiger werden.“ Die Kunden dabei zu unterstützen, ihre Effizienz zu steigern, werde ein immer entscheidenderer Differenzierungsfaktor sein, ist sie überzeugt.

Borries Schüler sieht vor allem bei der Automatisierung Nachholbedarf in Deutschland: „In Deutschland wird noch zu viel manuell gearbeitet. Angesichts des demographischen Wandels und des relativ hohen Lohnniveaus wird man sich das in Zukunft nicht mehr leisten können.“ Das gelte auch für kleine und mittelständische Zerspanungsunternehmen, zu denen das Gros der Kunden von Hoffmann zähle. „Diese müssen künftig mehr digitalisieren und automatisieren, um ihre wenigen Mitarbeiter effizient einsetzen und sich am Markt behaupten zu können.“

Peter Stadlbauer:.
Zitat

Peter Stadlbauer: „Im Moment sehen wir noch keine großen Auswirkungen einer veränderten Wirtschaftspolitik unter Präsident Trump. Zumal wir nicht nur in Europa, sondern auch in den USA produzieren.“

(Bild: Michael Pyper)

Mut macht Peter Stadlbauer, Sales Cluster Manager DACH bei Sandvik Coromant, der Deutschland und Europa immer noch gut aufgestellt sieht: „Wir sind nach wie vor führend, wenn es um Investitionen in Forschung und Entwicklung geht. Und gerade bei den neuen Komponenten für Elektrofahrzeuge haben wir Lösungen entwickelt, mit denen wir auch auf dem chinesischen Markt wettbewerbsfähig sind.“

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